112-Peterson: Der richtige Lebensraum des Menschen

Der Mensch sollte die Erde als einen Garten betrachten, den er pflegen, aber nicht ausbeuten sollte.

Das Ausmaß an menschlicher Motivation, Anderen zu helfen, Leiden zu beenden, Krankheiten zu bekämpfen, eine gesunde Lebensweise zu lehren und zu einem längeren Leben zu verhelfen und Dinge so friedlich wie möglich zu gestalten, ist kaum zu unterschätzen. Natürlich kann man zynisch über die Menschen sein und sie als machtorientiert und korrupt bezeichnen. All diese Dinge sind wahr, aber man sollte das Kind nicht mit dem Badewasser ausschütten, denn wir bemühen uns schon seit langer Zeit, die Dinge in Ordnung zu bringen. Das ist uns eigentlich recht gut gelungen für „halb verhungernde, verrückte, von Insekten befallene Schimpansen“ mit einer Lebenserwartung von 50 bis 70 Jahren, sodass wir meiner Meinung nach ein bisschen Mitgefühl mit unserer Lage verdient hätten.

Paradies bedeutet soviel wie „ummauerter Garten“. Es geht zurück auf die Idee, dass Gott Mann und Frau nach der Schöpfung in einen ummauerten Garten brachte.
Die Mauer ist Kultur und Ordnung, und der Garten ist die Natur. Die Idee ist, dass der richtige Lebensraum des Menschen ein Ungleichgewicht zwischen Natur und Kultur ist. Wir Menschen mögen Gärten, weil sie ein wenig zivilisiert sind, innerhalb dieser Zivilisation wird die Natur „ermutigt“ zu gedeihen. Die Menschen finden das erfrischend. Der Gedanke, dass das Paradies ein ummauerter Garten ist, ist gut, und es ist ummauert, weil man Dinge fernhalten will. Ich denke zum Beispiel an Waschbären, die man fernhalten möchte, auch wenn es unmöglich ist. Die Idee, dass das Paradies ein ummauerter Garten ist, ist ein Widerhall der Vorstellung von der Ordnung des Chaos, der Mauerkultur, nicht wahr?

Der richtige Lebensraum für den Menschen ist also ein gut gepflegter Garten. Die linksradikalen, atheistischen Umweltschützer neigen dazu, zu argumentieren, dass der Raubbau des westlichen kapitalistischen Systems eine Folge der Aufforderung Gottes an den Menschen im Buch Genesis ist, die Erde zu beherrschen. Sie glauben, dass diese Aussage zu unserer unangemessenen Annahme geführt hat, dass wir das Recht haben, Kontrolle über die Welt auszuüben. Das ist es, was uns zu diesen schrecklichen räuberischen Monstern gemacht hat, die manchmal als Krebsgeschwüre auf der Erde beschrieben werden, oder als Viren, die das gesamte Ökosystem bevölkern und nichts anderes tun, als überall herumzuwandern und so schnell wie möglich Schaden anzurichten – eine andere Sichtweise auf das wesentliche Element der Menschheit, die ich absolut bedauerlich finde.

Die richtige Balance

Ich meine, wenn man sich die historischen Aufzeichnungen ansieht, wird man feststellen, dass bereits am Ende des 19. Jahrhunderts, 1895, Thomas Huxley, der Großvater von Aldous Huxley und ein großer Verfechter Darwins, für die britische Regierung einen Bericht über die Nachhaltigkeit der Ozeane erstellte und zu dem Schluss kam, dass es unendlich viele Fische gibt. Die Ozeane sind so unerschöpflich, dass, egal wie sehr sich die Menschheit auch anstrengt, die Wahrscheinlichkeit, dass wir mehr als nur eine Delle in die Bestände machen können, gleich null ist. 

Als unsere Kinder aufhörten, mit einer Rate von 60 Prozent zu sterben, bevor sie ein Jahr alt waren – ca. im Jahr 1960 – wachten wir auf und erkannten, dass es so viele von uns gab, dass wir anfangen mussten, darauf zu achten, was wir dem Planeten antaten. Das ist etwa 50 Jahre her, wir haben gerade erst begonnen, die Technologie zu entwickeln, die Mittel, um zu verstehen, dass die ganze Welt als Garten betrachtet werden kann und wir in der richtigen Balance zwischen Kultur und Ordnung oder Kultur und Chaos leben müssen.

