Zwei ACHSE-“Schwergewichte” haben sich inzwischen überlebt (stehen sich selbst im Weg). Das ist einmal 112-Peterson und zum anderen Broders Spieglein. Zugegeben, das ist ganz schwer subjektiv gefärbt. Dennoch, was Neues wäre nicht schlecht - täte vielleicht sogar gut.
Ich habe den Eindruck, dass einige Kommentatoren missverstehen wollen. “Einer der grundsätzlichen Zwecke einer Partnerschaft ist” - das bedeutet eben nicht, dass Sexualität der einzige Zweck ist, sondern ein wichtiger. Freundschaft und Kameradschaft erwähnt Peterson ebenfalls. Und dass es sich lohnt, sich Mühe zu geben. Ein Hund ist besser als nichts, aber nur eine Notlösung.
So langsam beginnt der Abstieg von Mr. Peterson, vom intellektuellen Freidenker hin zum Briefkastenonkel auf Boulevardniveau. So so, zusammen ausgehen, mindestens 2x wöchentlich und regelmäßigen innovativen Sex und alles bleibt spannend und innovativ! Planen Sie das auch so akribisch wie Ihr sonstiges Leben? Wer hat den die Kiddis großgezogen? Durften die mit an die Uni? Die Tipps sind so prickelnd wie, lieber reich und schön, als arm und krank. Machen Sie mal halblang, Sie müssen nicht Konfuzius, Buddha und Jesus zusammen an Weisheit und bedeutungsschwangerer Sinnfindung übertreffen.
Mr. Peterson gelingt es offensichtlich mühelos Widerstand hervorzurufen – vermutlich ohne Absicht. Mir erscheint sein Statement als sehr nützliche Antwort auf die Frage des Users, die besser nur von David Schnarch, Amerikas bestem Partnerschafts-Therapeuten gegeben werden könnte. Die Frage nach Monogamie wird heute als äußerst brisante Mischung nach Zuflucht und Romantik betrieben. So wie die zwei schwer vereinbaren Wünsche Freiheit und Sicherheit, deren Balancierung einigen Geschicks bedarf. Mit dem Schlusssatz – „das ist das Beste, was Ihnen passieren kann, und mehr hat das Leben auch nicht zu bieten“- erkläre ich mich allerdings nicht einverstanden.
Also das ist einer der romantischsten Texte, die ich je über die Liebe gelesen habe.
Wenn ich solche fulminanten Sätze voller erlebter Weisheiten lese, frage ich mich, was ich dem Herrn Peterson 112 mal raten könnte. Und da ist einfach gar nichts. Nichts! Was unterscheidet uns? Peterson 112 hat sich ausgelebt, hat Spuren hinterlassen, hat andere ihn ertragen und aushalten lassen. Noch hier und jetzt geht er mir auf den Geist. Ich habe es ausgehalten, wenn auch nicht stillschweigend. Ist das Ausbeutung? Die Menschen beuten einander aus, die Kinder ihre Eltern, die Männer die Frauen, manchmal umgekehrt, Eigentümer beuten Mieter und Beschäftigte aus, die Informierten die Neugierigen, die Geldbesitzer die Kreditnehmer, die Arbeitslosen beuten das Arbeitsamt aus, die Ärzte die Kranken und die Kirche die Ängstlichen, die Ratgeber die Ratsuchenden oder umgekehrt. Die Künstler, Musiker und Schriftsteller beuten aus oder werden ausgebeutet. Die Wirkrichtung wird unscharf. Nichts ist gesetzt, alles ist möglich. Aber der Status Quo vergeht, alles wird älter, je klüger die Ratschläge, um so schneller vergreisen sie. “Wie gelingt eine langlebige Partnerschaft?” Ich weiß nicht, ob ich lachen will oder ob es mir im Halse stecken bliebe. Partnerschaft ist eine flüchtige Entität. Sie gelingt am besten, wenn zwei im Gleichtakt auf der Stelle treten. Solange der Untergrund nicht in Bewegung gerät. Partnerschaft ist vor allem eine Diagnose, die man rückblickend stellen kann. Und die einzige Diagnose, die man regelmäßig gerne hört, ist: Sie sind kerngesund!
“Das ist das Beste, was Ihnen passieren kann, und mehr hat das Leben auch nicht zu bieten.”...??? Selbst die beste und idealste Partnerschaft reicht nicht aus, um der Seele das zu geben, was sie wirklich braucht. Eine stabile Ehe kann eine solide Grundlage sein, für Erfolg im Beruf, Verwirklichung von Idealen, aber mehr nicht. So hoch ich auch über Ehe denke, und den Vorrang, den sie gegenüber allen anderen Beziehungen haben sollte (manchmal ist leider die Bindung an die Kinder stärker, als die an den Ehepartner), so sehr möchte ich auch davor warnen, darin Sinn und Erfüllung zu suchen. Spätestens beim Tod des Ehepartners bricht sonst alles zusammen. Ich vergleiche einmal die Ehepartner mit zwei Schiffen, die im selben Hafen liegen. Beide müssen einen eigenen Anker haben, der sie davor schützt, bei einem Sturm aneinander zu zerschellen. Dieser Anker muss stabil sein. Er ist ein Bild für eine noch stärkere Beziehung, nämlich die persönliche Beziehung zu Gott. Es ist wahr, was Augustinus sagte.” Meine Seele ist unruhig, bis sie ruht in dir, o Gott!”
Der Feind einer langen Partnerschaft ist der infantile Wille, sich jederzeit neu zu definieren: „Heute ist Murat eine Prinzessin…“ Freiheit bedeutet, jederzeit neu zu entscheiden; Verantwortung bedeutet, der einmal getroffenen Entscheidung treu zu bleiben. – Eine Gesellschaft, die sich nicht festlegen will, wird aussterben mangels Kindern; dann leben Sechzigjährige genauso unverbindlich, maßlos und genusssüchtig in den Tag hinein wie Sechzehnjährige. Zur Not wird eine Kultur das Rennen machen, in der diese Optionen nicht existieren, in der die Rollen von Geburt an festgelegt sind.
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