112-Peterson: Die Kosten der sexuellen Revolution

Die sexuelle Revolution förderte die Ausbeutung der Frau. Ist Promiskuität von Frauen aus schwierigen Verhältnissen nicht Lustgewinn, sondern Überlebensstrategie? 

Auszug aus einem Gespräch von Jordan B. Peterson mit der britischen Journalistin Louise Perry:

Jordan B. Peterson: Ein interessanter Aspekt in puncto Sexualität ist, dass Menschen unterschiedliche Paarungsstrategien verfolgen. So beschreiben es zumindest Evolutionspsychologen oder Biologen. In gewissem Maße gilt das auch für die Tierwelt. Es gibt kurzfristige Paarungsstrategien, die mit einem Ethos der Verherrlichung, oder der Praxis von – sagen wir mal – „Gelegenheitssex“, also Sex ohne Beziehung, verbunden sind. Eine der Fragen, die man sich stellen könnte, lautet: Gibt es ausgeprägte Unterschiede zwischen Menschen, die zu kurzfristigen Paarungsstrategien neigen, und solchen, die langfristige Paarungsstrategien verfolgen?

Eine langfristige Paarungsstrategie würde mit dem Aufbau einer Beziehung der gegenseitigen Unterstützung einhergehen. Denn das macht sie nachhaltig.
Und die Antwort lautet: Ja, es gibt deutliche Unterschiede. Eines der Kennzeichen der antisozialen Persönlichkeit, also der Persönlichkeitsmerkmale, die mit Kriminalität in Verbindung gebracht werden, ist eine Neigung zu kurzfristigen Paarungsstrategien. Dies fängt mit einem frühen Beginn der sexuellen Aktivität und mehreren Sexualpartnern an. In seiner pathologischeren Form folgt darauf ein räuberischer oder parasitärer Lebensstil in Bezug auf Sex.

Dies wurde in jüngerer Zeit während der Analyse der sogenannten Persönlichkeitsmerkmale der „Dunklen Triade“ weiterentwickelt. Das ist ein neues Modell der böswilligen und pathologischen Persönlichkeiten. Es beinhaltet Machiavellismus, der in Manipulation besteht sowie Narzissmus, der nach Aufmerksamkeit ohne Tugendhaftigkeit sucht. Psychopathie, das heißt räuberischer Parasitismus, und Sadismus, das heißt positive Freude an der Schädigung anderer Menschen.

Und all diese reizvollen Eigenschaften sind mit einer auffälligen Neigung zur kurzfristigen Paarung verbunden. Und das führt zu der nüchternen Erkenntnis, dass es sich bei diesen flüchtigen Sexualkontakten um eine Form der Ausbeutung handelt. Natürlich geht es dabei im Grunde um die Ausbeutung von Frauen. Damit hätten wir endlich mal wieder die Gelegenheit zu definieren, was eine Frau ist. Da wir in unserer Gesellschaft nicht mehr wissen, wie wir Männlein und Weiblein unterscheiden sollen, können wir auch gleich mit den Grundlagen beginnen.

Hugh und seine drei blonden Klone

Im gesamten Tierreich, und das gilt vom Spermium über die Eizelle bis hin zum vollständig entwickelten Wesen, ist das weibliche Geschlecht fast zwangsläufig dasjenige, das mehr Ressourcen in die Fortpflanzung steckt. Das bedeutet also, dass Frauen höhere Kosten für die sexuelle Fortpflanzung tragen. Für den Fall, dass irgendjemand zu blöd ist, das zu begreifen, habe ich es an dieser Stelle noch einmal so deutlich gemacht. Es bedeutet auch, dass, wenn es in einer sexuellen Beziehung zu Ausbeutung kommt, meistens, wenn auch nicht immer, der Mann, der weniger zu verlieren hat, die Frau ausbeutet, die viel mehr zu verlieren hat. Es ist verlockend für junge Frauen zu glauben, dass sie dieser Realität entkommen können, wenn sie hedonistisches Vergnügen suchen, aber das ist sehr schwierig. Das wäre also eines der wichtigen Elemente in Sachen „Gelegenheitssex“.

