Die ARD-Nachrichtensendung „Tagesschau“ ist eine - inzwischen mehr alte als ehrwürdige - Institution des deutschen Fernsehens. Im Zuge des Hypes um die sogenannten Fake-News wurde vor nunmehr einem Jahr (April 2017) das neue Online-Portal Faktenfinder von tagesschau.de aus der Taufe gehoben.
Das Portal unter Federführung des NDR erhebt den Anspruch, Falschmeldungen und Desinformation aufzudecken und richtig zu stellen. Das gelingt teilweise wohl eher schlecht als recht und daher wird das Portal von machen auch „liebevoll“ Faktenerfinder genannt.
Das liegt nicht zuletzt am Leiter des Faktenfinder-Portals, Patrick Gensing. Denn seiner Ansicht nach soll Journalismus vor allem eine Haltung vermitteln. Oder um ihn aus einem Interview im Jahre 2015 zu zitieren: „Ich glaube, dass man die Leute eher gewinnen kann, wenn im Journalismus eine Haltung vertreten wird, als wenn man da irgendwie einfach nur Fakten angehäuft werden. Das ist in meinen Augen auch überhaupt nicht Journalismus.“
Nebensächlichkeiten und offenkundige Übertreibungen
Von investigativem Journalismus bei Themen von nationaler und internationaler Relevanz, wie es dem Selbstverständnis der Tagesschau entspricht und wie es der Leser für seine Zwangsgebühren eigentlich erwarten dürfte, ist dem entsprechend beim Faktenfinder nicht viel zu bemerken.
Er arbeitet sich vielmehr lieber an Belanglosigkeiten ab und greift gerne Nebensächlichkeiten und schlichte Unzulänglichkeiten auf, die allenfalls für eine kleine Glosse taugen.
So „entlarvt“ der Faktenfinder zum Beispiel ein Heimat-Plakat eines AfD-Ortsvereins, das mit dem Schweizer Matterhorn anstelle eines deutschen Berges wirbt, als irreführend (siehe hier) oder attackiert die Behauptung der Zunahme von „Messerattacken“ unter Hinweis auf unzureichende Statistiken und die Verwendung des Begriffs auch für Angriffe unter Mitführung eines Messers, aber nicht zwingend unter Einsatz desselbigen (siehe hier), während sogar die ebenfalls zur ARD gehörende Sendung Kontraste eine deutliche Zunahme bestätigt (siehe hier). Oder er greift offenkundigen Übertreibungen auf, die er im Internet gefunden haben will, wie etwa „Ist 2050 Deutschland ein islamischer Staat?“, um diese dann vermeintlich „widerlegen“ zu können (siehe hier).
Der Faktenfinder: Viel Meinung, wenig Fakten
Während man also den Splitter im Auge anderer gerne groß herausstellt, ist man in Bezug auf die eigene Tagesschau-Berichterstattung weniger konsequent. Wenn etwa in der Tagesschau eine deutsch-ungarische Grenze erfunden wird (siehe hier) oder bei der Vermeldung der Arbeitslosenzahlen der Bundesagentur für Arbeit der Fakt keine Erwähnung findet, dass in der Statistik über 1 Million Arbeitslose erst gar nicht erfasst sind (siehe hier), so ist das dem Faktenfinder keinen Beitrag wert.
Schon des Öfteren sind darüber hinaus auch hier auf der Achse des Guten Beiträge der Tagesschau als reine Propaganda (zum Beispiel Israel-Hetze, siehe hier oder hier) oder Täuschung (siehe hier) entlarvt worden. Dem Faktenfinder ist solches jedoch keine Richtigstellung wert.
Wer sich die Faktenfinder-Beiträge näher ansieht, wird feststellen, dass es sich zumeist um Meinungsbeiträge im Gewand eines angeblichen Faktenchecks handelt mit dem Ziel, berechtigte politische Anliegen großer Bevölkerungsgruppen zu delegitimieren. Noch dazu sogenannte Faktenchecks, die ohne überprüfbare Nachweise und Belege auskommen. Also viel Meinung, wenig Fakten, wie es der Journalist Christoph Lemmer hier kurz und bündig auf den Punkt gebracht hat.
Der Faktenfinder-Leiter mag manche Informationen nicht
Der Tagesschau-Faktenfinder hat mit Patrick Gensing einen Leiter, dessen Informationspolitik schon in eigener Sache schwächelt und die seines Arbeitgebers NDR ebenso. Auf Nachfrage erklärten er selbst wie auch der NDR, die Behauptung, Gensing sei früher für die umstrittene Amadeu-Antonio-Stiftung tätig gewesen, sei falsch. Richtig ist jedoch: Gensing war ehemals freierMitarbeiter der Amadeu-Antonio-Stiftung.
Bei dem von der von der Stiftung betriebenen Online-Portal „Mut-gegen-rechte-Gewalt“ war Gensing ausweislich des Impressums tätig. Ob diese Tätigkeit gegen Bezahlung oder unentgeltlich erfolgte, lässt sich nicht feststellen, ist aber letztlich auch unerheblich. Über viele Jahre (zeitgleich zu seiner Tätigkeit für die Tagesschau) mindestens vom 26.11.2011 bis 27.08.2017 wurde er in diesem Impressum aufgeführt. Das belegen die erste und die letzteVersion des Impressums, die im Webarchiv verfügbar sind. Im aktuellen Impressum ist er nicht mehr zu finden. Doch Gensing schrieb auch schon vor diesem Zeitraum Beiträge für das Portal, siehe zum Beispiel hier.
Gensing war außerdem Begründer und leitender Redakteur des Blogs publikative.org. Verantwortlich für diesen Blog war ebenfalls die Amadeu-Antonio-Stiftung, so steht es auch im Wikipedia-Eintrag. Gensing schreibt zwar in einem Blog-Beitrag, dass die Amadeu Stiftung nur deswegen als Verantwortlicher genannt sei, weil er selbst nicht seine Adresse öffentlich machen wollte. Sofern man aber davon ausgeht, dass die Stiftung nicht nur zum Schein vorgeschoben war (das wäre dann eine behördlich zu ahndende Ordnungswidrigkeit), war Gensing somit für einen Blog der Amadeu-Antonio-Stiftung tätig.
Es sagt viel über das Selbstverständnis der Tagesschau aus, wenn sie ausgerechnet einen bekennend parteilichen Journalisten zum Chef-Faktenfinder beruft, zumal dem NDR die frühere Mitarbeit Gensings bei der Amadeu-Antonio-Stiftung immerhin so unangenehm zu sein scheint, dass er sie nicht offen einräumen will und auch auf ausdrückliche Nachfrage dazu keine Stellung bezieht. Als Fazit bleibt festzustellen: Personal und Inhalt passen beim Tagesschau-Faktenfinder in unguter Weise zusammen.