Bill Gates oder Steve Jobs lösten das genannte Dilemma auf sehr erfolgreiche Weise, indem sie sich zum verbindenden Element zwischen dem Establishment und den Kreativen machten. Sie gehörten beide zwar zum Establishment, hatten aber starke Verbindungen zu den damals verrückten Technikfreaks. Diese Verknüpfung führte dann zur Computerrevolution. Heute begegnet man nur wenigen CEOs, die den Kontakt mit Outsidern pflegen. Kein Wunder, dass es in vielen Unternehmen an Ideen mangelt.
Der optimale IQ zum Aufsteigen in Unternehmen ist 115 und nicht 145. Denn bei 115 ist jeder 10. so ähnlich wie man selbst, und man hat die Möglichkeit, zu netzwerken, denn Netzwerken geschieht nach dem Prinzip: gleich und gleich gesellt sich gern. Bei einem IQ oberhalb von 115 überwiegt, was Aufstiegsmöglichkeiten betrifft, der Nachteil des schlechter netzwerken zu können den Vorteil der höheren Intelligenz. Man hat in diesem Falle nur dann die Möglichkeit, aufzusteigen, wenn man von einem Chef, der kurz vor der Pensionierung steht und keine Konkurrenz mehr fürchtet, protegiert und gefördert wird, sonst nicht.
Für meinen Geschmack gibt es derzeit viel zu viele Kreative auf allen Ebenen, dafür kaum noch einen, der sein Handwerk beherrscht.
Die Kreativen in der höheren Ebene wünschen ebend keine kreative Konkurrenz aus der niedrigeren. Mach mal einen Vorschlag in einer Klitsche: First they ignore you, then they laugh at you, then they fight you - then you are dismissed. Vor allem, wenn sich heraus stellt: Du hast die bessere Idee gehabt. Nach deiner Entlassung kann man das ja dann so machen ... .
Volltreffer. Man stelle sich drei Unternehmen vor: Eins ist ein durch einen Manager geführter Großkonzern mit einer Filiale, das zweite ein Franchiseunternehmen mit etlichen Filialen und verschiedenen lokalen Filialleitern, das Dritte eine Genossenschaft, bei der sich die Mitglieder den Chef quasi selbst aussuchen. Wo kommt man da als Kreativer am ehesten unter? Beim Großkonzern hängt es davon ab, ob man Vitamin B hat und direkt an den Manager herankommt und wie gut man mit ihm kann. Beim Franchiseunternehmen kommt es auf den jeweiligen Filialleiter an. Im Zweifelsfall kann man es ja in einer anderen Filiale versuchen, wenn es mit dem Filialleiter in einer Filiale hakt. Bei der Genossenschaft wird es schwieriger, denn das ist eine verschworene Gemeinschaft, vor der man sich erst beweisen muss. Natürlich gilt letzteres bis zu einem gewissen Grad auch für die Kollegenschaft der erstgenannten Unternehmen. Und bei genau diesem Punkt wird es bisweilen schwierig, denn die persönliche Eignung kennt ja nur die Chefetage oder die Personalabteilung und nicht die Kollegen, mit denen man dann arbeitet. Kollegen, die länger im Betrieb tätig sind und dort den Aufstieg anstreben, sind natürlich genervt, wenn sie da ein Seiteneinsteiger überholt. Sie sind umso mehr genervt, wenn sie mangels Information nicht wissen, warum er sie überholt. Aber Personaldaten sind nun mal aus gutem Grund kein öffentliches Allgemeingut und sind nur den Entscheidern im Betrieb bekannt. Teils nicht mal denen. Zumindest nicht immer in vollem Umfang, denn niemand wird in Deutschland gezwungen, Dinge im Lebenslauf anzugeben, die er nicht angeben will, sollte oder vielleicht nicht mal kann, weil er sie nicht innerhalb eines geregelten Beschäftigungsverhältnisses geleistet hat. Wenn es deswegen mit den Kollegen gar nicht geht, bleibt noch die Selbstständigkeit. Das geht aber leider in manchen Branchen nicht. Dann muss man sich eben durchboxen. Auch wenn das bei einigen Kollegen vielleicht nicht gut ankommt.
Kreativität und Intelligenz sind nicht identisch, doch wer über beides in hohen Maßen verfügt, gepaart mit zuverlässig reproduzierendem Gedächtnis, der gleicht auf Erden an eine Miniatur Gottes heran, sollte er zusätzlich mit außergewöhnlicher Empathie gesegnet sein. So schuf Gott Menschen nach seinem Bild, als Gottes Ebenbild schuf er sie. Die physikalische Kreatur außer Acht.
@ Rudhardt M.H.: Ein Kreativer ist z. B. ein Klempner, der ein antikes Scheisshaus so adaptiert, dass seine Adaption einen weiteren langjährigen, wartungsfreien, ästhetischen, hygienischen Gebrauch ermöglicht und dabei die Kriterien des Denkmalschutzes erfüllt.
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