Gerd Buurmann / 11.11.2022 / 11:11 / 11 / Seite ausdrucken

200 Jahre Alaaf mit Schalom

„200 Jahre Kölner Karneval: Ov krüzz oder quer”, so lautet das Motto für die Jubiläumssession des Kölner Karnevals, die heute um 11:11 Uhr begonnen hat. Im Jahr 2022 feiert Köln 200 Jahre Rosenmontagszug, und obwohl der Karneval einen christlichen Hintergrund hat, sind Juden in Köln von Anfang an mit dabei.

Am 10. Februar 1823 fand in Köln der erste Rosenmontagszug in der Geschichte der Stadt unter dem Motto „Die Thronbesteigung des Helden Carneval“ statt. Aus dem Helden Carneval sollte sich später Prinz Karneval entwickeln. Der Darsteller des ersten Helden war der Kaufmann Emanuel Zanoli, der bei Farina arbeite, also bei der Familie, die bis heute das originale Eau de Cologne herstellt. Der originale Duft heißt Farina, nicht 4711

Im Jahr 1824 fand der zweite Rosenmontagszug statt. Die Session stand unter dem Motto: „Besuch der Prinzessin Venetia beim Helden Carneval“. Der Held Carneval wurde wieder von Emanuel Zanoli dargestellt und die Prinzessin Venetia verkörperte der damals gerade mal 20-jährige Jude Simon Oppenheim.

Simon Oppenheim wurde im Jahr 1803 in Köln geboren und zahlte im 19. Jahrhundert zusammen mit seinem Bruder erhebliche Summen für den Weiterbau des Kölner Doms. Er war zwar Jude, aber eben auch ein echter Kölner. Im Kölner Dom hängt heute ein Kirchenfenster der Familie Oppenheim.

Juden im Kölner Karneval des 19. Jahrhunderts

Im Jahr 1824 zogen zwei Karnevalszüge durch Köln. Der „nördliche Zug“ wurde von Held Carneval angeführt und der „südliche Zug“ von Prinzessin Venetia. Am Heumarkt trafen sich die beiden Züge. Die Hoheiten tauschten ihre Orden aus und becherten ordentlich Rheinwein. Dokumentiert wurden die ersten Rosenmontagszüge von dem jüdischen Maler und Lithographen David Levy Elkan. Er wurde 1808 in Köln geboren und schuf Illustrationen und Kultobjekte sowohl für die Kölner Synagogen-Gemeinde als auch für die katholische Kirche und den Zentral-Dombau-Verein. Schon mit 16 Jahren gestaltete er das Karnevalsblatt der Kölnischen Zeitung und erhielt mehrere Aufträge von verschiedenen Karnevalsgesellschaften. Sein bekanntestes Bild ist die Darstellung des Maskenzugs aus dem Jahr 1827.

Weitere Juden im Kölner Karneval des 19. Jahrhunderts waren Salomon Marx, Mitglied im Kleinen Rat der Großen Karnevalsgesellschaft, und Jacob Goldstein, Mitglied bei den Roten Funken. In einem Vortrag, den er am 5. März 1876 in Grevenbroich hielt, kritisiert Goldstein deutlich den Judenhass seiner Zeit: „Es tut mir von Herzen leid, dass man auch heute noch gezwungen ist, dagegen anzukämpfen.“

Auch Joseph Salomon war Mitglied bei den Roten Funken. Seine Tochter Julia heiratete den Karnevalisten Norbert Capell. Im Jahr 1905 wurde Capell Ehrensenator der Kölner Narren-Zunft von 1880. Später wurde er sogar zum Ehrenamtsmeister ernannt. Noch im hohen Alter von 80 Jahren trat er im Karneval auf.

Die Nazis bereiten dem jüdischen Karneval ein brutales Ende

Im 20. Jahrhundert schließlich gründete sich der erste offizielle jüdische Karnevalsverein in Köln, und zwar der Kleine Kölner Klub. Ja, die Abkürzung des jüdischen Karnevalsvereins in Köln ist KKK. Er wurde im Jahr 1922 zunächst als Kegelverein gegründet, aber schnell wurde daraus ein der Tradition verpflichteter Kölner Karnevalsverein. Ab 1926 führte der KKK in jeder Session eine Veranstaltung durch, auf der nicht nur die wichtigsten Karnevalisten auftraten, sondern auch das Trifolium. Das Wort „Trifolium“ war bis ins Jahr 1938 die offizielle Bezeichnung für die Regenten über das närrische Volk in Köln. Das Trifolium besteht aus Prinz, Bauer und Jungfrau. Unter den Nazis wurde beschlossen, statt des lateinischen Worts für „Kleeblatt“ das deutsche Wort „Dreigestirn“ einzuführen.

