Hollywoodstar Dennis Quaid spricht mit Jordan B. Peterson über die aktuelle Filmindustrie und erläutert, warum es heute keine echten Stars mehr gibt.
Im Folgenden geben wir ein Interview von Jordan B. Peterson mit dem Hollywood-Schauspieler Dennis Quaid (* 1954) wieder. Quaid hatte 1979 seinen Durchbruch mit der Komödie „Vier irre Typen – Wir schaffen alle, uns schafft keiner“ und spielte danach in vielen bekannten Filmen, darunter 1995 mit Julia Roberts in der Liebeskomödie „Power of Love“, 1998 in „Ein Zwilling kommt selten allein“ sowie 2004 die Hauptrolle im Blockbuster „The Day After Tomorrow“. Aktuell ist er in der „Paramount+“-Serie „Happy Face“ als Serienkiller zu sehen.
Jordan B. Peterson: Ich hatte den Eindruck, dass Hollywood zunächst mit der Coronazeit und dann dem Streik (von Drehbuchautoren und Darstellern) im Jahr 2023 einen schweren Schlag einstecken musste. Ich selbst bin früher ständig ins Kino gegangen, weil ich das eigentlich sehr liebe. Aber seit Corona gehe ich nur noch sehr selten ins Kino. Ich weiß nicht, ob ich es mir abgewöhnt habe oder ob es an etwas anderem liegt.
Wahrscheinlich habe ich mich früher auch viel mehr mit neuen Filmen auseinandergesetzt: Ich wusste, wo ich verlässliche Kritiken für kommende Filme lesen konnte. Ich war gut informiert, wusste, was in Hollywood produziert wurde. Ich habe mir vorgenommen, bestimmte Filme zu sehen. Das ist aber alles verschwunden. Ich weiß nicht, wie ich wieder in meine alte Form komme ...
Dennis Quaid: Und nun fragen Sie sich: Liegt es am Alter? (lacht.)
Jordan B. Peterson: Ja, ja genau! (Lacht.) Das könnte es natürlich auch sein.
Dennis Quaid: Oder ist es was anderes?
Jordan B. Peterson: Nun, das weiß ich auch nicht. Natürlich ist die Medienlandschaft heutzutage ziemlich zersplittert. Insofern ist es schwer herauszufinden, auf welche Informations-Quellen man sich überhaupt verlassen kann.
„Es war schwer den Film zu vermarkten“
Dennis Quaid: Allein die Art und Weise, wie Filme heutzutage beworben werden, ist bei weitem nicht mehr so wie früher. Damals war es kaum mehr als eine Zeitungsanzeige.
Jordan B. Peterson: Ja, und das hat gereicht.
Dennis Quaid: Dann wurde daraus vor allem Fernsehwerbung und so weiter. Das Publikum war früher regelrecht in der Lage einen Film zu „riechen“. Das war oft überraschend. Ich weiß noch, wie es war als 1979 „Vier irre Typen – Wir schaffen alle, uns schafft keiner“ herauskam (Anm. d. Red.: US-Filmkomödie, mit der Dennis Quaid seinen Durchbruch schaffte. Der Film wurde zum Überraschungserfolg).
Es war schwer den Film zu vermarkten, denn es gab keine großartige Werbung. Und dann ist man als Darsteller zur Premiere ins Kino gefahren und stellte fest, dass die Zuschauer schon in einer Schlange um den ganzen Block warteten. Wie waren die bloß auf diesen Film gekommen?
Jordan B. Peterson: Das ist ja genau der Punkt, dass diese Dinge sehr zerbrechlich sind. Wir wissen letztlich nie, was ein bestimmtes Unternehmen zum Laufen bringt. Wenn die Leute Filmfans sind, dann verorten sie sich in der Filmkultur und verfolgen sie. Und wenn man das einmal kaputt macht ...
Dennis Quaid: Dann ist es weg (…) Es gab eine alte Kultur, die mit der Filmwelt einherging. Jeder schaute sich einen der neuen Filme an, die gerade anliefen, man unterhielt sich über die Handlung und so weiter.