Ich stimme dieser Interpretation der ersten Kapitel von Genesis nicht zu und bin nicht der Meinung, dass sie den Menschen das Recht gibt, sich als Super-Raubtiere auf dem Planeten zu betätigen. Ich denke, dass stattdessen die angemessene Umgebung für die Menschen ganz richtig als Garten dargestellt wird und dass die Rolle der Menschen darin besteht, den Garten zu pflegen. Das bedeutet, die richtigen Entscheidungen zu treffen und dafür zu sorgen, dass alles wächst und gedeiht und dass es gut ist für die dortigen Lebewesen. Ich denke, wir können zumindest anmerken, dass das eine etwas andere Sichtweise auf die Geschichte ist als die zynische Interpretation.

Dies ist ein Auszug aus einem Video von Jordan B. Peterson.

 

Jordan B. Peterson (* 12. Juni 1962) ist ein kanadischer klinischer Psychologe, Sachbuchautor und emeritierter Professor. In seinen Vorlesungen und Vorträgen vertritt er konservative Positionen und kritisiert insbesondere den Einfluss der Political correctness und die Genderpolitik. Sein 2018 erschienes Buch 12 Rules for Life war internationaler Bestseller.

Foto: jordanbpeterson.com

Achgut.com ist auch für Sie unerlässlich?
Spenden Sie Ihre Wertschätzung hier!

Hier via Paypal spenden Hier via Direktüberweisung spenden
Leserpost

netiquette:

j.kunze / 09.10.2024

Canada ist leider überhaupt kein gutes Beispiel für Gartenpflege. Rigorose Abholzung ist an der Tagesordnung, zumindest war sie das als ich dort war. Die Erde wird umgewühlt auf der Suche nach Rohstoffen. Herr Peterson könnte ja mal ein Vorzeigeprojekt aus seiner Heimat beschreiben.

Sam Lowry / 09.10.2024

Ich habe damals Bekannten einen wunderschönen Platz an der Mündung Mallendarer Bach -> Rhein gezeigt. Das Erste, was sie dort aus Treibholz bauten, war ein Zaun. Ich dagegen habe mehrere Skulpturen und bewegliche Windspiele gebaut. War mal schön, heute Leergut, Müll, zum Teil zerschlagene Flaschen, war lange nicht mehr dort… bin satt. Ach so, ja. Ein Zelt und eine Luftmatraze, die ich dort aufgestellt hatte, wurde nach wenigen Tage mit Messern zerschnitten…

gerhard giesemann / 09.10.2024

Paradies heiß Obstgarten. Tomaten sind Paradeiser. Drumherum ist ein Zaun. Gegen Elefanten o.ä.

gerhard giesemann / 09.10.2024

Das wird halt schwierig, bei acht Milliarden im Garten ... . Sowas gab es noch nie, sollen sie eben damit zurecht kommen. Der globale Süden soll gefälligst draußen bleiben, Herrgottnochmal. Wann sie es wohl begreifen hier?

Gerd Quallo / 09.10.2024

“...dafür zu sorgen, dass alles wächst und gedeiht und dass es gut ist für die dortigen Lebewesen.” Der Meister der Binsen auf dem Weg zu woker Akzeptanz. Heiliger Bimbam.

Jörg Haerter / 09.10.2024

Der Passus “untertan” kam vor dem Sündenfall, ergo ist dieses untertan machen noch unschuldig, gutgemeint.