Die Nazis bereiteten dem jüdischen Treiben im Kölner Karneval ein brutales Ende. Alle Juden, die bis dahin den Kölner Karneval maßgeblich geprägt hatten, wurden ermordet oder mussten fliehen. Darunter war auch Norbert Stein, der als „Kölns Liebling“ bekannt war. In der Kölner Presse stand im Januar 1927:

„Starken Beifall fand Norbert Stein als Blitzdichter, der in schneller Gedankenarbeit die unmöglichsten Wortbilder zu treffenden Reimen formte. Seine spitzigen Anmerkungen zu einzelnen Zurufen des Publikums setzten bei manchen der Abgefertigten ein ‚dickes Fell‘ voraus.“

Im Jahr 1931 leitete Stein in der mit knapp 7.000 Zuschauern gefüllten Kölner Messehalle eine große Wohltätigkeitssitzung unter dem Titel „Hab Sonne im Herzen“ für hilfsbedürftige Menschen. Die Rheinische Zeitung überschlug sich geradezu:

„Norbert Stein, der geistige Urheber der Veranstaltung, hatte die Riesensitzung voll in der Hand, vielleicht war es die größte Leistung, die je einem Karnevalspräsidenten zugemutet wurde. Mit Schneid und Humor, nicht zuletzt mit klugem Takt, entledigte er sich seiner großen Aufgabe.“

In der Schoa verliert sich die Spur von Norbert Stein. 

Nach Auschwitz deportiert

Der Karnevalist Alfred Heinen wurde als Alfred Levy geboren und trat regelmäßig in einer Bar in der Zeppelinstraße als Sänger und Parodist auf. Im Juli 1933 floh er mit seiner Familie nach Holland. Nach dem Einmarsch der Wehrmacht wurde er zusammen mit seiner Frau Selma am 9. Januar 1943 vom Durchgangslager Westerbork aus in das Lager Sobibor verschleppt und dort ermordet. Seine Tochter Margot wurde am 30. November 1943 in Auschwitz ermordet.

Eine bis heute wichtige Frau des Kölner Karnevals war die Schauspielerin und Puppenspielerin Fanny Meyer. Sie war Mitglied im Ensemble des Kölner Hänneschen-Theater, wo sie jahrelang die Rolle der Bestemo spielte. Im Jahr 1933 wurde das Hänneschen-Theater aufgefordert, alle jüdischen Angestellten zu melden. Da Meyers Vater Jude war, ihre Mutter jedoch katholisch, erhielt sie zwar zunächst die Erlaubnis, am Puppenspiel weiterzuarbeiten, aber im Jahr 1935 wurde ihr dennoch gekündigt.

Im Jahr 1936 schloss sie sich dem neu gegründeten Kölner jüdischen Marionetten-Theater an. 1938 heiratete sie einen Dekorateur und änderte daher ihren Namen in Fanny Heineberg. Im Jahr 1942 wurde sie zusammen mit ihrem Mann deportiert. Ihre letzte Postkarte an ihren Vater schrieb sie von Auschwitz am 3. März 1943. Danach verliert sich ihre Spur. Im Jahr 2017 ehrte das Hänneschen-Theater Fanny Meyer mit einer nach ihr benannten Puppe.

Der bekannteste jüdische Karnevalist flieht in die USA

Der wohl bekannteste jüdische Karnevalist war jedoch Hans David Tobar. Er wurde im Jahr 1888 in Köln als Hans David Rosenbaum geboren und trat im Karneval als Kabarettist, Krätzchensänger und Rezitator bei allen Traditionsgesellschaften auf und schrieb viele Programme für den KKK. Bereits als 17-jähriger trat er bei einer Sitzung der Großen Karnevals-Gesellschaft auf. Er war Mitglied bei den Roten Funken und wurde 1922 zum Ehrensenator ernannt. Ein Jahr später allerdings wurde er zusammen mit über 70 weiteren Mitgliedern aus dem Verein entlassen, weil er aufgrund der Hyperinflation die Mitgliedsbeiträge nicht mehr aufbringen konnte.