Jordan B. Peterson: Und man wusste über die kommenden Filme schon Monate im Voraus Bescheid.
Dennis Quaid: Es gab große Debatten über die kommenden Blockbuster.
„Die neuen Stars findet man in den sozialen Medien“
Jordan B. Peterson: Wie sehen Sie die aktuelle Lage und die mögliche Zukunft der Filmindustrie? Gibt es noch Stars?
Dennis Quaid: Das ist die große Frage. Wer war der letzte Filmstar?
Jordan B. Peterson: Aus meiner Sicht ist der einzige Star, der noch übrig ist, Tom Cruise.
Dennis Quaid: Aber seine Karriere liegt schon zu weit zurück. Ich würde eher Leonardo DiCaprio nennen. Seine letzten Filme sind immer noch präsent.
Jordan B. Peterson: Also Filmstars gibt es noch, aber ich habe auch das Gefühl, und ich weiß nicht so recht, was ich davon halten soll, dass sie die letzten einer aussterbenden Art sind.
Dennis Quaid: Die neuen Stars findet man in den sozialen Medien. Man denke nur an Justin Bieber, der erste Star, der komplett durch YouTube entstanden ist. Nicht auf die traditionelle Art und Weise. Und bei den Schauspielern ist es heute das gleiche. Im Mittelpunkt steht ihre Instagram-Seite, wo sie Eigenwerbung machen.
In den 80ern und bis in die 90er Jahre hinein hätten echte Filmstars beispielsweise keine Talkshow im Fernsehen machen wollen. Sie mieden das Fernsehen ebenso wie ein Theaterstück. Jack Nicholson hätte sich nie in eine Talkshow gesetzt. Stattdessen hätte er einem angesehenen Magazin ein Interview gegeben, sei es dem Time Magazine, dem Playboy oder ein ähnliches …
Jordan B. Peterson: Zum Schutz der Exklusivität.
Dennis Quaid: Irgendein Journalist hätte also einen solchen Filmstar ein paar Tage begleiten dürfen. Aber nichtsdestotrotz hätte den Star immer ein Geheimnis umgeben. Was macht Schauspieler also zu echten Filmstars? Wenn sie immer ein Rätsel bleiben. Man weiß nicht wirklich viel über ihr Leben. Also projiziert man sein eigenes Leben in sie hinein. Man sieht sie als etwas, das in einem selbst steckt. Das macht einen Filmstar aus.
Jordan B. Peterson: Daher man will eigentlich nicht viel über das Privatleben eines Schauspielers wissen.
Dennis Quaid: Heute muss man aber überall präsent sein.
Jordan B. Peterson: Und das bringt einen auf den Boden der Tatsachen zurück, was nicht gut ist, wenn man ein Star ist.
Dennis Quaid: So entsteht jedenfalls kein Mysterium.
Das Gute an der heutigen Zeit
Jordan B. Peterson: Mir schießt noch etwas anderes durch den Kopf. Als Sie und ich aufgewachsen sind, war es ein bemerkenswertes und unwahrscheinliches Ereignis, persönlich im Fernsehen zu sein oder auch nur jemanden zu kennen, der im Fernsehen war. Das passierte nur sehr wenigen Menschen. Kinofilme waren natürlich noch mal eine ganz andere Nummer. Aber heutzutage sind sozusagen alle Leute ständig im Fernsehen. Damit ist eine weitere Grenze zwischen der Öffentlichkeit und dem Schauspieler verschwunden. Heutzutage wird jeder auf Video aufgenommen, schon von Kindesbeinen an.
Dennis Quaid: Es gibt wohl kein Zurück mehr. Und es kommen ja auch gute Dinge dabei heraus.
Jordan B. Peterson: Was sehen Sie denn als gut daran an?
Dennis Quaid: In unserem Zeitgeist gibt es wirklich eine breite Kommunikation. Die Leute haben beschlossen, ihre eigenen Geschichten zu erzählen. Natürlich kann man wie ich sich dafür entscheiden, dabei nicht so sehr mitzumachen. Ich habe auch eine Instagram-Seite und Facebook-Seite und so weiter, aber ich bin nicht damit aufgewachsen. Es kommt mir also wie eine lästige Pflicht vor.
