112-Peterson: Warum stört mich das?

Es ist hilfreich, sich anzuschauen, was einen stört. Denn das sind unsere Probleme. Und wenn wir sie nicht haben wollen, ist das schön und gut, aber so läuft das nicht. Man kann sie sich nämlich nicht aussuchen.

Jeden von uns stört irgendetwas. Und möglicherweise wünschten wir, nichts würde uns stören, aber das wäre im Prinzip gleichbedeutend damit, dass uns auch nichts wichtig ist. Man könnte ebenso gut sagen, dass das, was uns stört, das ist, worüber wir uns Gedanken machen, wenn es schiefläuft. Das ist eine interessante Frage, die man sich stellen sollte.

Denn vielleicht beobachtet man die politische Landschaft und denkt sich: „Das stört mich!“ Vielleicht geht man seinen Freunden, seinen Feinden und am Ende sich selbst auf den Keks damit, dass man ständig auf obsessive Weise über eine bestimmte Sache besorgt ist. Man sollte sich wirklich die Frage stellen, warum man sich ausgerechnet darum sorgt. Denn theoretisch gibt es ja Millionen von Dingen, die einen stören könnten. Möglicherweise gehören Sie ja zu den Menschen, die sich von allem gestört fühlen, aber wahrscheinlich eher nicht. Denn die Auswahl ist, wie gesagt, riesig, und würde einen das alles stören, würde man wahrscheinlich tot umfallen.

Hinsichtlich dessen, was uns stört, sind wir also wählerisch. Und das Spannende ist, dass die Störfaktoren sich gewissermaßen uns aussuchen. Denn möglicherweise wünscht man sich, dass einen diese eine Sache nicht stört, aber man kann es leider überhaupt nicht kontrollieren und weiß auch nicht warum. Darum lese ich so gerne die Psychoanalytiker. Denn das waren die ersten, die sich auf technisch versierte Weise mit dieser Frage auseinandersetzten. Denn ihnen war klar, dass wir aus einer Sammlung von unterschiedlichen Teilpersönlichkeiten bestehen und dass einzelne Teilpersönlichkeiten die Oberhand gewinnen können.

Genau das geschieht, wenn uns etwas stört. Etwas Autonomes, mit Wille und Absicht, übernimmt die Kontrolle über uns und zwingt uns, zu gehorchen. Manchmal gegen uns selbst gerichtet. Warum sollten wir dem folgen? Weil uns hier unser Schicksal ruft. Denn es handelt sich dabei um unser Problem. Und das ist gut zu wissen, weil wir uns ja immer fragen, wie wir unsere Bestimmung im Leben finden sollen.

Dann ist es hilfreich, sich anzuschauen, was einen stört. Denn das sind unsere Probleme. Und wenn wir sie nicht haben wollen, ist das schön und gut, aber so läuft das nicht. Man wird nämlich nicht gefragt.

Wie würde sich Ihr Leben verändern, wenn sie sich mit dem auseinandersetzten, das Sie stört? Wenn Sie etwa politische Dinge stören, dann haben Sie vielleicht eine politische Aufgabe, die nach Ihnen ruft. Warum nicht? Jemand muss sich ja darum kümmern, und als Staatsbürger könnten es genauso gut auch Sie sein. Dann wäre die Politik nicht nur ein Interesse oder eine Obsession, sondern eine Verpflichtung und Verantwortung. Wer weiß, was geschähe, wenn Sie dem nachgingen?

Neulich sprach ich mit Mike Johnson, dem viertmächtigsten Republikaner in Washington. Wir erörterten die Möglichkeit, dass junge Leute in der politischen Sphäre Fuß fassen. In unseren Breiten drückt sich die Beteiligung junger Leute unglücklicherweise meistens in Form von Protesten aus. Daran sind aus meiner Sicht die Universitäten schuld. Denn den Studenten wird beigebracht, dass, wenn sie etwas stört – was ja sein kann –, sie dagegen protestieren sollten. Das kann man machen, man könnte stattdessen aber auch etwas tun, anstatt sich über die Leute zu beschweren, die etwas tun.

Dies ist ein Auszug aus einem Vortrag von Jordan B. Peterson. Hier geht's zum Vortrag.

Foto: jordanbpeterson.com

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Leserpost

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A. Ostrovsky / 04.01.2023

@Ralf Pöhling : “Ein Politiker ist ein Dienstleister.” Hahaha, der war gut, haha. Mir tut der Bauch weh vom Lachen. Wo haben Sie diese Geheiminformationen her?