Tobar machte den Kölner Karneval weit über die Grenzen Kölns bekannt. Auf der Nordseeinsel Norderney trat er in diversen Hotels und Theatern auf und gründete dort die Karnevalsgesellschaft Zoppejröns. Norderney war damals eine der wenigen deutschen Inseln, auf der Juden leben konnten, denn zahlreiche andere Inseln pflegten stolz einen „Bäder-Antisemitismus“ und warben teilweise damit, „judenrein“ zu sein. Zahlreiche bekannte Kölner Karnevalisten und Volkssänger gastierten bei Tobars Aufführungen auf Norderney. Darunter war auch Kölns bekanntester Karnevalssänger Willi Ostermann.

Ab 1940 feierte Tobar den Kölner Karneval in den USA, denn die Nazis machten es ihn unmöglich, weiterhin am Rhein zu feiern. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten durfte er in Deutschland nicht mehr im offiziellen Karneval auftreten. Sein Name wurde in der Session 1932/33 aus dem Programmheft „Alle Poppe Danze“ gestrichen. Für die Kölner Synagogen-Gemeinde moderierte er in den kommenden Jahren zwar noch mehrere Tanzabende und schrieb Programme wie „Krach im Morgenland“ für den Jüdischen Kulturbund Rhein-Ruhr, aber am 9. Dezember 1939 emigrierte er nach Amerika. Dort trat er weiterhin mit karnevalistischen Programmen auf und starb am 4. April 1956 in New York.

Ein Ehepaar wird in den Tod getrieben

Seit 2014 vergibt die Kölner Karnevalsgesellschaft StattGarde Colonia Ahoj in unregelmäßigen Abständen den Hans-David-Tobar-Preis. Mit dem Preis werden Menschen ausgezeichnet, „die sich selbstlos für andere Menschen einsetzen oder bei gesellschaftskritischen Themen mutig aufstehen und für Veränderung kämpfen“.

Julius Rutkowsky spielte in Revuen von Hans Tobar und war zeitweise am Kölner Schauspielhaus engagiert. Er wurde im Jahr 1942 im Konzentrationslager Majdanek ermordet. Seiner Schwester Rosel Rutkowsky gelang die Flucht in die USA. Auch sie trat in Revuen von Hans Tobar auf. Im Januar 1933 trat sie mit der Nummer „Vortrags echt kölscher Lieder“ auf und wurde daraufhin mit der kürzlich zuvor verstorbenen Karnevalistin Gertie Ransohoff verglichen.Gertie Ransohoff war Katholikin, allerdings mit dem jüdischen Textilhändler Paul Ransohoff verheiratet. Sie war eine „Sensation“ im Kölner Karneval. So jedenfalls beschreibt die Rheinische Zeitung ihren Auftritt beim Damenkränzchen der Großen Karnevalsgesellschaft am 29. Januar 1929 im Gürzenich und betont, sie habe einen „Beifallsorkan“ ausgelöst.

Ransohoff arbeitete eng mit Hans Tobar zusammen und trug einige von ihm geschriebene Reden vor. Sie trat oft in der traditionsreichen Wolkenburg für den KKK auf. Am 11. Mai 1932 nahm sich ihr Mann das Leben, vermutlich aufgrund ansteigender antisemitischer Hetze. Fünf Tage später beging auch sie Suizid. Im Jahr 1933 trauerte die Rheinische Zeitung um „die leider so früh dahingegangene Frau Ransohoff, die der Fasteleer noch schwer vermissen wird.“

Judenfeindlicher Mottowagen im „Zoch“

Es gibt viele große Persönlichkeiten, die der Fasteleer schwer vermisst. Sie wurden brutal aus dem Leben gerissen und viele Karnevalisten schauten tatenlos zu oder beteiligten sich an der Verfolgung. In dem Karnevalslied „Hurra mer wäde jetzt die Jüdde loß“ von Jean Müller aus dem Jahr 1936 heißt es: 

„Hurra mer wäde jetz de Jüdde loss. Die ganze koschere Band, trick nohm gelobte Land. Mir laache uns für Freud noch halv kapott, der Izig und die Sahra die träcke fott! Wenn die ganze koschere Jüdde us Deutschland sinn erus, zwei mir dann he behalde, die stelle mir dann uus. Eine enn de Schreckenskammer, eine ett Museum kritt geschenk, datt mir an die Judenplage, mett Schrecke später denk.“

