112-Peterson: Die Redefreiheit in London

Ich war ungefähr 18 Jahre alt, als ich zum ersten Mal London besuchte, meine erste Reise nach Europa. Ich hatte ein ganzes Jahr lang Geld gespart, um mit ein paar Freunden ein paar Monate durch Europa zu reisen. Das Alter Londons hat mich damals wirklich beeindruckt, denn ich komme aus Westkanada und war zu diesem Zeitpunkt noch nicht viel gereist. Die Stadt, in der ich aufwuchs, wurde erst in den 1930er Jahren gegründet, und nun besuchte ich Pubs, die es seit 500 oder 600 Jahren gab, das war aus kanadischer Sicht nahezu unerhört. Dann die Pracht der Architektur und die Tatsache, dass diese Dinge für die Ewigkeit gebaut waren. Der Westminster Palace ist bemerkenswert, genauso wie die Schlösser, die Fülle der Geschichte sowie die Stabilität und die Freiheit des Landes. Aus meiner Sicht ist das alles eine erstaunliche Leistung.

Eines der Dinge, die wir im Westen gelernt haben, und eines der Dinge, die zur Tradition des englischen Journalismus gehören, ist, dass vor allem Journalisten die Freiheit haben, zu sagen, was sie wollen, und zu denken, was sie wollen. Und das hält alle, einschließlich der Journalisten, ehrlich und auf dem richtigen Weg. (...)

Einschränkung der Gedanken

Das ist das Kardinalrecht. Denn wenn die Menschen frei sprechen, sind sie in der Lage zu denken. Die Menschen orientieren sich in der Welt, indem sie denken, und sie erneuern den Staat, indem sie denken, und sie erobern unbekannte Länder, indem sie denken. Und wenn man ihre Fähigkeit, frei zu sprechen, einschränkt, dann schränkt man ihre Fähigkeit zu denken ein, und viele andere Prozesse kommen ebenfalls zum Stillstand, und am Ende leiden alle darunter.

Mit ungefähr 13 oder 14 habe ich angefangen, George Orwell zu lesen. Natürlich habe ich „1984“ und „Animal Farm“ gelesen, die Einstiegslektüre. Später wurde mir bewusst, wie weitsichtig George Orwell in Bezug auf die Gefahren des Totalitarismus war. Er war einer der ersten Intellektuellen im Westen, der Alarm schlug, vor allem, was die Sowjetunion betraf. Orwell ist definitiv einer meiner intellektuellen Helden des 20. Jahrhunderts.

Großbritannien nimmt einen besonderen Platz in den Herzen der Kanadier ein, und das aus gutem Grund. Denn die Briten haben so viele Dinge richtig gemacht. Die englische Tradition des Common Law und des Parlaments war aus meiner Sicht ein großes Geschenk an die Welt.

Dies ist eine Übersetzung eines Video-Beitrages von Jordan B. Peterson. Hier geht's zum Original-Beitrag.

Foto: jordanbpeterson.com

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Esther Burke / 29.01.2020

“Die Gedanken sind frei….sie reissen die Schranken und Mauern entzwei : die Gedanken sind frei !  Und sperrt man mich ein in finsteren Kerker, /dies alles sind rein vergebliche Werke…”  Volkslied, Anfang 19.J.h. Und miteinander reden, um den Kopf klar zu bekommen.

Johannes Fritz / 29.01.2020

Man muss Peterson zugute halten, dass seine Reise eine Weile her ist. Wie weit es mit der Meinungsfreiheit im Königreich ist, zeigt z.B. der Rotherham-Skandal. Ziemlich vielen, auch Behörden und auch Journalisten, war bekannt, dass mindestens 1.400 Mädchen Opfer muslimischer «Grooming» Gangs wurden, sprich vergewaltigt, unter Drogen gesetzt und zwangsprostituiert und dergleichen. Die Furcht jedoch, als Rassist zu gelten (weil der Islam ja eine Rasse ist), war zu groß, also hat man weggesehen, anstatt Alarm zu schlagen. Denjenigen, die diese Zustände dennoch ansprachen, wurde das Leben teilweise sehr schwer gemacht, Tommy Robinson sei hier beispielhaft genannt. Es war ja nicht, dass sie falsch lagen, sondern dass sie aussprachen, was nicht sein durfte. Von der schnellen Islamisierung des Königreichs einmal abgesehen bekommen Leute Probleme, die es wagen, die sexuelle Revolution (LSBTTIQ+) nicht zu feiern, hier besonders Christen. Dies sind nur 2 Beispiele, wie man sich in GB schnell Ärger einhandeln kann, für Israel Partei ergreifen funktioniere auch, wie man hier liest. Als Peterson jung war, wurde die Redefreiheit dort womöglich noch geschätzt, heute scheint mir die Sache etwas anders gelagert.

