Im Folgenden geben wir einen Auszug aus einem Gespräch von Jordan B. Peterson mit der US-amerikanischen Anwältin, Aktivistin und Autorin Laila Mickelwait wieder. Seit 2006 kämpft sie gegen Menschenhandel und kommerzielle sexuelle Ausbeutung durch Pornografie und Prostitution. Sie gründete die Organisationen „New Reality International“ sowie „Exodus Cry.“ Letztere begründete die Initiative „Traffickinghub“, die laut eigenen Angaben „Pornhub dafür zur Verantwortung ziehen will, dass es Massenverbrechen sexueller Natur ermöglicht und davon profitiert“. 2020 war die Initiative Teil einer Bewegung, die den Anstoß dazu gab, dass besagte Porno-Plattform Millionen Videos löschen musste, die demnach größtenteils Minderjährige, Zwangsprostituierte und anderweitig ausgebeutete Frauen gezeigt haben sollen.
Jordan B. Peterson: Ich habe viel Zeit damit verbracht, die Wahrnehmungen und Handlungen von sehr, sehr pathologischen Menschen zu studieren. Eines der interessanten Dinge an Serienmördern, die gleichzeitig Sexualstraftäter sind, ist beispielsweise, dass sich ihr Verhalten im Laufe der Zeit tendenziell beschleunigt. Und dafür gibt es einen ganz bestimmten Grund.
Sex hat zunächst eine intrinsisch belohnende Natur, aber die Natur von allem, was belohnend ist, kann durch Neuheit verstärkt werden. Denn Neuheit selbst sorgt, wenn sie in der richtigen Dosis kommt, ebenfalls für einen Dopamin-Kick. Sexuelle Vorfreude und sexuelle Lust erzeugen einen Dopamin-Kick, aber Neuheit verstärkt diesen noch.
Das bedeutet also, insbesondere wenn man es in dieser Hinsicht übertreibt, dass man auf der Suche nach immer neuen Reizen ist. Bei Serienmördern mit sadistischen Neigungen erkennt man beispielsweise, dass das sadistische Element ihrer Verbrechen mit der Zeit immer stärker wird, da sie nach immer neuen Reizen suchen, um ein Maximum an Befriedigung zu erreichen.
Es gibt vernünftige Hinweise darauf, dass das Gleiche für den Konsum von Online-Pornografie gilt. Dass es vielleicht mit relativ harmlosen Darstellungen beginnt, sich dann aber zu immer expliziteren Darstellungen entwickelt. Und nach explizit kommt pervers, nach pervers kommt gewalttätig, nach gewalttätig kommt gewalttätig und pervers, und das ist noch nicht alles.
(…)
Im Laufe meines Lebens konnte ich in unserer Kultur genau diesen Mechanismen bei Menschen beobachten, die zunehmend sexuell pervers wurden, weil sie immer neue Reize suchten. Als ich noch sehr jung war, war es der Playboy, der diese Barriere grundlegend durchbrochen hatte. Das war unter Hugh Hefner, dessen Playboy für ein Pornomagazin ein relativ anspruchsvolles Magazin war.
Die meisten Bilder waren Aktfotos, aber keine sexuell expliziten Aktfotos, sondern lediglich Aktfotos, außerdem gab es im Playboy viel Journalismus und einige sehr gute Artikel. Hefner vermarktete das Ganze unter dem Nimbus der Freiheit und Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen im Zuge der Bohème der 1950er Jahre; als cooler Single, der bereit war, seine Sexualität auf kreative Weise zu erkunden. Natürlich hielt dieses Imperium ziemlich lange.
Aber irgendwann kam Penthouse auf. Dieses Magazin war sexuell viel expliziter, viel deutlicher. Nach Penthouse kam der Hustler. Und dieses Heft begann, sich in den Bereich zu begeben, den manche wohl als äußerst geschmacklos bezeichnen, und das wohl zu Recht. Ab diesem Zeitpunkt verwandelte sich der Hustler in Dutzende und Aberdutzende von Magazinen, die sich auf jeden nur erdenklichen Fetisch konzentrierten.