In dem Jahr fuhr auch ein deutlich judenfeindlicher Wagen beim Rosenmontagszug mit. Es war Mottowagen mit dem Titel „Däm han se op d’r Schlips getrodde“ (Dem haben sie auf den Schlips getreten). Auf dem Wagen zu sehen war die riesige Pappfigur eines klischeehaften Juden, der hilfesuchend die Arme in die Lüfte reckt, während ihm ein großer Stiefel von einer als Paragraf stilisierten Figur auf die Krawatte tritt. Der Wagen nahm damit Bezug auf die im Jahr 1935 erlassenen Nürnberger Gesetze, mit denen Juden entrechtet und zur Verfolgung freigegeben wurden.

Mit den Nazis endete nicht nur die jecke jüdische Tradition, es änderte sich einiges im Kölner Karneval. Bis zu den Nazis wurden zum Beispiel sowohl die Jungfrau im Trifolium, als auch das Funkemariechen in der Tanzgarde von Männern dargestellt. Unter den Nazis jedoch wurden die Rollen von Frauen übernommen, wohl um Anzüglichkeiten homosexueller Anspielungen auszuschließen. Nach den Nazis schlüpften wieder Männer in die Rolle der Jungfrau, das Funkemariechen aber blieb weiblich.

„Kölsche Kippa Köpp“

Mit den Nazis endete die kurze Geschichte des KKK in Köln. Seit einigen Jahren ist der Verein jedoch wieder zurück. Allerdings stehen die drei Buchstaben jetzt für die „Kölschen Kippa Köpp“. Am 3. März 2019 stellten sich die Kölsche Kippa Köpp offiziell der Öffentlichkeit in der Kölner Synagoge vor. Unter den Gästen waren Vertreter vieler traditionsreicher Vereine von den Roten Funken bis hin zu den Treuen Husaren

Am 4. Februar 2020 schließlich fand im Wohlfahrtszentrum der Gemeinde in der Ottostraße ein „Rheinischer Nachmittag“ statt, bei dem erstmals wieder nach dem Zweiten Weltkrieg das Dreigestirn persönlich den jüdischen Karnevalsverein besuchte. Aaron Knappstein begrüßte das Dreigestirn mit diesen Worten:

„Wir als KKK begrüßen zum ersten Mal das Kölner Dreigestirn. Zum letzten Mal war ein Dreigestirn bei einem jüdischen Karnevalsverein vor dem Krieg in der Wolkenburg.“

Damals, in der Wolkenburg, war Max Salomon Präsident und Gründer des ersten KKK. Er war Schriftsteller und Textilhändler und den meisten seiner Zeitgenossen unter seinem Spitznamen „de Pläät“ (der Glatzkopf) bekannt. Im Karneval erlangte er Berühmtheit als „Kölsche Marktfrau“. Im November 1939 musste er mit seiner Familie nach Los Angeles emigrieren. Den Kölner Karneval nahm er mit und trat in Amerika weiterhin als „Kölsche Marktfrau“ auf.

Juden leben seit 1700 Jahren in Köln

Willi Salomon war der Bruder von Max Salomon. Er trat für den KKK in die Bütt und war für die Dekoration der Sitzungen verantwortlich. Dies jedenfalls legt sein Beruf nahe, denn er war Kunsthandwerker. Für die Kölner Zionistische Vereinigung stellte er im Jahr 1934 im Rahmen der Ausstellung „Erez Israel. Das Land der Juden“ in Köln Modelle her. Ende 1935 emigrierte er mit seiner Frau und deren Tochter nach Palästina, wo er Bauer wurde.

Trotz des immensen Einflusses vieler Juden auf den Kölner Karneval war es für Juden nicht immer leicht, einem Karnevalsverein beizutreten. Julius Freund zum Beispiel bat um Aufnahme bei der Ehrengarde der Stadt Köln. Am 21. Juli 1923 wurde deshalb in der Vorstandssitzung darüber diskutiert, ob Juden zumindest als inaktive Mitglieder aufgenommen werden können. Das Ergebnis war eindeutig: 

„Zur Sprache gebracht und zur Beschlussfassung gestellt wurde die Frage der Aufnahme jüdischer inaktiver Mitglieder. Einstimmig wurde beschlossen, jüdische Elemente fernzuhalten und weder inaktiv noch aktiv aufzunehmen. Infolge dieses Beschlusses wurde die Aufnahme des Herrn Julius Freund abgelehnt.“

Im Jahr 1941 wurde er nach Lodz deportiert und starb dort am 10. April 1942 im Alter von 59 Jahren.

