Trumps Chef der staatlichen US-Krankenversicherung erläutert im Gespräch mit Jordan B. Peterson, wie er Schüler körperlich, aber auch mental stärken und ihnen klar machen will: Ihr seid wichtig!
Im Folgenden geben wir einen Auszug aus einem Gespräch von Jordan B. Peterson mit Mehmet Oz wieder, einem türkischstämmigen US-amerikanischen Kardiologen und Moderator. Er war fünf Jahre lang als Gesundheitsexperte Teil der Oprah-Winfrey-Show, bevor er eine eigene Sendung bekam.
Heute ist Oz Chef des Center for Medicare and Medicaid Services der Trump-Regierung. Dieser Posten beinhaltet die Führung der staatlichen Krankenversicherung Medicare sowie des Gesundheitsfürsorge-Programms Medicaid. Mehmet Oz hatte in der Coronazeit den Malariawirkstoff Hydroxychloroquine empfohlen, der daraufhin auch vom damaligen Präsidenten Donald Trump gelobt wurde.
Mehmet Oz: Menschen, die einen gesunden Stoffwechsel haben, leben viel länger. Sie erkranken nicht so häufig an Herzkrankheiten, Alzheimer, Krebs und einer ganzen Reihe anderer Probleme. Andere haben Probleme mit dem Zuckerstoffwechsel und der Unfähigkeit des Insulins, damit Schritt zu halten. Infolgedessen kommt es zu einer Vielzahl von Entzündungen im Körper, auch in der Leber. All diese Komplikationen verursachen den größten Teil der Gesundheitskosten, mindestens die Hälfte der Gesundheitskosten der USA.
Jordan B. Peterson: Es besteht also ein enger Zusammenhang mit der Ernährung, und zwar nicht unbedingt mit der Kalorienzufuhr, sondern eher mit der Art der Ernährung.
Mehmet Oz: Menschen mit Übergewicht haben Schwierigkeiten, sich zu bewegen und schlafen nicht gut, was weitere wichtige Bausteine der Gesundheit sind. Und oft schämen sich Menschen für ihr Übergewicht.
Jordan B. Peterson: Wir haben das Ganze zu einer moralischen Frage gemacht. Auch meine Einstellung dazu hat sich in den letzten zehn Jahren stark verändert. Wenn ich heute auf der Straße jemanden sehe, der übergewichtig ist, würde ich sagen, dass ich vor 15 Jahren wahrscheinlich etwas voreingenommener war. Ich bin grundsätzlich kein besonders voreingenommener Mensch, wenn es um die Gesundheit von Menschen geht, weil das im Allgemeinen sehr kompliziert ist. Aber es war einfach, zu denken, wenn Übergewichtige nur mehr Sport treiben und sich richtig ernähren würden, ginge es ihnen gut.
Dann habe ich viele der Dinge, die Sie gerade beschrieben haben, erfahren, mein Wissen in diesem Bereich erweitert und angefangen zu begreifen, dass eine kohlenhydratreiche Ernährung Menschen fettleibig macht. So einfach war das. Ich habe sogar einmal eine Studie gelesen, die besagt, dass eine Limonade pro Tag ausreicht, um eine Fettleibigkeitsepidemie zu verursachen. Eine Limonade am Tag kann man noch nicht einmal als schlechte Angewohnheit bezeichnen. Es handelt sich lediglich um 160 Kalorien.
Der Nihilismus in Sachen Gesundheit ist verblüffend
Mehmet Oz: Das stimmt, und lassen Sie mich das erklären. Denn dieser Punkt ist wirklich wichtig. Die Kalorien sind nicht das Problem. Sondern: Ihr Körper ist auf der Suche nach Nährstoffen. Ihr Gehirn ignoriert klugerweise die Kalorienzufuhr und konzentriert sich nur auf die Nährstoffdichte dessen, was es bekommt.
Denn Nährstoffe werden zum Aufbau von Muskeln, Hormonen, dem Gehirn und allem anderen gebraucht. Wenn Sie also einen Softdrink zu sich nehmen, zählt Ihr Gehirn das nicht als Nahrung, weil es nicht das bekommt, wonach es sucht. Aber die Kalorien summieren sich trotzdem. Und der enthaltene Maissirup mit hohem Fruchtzuckergehalt stimuliert eine Reihe von Prozessen, die ebenfalls ungünstig sind, aber ausgerechnet das Sättigungsgefühl gehört nicht dazu. Und somit reproduzieren wir kleine Fehler Tag für Tag. Das Umgekehrte trifft aber auch zu. Mit kleinen richtigen Schritten, die wir jeden Tag machen, wird das Leben plötzlich schön. Und deshalb ist es für mich so schmerzhaft anzusehen, dass so viele meiner Landesbrüder, andere Amerikaner, sich krank fühlen, denken, dass es ihre Schuld sei und es keinen Ausweg gibt.
Der Nihilismus in Sachen Gesundheit ist verblüffend. Ich lege den Schwerpunkt auf Langlebigkeit, Wellness-Themen, weil es dort so viele Möglichkeiten gibt. Nicht nur, weil wir jetzt eine KI haben, die Empfehlungen für jeden Einzelnen anpassen kann (…), sondern weil wir auch viel bessere Technologien zur Verfügung haben, die Ihnen helfen können, den richtigen Weg einzuschlagen.
