112-Peterson: Pflichtdienst für alle?

Männer ziehen im Ernstfall in den Krieg, während Frauen durchs Kinderkriegen Strapazen auf sich nehmen. Ist diese ausgleichende Gerechtigkeit noch zeitgemäß?

Im Folgenden geben wir einen Auszug aus einem Gespräch zwischen Jordan B. Peterson und dem US-amerikanischen Bestseller-Autor und Männerrechtler Dr. Warren Farrell (*1943) wieder. Nachdem sich Farrell in den 1970er Jahren in der Frauenbewegung engagiert hatte, begann er sich in den 80er Jahren für Männerrechte einzusetzen. Aus seiner Sicht war zu diesem Zeitpunkt das Geschlechterverhältnis zugunsten der Frauen aus dem Gleichgewicht geraten. Sein Buch „Warum Männer so sind, wie sie sind“ wurde zum New-York-Times-Bestseller.

Warren Farrell: Bei den US-amerikanischen Demokraten herrscht der fundamentale und total ernste Glauben, dass Frauen es schlechter als Männer haben.

Jordan B. Peterson: Im Grunde geht es um die Einteilung der Welt nach Geschlecht. Es geht nicht darum, wer welches Problem hat und wie man einer Person helfen kann, sondern an erster Stelle steht die Klassifizierung und erst an zweiter Stelle das Problem.

Warren Farrell: Es wird davon ausgegangen, dass wir in einer patriarchalen Welt leben, die von Männern dominiert wird, die sich Regeln überlegt haben, von denen Männer auf Kosten der Frauen profitieren. Als Beweis wird angeführt, dass in der Politik, in der Kirche oder wo auch immer ein Mann an erster Stelle steht. Und was ist dann bitte mit den Männern, die in der Mitte oder ganz unten in der Hierarchie-Ebene stehen?

Jordan B. Peterson: Die winzige Minderheit der hypererfolgreichen Männer wird ausgesiebt und auf die Männerwelt im Ganzen übertragen. Wo kommt diese Vorstellung her? Eine Übertreibung der Frauenpolitik?

Warren Farrell: Es wird einfach nicht begriffen, dass die wenigen Männer an der Spitze nicht mehr Geld verdienen, weil sie sich damit erfüllter fühlen oder es sich ausgesucht haben, sondern sie fühlten sich verpflichtet, Geld zu verdienen, damit jemand anderes es ausgibt, während sie früher sterben.

Männer sterben auf dem Schlachtfeld, Frauen im Kindbett

Jordan B. Peterson: Man kann also festhalten, dass nicht einmal Männer in Top-Jobs auf Kosten von Frauen profitieren, umso weniger trifft das auf weniger privilegierte Männer zu.

Warren Farrell: Bei solchen Diskussionen mit Frauen habe ich meine Gesprächspartnerinnen oft gefragt: Du hältst es also für ein männliches Privileg, dass in jeder Generation immer die Männer geopfert werden, wenn es Krieg gibt, um die Frauen zu schützen? Da verstummt dann regelmäßig mein Gegenüber.

Jordan B. Peterson: In Südkorea ist die Wehrpflicht gerade ein Thema. Es gibt eine nicht geringe Anzahl an jungen Männern, die nicht versteht, warum sie zwei Jahre ihres Lebens opfern müssen und Frauen nicht. Ich würde in diesem Fall immer anführen, dass Frauen das Gegenstück dazu während der Schwangerschaft und Geburt absolvieren.

Warren Farrell: Bei uns in den USA ist es nach wie vor Gesetz, dass sich junge Männer mit 18 Jahren bei der Armee melden müssen, sonst drohen ihnen Geld- oder sogar Gefängnisstrafen. Für Frauen gibt es Derartiges nicht. (Die Wehrpflicht wurde in den USA 1973 abgeschafft, seither gibt es das Selective Service System. Männer ab 18 Jahren müssen sich registrieren lassen, um im Ernstfall eingezogen werden zu können, Anm.d.Red.)

