In diesen politisch unruhigen Zeiten empfiehlt es sich, ab und zu ein bisschen Zeit den wirklich wichtigen Dingen des Lebens zu widmen. Darum hier einige Zeilen zum 85. Geburtstag von Donald Duck.
Die Ente, genauer: der Erpel kann dank seiner 85 Jahre als eine Symbolfigur unserer Epoche gelten. Er selber ist Vorkriegskind und erlebt, ähnlich wie so viele Human-Zeitgenossen, heute als alter weißer Erpel prekäre späte Jahre am Rande einer bunten und gegenderten Gesellschaft. Einerseits hat Donald um sich herum Jahrzehnte des scheinbar unaufhaltsamen Aufstieges beobachtet. Und doch war und ist er – auch dies kann als symbolhaft gelten – eine zutiefst unglückliche Gestalt.
Dieses Unglück im Überfluss macht ihn zu einer hochmodernen Figur. Ja, fast wirkt die Ente als Unglücksrabe wie die gefiederte Verkörperung unserer von German angstgeplagten Landsleute. Und tatsächlich ist der Uramerikaner erst in Deutschland zu dem geworden, was er ist. In seiner amerikanischen Heimat ist er lange ein eindimensionaler Charakter geblieben, ein cholerischer Pechvogel, mehr nicht.
In Deutschland ist er dank der mütterlichen Betreuung durch Erika Fuchs zu einer Ente mit Tiefgang herangereift. Die Übersetzerin hat ihn und sein Comic-Team nicht nur sprachlich durch ihr „ächz, stöhn, fluch!“ literarisch auf eine höhere Ebene gehoben. Donald Duck ist unter ihrer Ägide zur großen tragischen Gestalt geworden, ein ewig Strebender und doch an seinen Unzulänglichkeiten immer wieder Scheiternder. Es wäre übertrieben, ihn faustisch zu nennen, aber auch bei ihm handelt es sich zuweilen um das moralische Scheitern eines von menschlichem Sehnen Getriebenen.
So unterlag, um nur ein Beispiel zu nennen, Donald Duck einst am Nordpol wieder einmal dem Glückspilz Gustav Gans. Im fairen Wettkampf? Nein. Donald versuchte, den Konkurrenten mit einer falschen Wegekarte teuflisch austricksen. Vergebens. Gustav, der amoralische Müßiggänger gewann den Preis und konnte sich obendrein über seinen Vetter moralisch erheben. Auf dessen verzweifelte Frage, warum er schon wieder das Nachsehen hatte, sagte Gustav in der Pose eines Ethikrats: „Weil du eine Karte gefälscht hast!“
„Weil du nicht an die Erderwärmung glaubst“
Das ist eine Episode aus alter Zeit. Heute, da Klimawandel und abschmelzende Gletscher unsere tägliche Bedrohung sind, würde der polare Wettlauf sicher anders enden. Gustav Gans würde dem unterlegenen Donald die Niederlage mit den Worten erklären: „Weil du nicht an die Erderwärmung glaubst.“
Damit kommen wir zu der Frage, wie relevant Donald Duck und sein Team für die heutige Zeit und für uns Deutsche sind. Wer zum Beispiel könnte der Unglücksvogel sein, der in seiner Not nicht weiß, wie ihm geschieht? Hier drängt sich keine Einzelperson auf, wohl aber eine Personengruppe, die unter dem Label „SPD“ firmiert. Ja, die SPD ist der Donald Duck unserer Tage. Sie hat zwar keine Karte gefälscht, hat aber im Packeis unserer bitterkalten Politik die Orientierung verloren.
Gibt es einen ewig gewinnenden Gustav Gans? Etwa die Grünen? Nein, die sind eher wie Donalds Neffen Tick, Trick und Track – weniger verwirrt als ihr Onkel, aber eben doch nur Neffen. Sie sind allseits beliebt, geradezu zum Knuddeln, aber es ist ungewiss, ob sie in der politischen Erwachsenenwelt auf Dauer einen Spitzenplatz behaupten können. Andererseits ist es nicht verwunderlich, dass schlaue Neffen einem konfusen Onkel über den Kopf wachsen.
Wer sonst könnte Gustav Gans sein? Friedrich Merz sieht ein bisschen aus wie der selbstverliebte Gustav. Und im Personal-Geschnatter der CDU um Daisy Duck, die als AKK eine Randfigur der Geschichte bleiben könnte, könnte er am Ende der Gewinner werden. Allerdings umgibt ihn auch ein Hauch von Dagobert Duck. Und diesen stinkreichen Onkel schließt man nicht so leicht ins Herz.
Letzten Endes muss Donald Duck eben doch allein für sich stehen. Er muss sich weiter an der Armutsgrenze mitten im Reichtum durchboxen: als Zielgruppenente der Linken. Aber selbst eine grünrotrote Koalition wir ihn kaum aus seiner Hartz-Vier-Wut befreien können. Donald Duck wird nie ein Gustav Gans werden und schon gar kein Onkel Dagobert.
Oder vielleicht doch? Schließlich ist Mr. Duck kein gebürtiger Deutscher sondern ein Amerikaner. Er kann als „white trash“ seinen Namensvetter Donald noch einmal ins weiße Haus wählen, in der Hoffnung doch noch ein Dagobert Duck zu werden. Das ist schließlich der american dream: vom Donald zum Dagobert. Oder vom Donald Duck zum Donald Trump.