112-Peterson: Warum wir Kinder haben sollten

Ich glaube, dass Paare, die auf Kinder verzichten, etwas verpassen. Nicht umsonst habe ich Eltern und Kindern in meinem Buch „12 Rules for Life“ ein ganzes Kapitel gewidmet. Doch leider haben Kinder heutzutage einen schlechten Ruf. In kaum einer Hollywood-Verfilmung werden sie edel dargestellt – die Harry-Potter-Reihe ist ein Beispiel für eine wohltuende Ausnahme. Ich finde, dass die Kinder in diesen Zauber-Filmen ungewöhnlich realistisch dargestellt werden. Es gibt liebe Kinder, böse Kinder – wie im echten Leben. Vor allem gefällt mir jedoch, dass die Figuren mit Mut, Herz und der Fähigkeit zur Rebellion gezeigt werden.

In erster Linie sind Kinder eine unglaublich gute Gesellschaft. Sie belohnen einen dafür, dass man auf sie aufpasst. Zum Beispiel dadurch, dass sie wahnsinnig komisch sind. Schon mein zweieinhalbjähriges Enkelkind zeigt Anzeichen von Humor. Vor allem bestimmen wir selbst, wie sich die Beziehung zu unseren Kindern gestaltet.

Als meine Kinder klein waren, traf ich mich seltener mit meinen Freunden. Der Grund dafür war, dass ich es plötzlich viel interessanter fand, mit kleinen Kindern zusammen zu sein als mit Erwachsenen. Denn sobald man 30 ist, hat man so viel von der Welt gesehen, dass man die Welt selbst gar nicht mehr wahrnimmt. Und zwar buchstäblich. Ich bin jetzt Ende 50. Wenn ich eine Straße entlang laufe, sehe ich keine Häuser mehr, sondern greife auf meine Erinnerung an Haus-Symbole zurück. Je älter man wird, desto mehr denkt man in Erinnerung. Das ist effizient, hat aber auch etwas Totes an sich.

Künstler beispielsweise helfen, das zu durchbrechen, indem sie uns die Dinge wieder als neu wahrnehmen lassen. Darum werden van Goghs „Schwertlilien“ für 160 Millionen Dollar gehandelt – man nimmt Blumen wieder so wahr, wie man es im Alter von drei Jahren tat.

Wenn man nun ein kleines Kind hat, ist das Tolle, dass wir uns automatisch in unser Kind hineinversetzen und seine Sicht auf die Welt übernehmen. Das Kind revitalisiert sozusagen die Welt für uns, weil es durch alles, was es sieht, in ehrfürchtiges Erstaunen versetzt wird.

(...)

Störung der Familienstruktur hinterlässt Spuren

Wir sind uns oft über die Wirkung der Welt nicht mehr im Klaren. Das wird auch immer deutlich, wenn man Kinder mit alten Leuten zusammenbringt. Das konnte ich beobachten, nachdem meine Tochter geboren war und wir zu meinen Eltern fuhren. Sie war für sie wie ein kleines Feuer, von dem sie ihren Blick nicht abwenden konnten. Denn wenn ältere Leute Kinder beobachten, können sie an der Erneuerung der Welt teilhaben. Es ist so, als würde ihnen das makellose Paradies des Seins wieder vorgeführt.

Das funktioniert natürlich nur, wenn einem die eigenen Kinder sympathisch sind. Und hier kommen wir zum disziplinatorischen Element der Angelegenheit, was moderne Eltern häufig nicht verstehen. Ich glaube, hier spielt der ungeheuer freizügige Ethos der 60er Jahre eine Rolle, als der Gedanke entwickelt wurde, dass alles, was die Gesellschaft mit Kindern macht, schlecht sei. Kindern etwas zu verbieten, wurde damit gleichgesetzt, ihnen zu schaden. Das ist jedoch unmöglich und falsch. Und nicht zuletzt ein Grund, warum immer mehr Leute vor eigenen Kindern zurückschrecken. Hier herrscht folgender Denkfehler: Die Leute verstehen nicht, dass niemand gezwungen ist, sich von seinen Kindern Unsinn gefallen zu lassen.