Fred Burig / 04.01.2023

@Dieter Kief :”.... Zu glauben, dass die Psychoanalytiker die ersten waren, die sich mit existentiellen Widersprüchen auseinandergesetzt haben ist schon sehr falsch - und ungebildet.” Noch falscher, ungebildeter und arroganter wirkt aber ihre Aussage weil sie - aus welchem Grund auch immer - die Textpassage von Herrn Peterson entweder nicht richtig gelesen/ verstanden oder absichtlich falsch wiedergegeben haben! Diese “abwertende” Art und Weise durch Falschdarstellung scheint ihnen wohl grundsätzlich Vergnügen zu bereiten! Im Text ist nämlich die Rede von einer Auseinandersetzung mit der Frage auf “TECHNISCH VERSIERTER WEISE” ! Hier Original- Textauszug: “Darum lese ich so gerne die Psychoanalytiker. Denn das waren die ersten, die sich auf technisch versierte Weise mit dieser Frage auseinandersetzten.” Wenn sie nun auch noch behaupten sollten, dass dies unerheblich sei für ihre “Attacke” - dann sollten sie aber mal ordentlich in sich gehen! MfG

sybille eden / 04.01.2023

Mich stört schon, daß ich eine ” Staatsbürgerin ” sein soll !

Ralf Pöhling / 04.01.2023

Ein Politiker ist ein Dienstleister. Ein Dienstleister an denen, die ihn gewählt haben. Wenn jemand in die Politik gehen will, um Dinge abzustellen, die ihn nur ganz persönlich stören, dann macht er seine eigenen Probleme zu denen der gesamten Gesellschaft. Und zwar auch dann, wenn die gesamte Gesellschaft dieses Problem weder sieht noch hat. Genau dieser Missbrauch von Politik hat uns die Schauermär vom “Klimawandel” und vom “Weltenbrand”, die “Energiewende”, das diktatorische “Nudging”, also die Fremdsteuerung des Wählers durch die Hintertür, die illegale Massenzuwanderung von Problemfällen anderer Länder und den daraus folgenden “Culture Clash” und damit die gesamte angedachte Transformation einer ganzen Gesellschaft in eine Richtung einiger weniger Partikularinteressen gebracht. So funktioniert parlamentarisch Demokratie nicht. Wenn wir an der parlamentarischen Demokratie unbedingt festhalten wollen, dann dürfen nur noch Menschen Politiker werden, die nicht(!) darum in die Politik gehen um ihre eigenen Probleme zu lösen, sondern um die Probleme ihrer Wähler zu lösen. Da davon im Moment leider kaum etwas zu sehen ist, bin ich für die Abschaffung der parlamentarischen Demokratie und die Einführung der Basisdemokratie. Denn damit wird der Missbrauch der Demokratie für die Umsetzung einiger weniger Partikularinteressen gegen das Volk sofort abgestellt. Ich will keine Verbotsgesellschaft im Interesse einiger weniger. Ich will eine freiheitliche Gesellschaft, in der jeder mündige Bürger selbst darüber entscheidet, was gut für ihn ist und was nicht. Das Auspegeln der verschiedenen im Volk vorhandenen Interessen erfolgt dann automatisch über das System. Nur Basisdemokratie ist echte Demokratie. Und damit das auch stabil funktioniert, braucht es dringend die regionale Begrenzung des demokratischen Systems, damit nur Menschen über Dinge entscheiden, von denen sie auch nur selbst betroffen sind.

Dieter Kief / 04.01.2023

Zu glauben, dass die Psychoanalytiker die ersten waren, die sich mit existentiellen Widersprüchen auseinandergesetzt haben ist schon sehr falsch - und ungebildet. Die Religionen, die griechischen Dramen, der Minnesang, die großen Romane, der Faust, beim Himmel!, das Kunstlied:  Nichts davon geht ohne Widersprüche in uns selbst - und nichts davon, um diesen Einwand gleich auch noch zu entkräften, geht ohne Technik. Er verlangt sich viel ab - manchmal zu viel.

S. Andersson / 04.01.2023

Da ist ein Grundlegender Fehler drin. Ich hab keine Probleme, ich habe Aufgaben. Wenn mich etwas stört, was es ganz sicher gibt, dann sorge ich so weit ich kann dafür das die Aufgabe gelöst wird. Es ist manchmal viel einfacher im Leben als mach einer einem erzählen will. Da denke ich vor allem an Politiker, die alten vom Dorf, Kirchenanhänger oder sonstige Menschen die mir was vorschreiben wollen um sich dann aus dem Staub zu machen wenn es nicht funktioniert .... die wahren ehrlichen, die wirklich gefährlichen. Der Sinn des Lebens…. LEBEN.

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