Jordan B. Peterson: Aber was sollen wir jetzt damit anfangen? Zunächst denke ich, dass hier eine ausgleichende Gerechtigkeit vorliegt: Männer sterben auf dem Schlachtfeld und Frauen im Kindbett. Natürlich sterben heute viel weniger Frauen bei Geburten, als das früher massenhaft der Fall war. Das Kinderkriegen bringt dennoch unglaubliche Unnannehmlichkeiten für Frauen mit sich, auch wenn einiges davon natürlich dank des technischen Fortschritts eine erhebliche Verbesserung erfuhr. Desweiteren erscheint es mir einfach nicht richtig, dass Frauen buchstäblich an vorderster Front kämpfen.

Warren Farrell: Ich glaube, ich kann diese Frage beantworten. Man muss niemanden zum Kämpfen verpflichten – es gibt Männer, die sich dafür nicht eignen, es gibt Frauen, die sich dafür nicht eignen. Man könnte die Einberufung gänzlich abschaffen, aber dann gäbe es natürlich für den Ernstfall nicht genügend Leute. Stattdessen könnte man eine Art verpflichtenden Sozialdienst für alle ab 18 Jahren einführen, von sechs Monaten Dauer oder länger. Und dann kann sich jeder einen Bereich aussuchen, der gut zu ihm passt, sei es in der Krankenpflege oder wo auch immer.

Jordan B. Peterson: Also ein Pflichtdienst für alle, aber die Art des Dienstes kann man sich aussuchen. Und wer weiß: Vielleicht würden sich ja trotzdem genug Leute finden, die sich für die Armee entscheiden und man könnte trotzdem alle erforderlichen Plätze füllen. Es gibt ja Menschen, die einfach so veranlagt sind.

Warren Farrell: Und wenn es am Ende doch zu wenig Leute für's Militär gibt, erhöht man eben im Sinne von Angebot und Nachfrage das Gehalt für alle, die sich für die Armee melden.

Dies ist ein Auszug aus einem Gespräch zwischen Jordan B. Peterson und dem US-amerikanischen Bestseller-Autor und Männerrechtler Dr. Warren Farrell wieder. Hier geht’s zum gesamten Gespräch.

Foto: jordanbpeterson.com

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Esther Burke / 22.12.2021

Das RECHT auf vergütete Arbeit - auch gemeinnützige - für jeden arbeitsfähigen Menschen, z.B. auch im Anschluss an die Schule - halte ich für absolut erforderlich ! Lasst die Jungen / die Arbeitssuchenden/Arbeitslosen doch konkrete Erfahrungen machen, ihre Potentiale ausprobieren-entfalten .  Wieso toleriert eine Gesellschaft Arbeitslosigkeit von grundsätzlich arbeitsfähigen Menschen ? (weil das lohndrückende Heer der Arbeitslosen GEWOLLT ist ?)  Genauso unbegreiflich finde ich, dass Obdachlosigkeit hingenommen (akzeptiert ?) wird .- Es wird mir übel, wenn ich bei den momentanen Temperaturen und Wetterbedingungen an die Menschen ohne Obdach denke. (”...denn sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge…”) Dies wären meine Wünsche ans Christkind,  meine Forderungen an die fürs Gemeinwohl verantwortlichen Mandatsträger.

Markus Viktor / 22.12.2021

Berufssoldatinnen scheinen im Kriegsfall oft schwanger zu werden. Transensoldatnix können das nicht. Transensoldatnix an die Front! Und generell ist das Geschlecht mit der längeren Lebenserwartung privilegiert, erst recht, wenn sie noch nicht mal entsprechend länger arbeiten müssen bis zur Verrentung.

Petra Wilhelmi / 22.12.2021

@Kurt Müller: ” Habe ich mir überlegt, das frische ich jetzt wieder auf und informiere mich selber darüber, was die täglich Angeklagten aus ihrer Sicht zu sagen haben. ”———- Ich habe zwar Russisch gehasst und habe kaum noch etwas drauf. Was mich - wie Sie auch - beunruhigt, ist dass der Kalte Krieg gegen Russland wieder an Fahrt gewinnt. Wenn man unsere Medien hört oder liest, auch verschiedene alternative Medien, meint man, dass der Russe schon morgen wieder vor unserer Tür stehen würde. Die Bundesbürger aus den westlichen Bundesländern haben aber niemals etwas anderes gehört, als von der russischen Gefahr. Das Spiel wird jetzt weiter getrieben, ohne dass man den kleinsten Finger zur Verständigung rührt. Das kann nicht gut ausgehen.