Das nächste Element ist moralischer Natur, nämlich dass es kein gutes Spiel ist, wenn man ein Spiel spielt, das nur kurzfristig für andere, aber auch für einen selbst, funktioniert. Denken wir an ein Sexsymbol wie Marilyn Monroe, die ein besonders kurzes Spiel spielte. Aber selbst Playboy-Gründer Hugh Hefner, der weniger zu verlieren und in mancher Hinsicht wohl mehr zu gewinnen hatte, war spätestens dann eine erbärmliche Figur, als er, ich würde sagen, Mitte Fünfzig war. Ich habe eine seiner späten Fernsehsendungen gesehen, in der er mit seinen drei blonden Häschen durch Europa tourte, die nicht die hellsten Kerzen auf der Torte waren, um es mal so zu sagen (Anm. d. Red.: „The Girls of the Playboy Mansion“).

Hugh und seine drei blonden Klone tingelten in Europa umständlich von einem vermeintlichen Glamour-Restaurant zum nächsten und führten dabei so kindische und peinliche Gespräche, dass jeder, der etwas Verstand hatte, nach fünf Minuten schreiend den Tisch verlassen hätte. So wurde er ganz klar zu seiner eigenen Parodie. Das konnte jeder erkennen, der auch nur einen Funken Verstand hatte. Egal wie sehr man von Hefners jungem und hypothetisch glamourösem Ich angetan war: Ein paar Jahrzehnte später musste man mit kühlem Blick erkennen, dass er wie der älteste Junge auf einer Verbindungsparty aussah. Ihm haftete dieser Odeur an, würde ich sagen.

Kommen wir zurück auf Marilyn. Sie sagten zuvor, dass sie eine ziemlich brutale Erziehung genossen hat und schon sehr früh ausgebeutet wurde. Sie könnten an dieser Stelle die Geschichte hinter den berühmten Fotos erzählen, die den Playboy ins Leben gerufen haben.

Louise Perry: Ja, Marilyn war sowohl der erste Star auf dem Cover als auch das erste nackte „Centerfold“ (Anm d. Red.: Pin-Up-Foto in der Mitte des Heftes zum Herausnehmen) in der ersten Ausgabe des Playboy. Aber die Aktfotos wurden ohne ihr Einverständnis übernommen. Sie hatte sie viele Jahre zuvor, als sie viel jünger war, für sehr wenig Geld machen lassen, weil sie verzweifelt war. Sie hatte die Freigabe mit einem falschen Namen unterschrieben, aber irgendwie kam Hefner in den Besitz der Fotos und bezahlte nicht sie, sondern den Fotografen, um sie im Playboy zu veröffentlichen. Und sie bekam nicht einmal ein Gratisexemplar zugeschickt, worüber sie offenbar sehr verärgert war.

Hefner kaufte schließlich die Krypta neben der ihren auf dem Friedhof in Los Angeles, wo heute beide begraben sind, er natürlich viele Jahrzehnte nach ihr. Aber sie haben sich nie im wirklichen Leben getroffen. Diese ganze Beziehung zwischen den beiden wurde also von ihm initiiert. Genau das ist der Punkt, auf den ich mit meinen Kommentaren über Marilyn Monroe kommen möchte.

Sie ist sehr typisch für weibliche Sex-Ikonen, denn sie hat eine tragische Vorgeschichte und wurde von vielen Menschen, vor allem Männern, ausgebeutet. Und doch wird sie als eine ikonische Figur der sexuellen Revolution hochgehalten, von der wir glauben sollen, dass sie eine gute Sache war. Und das Hauptargument in meinem Buch („The Case Against the Sexual Revolution: A New Guide to Sex in the 21st Century“) ist natürlich das Argument gegen die sexuelle Revolution. Mein Standpunkt ist nicht, dass sie völlig schlecht war. Ich glaube nicht, dass man irgendein großes historisches Ereignis als ganz schlecht oder ganz gut darstellen kann. Aber ich denke, dass sie vor allem von den Linken durch eine rosarote Brille falsch dargestellt wurde. Und dies ist mein Versuch, dem entgegenzuwirken.