Und schließlich kam das Internet auf. Und dessen Siegeszug hing tatsächlich in hohem Maße mit dem Wunsch isolierter und sozial inkompetenter Männer zusammen, sexuell explizite Bilder zu teilen. Das gesamte Internet wurde davon befeuert, wir wissen, dass immer noch ein Drittel bis 40 Prozent des Datenverkehrs im Internet pornografischer Natur sind. Das sexuelle Element war also ein unglaublicher Motivationsfaktor für die Entwicklung des weltweiten Netzes. Bekanntlich gibt es eine Menge krimineller Aktivitäten im Netz, vielleicht 50 Prozent davon. Es ist sehr schwer, die Betreffenden dafür zur Verantwortung zu ziehen.
Wir erleben also, dass unsere gesamte Kultur diesem Reiz des Neuen hinterherjagt. Das Ganze wird im schlimmsten Fall von narzisstischen, psychopathischen, machiavellistischen, sadistischen Kriminellen angetrieben. Und wir können sie nicht zur Verantwortung ziehen. Das ist wirklich schlimm.
Laila Mickelwait: Aber wir können diejenigen zur Rechenschaft ziehen, die solche Inhalte verbreiten.
Jordan B. Peterson: Können wir das?
Laila Mickelwait: Ja, das können wir auf jeden Fall.
Jordan B. Peterson: Wer sind diese Leute?
Laila Mickelwait: Nun, zunächst einmal möchte ich noch bestätigen, dass das, was Sie gerade gesagt haben, absolut wahr ist. Bis Anfang 2020 wurde man auf diesen kostenlosen Porno-Seiten noch nicht einmal gefragt, ob man 18 ist, sodass jeder Siebenjährige einfach mit ein paar Klicks kostenlos auf der Homepage von Pornhub und so weiter landen konnte. Und was man auf diesen Seiten findet, sind ja nicht gerade die Playboyhefte des Vaters. Es geht nicht um Bilder, die Sie gerade beschrieben haben.
Es gibt eine Studie, die im British Journal of Criminology veröffentlicht wurde, in der die Homepages dieser Websites analysiert wurden. Wenn man Pornhub aufruft, gibt es jeweils etwa 50 Videos, die automatisch abgespielt werden, wenn man über die Seite scrollt. Dort findet man selbstgedrehte, von Nutzern erstellte Videos. Die Studie hat festgestellt, dass jedes achte dieser Videos sexuelle Gewalt zeigte, also Videos, die Nicht-Einvernehmlichkeit oder Inzest beinhalteten. Ich finde es so alarmierend, dass das die Realität ist, in der wir heute leben.
Jordan B. Peterson: Die Konfrontation mit solchen Inhalten führt auch zu einer Desensibilisierung. Wenn man als Therapeut die Ängste eines Patienten reduzieren möchten, steckt der gleiche Mechanismus dahinter. Ich kann Ihnen ein Beispiel dafür geben. Ich hatte einmal einen Klienten, der Vegetarier war. Allerdings weil er entsetzliche Angst vor dem Leben und dem Tod hatte. Die Person konnte nicht einmal in einen Lebensmittelladen gehen, weil dort natürlich Fleisch ausgestellt ist.
Ich ging mit ihr also in einen Laden, der einen langsam, aber sicher zur Fleischtheke führte. Ich ließ die Person sich dort umschauen. Denn in diesem Zusammenhang ist es wichtig, dass die Menschen sich ansehen, wovor sie Angst haben. Denn wenn sie das freiwillig tun, sinkt ihr Angstniveau. Tatsächlich werden sie mutiger, aber im Grunde genommen könnte man auch sagen, dass ihr Angstniveau sinkt.