Jordan B. Peterson: Es ist nicht Ihre Kultur.
Dennis Quaid: Ich mag einfach die Kommunikation von Angesicht zu Angesicht. (Wie zum Beispiel bei diesem Interview, wo wir uns direkt gegenübersitzen.)
Jordan B. Peterson: Warum? Was gefällt Ihnen daran?
Dennis Quaid: Früher hat man einer Zeitschrift ein Interview gegeben (und das ganze hatte oft eine bestimmte Richtung). Sie bauten dich auf, du hattest einen Absturz, dann kam das Comeback. In einem Gespräch wie diesem gibt es hingegen keine Einschränkungen. Ich kann mich selbst repräsentieren. Das ist das Gute an der heutigen Zeit im Gegensatz zu damals.
Jordan B. Peterson: YouTube ist toll dafür und Podcasts auch. Diese Plattformen belohnen die ungehinderte Kommunikation. Jeder meiner YouTube-Gäste, der eine politische Agenda hat oder unaufrichtig rüberkommt, wird gegrillt.
Dennis Quaid: Es kommt sehr schnell heraus, wer die Leute sind, denn man kann sich nicht so leicht verstecken.
Jordan B. Peterson: Das sagte Joe Rogan auch mal zu mir. Er meinte, dass man nach etwa 20 Minuten weiß, ob jemand etwas zu sagen hat. Denn Leute, die hohl sind, sind dann erschöpft, besonders bei einem Podcast wie dem von Rogan, der drei Stunden dauert. Man muss schon eine gewisse Tiefe haben, um drei verdammte Stunden lang ein interessantes Gespräch führen zu können.
Ununterbrochene Parade von dummen Entscheidungen
Dennis Quaid: Viele Gäste sagen sich wahrscheinlich: Mal sehen, was passiert. In 30 Jahren wird einiges von dem, was sie mal in einem Podcast gesagt haben, die Leute wieder heimsuchen. Bei vielen Dingen, die ich in meinen Teenagerjahren und Zwanzigern getan oder gedacht habe, bin ich einfach nur froh, dass sie nicht auf YouTube zu sehen sind.
Jordan B. Peterson: Mir geht's genauso. Den größten Teil meiner Jugend und der Jugend meiner Freunde habe ich als eine ununterbrochene Parade von dummen Entscheidungen in Erinnerung.
Dennis Quaid: Und diese dummen Entscheidungen sollte man besser im Stillen treffen.
Jordan B. Peterson: Das Letzte, was ich gewollt hätte, wären irgendwelche Videoaufzeichnungen davon gewesen oder dass es in der Schule verbreitet wird. Es ist doch schon schwierig genug, sich in der seltsamen sozialen Welt des Heranwachsens zurechtzufinden, ohne dass man auch noch Angst haben musste, dass irgendeine gottverdammte Dummheit, die man begangen hat, für immer in den Köpfen aller in der Stadt verankert werden würde. Oh Gott, ich will mir gar nicht vorstellen, wie das sein muss. Schrecklich, schrecklich.
Dennis Quaid: Ja, und man kann sich nicht einfach davon entfernen, weil es ja im Internet ist.
Jordan B. Peterson: Eines der wunderbaren Dinge am menschlichen Gedächtnis ist doch, dass wir vergessen können. Das Erinnern ist hingegen nicht gerade ein Wunder. Es sind Dinge passiert und die weiß man dann. Aber wie kann man vergessen und es hinter sich lassen? Nicht, wenn es dauerhaft aufgezeichnet ist.
Dies ist ein Auszug aus einem Video von Jordan B. Peterson.
Jordan B. Peterson (* 12. Juni 1962) ist ein kanadischer klinischer Psychologe, Sachbuchautor und emeritierter Professor. In seinen Vorlesungen und Vorträgen vertritt er konservative Positionen und kritisiert insbesondere den Einfluss der Political correctness und die Genderpolitik. Sein 2018 erschienes Buch „12 Rules for Life“ war internationaler Bestseller.
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