Ist das wirklich erst 50 Jahre her? Daß Frauenleben in Deutschland so behütet war, daß man sie aus dem Berufsleben fern halten und in der Öffentlichkeit nur schicklich gewandet auftreten lassen wollte? Daß der Mann über Geld und Freiheitsrechte entschied und die sogenannten ehelichen Verpflichtungen von seinem Weib zur Not auch einklagen konnte?
Ja, die Emanzipation der Frau ist eine einmalige Erfolgsgeschichte. Und das Schöne daran: sie ist es auch für den Mann.
Und deshalb: Glückwunsch zur Gleichberechtigung der Frau, liebe Männer! Wir gönnen sie euch von ganzem Herzen. Vor 50 Jahren haben sich die Herren der Schöpfung und des Grundgesetzes ja wirklich lange den Kopf zerbrochen, ob sie uns zarte weibliche Geschöpfe in die Freiheit entlassen dürfen, in der allerhand Gefahren wie berufliche Unabhängigkeit, freie Sexualität und Konsumautonomie auf uns lauern. Doch siehe da: alles ist gut, nein: besser ist es geworden. Auch und vor allem für den Mann.
Keine erwartet mehr, daß er den treusorgenden Alleinverdiener macht; arbeiten geht Superwoman ganz freiwillig und um die Kinder kümmert sich notfalls der Staat. Macht auch nix, daß Frauen heutzutage als kleine Streberinnen die bessere Ausbildung haben – ein Mann verdient noch immer im Durchschnitt mehr als eine Frau.
Und was hat sie den emanzipierten Mann groß gekostet, die Gleichberechtigung? Das „Sehr geehrte Genossen und Genossinnen, Bürger und Bürgerinnen, Damen und Herren,“ geht ihm schon lange einwandfrei über die Lippen, auch in deutschen Vorstandsetagen, wo die Dame unter den Herren eine Einzelerscheinung ist. Selbst Alice Schwarzer war nicht lange Männerschreck, überhaupt ist der Feminismus bei Männern sehr beliebt, ist doch jeder denkende Mensch gegen die Schrecken dieser Welt wie Vergewaltigung, Klitorisbeschneidung, Frauenversklavung und Pornografie. Also auch ein Mann.
Ja, sogar zum Abwaschen bekennt er sich, seit es Geschirrspülmaschinen gibt – und so lassen sich noch heute Politiker beim Geschirrtrocknen fotografieren, als ob die Haushaltskasse für eine gute Miele nicht gereicht hätte. In den großen Angelegenheiten ist er ganz auf der Seite der Frau, über Kleinigkeiten, Liebling, laß uns bitte nicht streiten. Darüber, wer einkauft kocht die Kinder abholt die Windeln wechselt putzt staubsaugt - na, Sie wissen schon. Der ganz banale Alltagskram eben.
Und da scheint sich nicht so viel geändert zu haben, berichten die jüngeren Frauen, die am kämpferischen Feminismus, wie ihn Alice Schwarzer verkörpert, zu recht aussetzen, daß es dort immer nur um die großen Fragen ging, um die Rettung der Frauen und der Welt von allem Übel. Und, wenn das nicht gleich klappte, ums Symbolische: die politisch korrekte Sprechweise hat sich schon deshalb so schnell durchgesetzt, weil sie keine große Mühe macht.
Die Mühen sind heute wie damals die der Ebene: im Alltag erst bewährt sich, wofür das Gesetz dankenswerterweise den Rahmen gab. Es gibt noch viel zu tun. Fangt schon mal an.
Kommentar für Nordwestradio zum 1. Juli 2008