Daher wird die Abscheu, die junge Menschen gegenüber Gewalttaten empfinden, insbesondere auf sexueller Ebene, durch diese Art der freiwilligen Konfrontation verringert. Und nur der liebe Gott weiß, wo das enden wird.
Ich kann es mir kaum vorstellen, weil sich dahinter eine unglaublich starke Kraft verbirgt, aber: Wir befinden uns derzeit in einer Situation, in der ein typischer 13-jähriger Junge … Denn es sind hauptsächlich Jungen und Männer, die diese Websites nutzen, da Männer viel empfindlicher auf visuelle Reize reagieren. Frauen scheinen literarische Pornografie zu bevorzugen.
Laila Mickelwait: Obwohl die Zahl der Mädchen auch ansteigt.
Jordan B. Peterson: Wissen Sie zufällig, wie das Verhältnis ist?
Laila Mickelwait: Nein, ich kenne das genaue Verhältnis nicht. Ich weiß, dass es immer noch hauptsächlich Jungen sind, die damit in Berührung kommen, aber auch Mädchen konsumieren diese Art von Inhalten schon in sehr jungen Jahren.
Jordan B. Peterson: Ja, nun, Neugierde treibt das bis zu einem gewissen Grad voran. (…)
Wie gesagt, wir befinden uns derzeit in einer Situation, in der ein typischer 13-jähriger Junge mehr schöne nackte Frauen sehen kann als jeder Mann zuvor in der Geschichte. Ein unglaublich starker, möglicherweise unwiderstehlicher Reiz.
Und wir wissen auch nicht genau, wie sich das auf die Beziehungen zwischen jungen Männern und jungen Frauen auswirkt, sowohl in sexueller als auch sonstiger Hinsicht. Es gibt immer mehr Hinweise auf eine bestimmte Entwicklung, insbesondere in Ländern wie Japan und Südkorea. Obwohl sich die Transformationskurven im Westen offenbar genauso entwickeln, nur mit einer gewissen Verzögerung.
In Japan gibt es derzeit eine enorm hohe Rate an Jungfräulichkeit. Ich glaube, etwa 30 Prozent der jungen Japaner unter 30 Jahren hatten noch nie irgendeine sexuelle Begegnung. Die Beziehungskultur in diesen Ländern fragmentiert sich. Die Geburtenrate ist absolut eingebrochen. Und wir haben keine Ahnung, welcher Zusammenhang zwischen dieser Entwicklung und der sehr direkten und einfachen sexuellen Befriedigung besteht, die online verfügbar ist.
Dies ist ein Auszug aus einem Video von Jordan B. Peterson.
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@Michael W.: Mir kommt nur eine Frau ins Haus, die zwei gesunde Hände und was im Kopf hat ... . Und damit ordentlich Geld ins Haus schafft. Nicht bloß "dazu". Verdient.
Die Gewalt auf den Straßen ist ein Symptom überschüssiger Libido. Man kann auf den Smartphones manchmal sehen, wie sich die Jugendlichen brutale Kampfszenen anschauen. Käfigkämpfe, ich weiß nicht, aber daß so eine Schei**e erlaubt ist, zeigt schon, daß die Parteien und die Zeitungs-Redaktionen das Niveau der Gosse angenommen haben. So ein Tritt an den Kopf hat oft unabsehbare Folgen. Das ist die Politik, die das erlaubt. Gewalt ist Pornographie. / Je mehr Sex man hat, desto mehr will man. Der Pornobetrieb lebt von der Sucht. Sex und Gewalt kommen aus einer Quelle.
Vllt. ist es auch die Furcht vor einer Schwangerschaft. Mir wäre viel lieber, wenn sie sagen: make love, not babies. Wie? Sterilisation, geht reversibel. Kinder machen die andern, frei nach Schelsky.
