25 Jahre Lehrerin – ich gebe auf

Ein zwölfjähriges Mädchen im Turngewand, heulend auf der Toilette, weil ihre Mitschüler gedroht hatten, ihr sommerliches Kleid zu zerschneiden. Ein anderes Mädchen, das nie wieder Rock und T-Shirt trug, nachdem sie vor der Schule von tschetschenischen Jungs wegen ihrer unislamischen Kleidung bedroht worden war. Schülerinnen, die einen Ehrenmord ok finden, Schüler, die islamische Terroristen als Helden feiern. Es sind Geschichten wie diese, die Susanne Wiesinger in ihrem Buch „Kulturkampf im Klassenzimmer“ beschreibt.

Die Lehrerin, die seit 25 Jahren in Wien-Favoriten unterrichtet, hatte sich schon im März dieses Jahres über die Recherche-Plattform Addendum an die Öffentlichkeit gewagt. Allein gelassen fühle sie sich und die Schüler, sagt sie gegenüber der österreichischen Tageszeitung Die Presse, „vom nach außen hin alles verharmlosenden, nach innen unzulänglich agierenden Stadtschulrat, der Politik überhaupt, vom ignoranten und komfortablen Wegsehen der bürgerlichen Linken.“ Wiesingers bitteres Fazit: „Wir sind ohnmächtig. Und oft denke ich: Die haben gewonnen und wir haben verloren. In Wirklichkeit haben aber die Kinder verloren.“

Das hat nichts mit dem Islam zu tun

Um zu verstehen, warum wir verloren haben, muss man nur das Presse-Interview vom 11.9. mit dem Wiener Bildungsdirektor Heinrich Himmer (SPÖ) lesen. Es liegt hinter der Bezahlschranke, aber der wesentliche Teil ist kurz genug, um hier zitiert werden zu dürfen. Nach den üblichen Floskeln – „da müssen wir mehr tun, Sozialarbeit, besondere Herausforderungen, Initiativen, runder Tisch“ – wird es konkret:

Presse: Bei dem runden Tisch ging es eigentlich um Gewalt. Was hat das mit dem Islam zu tun?

Himmer: Einen runden Tisch zum Islam berufe ich nicht ein. Wir können darüber diskutieren, wie wir damit umgehen, wenn jemand radikalisiert ist. Das hat aber nichts mit einer einzelnen Religion zu tun, sondern ist eine Einstellungsfrage. Und wenn ein Bursch einem Mädchen Vorschriften macht, was sie anziehen soll, zähle ich das zu Gewalt. Da werden Druck und Zwang ausgeübt. Und wenn das im schulischen Kontext stattfindet, muss Schule darauf antworten. Wir werden aber nicht allein die Gesellschaft retten können. Es gibt ein Leben außerhalb der Schule auch. …

Presse: Der Bildungsminister will für die Schulen über ein Kopftuchverbot bis 14 sprechen. Würden Sie das zumindest diskutieren?

Himmer: Sicher. Wir wissen aber, dass einfache Formulierungen wie „Mädchen dürfen kein Kopftuch tragen“ schwer umsetzbar sind. Und dass es nicht nur eine Kopftuchfrage ist, sondern eine der religiösen Symbole insgesamt – das fängt beim Kreuz an und geht bis zur Kippa. Ich will nicht über den Islam reden, sondern über die Religionen in der Schule in Summe. Nicht über einzelne religiöse Symbole, weil das dürfen wir gar nicht.

Kurz: Das hat nichts mit dem Islam zu tun. Es bleibt Himmers Geheimnis, mit welcher Religion es denn sonst zu tun haben könnte, „wenn jemand radikalisiert ist“. Zumal man eher selten davon hört, dass jemand „Shalom“ ruft, bevor er sich und andere in die Luft sprengt. Man liest auch kaum von Leuten, die Passanten mit Messern abstechen und dabei „Vater unser“ brüllen. Aber was nicht ist, kann ja vielleicht noch werden, es ist schließlich nur eine Einstellungsfrage.

Darum will er weder über den Islam noch über das Kopftuch reden, sondern nur über Religionen in Summe. Einverstanden. Wenn uns Herr Himmer wenigstens eine Handvoll Schüler oder Schülerinnen zeigt, bei denen Kreuz oder Kippa ein Integrationshindernis in unsere Gesellschaft darstellen würden. Freilich: Nicht einen einzigen Schüler wird er finden, nicht eine einzige Schülerin.

