112-Peterson: Die Kontrolle der Sprache

Im Folgenden geben wir einen Auszug aus einem Gespräch zwischen Jordan B. Peterson und dem Bestseller-Krimi-Autor Gregg Hurwitz über politisch korrekte Sprache wieder. Hurwitz schreibt außerdem Drehbücher, lebt in L.A. und ist ein ehemaliger Harvard-Student von Jordan B. Peterson. Nachdem Donald Trump gewählt wurde, beschäftigten ihn die Defizite der Demokraten sowie das Versagen seines eigenen Umfelds. Er produzierte daraufhin 200 Werbe-Videos zur Unterstützung der Demokraten, die millionenfach gesehen wurden. Die entstandenen Clips wurden von diesen jedoch nie autorisiert.

Gregg Hurwitz: Es ist einfach nicht möglich, ein „perfektes“ Gespräch über Rasse, Klasse und Geschlecht in Amerika zu führen, das jeden miteinbezieht und eine reibungslose Sprache benutzt. Wenn entweder die Linken oder die Rechten Sprache zu sehr einschnüren, geht es im Grunde darum, den Bereich des Sagbaren dahingehend einzugrenzen, dass eine fruchtbare Diskussion gar nicht erst entstehen kann. Es geht darum, Gespräche zu verhindern, die eigentlich geführt werden müssten.

Jordan B. Peterson: Aber warum gibt es Deiner Meinung nach keinen größeren Widerstand gegen diese Entwicklung?

Gregg Hurwitz: Ich werde es jetzt einmal verallgemeinert ausdrücken. Rechts außen sehen wir Korruption und Versteinerung rund um die Person von Donald Trump und alles, wofür er steht. Doch die Leute reagierten so stark auf das, was er sagte, weil es ihnen selber verboten ist, sich derartig zu äußern. Ich habe verschiedenste Theorien über die Republikaner, aber ich gehe jetzt einmal von mir aus und komme zu den Linken. Bei der Sprachpolizei der Linken geht es im Grunde darum, den Status quo beizubehalten.

Jordan B. Peterson: Welchen Status quo und zu wessen Vorteil?

Gregg Hurwitz: Stellen wir uns mal die reiche Hollywood-Elite vor. Also im Grunde Leute wie mich (lacht). Wenn man in Besitz der Regeln der Sprache ist, genau die Verbots-Strukturen kennt, sich Konstruktionen wie „Latinx“ anstelle von „Latino“ ausdenkt, sorgt man dafür, dass weniger „unordentliche“ Gespräche, also Unterhaltungen mit dem Potenzial, Veränderungen herbeizuführen, stattfinden. Man kann seinen Status, sein Geld und seine Position behalten.

Jordan B. Peterson: Man kann auf diese Weise davon ausgehen, dass wenn irgendeine Lösung vorgeschlagen wird, man Teil der Lösung und nicht Teil des Problems ist. Man signalisiert dies über die Sprache.

Gregg Hurwitz: Ich gebe Dir mal ein Beispiel. Ich hatte von vornherein eine totale Aversion gegen Chaos-Bestrebungen seitens der Demokraten. Ich glaube, Konservativen geht in erster Linie alles, was einen chaotischen Anschein hat, gegen den Strich. Und das ist aus meiner Sicht absolut legitim. Man denke nur an die polizeifreien Zonen, die in Seattle und Portland ausgerufen wurden. Ich konnte mit diesem Begriff der „Sanctuary Cities“ („Zufluchtsstädte“) noch nie etwas anfangen. Man stelle sich nur vor, dass bei den nächsten Wahlen das Wahlrecht in beispielsweise Birmingham, Alabama einfach nicht angewandt wird, weil es zur „Sanctuary City“ erklärt wird. Das wäre eine mögliche Form der Steigerung, die man bedenken sollte.

Ich habe ein paar Werbevideos produziert, in denen wichtige Figuren der schwarzen Community zu einem Gewaltverzicht bei den Black-Lives-Matter-Protesten aufriefen. Keisha Lance Bottom, die Bürgermeisterin der Stadt Alabama, hat zum Zeitpunkt als Atlanta in Schutt und Asche gelegt wurde (nach dem Mord an George Floyd, Anm. d. Red.) eine Rede gehalten, die meiner Ansicht nach die durchschlagendste moralische Autorität besaß, die ich je vonseiten einer öffentlichen Person gehört habe.

Ich bezog mich in den Videos noch auf andere Protagonisten. Die einzige Ablehnung, die ich für diese Arbeit erhielt, kam ausgerechnet vonseiten wohlhabender Vertreter der „Ostküsten-Elite“ („coastal elite“). Wie ich es denn wagen könne, die Gewaltaufrufe der Afroamerikaner angesichts eines Mordes zu diskreditieren. Das sei doch der Inbegriff des weißen Privilegs.