Louis Gross wiederum bat im Herbst des Jahres 1922 um Aufnahme bei den „Roten Funken“ und wurde am 8. November 1922 aufgenommen. Man konnte als Jude sogar Gründungsmitglied eines Karnevalvereins sein, wie der Pfeifengroßhändler Erich Israel, der die Altstädter Köln 1922 mitbegründete.

Obwohl für viele Juden Köln die Heimat war, wurde ihnen diese Heimat in der Geschichte immer wieder abgesprochen, und das, obwohl Juden in Köln schon länger feiern, lachen und tanzen als es den Kölner Karneval überhaupt gibt. Das erste Mal wird eine jüdische Gemeinde in Köln urkundlich im Jahr 321 in einem Dekret von Kaiser Konstantin erwähnt. Die jüdische Gemeinde in Köln befand sich lange im Zentrum der Stadt – eben dort, wo man als älteste Gemeinde einer Stadt lebt. Als das Kölner Rathaus errichtet wurde, wurde es direkt am Judenviertel gebaut.

Der Davidstern – auch Zunftzeichen der Bierbrauer

Im Jahr 1424 allerdings wurden alle Juden aus Köln vertrieben. Erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts mit Napoleon und dem Code Civil, in dem das aufklärerische Ideal der Religionsfreiheit festgehalten wurde, kehrten Juden nach Köln zurück. 

Immer wieder wurden Juden in Köln verfolgt und ihr Wirken für die Stadt marginalisiert. Dennoch finden sich einige Statuen von Juden am Kölner Rathausturm, darunter der Kölner Komponist Jacques Offenbach, aus dessen Werk jeden Tag um 18 Uhr eine Melodie vom Glockenspiel des Kölner Bürgerturms erklingt, der Politiker Moses Hess, der Bankier Abraham Oppenheim, die zum katholischen Glauben konvertierte Philosophin Edith Stein und der Kölner Rechtsanwalt Max Isidor Bodenheimer.

Bodenheimer war ein Vorreiter der zionistischen Bewegung. Ende des 19. Jahrhundert gründete er in Köln eine Organisation zur Errichtung des Staates Israel. Mitglied des Vereins war unter anderem der in Köln lebenden Kaufmann David Wolffsohn, der im Jahr 1897 die Flagge Israels entwarf. Ja, die Fahne Israels ist „een kölsche Mädche“. An dem Ort, wo die zionistische Organisation gegründet wurde, befindet sich heute ein großer Schild Davids im Bürgersteig. Der Schild Davids, auch Davidstern genannt, ist im Kölner Stadtbild an vielen Orten präsent. Die beiden prominentesten Sterne befinden sich einmal auf der Spitze der Kölner Synagoge an der Roonstraße und einmal an der Gaststätte Em Golde Kappes („Im goldenen Kohl“). Dort hängt der Davidstern gut sichtbar zusammen mit einem Kohlkopf über dem Haupteingang.

Der Grund dafür ist ganz einfach: Der Davidstern ist nämlich auch als Brauerstern bekannt und ist das Zunftzeichen der Brauer und Mälzer, sowie ein Symbol für die Ausgabestelle des Haustrunks einer Brauerei. Wenn man in Deutschland somit ein schönes Gebäude mit einem Davidstern sieht, ist es entweder eine Synagoge oder ein Brauhaus. Man muss schon hineingehen, um herauszufinden, was es ist. Sind die Leute im Inneren betrunken, ist es vermutlich ein Brauhaus oder eine Synagoge an Purim. Darauf ein dreifach Kölle Alaaf und zwar mit Schalom!

 

Der Autor Gerd Buurmann bietet in Köln Stadtführungen unter dem Titel „Schalom und Alaaf“. Informationen dazu finden Sie auf seiner Seite Tapfer im Nirgendwo

 

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Chr. Kühn / 11.11.2022

>>THEORETISCH ist Homosexualität bei Katholiken (...) ganz verboten.<< In der Praxis bin ich zum Glück noch nicht in Flammen aufgegangen oder vom Herrgott mit Blitzunddonner belegt worden!