Nichts hören, nichts sehen, nichts sagen

Der Wiener Bildungsdirektor agiert wie ein Arzt, der einen Patienten mit Lungenkrebs gegen Pocken impft und mit ihm „in Summe“ über Krankheiten spricht, weil sich das irgendwie harmloser anhört als „Chemotherapie“. Doch eine wirksame Therapie ist ohne ehrliche Diagnose nicht zu haben. Die Sozialdemokratie zahlt für ihre ideologisch getriebene Realitätsverleugnung und die fortdauernde Beschönigung des Offensichtlichen mit ihrem Niedergang, der mit dem Aufstieg der rechten Parteien in ganz Europa einhergeht.

Maajid Nawaz, ein Politiker und Aktivist aus Großbritannien, prägte den Begriff der „Regressive Left“ für jene linke Politik, die sich selbst mit islamo-faschistischen Regimen gemein macht, um das vermeintlich größere Übel neokonservativer bzw. neoliberaler Politik zu bekämpfen. Der britische Labour-Führer James Corbyn mag hier als prominentes Beispiel dienen. Die „rückschrittliche Linke“ toleriert reaktionäre Ideologien wie den politischen Islam und illiberale Prinzipien wie die Identitätspolitik, die auf Rasse und Geschlecht abzielt anstatt auf das Individuum.

Gegenüber ihren Vorstellungen von Multikulturalismus und kulturellem Relativismus muss selbst das Prinzip der freien Meinungsäußerung hintanstehen. Israel versteht die Regressive Left als kolonialistisches Projekt des Westens und scheut sich daher nicht, Hizbollah und Hamas in deren Kampf gegen den jüdischen Staat ideologisch beizustehen. Diese Denkschule klingt nicht nur faschistisch, sie ist es auch, nur mit umgekehrten Vorzeichen. Ihre Missachtung elementarer bürgerlicher Freiheitsrechte führt in eine Gesellschaft, die hinter die Errungenschaften der Aufklärung zurückfällt.

Die unverhohlen zur Schau getragene Ignoranz des Wiener Bildungsdirektors reiht sich in dieses Muster ein und bestätigt den Befund der Lehrerin, die ihr gesamtes Erwachsenenleben dem linken Rand der Sozialdemokratie nahestand: „Die Ignoranz der Sozialdemokraten in meinem beruflichen Umfeld gegenüber Problemen mit muslimischen Schülern sehe ich rein pragmatisch: Sie wollen wiedergewählt werden und ihre Posten behalten. Deswegen darf es kein Problem geben, für das sie verantwortlich gemacht werden können.“

Zuerst erschienen auf mena-watch.com

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Foto: Wolfgang Roehl

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Marie-Jeanne Decourroux / 15.09.2018

Ein Schulfreund, später Englischlehrer an einer Schule des Opus Dei, wunderte sich anfangs (heute nicht mehr…), dass viele SPD-Mitglieder ihre Kinder in diese Privatschule schicken, obwohl sie den Ruf des „Erzkonservativen“ hat (und dazu noch teuer ist). inzwischen versteht er, dass sie, wie Manuela Schwesig et al., lieber Wein trinken - statt des Wassers, das sie gern anderen empfehlen.

Gabriele Klein / 15.09.2018

“Zumal man eher selten davon hört, dass jemand „Shalom“ ruft, bevor er sich und andere in die Luft sprengt. Man liest auch kaum von Leuten, die Passanten mit Messern abstechen und dabei „Vater unser“ brüllen.” Selten? mich würde der Fall interessieren wo auch nur EINER Shalom gerufen hätte um anschließend andre in die Luft zu sprengen…..  Auch wäre mir nicht ein einziger Fall bekannt wo jemand Vater unser gebrüllt hätte .... Ich meine sowas wäre doch mit Sicherheit in der Bild Zeitung zu finden….  Weiterhin würden die zitierten Religionen im nächsten Schritt die Zugehörigkeit zur Religion klären und sich ziemlich sicher von diesem Verhalten laut und deutlich abzugrenzen…..

Brigitte Miller / 15.09.2018

Wer Herrn Himmer im “Talk im Hangar 7” gesehen und gehört hat, weiss, was von ihm und seinen vielen vielen inhaltslosen Worten zu halten ist. „Kulturkampf im Klassenzimmer: Machtlos gegen islamische Einflüsse?“

Gabriele Schulze / 15.09.2018

Ich habe große Mühe, das Aufkommen des Bösen in mir selbst zu bekämpfen. Hervorgerufen durch die unglaublich verlogene Situation im Land. Unter anderem wünsche ich den “nichtrechten”  Eltern, daß sie Mühe haben, das Erleben ihrer Kinder mit der herrschenden Ideologie in Einklang zu bringen. Dann höre ich schon auf, weil ich den Kindern um Gottes Willen nichts Ungutes wünsche. Ihren dummen Eltern und Großeltern schon. Und die Lehrer? Tja, die meisten sind ja wohl auch rautenhörig. Also…..

