Bitte entschuldigen Sie meine deuliche Sprache: wie kann man nur auf eine so bescheuerte Idee kommen Medizin als Ganzes zu bewerten. Weil es Krankenhauskeime gibt sind nicht Krankenhäuser schlecht. Vielleicht sollten wir an der Hygiene arbeiten und vorsichtiger mit Antibiotika sein. Ja ohne Antibiotika gäbe es keine multiresistente Keime - aber ohne Antibiotika wäre das auch vollkommen Wurscht. Die Leute würden einfach an einer Infektion, die heute relativ harmlos ist einfach streben - nein nicht einfach sie würden elendig verrecken.
“Ich vermute, dass wenn man zuverlässige Langzeitstudien hätte, herauskäme, dass Medikamente, unabhängig vom Gesundheitssystem, mehr Menschen töten als heilen.”—- Das ist der Kernsatz seiner Aussage in einer Wohlstandsgesellschaft und über den darf man streiten. Zum einen kann die Medizin den Tod des Menschen nicht verhindern und bleibt daher immer Hilfsmittel, zum Zweiten verhindert eine zu rigide Hygiene- und Gesundheitspolitik die natürliche Lebensqualität.
Ich weiß nicht. Mit Medizin und Medikamenten lebt man länger und beschwerdenfreier. Die zu erörternde Frage wäre höchstens, ob es denn darum in erster Linie geht. Ob nicht andere Dinge möglicherweise wesentlicher sein könnten. Aber das wäre dann wiederum ein anderes Thema.
Geht’s noch simpler? - Ich schaue mal an die heutige Lebensart und vergleiche sie mit der von vor 70 Jahren, die in vielerlei Hinsicht vernünftiger/ gesünder gewesen ist, und sehe mir die Sterbealter an…
Unser “obsessive Fokus auf Faktoren, die messbar sind” (und sich demnach in Zahlen ausdrücken lassen) unter gleichzeitiger Vernachlässigung anderer Einflussfaktoren, die sich nicht oder nicht so gut in Zahlen pressen lassen, ist weit verbreitet und kann zu krassen Fehlurteilen führen. Gegen diesen “Availability Bias” anzukämpfen ist schwierig, aber unbedingt notwendig. Oft fehlt uns einfach die Zeit, nicht-bezifferbare Aspekte zu prüfen, also beschränken und stützen wir uns bei der Urteils- und Entscheidungsfindung auf das, was leicht verfügbar ist, d.h. auf irgendwelche Zahlen.
1) Jordan B. Peterson sagt hier was, was er auch anderswo gesagt hat, und was er nicht sagen sollte. Nämlich, dass Krankenhäuser schädlich seien. Ein simpler Denkfehler in seiner Ableitungskette führt ihn zu einem vollkommen irreführenden Schluss. Hm. Es geht ihm auch nicht besser als allen anderen: Er verheddert sich eben gern in den Fallstricken unserer Sprache - und unserer Denkmethoden. - 2) Man kann das an seinem eigenen Beispiel überpüfen: Er wäre ohne Krankenhäuser vermutlich sowenig am Leben wie seine Frau. - Es mögen auch in diesen Fällen Behandlungsfehler vorgefallen sein, ok. - Doch dass in der Institution X Fehler passieren, spricht nicht grundsätzlich gegen diese Institution. Denn wir haben nicht die Alternative, solche Institutionen fehlerfrei zu betreiben. - Eine solche Alternative wäre - unmenschlich, wie schon die Lateiner wussten, die sagten: Irren ist menschlich. 3) Brett Weinstein macht einen ähnlichen Fehler, wie mir scheint. Er will, dass man wissenschaftlichen Fortschritt erzielen solle, ohne existentielle Risiken einzugehen. Er will eine Welt in Watte. Die gibt es nicht - und das hat seinen guten Grund, wie mir scheint. Denn vermutlich wäre die - gefährlicher, als unsere - bestehende, zugegeben rauhe Welt. - 4) Zur besseren Einordnung empfehle ich den beiden Wissenschafts-Apokalyptikern oben Hans-Magnus Enzensbergers einsichtsreichen Essay “Einige Bemerkungen zum Weltuntergang” - aus dem Jahr des Herrn 1978 - - zu finden in dem Buch “Politische Brosamen”, das sowieso unverzichtbar ist. 5) Die Alternative für geduldige Leser von dicken Büchern: Steven Pinker - “Aufklärung Jetzt! - Für Vernunf, Wissenschaft, Aufklärung, Fortschritt” - eine einlässliche und belegreiche Verteidigungsschrift unserer komplexen modernen Welt - einschließlich der Krankenhäuser!
Ich gehe morgen wieder Brennesseln sammeln. Bald kommt Johanniskraut, Hollunder,....Es ist alles da was man braucht.
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