Es gibt Medikamente, die in manchen Fällen sinnvoll sind, aber im Grunde sind das alles Krücken, um den Einzelnen dazu zu bringen, zu erkennen, dass er es schaffen kann. Denn unser endgültiges Schicksal ist so sehr an unseren eigenen Willen gebunden. Und darum, Jordan, sind die Botschaften, die Sie übermitteln, so entscheidend. Denn wenn die Menschen nicht denken, dass sie wichtig sind, dann tauchen sie in ihrem eigenen Leben nicht auf.
Kultur ist eine Ganztags-Strategie
Daher gibt es unsere Kinderstiftung namens HealthCorps, für die Sie sich bereits engagiert haben. Sie basiert auf dem Prinzip des Friedenskorps (Anm. d. Red.: US-Behörde, die Freiwilligen eine 24-monatige gemeinnützige Tätigkeit im Ausland vermittelt). Wir ziehen also mit jungen Hochschulabsolventen durch das Land, um sie zu wertvollen Leistungen zu befähigen. Doch anstatt sie nach Botswana zu schicken, um Dämme zu bauen, setzen wir sie in amerikanischen Schulen ein. Hier in Arizona, wo wir aufzeichnen, hat das Bildungsministerium dem HealthCorps einen Zuschuss von 5 Millionen Dollar gewährt, um in 100 Schulen digitale Plattformen aufzubauen, die sich mit dem Gesundheitsproblem befassen, über das ich gerade gesprochen habe.
Das Problem ist im Grunde folgendes: Wir können junge Menschen nicht mehr dazu bringen, Sport zu treiben. Wir können sie nicht mehr dazu bringen, ihre Mathe-Hausaufgaben zu machen. WIr können sie nicht dazu bringen, sich im Unterricht respektvoll zu verhalten. Und warum? Weil sie nicht glauben, dass sie wichtig sind. Denken Sie nur mal über Ihr eigenes Leben, Ihre eigene Kindheit nach.
Jemand hat Ihnen gesagt, dass Ihr Auftreten die Welt verändern würde, dass, wenn Sie Mathematik studieren oder Arzt, Krankenschwester, Bauarbeiter oder Gewerkschafter werden, wenn Sie etwas aus Ihrem Leben machen, die Welt ein besserer Ort sein würde. Wenn man daran nicht glaubt, macht man seine Hausaufgaben in der Schule nicht und wird auch nicht für irgendeinen Sport trainieren, denn warum sollte man sich die Mühe machen? Was wir also vor allem versuchen, ist, junge Menschen dazu zu bringen, sich zunächst einmal „ganz narzisstisch“ auf sich selbst und ihren eigenen Körper zu konzentrieren: „Du kannst gesund sein. Du kannst cool sein. Du kannst in der Zukunft ein besserer Partner oder besserer Mitarbeiter sein. Aber egal was – du bist wichtig. Du kannst großartige, gute Dinge tun. Du kannst genauso gut schreckliche Dinge tun, aber was du tust, ist wichtig. Fang also an, dich auf das zu konzentrieren, was vor dir liegt. Zeig dich im Leben, indem du dich in deiner Schule zeigst.“
Wir sind also dazu da, jungen Menschen Dinge durch die Brille der Gesundheit zu erzählen, die ihnen in der Vergangenheit von ihren Lehrern, ihren Eltern oder einfach von der Gesellschaft im Allgemeinen durch Botschaften vermittelt wurden. Denn Kultur ist eine Ganztags-Strategie. Wenn Sie eine starke Kultur haben, können Sie Schwächen in Ihrer Strategie ausgleichen. Aber wenn Sie keine Kultur haben, wen kümmert es dann, wenn man Ihnen sagt, was Sie tun sollen?
Man kann Kinder kaum effektiver demoralisieren
Jordan B. Peterson: Man vermittelt Schülern heute ja das komplette Gegenteil. Man bringt ihnen bei, nach Gruppen kategorisiert zu werden, und diese Gruppen können Ethnie, Geschlecht, Gender oder was auch immer sein. Sie werden nach Gruppen eingeteilt. Es wird ihnen gesagt, dass sie Spielfiguren einer tyrannischen Gesellschaft sind und dass sie absolut keine Macht haben.
Und den Jungs wird vermittelt, dass, wenn sie überhaupt etwas zu sagen haben, dies nichts anderes als eine Manifestation eines schädlichen Machttriebs ist und dass ihre Spielvorlieben in der Schule völlig falsch sind. Ich glaube, man kann Kinder kaum effektiver demoralisieren. Ich habe vor nicht allzu langer Zeit eine Studie gelesen, aus der hervorging, dass, ich glaube 43 Prozent der amerikanischen Jugendlichen das Gefühl haben, dass sie in ihrem Leben nichts zu melden haben. Das ist ja ein tolles Gefühl, wenn man 18 Jahre alt ist.