Hinzu kommt noch das mangelnde Vertrauen in die Familienstruktur, weil die Scheidungsraten beständig ansteigen. Meine Kollegin Dr. Alison Fleming von der Universität Toronto hat das Mutterschaftsverhalten von Ratten untersucht. Dabei fand sie heraus, dass, wenn man sich in die Bindung von Rattenmüttern und ihren Jungen einmischt, sich die nachteiligen Entwicklungen dieser Einmischung bis in die dritte nachfolgende Generation abzeichnen. Wenn man die Bindung der Neugeborenen an ihre Mutter beeinträchtigt, stört man die Familienstruktur, und das hinterlässt Spuren.

Denn ähnlich wie bei mündlicher Überlieferung wird man nicht zu einer guten Mutter, weil man es beigebracht bekommt, sondern weil es einem in den Knochen steckt, dadurch, dass man selbst gut bemuttert worden ist. Mein Vater war zum Beispiel ein hervorragender Vater, vor allem, als ich klein war. Er hat sich immer viel Zeit für mich genommen. Ich glaube, ich kann gut mit Kindern umgehen, weil ich selber einen guten Vater hatte.

Vielen Leuten fehlt jedoch das Vertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten als Eltern, weil sie als Kind verletzt wurden, keine Vorbilder hatten und der Familienstruktur nicht trauen. Das alles führt zu Verängstigung.

Dies ist ein Auszug aus einem Interview mit Jordan B. Peterson. Hier geht's zum Interview.

Foto: jordanbpeterson.com

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Karola Sunck / 17.02.2021

Es ist alles schön und gut. Kinder sind eine Bereicherung und wenn man Kinder hat, oder mit Kindern zu tun hat, als Großeltern z.B. wird man nicht so schnell alt und bleibt innerlich und im Geiste länger jung. Aber was ich absolut nicht leiden kann ist, wenn Erwachsene die Kinderrolle übernehmen und sich wie Kinder verhalten um kindliche Aufmerksamkeit von den Kindern zu bekommen. Da fängt für mich die infantile Gesellschaft an. Erwachsene sind erwachsen und haben die Verantwortung für ihre Kinder und Kinder sind Kinder und keine kleinen Erwachsenen. Irgendwo muss da eine rote Linie sein, die weder Kinder noch die Erwachsenen überschreiten sollten. Die Aufgabe der Eltern besteht darin, den Kindern einen guten Weg zum Erwachsen werden aufzuzeigen und sie auf diesem Wege anleiten und zu begleiten. Man sollte den Kindern auch nicht alles abnehmen und sie müssen auch liebevoll Grenzen gesetzt bekommen. Kinder müssen auch lernen Verantwortung für ihr Tun zu übernehmen und merken dass bestimmte Handlungen Konsequenzen nach sich ziehen können. So können die Kinder auch später vernünftige Erwachsenen werden. Und das ist sehr wichtig, denn die Kinder sind die Zukunft von Morgen. Was ich noch beinahe vergessen hätte ist, dass den Kindern die Achtung vor anderen Menschen übermittelt und vorgelebt werden sollte. Das ist sehr wichtig für das soziale Miteinander, unter Kindern und besonders später als Erwachsene.

Werner Arning / 17.02.2021

„Als meine Kinder klein waren, ......,, hat aber auch etwas Totes an sich“. Was Sie hier beschreiben, Herr Peterson, deutet für mich auf eine tiefe Depression hin. Ihre Kinder wären in dem Fall jedoch nicht die Richtigen, um diese zu heilen.

Sabine Heinrich / 17.02.2021

Wenn ich dann noch erlebe, dass Kinder in der Schule durch z.B. Maulkorbtragepflicht, Berührungs- ,Kontakt- und Singverbot gequält werden - dann bin ich heilfroh, dass ich keine Kinder/Enkel habe! Mir tun schon alle anderen Kinder sehr leid, die von wenig klugen, verblendeten, gewissenlosen oder krankhaft ängstlichen Eltern/Erziehern/Lehrern ihrer Freiheit, ja sogar ihrer Kindheit beraubt werden. Ich könnte es nicht ertragen, wenn geliebte Kinder aus der eigenen Familie wie die Lemminge hinter gewissenlosen oder auch nur dummen Erwachsenen herlaufen und sich ins Verderben stürzen. Das Schicksal der anderen Kinder geht mir schon nahe genug.