Olaf Jakob / 11.11.2022

Erinnerung an Karl Küpper: Den Mumm muss man erst mal aufbringen, im Karneval 1937. Rauszugehen auf die Bühne, den ausgestreckten rechten Arm zu heben - und dann nicht “Heil Hitler!” zu rufen, wie es der ganze Saal erwartet, sondern festzustellen: “Nä, nä, su huh litt bei uns dä Dreck em Keller!” (Nein, nein, so hoch liegt bei uns der Dreck im Keller.)   Oder, ebenfalls mit gestrecktem rechten Arm, betont unschuldig zu fragen: “Ess et am räne?” (Regnet es?), dabei die Augen nach oben zu verdrehen und zu antworten: “Nä, su e Wedder! Da müsse mer jo de Schirm opmaache” (Nein, so ein Wetter! Da müssen wir ja den Schirm aufmachen) .   Dazu die Geste des Schirmhaltens mit geschlossener rechter Faust, die nicht von ungefähr an den Gruß der Arbeiterbewegung mit der geballten Faust erinnerte. Der Mann, der diesen Mut hat, heißt Karl Küpper - und ist Kölns einziger Karnevalist, der sich bei den Nazis ein Redeverbot einhandelte, und trotz allem die Nazizeit überlebte, um später in der Bundesrepublik erneut mit dem System Adenauer anzuecken.

Ralf Pöhling / 11.11.2022

Ich bin jetzt kein Karnevalsfan. Dennoch bestätigen die im Artikel genannten Wechselwirkungen zwischen Karneval und jeweiligem Zeitgeist die allgemeine Stimmung im Land zu gegebener Zeit. Zitat:“Im Jahr 1424 allerdings wurden alle Juden aus Köln vertrieben. Erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts mit Napoleon und dem Code Civil, in dem das aufklärerische Ideal der Religionsfreiheit festgehalten wurde, kehrten Juden nach Köln zurück. ” Da ist bestätigt genau das, was ich in den letzten Tagen überall im Netz anspreche. Es ist ein grandioser Systemfehler, wenn der Staat eine einzige Religion zur Staatsreligion erhebt. Damit macht sich der Staat selbst parteiisch, was unweigerlich immer wieder gegen andere nichtstaatliche Religionen durchschlägt. Der Fokus einzig auf den Nationalsozialismus beim Antisemitismus ist ein grober Fehler und führt deshalb nicht zur Erkenntnis. Die Nazis haben die damalige antisemitische Stimmung im Volk zwecks Wählerakquise nur aufgegriffen und staatlich verstärkt. Sie haben den Antisemitismus ja nicht erfunden. Dieser grassiert in deutschen Landen seit Jahrtausenden insbesondere in Krisen immer wieder, weil von politischer Seite gerne nach einem Sündenbock gesucht wird, auf den man das eigene Versagen abschieben kann. Und wenn das Christentum Staatsreligion ist und das Judentum nicht, dann bietet sich das Judentum als Sündenbock geradezu an. In der islamischen Welt sehen wir das Phänomen ja auch. Alle islamischen Länder sind faktisch auch islamisch gesteuerte Länder. Da ist der Islam die Staatsreligion und folglich auch das Judentum und etwas indirekter das Christentum der “böse Bube”, auf den man alles abschieben kann. Einzig in Ländern, wo entweder das Judentum selbst oder eine andere Religion, die das Judentum historisch nicht kennt, am Ruder ist, gibt es garantiert keinen staatlich forcierten Judenhass. Es kann ihn nicht geben. Und eben auch dort nicht, wo Religion und Staat hart getrennt werden. Und das ist bei uns leider nicht der Fall.