Ich habe lange Zeit geglaubt, dass Trump über Projektion funktionieren würde. Ich hatte immer gedacht, dass viele der Ansprüche, die er im Namen anderer erhebt, über Projektion laufen würden. In zunehmendem Maße konnte ich solches jedoch in Teilen der Linken beobachten. Ich habe mich irgendwann gefragt: Wie weit entfernt von Auswirkungen von Gewalt muss man sein, um nicht besorgt zu sein? Zu wie vielen Häusern, Villen und Gated Communitys muss man Zutritt haben, um sich angesichts gewalttätiger Ausschreitungen keine Sorgen zu machen? Egal, ob es sich um eine schwarze Community oder ein weißes Arbeiterviertel handelt – jeder hat das Recht, gegen Gewalt in seiner Nachbarschaft zu sein. Wie kann man es wagen, dies zu verurteilen, wenn man reich genug ist, um nicht in solchen Vierteln leben zu müssen? Nachdem die Protest-Touristen mit ihren Randalen fertig warwen, musste die einheimische schwarze Bevölkerung mit den Trümmern ihres Viertels zurrecht kommen.

Im Grunde lautet die Botschaft dieser Elite: Die Leute sollen so laut protestieren wie sie können, denn meine Familie, mein Haus und ich selbst werden niemals davon betroffen sein. Ich werde aber die richtige Sprache benutzen, um mir all das erhalten zu können.

(...)

Es gäbe genug konkrete Probleme der afro-amerikanischen Community, die angegangen werden sollten, aber solange ich nur irgendwelche Slogans plappere, muss ich mich mit echten Lösungen gar nicht befassen.

Jordan B. Peterson: Man kann auf diese Weise den vermeintlichen Status einer Person einnehmen, die tatsächlich etwas zur Problemlösung beiträgt. Ich denke, vieles der politisch korrekten Sprache – also Sprache, die mit einer bestimmten Doktrin überein stimmt – ist ein Versuch, sich die moralischen Tugenden dieser Doktrin anzueigen, ohne notwendigerweise Verantwortung für Handlungen in Zusammenhang mit dieser Doktrin oder ihre Konsequenzen übernehmen zu müssen.

Dies ist ein Auszug aus einem Gespräch zwischen Jordan B. Peterson und Gregg Hurwitz. Hier geht's zum Auszug und hier zum gesamten Gespräch.

Foto: jordanbpeterson.com

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Esther Burke / 27.01.2021

Meine/unsere Muttersprache (wie jedem seine Muttersprache ) ist ein unerschöpflicher Schatz (“ewiger Brunnen”) an Weisheit, Schönheit, Freude, Humor, Trost, Warnung, Zuversicht, Stütze , Ermutigung etc.  . Ich bin nicht bereit, mir meine Sprache wegnehmen zu lassen . Mag die Propaganda auch übermächtig erscheinen.

Judith Jannach / 27.01.2021

rechts und links sind die Windmühlen des Don Quichote. Von der Politik gewünscht, Emotion steigert die Wahlbeteiligung, und erhält das Schein-Demokratie System im gesamten Westen. Die Leute sind verblendet und sehen nur was rechts und links ist, nicht was oben und unten ist…ihr eigentliches Problem.

Werner Arning / 27.01.2021

„Gefangen“ in der neuen, politisch korrekten, progressiven, antirassistischen, gendergerechten Sprache scheint mir vor allem die akademische Jugend zu sein. Diese identifiziert sich mit und über diese Sprache, verinnerlicht sie. Ihre jeweilige Persönlichkeit scheint vereinheitlicht. Sie erkennt einander an der „richtigen“, adäquaten Sprache. Der Handwerker spricht diese Sprache nicht. Wie immer sind die es eher die „Intellektuellen“, die der Ideologie auf den Leim gehen. Es ist der 30-jährige Akademiker, der am gefährdetsten ist. Er hält sich für intelligent und individualistisch und ist in Wirklichkeit das erste „Opfer“.

Peter Thomas / 27.01.2021

Hallo, Frau Meyer, das haben Sie schön auf den Punkt gebracht. In der Tat, Menschen können Sprache benutzen, um anderen zu schaden, und in totalitären Systemen ist das Schadpotential total.

Dr. Elke Schmidt / 27.01.2021

Man kann wohl auch kurz gefasst sagen, die politisch korrekte Sprache der Kulturelite sind nichts als eine riesige HEUCHELEI, um die eigenen Privilegien zu erhalten. Das kennt man aus der Kulturszene der DDR.

Dr. Gisela Meyer / 27.01.2021

Peterson ist ein sympathischer Mann, aber bereits Orwell, der nicht nur 1984 und Animal Farm geschrieben hat, hatte zur Sprachverhunzung mehr zu sagen als er.

Gerd Quallo / 27.01.2021

Das ganze Geschwurbel dieser Diskussionen um politisch korrekte Sprache nervt nur und bringt keinen weiter. Wir brauchen nur genug Leute mit dem nötigen Mumm, nach einem Shitstorm nicht zu Kreuze zu kriechen. Und die Rückkehr zur der einfachen Regel: Soll doch jeder sagen, was er möchte. Ich streite mich lieber mit einem ehrlichen Fascho als einem bigotten Grünen.

Dieter Kief / 27.01.2021

Ja, Sprache als wohlfeiler Ersatz. Der Maulkorb für die Weißen soll den Neid dämpfen und - von den Erfolgen z. B. der Asiaten in den USA ablenken. Diese Erfolge sind weit überdurchschnittlich. Die Asiaten übertrumpfen die vermeintlich super-egoistischen Weißen. Aber das darf nicht bemerkt oder gar gesagt werden, weil dann der Vorwurf des Rassissmus in sich zusammensänke. Das ist jetzt Joe Bidens Zwickmühle!

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