Dushan Wegner, Gastautor / 30.09.2021 / 16:30 / Foto: pixabay / 10 / Seite ausdrucken

72 Stunden Einzelhaft

Stell dir vor, du bist gehörlos, und deine Kommunikation mit der Welt läuft über Facebook. Plötzlich wird dir der Account gesperrt und du verstummst.

Jemand musste ihn bei Facebook gemeldet haben, denn ohne dass er sich einer Schuld bewusst war, wurde ihm eines Morgens der Account gesperrt. Fünf Monate zuvor hatte er, ähnlich unangekündigt, sein Gehör verloren. Die Ärzte suchen bis heute nach dem Grund, wenn die Suche auch an offenen Möglichkeiten und also an Energie verliert.

Er hat keine Erfahrung mit Taubheit, sein Gehör hatte ihm ein Leben lang gut gedient, seine Fähigkeiten zum Lippenlesen sind folglich begrenzt. Er beherrscht keine Zeichensprache, seine Familie und Freunde auch nicht. Er kann zwar weiterhin sprechen, doch wie unterhält man sich, wenn man nicht hört, was der andere sagt?

Schon zuvor hatte er Facebook genutzt, um sich mitzuteilen, um von Freunden zu hören. Seit er aber das Gehör verloren hat, wurde Facebook zu seinem Fenster in die Welt. Auf Facebook las er, was seine Freunde sagen. Über Facebook sagte er der Welt, was er dachte. Über Facebook besprach er sich, teilte Gefühle und Gedanken, Meldungen und Meinungen.

Schneller Klick eines Mindestlohn-Zensors im Zensur-Akkord

Vergangene Woche dann muss er auf Facebook etwas Unhöfliches gepostet haben, denn die Facebook-Zensoren sperrten seinen Account für 72 Stunden – drei Tage. Man ließ ihn verstummen, zur Strafe, Erziehung. Er ist kein prominenter politischer Aktivist, er kann keine Anwälte bezahlen. Er kann keinen öffentlichen Druck aufbauen, juristisch nicht und medial nicht.

Vielleicht war ja auch etwas, das er gepostet hatte, tatsächlich schlimm doll doof. Es hatte aber kein faires Gericht getagt, da war kein Verfahren passiert. Er wurde zum Verstummen gebracht, wahrscheinlich durch den schnellen Klick eines Mindestlohn-Zensors im Zensur-Akkord.

Es hatte keine Warnung gegeben, keine Ankündigungen – und gewiss keine Verhandlung. Er wurde bestraft, also war er wohl auch schuldig. Wenn du keine andere Möglichkeit zur Kommunikation hast, dann bedeutet eine Facebook-Sperre von 72 Stunden eben auch 72 Stunden Einzelhaft. (Unmittelbar nach der Veröffentlichung dieses Textes berichteten mir Leser, dass sie in ähnlicher Situation von Facebook sogar in 30 Tage „Einzelhaft“ gesperrt wurden.)

Eine mysteriöse Krankheit nahm ihm das Gehör. Die Zensoren von Facebook machten ihn auch noch praktisch stumm. Vorerst dauert seine Strafe „nur“ 72 Stunden. In dieser schönen neuen Welt, im Zeitalter der globalen sozialen Medien, entscheiden die Zensoren und Algorithmen der Konzerne, wer eine Stimme hat und wer nicht. Du weißt nicht, ob du nicht morgen plötzlich „weg bist“ – unsichtbar, verstummt. Und deshalb: Sag, was du zu sagen hast – solange sie es dir erlauben.

Dieser Beitrag erschien zuerst bei Dushan Wegner.

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Leserpost

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Stanley Milgram / 30.09.2021

Ich habe Einzelhaft mit Einzel-Hofgang erlebt und würde das jetzt nicht im geringsten, zumindest psychologisch betrachtet, mit meiner Sperre im Internet vergleichen. Allerdings weiß ich auch nicht, wie es ist taub zu sein und möchte es daher nicht bewerten oder vergleichen mit meiner Situation. Allerdings möchte ich mal zur Diskussion stellen, dass viele Menschen im Internet ein Zubrot oder sogar mehr verdienen und durch willkürliche Sperren oder nicht akzeptierbare Änderungen der AGB´s der Anbieter (z.B. Ebay) teils ihre Lebensqualität verlieren. Durch ihre Monopol-Stellung haben sie mittlerweile eine Macht, die viele erst merken, wenn sie außen vor sind. Welche wirkliche Alternativen gibt es denn z.B. zu Google/YouTube, Ebay oder Amazon? Bisher keine, die ich jetzt nutzen würde. Und wie ich gesehen habe, sind denen doch Einzel-Schicksale völlig egal. Da legt man sich auch mal mit ganz Russland an (Sperrung RT deutsch).