Reaktion auf Männermangel

Jordan B. Peterson: Ja, es besteht kein Zweifel, dass Marilyn Monroe eine Ikone war und immer noch ist. Und zum Teil ist es schwer zu sagen, warum genau. Sie hat natürlich etwas Hyper-Attraktives an sich. Ich habe sie einmal in einem Interview mit einem Radiosender gehört, in dem sie sagte, sie könne auf zwei Arten die Straße entlanglaufen. Ich glaube, ihr richtiger Name war Norma Jeane Baker. Und sie sagte, sie könne als Norma Jeane Baker die Straße entlanggehen und niemand würde sie ansehen. Oder sie könnte als Marilyn die Straße entlanggehen, und dann würden sich die Leute wie verrückt zu ihr hingezogen fühlen.

Und deshalb möchte ich eine Hypothese mit Ihnen besprechen. Angesichts der Vorgeschichte der weiblichen Sexsymbole und der Tatsache, dass es sich bei den Mädchen, die in die Pornoindustrie hineingezogen werden oder sich bereit erklären, dort mitzumachen, oft um verlassene Mädchen handelt, die eine Vorgeschichte von zerrütteten Beziehungen und Missbrauch haben, ist dies der Fall. Also, hier kommt meine Hypothese: Sie wissen, dass Mädchen ohne Väter ein Jahr früher in die Pubertät kommen. Das ist ein echtes biologisches Rätsel. Man stelle sich vor, man ist als Mädchen ohne männliche Gesellschaft, Produktivität und Schutz. Und vielleicht liegt das daran, dass es in der eigenen Kultur nicht genug Männer gibt. Manchmal passiert das zum Beispiel nach Kriegen. Oder vielleicht befindet man sich einfach in einer wirtschaftlichen oder sozialen Nische, in der man Pech hat. Warum sollte man sich also ein Jahr früher entwickeln, wenn man die Pubertät betrachtet?

Nun, eine Antwort ist, dass Frauen die Aufmerksamkeit der Männer auf sich ziehen können, indem sie sexuell attraktiv und verfügbar sind, und damit im Prinzip Gesellschaft, Schutz, Produktivität und all das erhalten können, was mit einer echten Beziehung einhergehen könnte. Wenn es also in der lokalen Umgebung einen Mangel an Männern gibt, dann könnte die frühe Pubertät eine Möglichkeit sein, die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, früh genug einen Partner zu finden, um nicht zu verhungern, sagen wir mal. Dann stellen Sie sich vor, dass es eine psychologische Entsprechung dazu gibt. Und an dieser Stelle könnte der Archetyp der Femme Fatale ins Spiel kommen: Wenn man also ansprechend, verletzlich, schön und verfügbar ist und auch diese Magie hat, die damit einhergehen kann, wenn man diese Eigenschaften in etwas wirklich Archetypisches verwandelt, was Marilyn außerordentlich gut gelungen ist.

Sie hatte etwas von einem kleinen Mädchen an sich. Sie hatte eine sehr mädchenhafte Stimme, und so hat sie auch gesungen. Und sie hatte eine Art unschuldige, naive Provokation, die paradoxerweise durch ihre offene Sexualität noch verstärkt wurde. Und so hatte sie etwas von der Anziehungskraft eines hilflosen Kindes und etwas von der Anziehungskraft einer echten reifen Frau. Und das kann eine sehr tödliche Kombination sein. Und ich denke, die Tatsache, dass es eine tödliche Kombination ist, ist auch eine Art von Anpassung.

Sie können sich also vorstellen, dass Mädchen, die missbraucht werden, sich diesem Muster verführerischen Verhaltens zuwenden, denn wenn sie auf diese Weise ihren Charme voll aufdrehen, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass sie selbst in ihrer verzweifelten wirtschaftlichen Lage einen Mann anziehen können. Und natürlich wurde das bei Marilyn so weit getrieben, dass sie buchstäblich zum Aushängeschild für diesen Ansatz wurde.

Dies ist ein Auszug aus einem Video von Jordan B. Peterson.

