Das Land Schleswig-Holstein nimmt in einer Extra-Aktion 500 Flüchtlinge auf, die derzeit in einem Flüchtlingslager in Kairo leben. Im Gegensatz zu all den Zuwanderern, die tagtäglich Asylanträge in Deutschland stellen und zumeist fälschlicherweise als „Flüchtlinge“ bezeichnet werden, sind es in diesem Fall tatsächlich welche. Sie sind von eigens angereisten Mitarbeitern des Kieler Innenministeriums ausgewählt worden, dürfen legal einreisen, bekommen Bleiberecht und hätten selbst wahrscheinlich niemals die Schleuser-Tour nach Deutschland bezahlen können wie die vielen Asylbewerber, die ansonsten bei uns ankommen.
Für die ausgewählten Flüchtlinge dürfte das wirklich eine gute Tat sein. Das ist so unstrittig, dass für die Verantwortungsträger die Versuchung groß ist, sie auch dem zahlenden deutschen Publikum als solche vermitteln zu wollen. Aber diese gute Tat führt dennoch – bei etwas Nachdenken – nebenher auch manchen Irrweg der Migrationspolitik vor Augen. Doch wir wollen hier nicht despektierlich beginnen und lassen uns die Geschichte deshalb kurz von dem in diesem Zusammenhang unverdächtigen NDR erzählen:
„In einem großen Flüchtlingslager in Kairo (Ägypten) leben nach Auskunft des Innenministeriums Kiel rund 450.000 Menschen. Viele der Frauen dort sind in ihren Heimatländern vergewaltigt worden oder haben auf der Flucht ihre Kinder verloren. Auch traumatisierte Minderjährige leben dort. 500 Menschen mit extremen Schicksalen aus afrikanischen und arabischen Ländern wie Syrien, Somalia und dem Sudan hat das Innenministerium in Kiel in den vergangenen Monaten zusammen mit dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) ausgewählt. Dafür hat das UNHCR Dossiers erstellt und Empfehlungen ausgesprochen. Sie dürfen jetzt für ein neues Leben nach Schleswig-Holstein kommen.“
In das Auswahlverfahren seien, neben den erwähnten drei Mitarbeitern des Innenministeriums, die sich in dieser Mission schon seit Monaten in Kairo aufhalten sollen, auch die deutsche Botschaft und der Verfassungsschutz eingebunden worden. Es dürfte also alles vorbildlich vorbereitet sein. Weder muss man die Ankunft islamistischer Kämpfer fürchten, noch die Männer mit den selbst erfundenen Identitäten, die bestenfalls als Glücksritter kommen.
Vor allem Vorreiter
Dieses Beispiel vorbildlicher Flüchtlingsgaufnahme lassen sich die Steuergeldverwalter einiges kosten. Natürlich sind die Aufwendungen für den Transfer der Fünfhundert, die vor Ort monatelang eingesetzten Arbeitskräfte und die späteren deutschen Lebenshaltungskosten der Flüchtlinge vollkommen lächerlich im Vergleich zu anderen Ausgaben von Bund und Ländern. Dennoch drängt sich die Frage auf, ob man für dieses Geld nicht vor Ort mehr Menschen helfen könnte? Immerhin leben 450 000 Flüchtlinge in dem Kairoer Lager. Da ist es kaum spürbar, wenn ein Fünftelprozent der Bewohner ins schöne Norddeutschland ausgeflogen wird.
Warum kommen die Kieler Helfer nicht auf eine solche Idee? Doch der Zweck scheint ein anderer zu sein. Mit der guten Tat sollen die Schwachstellen der gegenwärtigen Asylpolitik kaschiert werden. Bevor sich hier ein falscher Unterton einschleicht, sollte hier besser wieder der NDR zitiert werden:
„Damit wird Schleswig-Holstein Vorreiter bei der Aufnahme von schutzbedürftigen Flüchtlingen. ‚Unsere Hoffnung ist, dass mehrere Bundesländer sich diesem Beispiel anschließen – weil wir ansonsten feststellen, dass ein Teil unserer Asylpolitik gar nicht mehr funktioniert und die Akzeptanz in diesem Bereich auch geringer geworden ist‘, sagte Staatssekretär Torsten Geerdts (CDU). ‚Wir holen Menschen, die schwer erkrankt und traumatisiert sind – wo niemand sagen kann, die haben überhaupt keinen Anspruch, hier zu bleiben. Wir sind als reiches Bundesland verpflichtet, dort auch humanitär zu helfen‘, so Geerdts.“
Heißt das also, man will ausgesuchte Flüchtlinge einfliegen, deren Schutzbedarf niemand bestreiten kann, weil diejenigen, die aus eigenem Antrieb in Massen kommen und großteils keinen hinreichenden Schutzbedarf haben, zur Legitimation der derzeitigen Asylpolitik nicht taugen? So muss man den Staatssekretär doch verstehen, wenn er sagt, „dass ein Teil unserer Asylpolitik gar nicht mehr funktioniert und die Akzeptanz in diesem Bereich auch geringer geworden ist“.
Damit also die Kritik daran verstummt, dass die Bundesregierung die ungesteuerte Massenzuwanderung unter missbräuchlicher Verwendung des Asylrechts weiterhin duldet und mit Anreizen letztlich auch fördert, werden nun unbestritten hilfsbedürftige Flüchtlinge eingeflogen? Wollte der Staatssekretär hier sehr offen ein Motiv der Aktion darlegen, oder wurde er einfach falsch verstanden?
Zumindest sieht sich Schleswig-Holstein laut NDR hier in einer Vorreiterrolle, der andere Länder folgen sollten. Wer nun aber Angst bekommen sollte, die deutschen Politiker würden jetzt einen Großteil der 450.000 Bewohner des Kairoer Lagers einfliegen wollen, der kann sich beruhigen. Es geht nicht gerade schnell, wie das bei Schaufensteraktionen nicht selten ist. Der letzte dieser 500 ausgesuchten Flüchtlinge soll erst im Sommer des übernächsten Jahres in Norddeutschland eintreffen. Da sind die Schleuser schneller, aber die lassen sich das von den Migranten ja auch gut bezahlen. Diese Zahlungen haben für die Schleuser-Kundschaft wiederum eine Refinanzierungs-Garantie, die wie eine Schleusungs-Bürgschaft wirkt: Es sind die Sozialleistungen, die jeden erwarten, der einen Asylantrag stellt – egal, wie unbegründet er ist. Alle anderen Sozialleistungen werden normalerweise erst nach Bewilligung eines Antrags gewährt.
Vielleicht sollte man zunächst solche Fehlanreize abbauen und dann – aber erst dann – auch die Hürden für eine legale Reise nach Deutschland. Aber das ist eine andere Geschichte. Die Idee, mit dem eingesetzten Geld lieber Menschen vor Ort zu helfen, wäre da eigentlich schon leichter verdaulich. Doch auch die hat derzeit bei deutschen Verantwortungsträgern keine Chance.