112-Peterson: Warum ausgerechnet ein Apfel?

In der Bibel heißt es:

„Gott, der Herr, ließ aus dem Erdboden allerlei Bäume wachsen, begehrenswert anzusehen und köstlich zu essen, in der Mitte des Gartens aber den Baum des Lebens und den Baum der Erkenntnis von Gut und Böse.“

Es gibt also zwei besondere Bäume: Einmal den Baum des Lebens und einmal den Baum der Erkenntnis von Gut und Böse. Wenn man so etwas liest, wird einem klar, dass man es mit Metaphern zu tun hat. Und das ist immer sehr heikel. Ich sage zum Beispiel häufig, dass die Idee von Ordnung und Chaos eine metaphorische Idee ist. Doch das ist natürlich nur ein Teilaspekt. Die Vorstellung von Ordnung und Chaos hat auch etwas mit der Ausrichtung unseres Gehirns zu tun. Von daher sollte man sich an dieser Stelle nicht zu sehr auf die Idee einer Metapher versteifen.

Ähnllich ergeht es einem mit den biblischen Metaphern der zwei Bäume. Natürlich sind sie Metaphern, aber sie sind noch mehr als das. Wenn man mit verschiedenen Gegenständen konfrontiert ist und aus diesen ein verbindendes Element abstrahiert, dann wird dieser gemeinsame Nenner mit einer hohen Wahrscheinlichkeit mehr Wahrheit besitzen als die einzelnen Gegenstände. Darin liegt der eigentliche Nutzen der Abstraktion. Würde man keine Gemeinsamkeiten in einer Gruppe von Einzelteilen vermuten, die man für wichtiger hält als die einzelnen Teile, würde man sich kaum die Mühe machen, sie zu abstrahieren. Der Baum des Lebens und der Baum der Erkenntnis von Gut und Böse sind also Abstraktionen.

Eine wichtige und schwere Frage an dieser Stelle – die ich mir lange nicht beantworten konnte – lautet: Warum wird eine Frucht, also unterm Strich eine Speise, mit psychologischen Transformationen assoziiert? Denn darum geht es ja im Grunde bei der Geschichte von Adam und Eva. Warum ausgerechnet etwas Essbares?

Erich Neumann, ein Schüler Carl Gustav Jungs, hat einiges hierzu geschrieben. Er führte zum Beispiel an, dass schon ewig bekannt sei, dass der Vorgang des Essens, wenn man sehr hungrig ist, eine sehr rapide spirituelle Transformation in Gang bringt.

Verrückt vor Hunger

An dieser Stelle möchte ich hinzufügen: Jeder, der ein quengeliges Kind oder einen mürrischen Partner hat, sollte versuchen, ihnen einfach etwas zu Essen vorzusetzen, wenn sie im Laufe des Tages besonders launisch werden und ohne Grund aus der Haut fahren. Patienten, die sich darüber beklagen, dass sie ständig wegen nichts an die Decke gehen, gebe ich gerne folgenden Hinweis: Wann immer Sie sich launisch und unleidig fühlen, essen Sie ein Stückchen Käse. Oder meinetwegen ein Erdnussbutter-Sandwich. Irgendetwas, das viele Proteine und viel Fett enthält. Warten Sie 10 Minuten und schauen Sie, ob Sie wieder vernünftig geworden sind. Sie werden häufig feststellen, dass Sie sich nach dem Essen viel aufgeräumter fühlen als vorher. Und Sie werden im Nachhinein kaum glauben können, wie verrückt Sie waren, solange Sie Hunger hatten. An alle Frühstücks-Verweigerer: Das wird Ihr Leben verändern!