Herrgott! Die Menschen werden es immer bunt miteinander treiben. Und Sadomasochismus etc. hat es auch schon immer gegeben. Kinder muss man sxhützen, Jugendliche werden suchen und finden, was sie wollen. - "Haben Sie schon einmal onaniert? Oh! Na, nie!"
"Und wir haben keine Ahnung, welcher Zusammenhang zwischen dieser Entwicklung und der sehr direkten und einfachen sexuellen Befriedigung besteht, die online verfügbar ist." - Wirklich nicht? Ist die Erklärung nicht eigentlich ganz einfach? Die Stärke des sexuellen Triebs ist doch nicht stets gleichbleibend, sondern er schwindet mit seiner Befriedigung. Das ist auch nicht viel anders als beim Hunger... hat man gegessen, ist der Hunger zunächst einmal weg. Wenn jedes Anzeichen eines Triebes beim Mann sofort durch seine Befriedigung beantwortet wird, was durch Online-Pornos ja problemlos möglich ist, kann sich nicht über längere Zeit eine Triebstärke aufbauen, wie sie für die nicht trivialen Anstrengungen der Werbung um weibliche Partner als Motivator benötigt wird. Stattdessen reagiert der Mann den Trieb zuhause durch Anschauen von Pornos ab, und damit ist auch sein unmittelbarer Drang zur Frau verschwunden, bevor er überhaupt zu so etwas wie einer "Brautsuche" die Wohnung verlassen hat. Hätten wir alle Kühlschränke, die mit dem bevorzugten Essen immer voll sind, würde niemand mehr auf Äcker gehen, um dort im Schweiße seines Angesichts Nahrungsmittel anzubauen. Wer würde dann fragen: "Der Zusammenhang ist unklar"?
Das Schlimme ist, dass Jugendliche heutzutage das, was sie in Pornos sehen für "echt" halten, und denken, Sex müsse immer so sein wie im Porno. (Was in gewisser Weise wahnsinnig stressig ist, da man dann immer die Bilder, die man gesehen hat, vor Augen hat, und versucht, es "gut genug" nachzuspielen.) Erwachsene Männer, vor allem die, die vor dem Internetzeitalter groß geworden sind, können Realität und Fiktion noch besser auseinanderhalten. Letztlich weiß man leider nie, ob die Frauen, die man in Pornos sieht, das freiwillig machen, oder ob sie dazu gezwungen wurden. Ähnlich wie bei Prostituierten.
Pornographie im Internet ist tatsächlich ein Problem für Heranwachsende, die Perversionen oft vor der allmählichen Entwicklung normaler sexueller Begegnungen in der Pubertät sehen und diese deshalb nicht richtig einordnen können, sie haben kein Gefühl für Normalität. Auch wird der Anspruch an den Partner bei Erwachsenen regelmäßig durch Pornographie verändert - welche normale Frau möchte den "Service" einer Prostituierten bieten? Die Freiwilligkeit kann plötzlich in Frage gestellt werden, wo eine fiktive neue "Norm" in den Raum gestellt wird. Trotzdem ergibt sich Erotik noch immer über die Anziehungskraft eines anderen Menschen und das eben nicht nur durch Äußerlichkeiten. Wenn in Ländern wie Südkorea junge Frauen in der Arbeitswelt auf der gleichen Ebene wie die Männer stehen, sind sie eben nicht interessiert an einem klassischen Machotyp, der dort noch sehr verbreitet ist. Die Vorstellungen eines partnerschaftlichen Ideals gehen eben stark auseinander. Wie anziehend kann ein Mann mit steinzeitlichen Vorstellungen des Miteinanders der Geschlechter schon für eine Frau sein? Ich habe auch schon einmal mit einem europäischen Mann gesprochen, der sich gezielt Frauen in islamisch geprägten Gesellschaften suchte, offenbar, um sie dominieren zu können. Zitat: "Was habe ich als Mann von Frauenrechten?" Man kann leicht verstehen, warum er keinen Erfolg bei modernen Frauen hatte.