Jörg Themlitz / 29.01.2020

@Steffen Rascher, Danke für die Erinnerung. Habe ich jetzt endlich erledigt. @Dieter Kief, Habe ich angesehen. Wird aber für jemanden der im Schreiben, Lesen und Sprechen auf dem Niveau ´old indian grandma english` agiert, schwierig. In dem Fall kein Denkfehler, sondern schlichte Faulheit. @Michael Hofmann, Eine gültige ja / nein Aussage treffen, können wir nicht. Ich betone ausdrücklich wir. Und die Gehirnforschung ist, der Ungläubige sagt Gott sei dank, noch nicht soweit, Gedanken auszulesen. Unabhängig der genetischen Voraussetzungen wird das Denken außerdem von allen Umweltfaktoren durch sehen, hören, schmecken, fühlen angeregt. Ich habe 30 Jahre in der DDR gelebt. Davon ca. 15 Jahre bewusst. Doppelsprech, mit ausloten von Grenzen, und mit Doppeldenk. Also ein “zusätzliches Denken” , um etwas Gefordertes, korrekt aussprechen zu können. Als Einschränkung würde ich das nicht sehen. Eher sogar als Erweiterung. Es hat auch etwas sehr DDR typisches hervorgebracht. In allen Lebensbereichen “zwischen den Zeilen lesen” und verstehen. In einem längeren, geschichtlichen Rahmen auf eine Gesellschaft bezogen, vielleicht auf einer philosophischen Ebene, wo ich nicht mitreden kann, mag es die Rückkopplung / Einschränkung durch die Sprache der Anderen auf das eigene Denken geben. Da ist dann aber Herr Peterson der richtige Ansprechpartner. Und nicht so ein Hobbykommentarist wie ich.

Dr. Roland Stiehler / 29.01.2020

Über die aufschlussreiche Rede von Donald Trump in Davos hört man nach der völlig neben der Mütze liegenden Äußerung vom Möchtegern Habeck nichts mehr von den Hofberichterstattern in der Presse und im Fernsehen. Mit Luther könnte man sagen: “Warum rülpset und furzet ihr nicht. Hat es euch nicht geschmeckt?”

Gudrun Dietzel / 29.01.2020

Michael Hofmann, dazu gehören immer zwei: Die, die verbieten UND die, die es sich verbieten lassen. Ich wage es, auch IM Korridor zu DENKEN und es auch zu sagen. Sie nicht?

Peter Holschke / 29.01.2020

Sehr richtig, mit einer Anmerkung. Die Gräuel des Kommunismus waren schon 1918 auffällig. Das Lagersystem spätestens 1921 im Westen durch literarische Darstellung bekannt. Jewgeni Samjatin hat den Roman “Wir” bereits 1920 geschrieben. Im Westen 1924 veröffentlicht. In Russland erst 1988! Und “Brave New World” von Huxley ist dagegen die schöngefärbte und weichgespülte Variante und im Grunde Obstruktion. Und auf Huxley bezieht sich dann Orwell. Wenn Orwell einer der ersten westlichen Interlektuellen sein sollte, welcher die Gefahren totaler System beschrieben hat, dann lag das an der Doppelmoral, einem Desinteresse oder dem aktiven Wegschauen der damaligen Interlektuellen. Blitzmerker. Bis 1948 waren schon einige Dutzend Millionen Menschen solchen Systemen zum Opfer gefallen.

Gudrun Dietzel / 29.01.2020

Jörg Themlitz, genau über diesen Satz bin ich auch gestolpert: „Und wenn man ihre Fähigkeit, frei zu sprechen, einschränkt, dann schränkt man ihre Fähigkeit zu denken ein…“ Stimmte dieser Satz, hätten Solshenizyn, Sacharow, Kopelew und andere das Denken einstellen müssen.

Michael Hofmann / 29.01.2020

@Jörg Themlitz Doch, das ist so richtig wie der Autor es beschreibt. Durch die Einschränkung der Redefreiheit wird das Denken eingeschränkt. Das kann man ganz aktuell am Beispiel der Political Correctness beobachten, wo ein sprachlicher Korridor vorgegeben wird und alles außerhalb dieses Korridors als unsagbar definiert wird. Durch diese sprachlichen Einschränkungen und die damit verbundene Stigmatisierung aller, welche es wagen sich außerhalb des Korridors zu äußern, wird aktiv das Denken in diese “verbotenen” Richtungen beschränkt. Dazu kommt das Framing, welches “verbotene Aussagen und Gedanken” aktiv in den Kontext mit abscheulichen Verbrechen wie dem Nazi-Terror setzt.

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