A. Ostrovsky / 30.09.2021

“Stell dir vor, du bist gehörlos, und deine Kommunikation mit der Welt läuft über Facebook.” Es tut mir leid, aber das ist mir zu konstruiert. Ich kann vor allem niemanden bedauern, der es so weit kommen lässt, dass seine Kommunikation über Facebook läuft. Da kann man nicht auf Verständnis hoffen! Ich habe eher festgestellt, dass solche Leute, die in ihren Email ihre Fachbook-Adresse mitteilen, eher keine sinnvolle Kommunikation zustande bringen.

Markus Kranz / 30.09.2021

Wieso sich denn auf #Talibantwitter oder #IMKahaneFacebook unterhalten? ^^ Boris Reitschuster ist längst auf Gettr, Brasilianische Bolsonaro Fans und arabische Prinzen ebenfalls, Protonmail deckt Emails ab. Es gibt schlicht keinen Grund mehr für Facebook oder Twitter - oder höchstens noch als Zweitaccount.

Christian Feider / 30.09.2021

seit 2010 wird zunehmend,egal ob auf youtube oder anderen “sozialen medien” gefiltert und gesperrt. Mann bemerkt das richtig erst,wenn man in drittweltländern wie Ägypten etwas aufruft,von dem man weiss,das es in D zensiert ist und es einfach auftaucht :) also,wenn die Zensurgefahr schon so lange besteht,fragt sich doch,warum diejenigen, die klar in Gefahr sind,nicht langsam mal klüger werden und andere Wege nutzen? dieses Gejammere wegen Fratzenbuch ist doch langweilig,zb die neue Plattform von Trump ist unzensiert…nutzt einfach etwas anderes

Sebastian Weber / 30.09.2021

Na, Herr Maas, ist doch toll, Ihr Meinungsfreiheitsbeschränkungsgesetz (offiziell „Netzwerkdurchsetzungsgesetz“) wirkt ja wunderbar. Sie sollten sich SCHÄMEN !!!

Andreas Mertens / 30.09.2021

Facebook, YouTube und Konsorten zensieren nicht weil Facebook, YouTube und Konsorten es so wollen. Das kostet schließlich Geld. Facebook und Konsorten zensieren weil die Politik es so wollte. Weil die Saturierten an den Fleischtöpfen der Macht die Konkurrenz um jeden Preis zum schweigen bringen wollten. Jetzt allerdings ist diese politisch korrekte Zensur ein Selbstläufer geworden. Eine alles vernichtende, alles verschlingende, alles unter sich begrabende Lawine. Schlimmer noch ... die einst unter polit-medialem Druck eingeknickten Social-Media-Barone haben Blut geleckt. Das Blut derer über die sie Macht haben. Politik und Median werden nun zusehends selber Opfer der von ihnen geforderten Zensur. Und die Revolution frisst schon wieder ihre eigenen Kinder. Mahlzeit!

Marc Blenk / 30.09.2021

Lieber Herr Wegner, ausnahmsweise etwas persönliches. Seit einem Monat habe ich keinen Zugang zu meinem FB Account. Er wurde gehackt. Nun versuchte ich alles technisch mögliche, wieder Zugang zu bekommen. Vergebens. Dann schrieb ich an FB Deutschland, die sich nicht zuständig fühlen.. Ich solle mich an Dublin wenden. Es ist praktisch bei FB unmöglich, einen lebendigen Menschen bei FB zu erreichen. Einfach unfassbar. Falls jemand einen Rat hat, wäre ich dankbar.  

Dr. Joachim Lucas / 30.09.2021

ceterum censeo facebookinem esse delendam.

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