Arne Ausländer / 11.11.2022

@Ludwig Luhmann: Der Karneval ist eben römisch-katholisch. Das ist nun mal die seit Augustinus männlich-homosexuell deformierte Form des Christentums (darin nicht unähnlich dem Islam). Sollen sie feiern! Es gibt (oder gab zumindest) vielerorts Faschingsvarianten, wo attraktive Weiblichkeit so präsent ist, daß man ganz ohne Knopfdruck gute Laune bekommen kann. Aber auch da wird niemand gezwungen hinzugehen. - Mir ist bekannt, daß Katholizismus wie Islam natürlich darauf reagieren mußten, daß nicht alle Männer schwul sind und es außerdem auch noch Frauen gibt (bzw. bis vor kurzem gab), daß letztere ja auch irgendwie notwendig für eine dauerhafte Existenz der jeweiligen Vereine sind (bzw. waren). Deshalb machte man Kompromisse, räumte auch den Heteros und Frauen etwas Raum im Leben ein. Die Prioritäten aber blieben. Hetero-Sex ist auch heute nach katholischem Dogma nur in der Ehe und nur zum Zweck der Fortpflanzung erlaubt. So etwas denkt sich kein Hetero aus, das kann mir keiner erzählen. Und ja, THEORETISCH ist Homosexualität bei Katholiken und im Islam ganz verboten. Aber theoretisch interessiert es die ja auch gar nicht, nur praktisch. - Jetzt, wo die Jesuiten führend bei der Welt-Kulturrevolution dabei sind, fürchte ich, daß vielleicht bald keiner meine Darstellung hier mehr übertrieben oder verzerrt finden wird. Die dauerhafte Verfemung von J.K. Rowling nur, weil sie darauf besteht, daß Frauen eine Realität sind, dürfte erst der zaghafte Anfang sein von der kommenden Deformierung der Welt.

Harald Hormess / 11.11.2022

Sehr interessanter Einblick in die Kölner Karnevalsgeschicht. Dank dem Autor.

Ludwig Luhmann / 11.11.2022

“Mit den Nazis endete nicht nur die jecke jüdische Tradition, es änderte sich einiges im Kölner Karneval. Bis zu den Nazis wurden zum Beispiel sowohl die Jungfrau im Trifolium, als auch das Funkemariechen in der Tanzgarde von Männern dargestellt. Unter den Nazis jedoch wurden die Rollen von Frauen übernommen, wohl um Anzüglichkeiten homosexueller Anspielungen auszuschließen. Nach den Nazis schlüpften wieder Männer in die Rolle der Jungfrau, das Funkemariechen aber blieb weiblich.”—- Männer, die als Frauen verkleidet tanzen, widern mich an. Karneval hat mich schon als Kind genervt. Auf Knopfdruck gute Laune ... alles zum Kotzen. Und “Kölle” mit den ganzen Halalen und LGBTQ-Pädos ... hass- und ekelerregend. ... Genug ausgekotzt: Kölsch genieße ich! Und ich halte hier und da gerne ein paar Reker Abstand.

Helmut Ehmer / 11.11.2022

Ein interessanter wie sorgfältiger Abriss der jüdischen Karnevalsgeschichte in Köln - am 11.11. um 11.11h. Ein wenig Rankes Grundsatz “Wie es wirklich gewesen” nähergekommen.

Michael Müller / 11.11.2022

Es ist schön, Herr Buurmann, dass Sie mit Ihrem Beitrag daran erinnern, dass selbst beim Karneval die Juden in Deutschland eine wichtige Rolle einnahmen. Es ist etwa ein Jahr her, dass es eine Plakataktion in Frankfurt gab, bei der darauf aufmerksam gemacht wurde, was für einen bedeutenden Anteil die Juden an der Entwicklung der Stadt hatten. Bürgermeister Becker verfasste den Text auf dem Plakat. Es ging hauptsächlich darum, dass man sich gegen Antisemitismus wenden sollte. “Frankfurt ist die jüdischste Stadt Deutschlands”, war dort zu lesen, “und wir sind stolz darauf.” Die jüdischen Frankfurter hatten wesentlichen Einfluss, dass sich Frankfurt zur deutschen Banken- und Wirtschaftsmetropole entwickelte. Die kulturelle Entwicklung der Stadt wurde maßgeblich finanziell und ideell von jüdischen Familien in Gang gesetzt. Hier hätte man jetzt vor allem die Familie Rothschild erwähnen können, die in Frankfurt über lange Zeit als “die” Frankfurter Familie schlechthin gesehen wurde und die für alle möglichen Dinge, die der Entwicklung der Stadt halfen, Geld spendeten und persönlichen Einsatz zeigten. Selbst unser Fußballverein Eintracht Frankfurt wurde hauptsächlich durch die Initiative jüdischer Familien ins Leben gerufen und galt früher deutschlandweit als jüdischer Verein. Wenn etwa in den 1920ern die Eintracht in München, Berlin oder Hamburg spielte, sagte man dort: “Die Judenbuben kommen”. Nur eine Minderheit der Spieler war jüdisch, aber damals war in ganz Deutschland noch das Bewusstsein da, wem der Verein hauptsächlich seine Existenz zu verdanken hat.

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