Was denkt sich eigentlich ein politisches Medium wie die Tagesschau, wenn es Kinder als Kommentatoren auftreten lässt?
Soll das unschuldig wirken? Niedlich? Glaubt man an den größeren Nachdruck der Botschaft, wenn sie von einem Kind geäußert wird? Und warum sollte eine Nachrichtensendung Wert auf derartige Effekthascherei legen?
Mit Journalismus hat es jedenfalls wenig zu tun, wenn man eine 12-Jährige einen Kommentar zum Ukrainekrieg sprechen lässt. So geschehen am 5. April in der Tagesschau (bzw. den Tagesthemen). Ellas Beitrag trägt den Titel „Was stimmt nicht mit Leuten wie Putin?“ Dies ist eine legitime Frage auf dem Schulhof, aber für den Auftritt in einer Nachrichtensendung vielleicht doch zu kurz gesprungen. Es drängt sich der Gedanke auf, dass hier kindliche Naivität missbraucht wird, um Weltpolitik niedlich und eigentlich ganz simpel einem erwachsenen Publikum zu verkaufen. Es mutet wie ein Dressurakt an. Zumal ohnehin fraglich ist, wie viel Ella und wie viel ARD-Redaktion in dem Beitrag steckt. Ella fordert:
„Kinderrechte sind so eine richtige und wichtige Sache. Manche scheinen das aber noch nicht so ganz verstanden zu haben. Ich frage mich nur, was gibt es da nicht zu verstehen?
Fast alle Staaten haben der Kinderrechtskonvention zugestimmt. Aber wie man gerade in der Ukraine sieht, hat Herr Putin leider vergessen, dass sein Land auch mal unterschrieben und somit zugestimmt hat, die Kinderrechte anzuerkennen und durchzusetzen.
(…)
Ich habe gelesen, dass jeder zweite Flüchtling ein Kind ist und 60 Millionen Kinder weltweit auf der Flucht sind. Sie alle haben keine Zukunft, wenn wir sie vergessen. Erwachsene haben sogar ein Wort für all diese Kinder: verlorene Generation. Ist das nicht schrecklich?
Was stimmt nicht mit Leuten wie Putin? Wie egal können einem Menschen sein? Werden Verträge wie die Kinderrechtskonvention nicht gemacht und unterschrieben, damit man sich daran hält? Wenn ihr Fragen habt, fragt doch uns Kinder. Wenn euch Kinder überhaupt interessieren.“
Entmündigung der Eltern?
Ella schlägt vor, dass Deutschland zum Vorreiter in puncto Kinderrechte werden sollte:
„Wie wäre es denn, wenn wir in Deutschland ein Vorbild für die Welt in Sachen Kinderrechte wären? Aber dafür müsste man auch was tun. Ein Beispiel wäre, dass ihr uns nicht mehr so oft vergesst. Wie zum Beispiel in der Pandemie, bei der Klimakrise oder der Bildung. Und ich finde, dass für jeden die gleichen Rechte gelten sollten. Und niemand sollte in Armut leben. Deswegen fordere ich Sie, Herr Scholz, auf, die Kinderrechte ins Grundgesetz aufzunehmen. Denn an Gesetze muss man sich halten.“
Was hat es nun aber mit der charmant klingenden Forderung nach „Kinderrechten“ auf sich? Die Autorin Birgit Kelle hat bereits vor einem Jahr darauf hingewiesen, dass Kinder auch Menschen sind und eigentlich die allgemeinen Menschenrechte Kinder schützen sollten. Die seit Jahren immer wieder von SPD, Linken und Grünen vorgebrachte Forderung nach Kinderrechten betrachtet Kelle als Versuch, Eltern zu entmündigen:
„Nach aktueller Rechtslage haben laut Artikel 6 GG die Eltern eine natürliche Vertretungsvollmacht für ihre Kinder, weil unsere Verfassung mit Vertrauen in Eltern annimmt, dass diese ein natürliches Interesse am Wohlergehen ihrer Kinder haben (…)
Kinderrechte in die Verfassung wäre also der ausgesprochene Generalverdacht gegen die Erziehungskompetenz von Eltern. Es würde mit der Selbstverständlichkeit brechen, dass Eltern selbst entscheiden, was gut und richtig ist für ihre Kinder, dass sie entscheiden, wie sie ihre Kinder erziehen, welche Werte sie weiterreichen, was sie ihren Kindern erlauben oder verbieten.“
Kelle fügt hinzu, dass für vernachlässigte oder misshandelte Kinder die heutige Rechtslage bereits „eindeutig und ausführlich geregelt“ sei.
Ganztagsbetreuung ausbauen
Kürzlich bemängelte die Kinderhilfs-Organisation Unicef, dass Kinderrechte nicht im deutschen Grundgesetz stünden. Prompt will nun die Ampel-Koalition einen erneuten Vorstoß unternehmen, um dahingehend das Grundgesetz zu ändern. In einem Bericht der Zeit heißt es:
„Das Kinderhilfswerk fordert nachhaltige Aufklärungskampagnen und gezielte Prävention gegen Gewalt an Kindern. Junge Menschen sollten stärker als Experten und Expertinnen in eigener Sache anerkannt werden. Außerdem müsse das Angebot der Ganztagsbetreuung ausgebaut werden.“
Gleichzeitig lässt man die 12-jährige Ella in der Tagesschau auftreten und Kinderrechte einfordern. Die ARD instrumentalisiert also offenbar sowohl ein Kind als auch den Ukrainekrieg, um einen fragwürdigen Gesetzesvorstoß zu fördern.