Detlef Dechant / 22.12.2021

Ich habe als eigeladener Sachverständiger des Ausschusses für Außen- und Sicherheitspolitik in den 1980er Jahren bei einer Debatte über Abschaffung der Wehrpflicht bereits vorgeschlagen, eine allgemeine Dienstpflicht für alle einzuführen. so könnte junge Menschen in verschiedenste Berufe des Dienstleisters Staat reinschnuppern. Auch ist es ganz gut, nach der Schule in einem solchen Jahr einmal vom Lernen Abstand zu gewinnen und darüber nachzudenken, ob überhaupt ein Studium sein muss. Später, als politischer Bildner habe ich diesen Vorschlag häufiger wiederholt und ich halte ihn immer noch für richtig angesichts des Fachkräftemangels in Pflegeberufen, und mangelnder qulifizierter Bewerbungen in anderen Bereichen. zudem könnte durch eine derartige Vororientierung auch der ein oder andere Studienabbruch vermieden werden.

Rolf Mainz / 22.12.2021

Sicher ein nicht ganz ernst gemeinter Beitrag Mr Petersons, hoffe ich doch. Immerhin ist die Schwangerschaft heutzutage eine freiwillige Angelegenheit, ganz im Gegensatz zum Dienst an der Waffe im Konfliktfall.

Volker Kleinophorst / 22.12.2021

Wir auch immer banaler. Steuern zahlen ist kein Pflichtdienst? PS.1: Männer werden auch von Oben nicht mehr gebraucht, weil in Zukunft der Soldat immer mehr durch Maschinen ersetzt wird. PS.2 : Bei Männer Wehrdienst, Frauen Kinder kriegen, ist doch die Frage: Und die Frauen die keine Kinder kriegen? Höherer Steuern, längere Arbeitszeiten, weniger Rente… Nein, das wäre ja ungerecht. Wieso? Weis der Geier. Als noch jeder Mann seine Pflicht leisten musste und den Damen einfach 2 Jahre geschenkt wurden, habe ich von der Gerechtigkeitsfanatikerinnen kein Wort gehört. Ein ziviler Pflichtdienst für Frauen wäre immer machbar gewesen. Und auch wegen Chancengleichheit. Denn Frau startete ja so zwei Jahre früher ins Berufsleben. Aber irgendeine Genderwissenschaftlerin wird schon noch rausfinden, was das für eine enorme Benachteiligung ist, wenn man sein Studium früher abbrechen kann. (Bei den Studienabbrechern: Frauen klar vorn.)

giesemann gerhard / 22.12.2021

Mein “Pflichtdienst” war 16 Monate lang. Habe denen u.a. einen Impfstoff gemacht, für nix: Stalla GK, Giesemann G, Müller OA, Wood WG, Scriba PC. The development of a direct homologous radioimmunoassay for serum cortisol. J Clin Chem Clin Biochem 1981;19(7):427-34. 4. Stalla G, Giesemann G, Müller OA, Wood WG, Scriba PC. Non-extractive and specific radioimmunoassay for cortisol: Results using a pure cortisol-C3-derivative for antigen and tracer production. Fresenius’ Zeitschrift Für Analytische Chemie 1980;301(2):129. Der einzige Nicht-Mediziner bin ich und was neu ist in dem paper stammt von mir. Der Rest ist Routine gewesen. Bin heute noch sauer, dass ich mich nicht gedrückt habe, dumm wie Bohnenstroh halt. Hatte damals noch an das Gute im Menschen geglaubt, schön blöd, gebe es ja zu. Dafür gab’s wenigstens paar nette MTAs.

Ulli Funk / 22.12.2021

Nach meiner Erfahrung kümmern sich fast immer die Frauen um pflegebedürftige Angehörige in den Familien. Deshalb sehe ich einen Pflichtdienst für alle etwas skeptisch. Obwohl jungen Leuten ein bisschen Realitätsluft zu schnuppern sicherlich nicht schadet.

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