Marie-Jeanne Decourroux / 15.09.2018

Es ist einer der inneren Widersprüche des westlichen Multikulturalismus, dass er auf der einen Seite den europäischen Kolonialismus vergangener Zeiten zurecht scharf verurteilt, andererseits aber einen neuen Kolonialimus innerhalb Europas duldet - ja, sogar ideologisch fördert. Denn, wie die Pariser Erklärung*) vom 7. Oktober 2017 treffend feststellt: «Immigration ohne Assimilation IST Kolonisation.» *) Unbedingt lesen! - ein Dokument wahren europäischen Geistes, unterzeichnet von (u.a.) Sir Roger Scruton, Rémi Brague, Robert Spaemann.

Marc Blenk / 15.09.2018

Liebe Frau Wiesinger, lieber Herr Eppinger, schon lange befinden sich die linken Parteien auf dem Weg der inneren Islamisierung. Den Anfang machte die Stilisierung des Islam zur Opferreligion. Dann die Spaltung: Für die die länger hier leben, sollen (bis auf weiteres) die auf das Individuum gerichteten gesellschaftlichen Regeln gelten. Mit allem was dazugehört, vor allem die Selbstverantwortung und Leistung für die Gesellschaft. Die Muslime dagegen belässt man in ihrem Kokon, in dem die Regeln der Gruppe, der Religionszugehörigkeit und der Ethnie gelten dürfen. Da genügt ein wenig Gesetzestreue, womit im Falle Deutschlands aber schon nicht mehr die Verfassung gemeint ist. Denn Religionsfreiheit heißt hier Glaubensfreiheit und ist auf das Individuum bezogen. Und das heißt, dass jeder und jede über ihren Glauben selbst entscheiden darf! Es vergeht aber kein Tag, an dem die Mehrheit der Muslime gegen dieses Grundrecht nicht verstoßen würde. Der Vater, der Bruder, die Mutter… Sie alle machen der/dem Heranwachsenden/Erwachsenen auch notfalls mit Gewalt deutlich, was zu glauben ist und wie man sich zu verhalten hat. Ganz davon abgesehen, dass man aus dem Islam nicht austreten kann. Der Islam, der nicht einfach ein Glaube ist, sondern ein strenges Gesetzeswerk, der das Leben bis in die letzte Phase der Menschen regeln und diktieren will. Dazu: Wann hat sich je ein Linker darüber aufgeregt, dass wir Millionen Türken im Lande haben, die niemals einen Partner außerhalb ihrer Community heiraten würden. Der Großteil der Türken in Deutschland bildet die eigentliche identitäre Bewegung!

Ute Bestek / 15.09.2018

Wiesingers bitteres Fazit: “Wir sind ohnmächtig. Und oft denke ich: Die haben gewonnen und wir verloren. In Wirklichkeit haben aber die Kinder verloren.” Mein Fazit nach vierunddreißigjähriger Arbeit als Lehrerin, davon die letzten siebzehn an einer Brennpunktschule, fällt deckungsgleich aus. Das Schlimme ist, das Gefühl der Ohnmacht und die Gewissheit, dass die Kinder verloren haben, zerreißen mich auch heute (nach meiner Pensionierung) noch.

Hans Meier / 15.09.2018

Daß Christentum kein Integrationshemmnis wäre, scheint eine liebgewordene Legende der Rechten zu sein. Wenn ich an Zeugen Jehovas, den konservativen Flügel der Mennoniten oder sonstige Evangelikale, oder an syrisch-orthodoxe Christen denke… Die schotten sich schon ziemlich ab. Aber wenigstens sind sie anderen gegenüber nicht dominant und gewalttätig. Und eine Lieblingslüge der Linken ist, die Probleme des Islam zu vertuschen, indem man behauptet, andere Religionsgemeinschaften hätten sie ja auch. Wahrscheinlich ist die Macht des Islam hinter den Kulissen wesentlich größer, als wir alle uns das vorstellen. Länder wie Saudi-Arabien oder Katar bestechen in Deutschland wahrscheinlich jeden Funktionär, der nicht bei drei auf den Bäumen ist. Ich denke nur an den letzten Ramadan-Hype. Selbst absolut laizistische Medien feiern plötzlich die heilsame Kraft islamischer Riten. Das kommt ja nicht von ungefähr.

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