Foto: Gage Skidmore from Peoria, AZ, United States of America - Jordan Peterson, CC BY-SA 2.0, via Wikimedia Commons

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Leserpost

netiquette:

Sam Lowry / 15.01.2025

“Sie sagten zuvor, dass sie eine ziemlich brutale Erziehung genossen hat und schon sehr früh ausgebeutet wurde.” Erinnert mich schwer an ein anderes Schicksal: “Aileen Wuornos”. Da endete das ganz anders…

Gerd Heinzelmann / 15.01.2025

Ich (eine Stimme) gebe vielen Kommentatoren auf der Achse recht, warum wollen Sie mit Allgemeinplätzen punkten? Ist das nicht die Basis?

Ralf Adolf Berzborn / 15.01.2025

Hatte vor längerer Zeit eine Diskussion mit einem älteren Moslem , auf die Frage was ihm denn am Islam so sehr gefalle meinte er : Der Islam wäre nicht so naturgesetzlich entfremdet und er liebt nun einmal die Natur , hab ich nicht verstanden , war wohl ein Grüner .

L. Luhmann / 15.01.2025

Offensichtlich gibt es einige Frauen, die sich von Peterson gerne erniedrigen lassen.

Rainer Niersberger / 15.01.2025

Ob die Überschrift ” sexuelle Revolution” den Sachverhalt richtig beschreibt sei dahingestellt. Bei genauer Betrachtung liegt zumindest keine Revolution ieS vor. Richtig ist, dass die Transformatoren gewisse Konventionen, nicht nur hier, abgeschafft haben und das mit den passenden Narrativen bzw Verheißungen. Eine davon war der uebliche Hinweis auf das, was Maenner duerfen und ( angeblich) machen, ein anderer betraf das grenzenlose Lustversprechen und die Verheißung, vom Objekt zum dominanten Subjekt zu mutieren. Alles unabhaengig von der biopsychologischen Verfasstheit, oder sogar gegen diese, zumindest der meisten Damen.  Die Ergebnisse sind insbesondere bei unsicheren oder verunsichert, ich - schwachen Damen mit realiter wenig Selbstbewusstsein zu beobachten. Sie suchen, finden aber nicht, zumal sie nicht zufaellig falsch und die ” Falschen” suchen.  Zunaechst natuerlich nicht, denn die maennl. Kandidaten versprechen einiges, vor allem (Selbst) Bestaetigung.  Belohnungszentrum und Dopamin werden getriggert. Lust spielt hier ohnehin eine eher untergeordnete Rolle, denn, wie die Damen selbst verraten, sind ihre Begegnungen eher selten befriedigend. Erwartbar. Aber sie bedienen zunaechst andere Ziele. Natuerlich braucht es immer wieder und immer weitere Trigger und immer weitere Rationalisierungen. Solange es die Biologie hergibt. Fuer beziehungssuchende Herren sind diese Damen verständlicherweise sehr kritisch. Nicht wegen ihrer Vergangenheit, sondern wegen ihrer Verfasstheit. Der frueher sehr junge, deshalb infantile weibliche Groupie mit seinen Projektionen und Wuenschen reicht inzwischen weit in das Erwachsenenalter hinein.  Unverbindlichkeit ( Verantwortungslosigkeit, auch gegen sich selbst) ist eine Folge der Regression. Eine sexuelle Revolution sehe ich nicht, “interessante” psychokulturelle Entwicklungen, in diesem Fall der orientierungslosen Damen, durchaus.

Matthias Keller / 15.01.2025

Warum sollte man Frauen schützen, Frauen sind gleichberechtigt und demnach Konkurenten. So habe ich das mein Leben lang so gesehen, bis mir irgendwann aufgefallen ist das sie irgenwie nicht richtig konkurieren wollen, besser, stärker und klüger sein wollen. Mein Bild basierte auf dieser Art von Gleichberechtigung, seit der Erkenntnis, sagen wir vor fünf Jahren, gehe ich Frauen aus dem Weg. Besonders da sie mit dem weiblichen Männer manipulieren können, und jede manipulation ohne reine Wahrheit und Erkenntnis ist falsch.

Ralf Adolf Berzborn / 15.01.2025

ABER viele wählen heute , nur aus Verzweiflung natürlich ,  auch einen zweiten sich bietenden Ansatz , sie gehen einfach in die Politik , verdammt die haben die sexuelle Revolution mißbraucht die Mädels , ganz schön klever .

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