Mehmet Oz: Wenn man heutzutage im Rahmen von Gesundheitsprojekten an Schulen geht, stellt man Folgendes fest: Man spricht mit einem 17-Jährigen und sieht, dass der Glanz aus seinen Augen verschwunden ist. Es herrscht nur noch leere Dunkelheit. Die Jugendlichen wissen nicht mehr, was sie denken sollen. Sie werden mit 15 verschiedenen widersprüchlichen Ideologien konfrontiert. Keine davon wird ihnen helfen, die Herausforderung ihres Lebens zu meistern.
Wir hatten früher die gleichen Probleme, als wir in der High School waren. Aber jemand hat uns die Hand gereicht und gesagt: „Jordan, du schaffst das, Mann.“ Egal ob ein Priester in der Kirche oder ein Trainer – aber es gab immer irgendjemanden, der einen unterstützt hat. Das versuchen wir bei HealthCorps zu machen.
Es gibt natürlich noch viele andere Wege, diese Botschaft zu vermitteln, die bislang nicht genutzt werden. Das Wichtigste ist, dass wir uns nicht den Luxus leisten können, uns zurückzulehnen und uns zu fragen, wie es weitergeht und uns über diesen Prozess zu beschweren. Wir müssen ein Ruder in die Hand nehmen und anfangen zu rudern. (…) Die Realität hat epidemisch, wie ein „Gehirnwurm“ von unseren jungen Leuten Besitz ergriffen. Und sie wollen es gar nicht und wissen, dass es falsch ist. Es braucht nicht viel, einen jungen Menschen dazu zu bringen, an sich selbst zu glauben.
Eine Art Gegenkultur
Jordan B. Peterson: Was macht denn HealthCorps genau?
Mehmet Oz: Grundlagen der Gesundheit werden beispielsweise an der Softdrink-Geschichte vermittelt, die ich gerade geschildert habe. Aber wie erreicht man damit Kinder und Jugendliche? Wenn ich ihnen einen Vortrag halte, so wie gerade jetzt, werden sie mir nicht zuhören. Ich bin nicht cool für sie. Ich habe keine Ahnung von ihrer Musik und verstehe auch nicht immer ihre Witze.
Idealerweise geht also jemand, der ihnen altersmäßig nahesteht, zu ihnen und sagt etwas wie: „Hey, hört mal, diese Typen wollen euch ausnutzen, indem sie euch Junkfood verkauft, Essen, das nicht gut für euch ist. Sie wissen, dass es nicht gut für euch ist, aber sie verkaufen es euch, weil sie damit eine Menge Geld verdienen. Lasst Euch also nicht von diesen Typen betrügen.“
So kann man etwas ins Laufen bringen und das Ganze wie eine Art Gegenkultur aufziehen. Jetzt wirkt es irgendwie cool, Junkfood, Vapen und Zigaretten abzulehnen. Wir haben das tatsächlich in randomisierten Studien untersucht. Wir haben tatsächlich Daten erhalten, die zeigen, dass es funktioniert. Junge Menschen wissen, dass es nicht gut ist, Softdrinks zu trinken, und sie trinken mittlerweile auch weniger Softdrinks, vor allem die Frauen.
Dieses Bewusstsein kann die Grundlage dafür sein, dass sie auch im Leben besser abschneiden. Daran arbeiten wir noch. Aber jemand muss ihnen die grundsätzliche Botschaft übermitteln. Ich nutze die Gesundheit als Brechstange, um sie zu öffnen und ihnen die Gedanken zu vermitteln, die sie meiner Meinung nach brauchen, um zu erfahren, wie wertvoll sie sind.
Denn wenn man seinen Körper, das Wertvollste, was einem von seiner Familie mitgegeben wurde, auch als wertvoll ansieht, ist man selbst plötzlich wertvoll. „Meine Güte, ich habe diesen unglaublichen Körper und ich habe all diese Möglichkeiten. Jetzt werde ich anfangen, auf mich zu achten und vielleicht all die Gedanken zu überwinden, die mir im Kopf herumschwirren und die mich in die falsche Richtung geführt haben.“
Davon ausgehend, kann dann mentale Widerstandsfähigkeit entwickelt werden. Eigentlich möchte ich Arbeitskräfte entwickeln. Ich möchte diese jungen Menschen davon überzeugen, dass sie in die amerikanische Kultur eintreten und helfen können. Und wenn sie die geistige Widerstandskraft haben, um zu erkennen, dass sie verändern können, was in ihrem Körper passiert, dann können sie auch die Welt außerhalb ihres Körpers verändern. Wenn sie diese Idee tatsächlich in ihren Köpfen haben, kann man sie nicht mehr aufhalten.
Dies ist ein Auszug aus einem Video von Jordan B. Peterson.
Jordan B. Peterson (* 12. Juni 1962) ist ein kanadischer klinischer Psychologe, Sachbuchautor und emeritierter Professor. In seinen Vorlesungen und Vorträgen vertritt er konservative Positionen und kritisiert insbesondere den Einfluss der Political correctness und die Genderpolitik. Sein 2018 erschienes Buch „12 Rules for Life“ war internationaler Bestseller.
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