112-Peterson: Risiken und Nebenwirkungen beim Lügen

Ich glaube, es war Mark Twain alias Samuel Clemens – soweit ich weiß – der sagte: „Einer der Vorteile, die Wahrheit zu sagen, ist, dass man sich nicht zu erinnern braucht, was man gesagt hat.“ Und das ist eine wertvolle Feststellung. Es gibt eine ganze Reihe an Dingen, die ich als Kliniker gelernt habe. Und eines davon ist, einfach nur das zu beschreiben, was gerade passiert, egal was es ist. Ich versuche, es einfach nur so präzise wie möglich zu beschreiben, und sorge mich in gewissermaßen nicht um die Konsequenzen. 

Ich sage euch, das kann euer Leben retten, besonders wenn ihr es mit jemandem zu tun habt, der sehr paranoid ist. Man erzählt jemandem, der paranoid und dazu noch gewalttätig ist, keine Lügen. Denn sobald ihr lügt, vereinigt ihr euch aus seiner Sicht mit den Kräften, die ihn verfolgen. Und er wird euch beobachten, denn Paranoia macht Leute extrem wachsam, so als hätten sie Aufputschmittel genommen. Tatsächlich kann man Leute paranoid machen, indem man ihnen genug Aufputschmittel gibt, und man kann bei bereits paranoiden Leuten die Paranoia durch Aufputschmittel noch zusätzlich steigern. Das macht sie extrem wachsam, da sie glauben, dass es alle auf sie abgesehen haben. Und daher beobachten sie euch in einer unglaublich intensiven Weise, weitaus intensiver, als ihr sie beobachtet. Und wenn sich auch nur der Hauch einer Lüge in eurem Gespräch andeutet, und sie an ihrer äußersten Grenze sind, dann seid ihr erledigt. 

Eines solltet ihr wirklich beherzigen, wenn ihr in einer wirklich schlechten Situation seid und nicht wisst, was zu tun ist: Nämlich dass man dann das Mindestmaß der Wahrheit sagt. Offenbart nicht zu viel, denn das wäre eine weitere Lüge. Ihr erzählt ein Mindestmaß an Wahrheit, sehr präzise, sehr vorsichtig. Und so könnt ihr euch hoffentlich aus der Situation befreien. Aber falls ihr etwas  verfälscht, dann müsst ihr höllisch aufpassen. Die Wahrheit ist ein echter Schutzmechanismus in gefährlichen Situationen. Falls jemand euch einschüchtern will, und ihr denkt, dass er gewalttätig werden könnte, und wenn er euch fragt, ob ihr Angst habt, dann sagt ihr es ihm, dass ihr verängstigt seid und dass ihr hofft, dass alles gut ausgeht.

Eine arrogante bürokratische Ratte

Ich gebe euch ein Beispiel. Ich war einmal auf einem Flughafen und wir sind in dieser Schlange angestanden, um zurück nach Kanada zu fliegen. Und es war eine besonders lange Schlange mit rund 50 Leuten, und ich hatte nur noch ungefähr drei Wartende vor mir und noch ungefähr 40 hinter mir. In diesem Moment entschloss sich der Typ hinter dem Schalter, zu schließen und die Schlange nicht weiter zu bedienen. Wir mussten uns alle an einer anderen Schlange anstellen, in der sich schon ungefähr 300 Leute befanden. Da schlug ich ihm vor, dies doch bitte nicht zu tun, da wir schon eine halbe Stunde angestanden hatten und er doch einfach noch die verbliebenen 20 bedienen könnte und so praktisch ein bisschen gesunden Menschenverstand walten lassen sollte.

Der Typ holte sofort einen Polizisten. Das war in Florida, nicht lange nach 9/11. Und so kamen diese Typen an – alle bewaffnet – und guckten mich an, denn er hatte ihnen natürlich gesagt, dass ich Schwierigkeiten machte, was nicht stimmte, denn ich habe nur versucht …wie würde man das sagen… eine arrogante bürokratische Ratte daran zu hindern, mich zu übervorteilen, was nicht das Gleiche ist, wie Schwierigkeiten zu machen. Als aber die Bullen kamen, sagte ich: „Schaut, ich werde exakt das machen, was ihr jetzt sagt und ich werde keine Schwierigkeiten machen. Aber ich würde euch bitten, meiner Schilderung zu folgen, was wirklich passiert ist.“

Das ist ein gutes Beispiel für so eine Situation. Wenn ihr jemandem ausgeliefert seid, ist gespielte Tapferkeit eine schlechte Idee. Und ich habe genau das gemacht, was sie mir gesagt haben, denn sie wussten ja nicht, wer ich war und ich wusste nicht, was man ihnen über mich gesagt hatte. 

Weitere Fehler machen, um den ersten zu vertuschen

Das Problem mit der Lüge ist, dass ihr viele Köpfe wachsen, wie bei einer Hydra. Kinder finden das sehr schnell heraus. Denn man erzählt eine Lüge und eine Konsequenz ist, dass man vielleicht damit durchkommt. Aber sie hat auch noch drei oder vier andere Konsequenzen, mit denen man nicht gerechnet hat. Und so wächst die Lüge und erzeugt eine gewisse Komplexität. Dann ist man gezwungen, jedem dieser einzelnen Auslegern der Komplexität eine weitere Lüge anzuheften, und aus diesen erwachsen dann weitere drei Ableger, die ebenfalls einer Lüge bedürfen, und bald entsteht aus der kleinen Lüge ein großer Ballen an Lügen, und an einem gewissen Punkt wird dies jedem schmerzhaft klar.

Man sieht es an Politikern, wie diesem Typ mit den sexuell anzüglichen Chats, Anthony Weiner, genau, passender Name für ihn…man…das ist so witzig. (Anm. d. Red.: Weiner ist auch ein Slang-Ausdruck für Penis) Bei Weiner war es noch nicht mal so sehr der Vorfall selbst, denn – wie ihr wisst – sind Leute oft dumm und machen Fehler. Und die Öffentlichkeit ist sogar etwas nachsichtig, wenn man sagt: „Oh man, ich bin ein echter Trottel und…ja, wirklich, wie konnte ich sowas nur machen? Aber ich habe es gemacht und ich werde mir Mühe geben dies nicht zu wiederholen“. Aber im Falle von Politikern oder ähnlich in der Öffentlichkeit positionierten Personen läuft es so, dass sie einen Fehler machen, dieser aufgedeckt wird, und sie dann drei weitere Fehler machen, um ersteren zu vertuschen. Dies war zum Beispiel bei Nixon der Fall und dann wurde die gesamte Sache zu einem großen Skandal. Und vielleicht hätten viele dem entgehen können, wenn sie ganz am Anfang einfach nur die Wahrheit gesagt hätten, also: „ Ja, ich bin ein Idiot… ich werde versuchen, es nicht wieder zu machen.“

Dieser Beitrag ist ein Ausschnitt aus dem Vortrag „2017 Maps of Meaning 3: Marionetten & Individuen (Teil 2)“. Hiergeht’s zum Original-Vortrag auf dem YouTube-Kanal von Jordan B. Peterson.

Foto: jordanbpeterson.com

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netiquette:

Jan Stunnenberg / 05.12.2018

@ GeroDubbermann Er sagte: Sheriff.

GeroDubbermann / 05.12.2018

Schlechte Übersetzung - Peterson mit seiner seriösen Sprache würde einen Begriff wie ‘Bullen’ niemals nutzen ...

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