Und an alle Anti-Sozialen, die früher oder später im Gefängnis landen: Wenn man eine Strafe auf Bewährung haben möchte, muss man dem Richter glaubhaft machen, dass man seine Tat nicht wiederholen wird. Es kommt nicht darauf an, was man getan hat und auch nicht darauf, was man verspricht. Es kommt einzig und allein darauf an, ob die Verhandlung vor oder nach dem Mittagessen stattfindet. Bei Verhandlungen nach dem Mittagessen ist die Wahrscheinlichkeit, eine Strafe auf Bewährung zu erhalten, 60 Prozent wahrscheinlicher als davor.

Grundsätzlich gilt: Wenn Sie von jemandem etwas wollen, beispielsweise Ihrem Partner: Geben Sie ihm erstmal was zu essen.

Dies ist ein Auszug aus einem Vortrag von Jordan B. Peterson. Hier geht's zum Vortrag.

Foto: jordanbpeterson.com

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Leserpost

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Karla Vetter / 23.12.2020

Warum ein Apfel?In der Bibel steht nichts davon.Da ist es lediglich die F R U C H T der Erkenntnis.Es könnte auch ein Pfirsich oder sonstwas gewesen sein. Das Apfelnarrativ ist in der Story jedenfalls nicht vorhanden.

Werner Fett / 23.12.2020

Alles zu bestätigen. Wenn ich meine Schönste vernascht habe, bin ich der friedlichste Mensch auf Erden. Darum sollte man als Angeklagter genau informiert sein, wann Frau Richterin ihrem Gemahl gewogen ist. Am Morgen dannach werden sicherlich die mildesten Urteile gefällt.

Karl Eduard / 23.12.2020

Nun bin ich aber gespannt, wer die Apfelstorie überliefert hat. Adam? Eva? Die Schlange? Und mal ehrlich, wenn ich solchen Bockmist bauen würde und dann aus dem Paradies verjagt, dann würde ich das doch nicht herumerzählen. Nicht mal den Kindern, Kindeskindern und den Kindern der Kindeskinder. Das ist ja nichts dessen man sich rühmt, sondern vor Scham im Boden versinken würde . “Ja, Junge, Deine Eltern waren ein wenig blöde und nun sitzen wir hier in der Wüste und müssen uns abrackern. DER hat uns aus dem bequemen Leben rausgeschmissen, RAUSGESCHMISSEN, wegen einer Lapalie!” Und jeder, der mal stille Post gespielt hat, weiß doch, was aus einer Geschichte wird, wenn sie am Ende angekommen ist. Und dann haben wir ja noch Noah und seine Sippe, die mußten die Geschichte neu auflegen, weil der Rest der Menschheit war bekanntlich ersoffen. Und dann gingen weitere Jahrtausende ins Land, bis endlich jemand die Feder ergriff, um die letzte Version als die authentische festzuhalten. Ehrlich, wenn jemand mit Stories aus dem Paradies kommt, den kann ich einfach nicht mehr ernst nehmen. Beim besten Willen nicht.

N.Lehmann / 23.12.2020

Achso, deshalb bekommen zum Tod verurteilte eine Henkersmalszeit?!  Danach sind die besser gelaunt. Mittlerweile beeinflusst einen Richter doch eher die politische Haltung des Angeklagten, denn ein Rechtextremist erhält eine hohe Gefängnisstrafe und ein Linksterror-Aktivist wird mangels Beweisen nach Connewitz geschickt oder macht Pflichtstunden bei den Antifurtzern. Zumindest erklärt sich damit die flächendeckende Verblödung und Bildungsferne, denn die Leute sind nur noch am futtern!

Judith Panther / 23.12.2020

Auf etwas Ähnliches, wie die „Postprandiale Nachsicht“ bei Richtern und Gerichten spielt ja die Werbung für einen bekannten Schokoriegel an: “Du bist nicht Du, wenn Du hungrig bist ...” Das könnte auch die joviale „Leben und Leben lassen“-Attitüde eines Peter Altmaier oder Helge Braun erklären, die beide aussehen, wie dreimal täglich Brot mit Leberwurst und doppelt Butter aber ohne Brot, dafür zum Nachtisch dreimal Buttercreme mit Torte.

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