Sabine Heinrich / 17.02.2021

Warum Kinder in DIESE Welt setzen? @Herr Siemons - ich bin auf Ihrer Seite! Die Zukunft, die unseren Kindern und Enkeln hier blüht, die sie schon hautnah erfahren “dürfen”, wünsche ich keinem Menschen, der einmal den Hauch von Demokratie und Freiheit genossen hat. Und dann gibt es die armen reichen Kinder, die neben Haus und teurem Auto wohl nur als Vorzeigeprojekt für geltungsüchtige Eltern herhalten müssen, die ihr Kind - modezeitschriftmäßig aufgepeppt morgens im Kindergarten abliefern und es erst abends wieder abholen. Zeit für Gemeinsamkeit bleibt kaum, weil das arme Kind auch noch diverse Kurse besuchen muss, damit die Eltern noch mit ihm angeben können, weil es ein paar Brocken Chinesisch vorstottern kann. -  Und es gibt Eltern, die ohne das geringste Verantwortungsgefühl ein Kind nach dem nächsten in die Welt setzen und sich - Kindergeld und Sozialleistungen abgreifend - einen schönen Tag vor dem Fernseher machen. Tag für Tag - und wo von dem Kindergeld das allerwenigste den Kindern zugute kommt. Wofür es dann dient, überlasse ich der Phantasie der Leser. Und dann gibt es die Kinder, welche wohlversorgt und behütet aufwachsen, bei denen in der Familie anscheinend alles gut läuft - und die in dem Moment kein Interesse mehr an ihren Eltern oder Großeltern haben, wenn selbige pflegebedürftig sind, Hilfe brauchen. Auf einmal werden die Kinder nur noch wenige Male im Jahr gesichtet - auch wenn sie in der Nähe wohnen. Glücklicherweise bleiben mir solche Erfahrungen erspart - aber ich habe oft genug - gerade auch durch Besuche in Altersheimen mitbekommen, dass es nach meiner subjektiven Beobachtung leider nicht wenige Alte gibt, die von ihren Kindern alleingelassen werden, wenn sie selbst einmal die Unterstützung brauchen, die sie früher einmal ihren Kindern gegeben haben. - Es gibt so viele tolle Kinder und Jugendliche, die man von staatlicher Seite leider gezielt zu verblöden und sie zu antisozialen Wesen zu verbilden versucht-und die tun mir wirklich leid!

Frances Johnson / 17.02.2021

@ Paul Simons: Da ist was dran.

g.schilling / 17.02.2021

@Joerg Haerter / Das gilt aber nur für die “westliche” Welt. Unsere lieben goldenen Zuwanderer sehen das anders. Da heißt es je mehr Kinder desto besser das Ansehen des Mannes. Um die Erziehung kümmert sich die Kita, Schule und die Straßengang. Und zahlen darf der Michel, auch für die Folgen. What a nice live, digger,

Paul Siemons / 17.02.2021

Wer heute auf Nachkommen verzichtet, erspart sich und vor allem den Kindern eines: den Vorwurf nämlich, warum man das Kind in DIESE Welt gesetzt hat. Verblödete Regierungen, Ökodiktatur, Islamisierung, damit verbunden Verlust von individuellen Freiheit - das alles müsste man ohne Kinder nicht rechtfertigen, nur weil man den sehr egoistischen Wunsch nach Elternschaft hatte.

Doris Schmidt / 17.02.2021

Ich bin Mutter von vier inzwischen erwachsenen Kindern. Mir scheint, daß die Bereitschaft -insbesondere mit Kindern- zu teilen, bei vielen Erwachsenen heutzutage weit weniger verbreitet ist als früher. Das betrifft sowohl Zeit als auch Geld. Ich selbst bin das jüngste von zehn Kindern. Obwohl ich sehr wohl mit Kindern sehr wohlhabender Eltern gespielt habe, hatte ich nie das Gefühl, etwas zu vermissen oder unbedingt haben zu wollen. So arm wir auch waren, habe ich mich nie benachteiligt gefühlt. Dafür haben meine damaligen Freundinnen aus einem ein- bzw. zwei-Kinder-Haushalt mich um meine große Familie beneidet.

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