S. Martinus / 09.10.2024

(1) In Genesis 2,8 ist vom “Garten in Eden im Osten” die Rede, wobei Eden für eine Landschaft im Euphratgebiet steht (vgl. 2Kö 19,12) und inhaltlich die Bedeutung “Wonne, Lust” hat, nichts von Mauer oder Abgrenzung. In Gen 3,23 f. vertreibt Gott Adam und Eva nach dem Sündenfall mit dem Arbeitsauftrag, den Erdboden zu bearbeiten, aus dem Garten Eden und lässt Engel (Cherumbim) den Zugang zum Baum des Lebens bewachen. Das griechische Wort “paradeisos” (Paradies) kommt im Neuen Testament nur als Bezeichnung des künftigen Ortes der Seligkeit vor (Lk 23,43; 2Kor 12,4; Offb 2,7). Siehe Wikipedia: Das Wort wird auf altpers. “pairi-daēza” (umzäunter Bereich) zurückgeführt – was einen “paradiesischen” Königsgarten meinte. In der Septuaginta, der griech. Übersetzung des hebr. Tanach, wird der Garten Eden entsprechend mit dem Wort Paradies im Sinne von “Gottesgarten” übersetzt, also ein wunderbarer und königlicher Ort. (2) Gottes Schöpfungsauftrag an den Menschen in Gen 1,28 hat mit Ausbeutung, Zerstörung, negativer Machtausübung oder dem Mensch als “Super-Raubtier” gar nichts zu tun und wäre völlig gegensätzlich zum zuvor geschilderten Schöpfungshandeln Gottes. “Sich die Erde untertan zu machen und über sie zu herrschen” bedeutet einen Lebensauftrag plus Übertragung dazu nötiger Autorität und damit auch Verantwortung, ungleich der Pflanzen- und Tierwelt. Es bedeutet, die Erde im positiven Sinn (vollständig) einnehmen und gestalten zu dürfen/sollen, wozu auch Pflege und Fürsorge gehören. Daher wird oft verständlicher von “bebauen und bewahren” gesprochen. (3) Naturschutz und die Freude über Natur und Tierwelt sind schon immer Teil des christlichen Lebens bzw. “täglichen Gottesdienstes”. Die zitierte ökozentristische Sicht beruht auf Falschverständnis der Bibel und ist moderner Götzendienst, da sich der Schöpfung unterwerfend und nicht auf Gott hörend/vertrauend. (4) Die Kindersterblichkeit lag 1950 im Westen unter dem 5. Lebensjahr um die 5 %, weltweit um die 25% (Wikipedia).

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Jordan B. Peterson, Gastautor / 06.11.2024 / 15:55 / 5

112-Peterson: Was hält Psychopathen unter Kontrolle?

Virtualisierung erleichtert Psychopathie und nimmt die ganze Gesellschaft in Mitleidenschaft. Man muss sich fragen, was die Psychopathen in der normalen Bevölkerung unter Kontrolle hält. Die…/ mehr

Jordan B. Peterson, Gastautor / 30.10.2024 / 15:00 / 7

112-Peterson: Die vier Dimensionen der dunklen Persönlichkeit

Das Persönlichkeitsmodell der so genannten  „dunklen Triade“ wurde kürzlich um eine vierte Dimension erweitert. Die Standard-Persönlichkeitsmodelle, die heute unter „Big Five“ bekannt sind (Extrovertiertheit, Neurotizismus,…/ mehr

Jordan B. Peterson, Gastautor / 23.10.2024 / 11:00 / 6

112-Peterson: Alles ist möglich

Sie sind dazu bestimmt, Ordnung und Struktur in Ihr Leben zu bringen. Wenn Sie morgens aufwachen präsentiert sich Ihnen ein Spielfeld unbestimmter Möglichkeiten. Deshalb sind…/ mehr

Jordan B. Peterson, Gastautor / 16.10.2024 / 11:00 / 4

112-Peterson: Störung in der sozialen Kommunikation?

Wie kann man Spannungen in Gesprächen begrenzen und die Ursachen für diese erkennen? Es gibt ein Muster depressiver Selbstwahrnehmung, das man sich als Zusammenbruch einer…/ mehr

Jordan B. Peterson, Gastautor / 02.10.2024 / 10:00 / 5

112-Peterson: Woher wissen Sie, ob es nach Ihrem Willen läuft?

Seien Sie im Gespräch bedacht und versuchen Sie nicht die Wahrheit zu verdrehen. Eine Lüge könnte Ihnen möglicherweise schaden. Es gibt eine wichtige Regel: Streben…/ mehr

Jordan B. Peterson, Gastautor / 25.09.2024 / 11:00 / 14

112-Peterson: Welche Erzählung vereint uns?

Die Voraussetzung für eine Zivilgesellschaft, ist dasselbe Narrativ, dem alle folgen. Wenn man sich einen Film ansieht, erkennt man mit der Zeit das Ziel des…/ mehr

Jordan B. Peterson, Gastautor / 18.09.2024 / 11:00 / 4

112-Peterson: Der Freud’sche Albtraum

Nach dem Säuglingsalter muss die Mutter lernen, ihr Kind schrittweise in die Selbstständigkeit zu entlassen, damit es zu einem eigenständigen Menschen heranwachsen kann. Man kann…/ mehr

Jordan B. Peterson, Gastautor / 11.09.2024 / 11:30 / 15

112-Peterson: Ein religiöses Substrat

Die Frage „Warum tue ich etwas Bestimmtes?“, sollte man sich häufiger stellen. Stellen Sie sich also vor, Sie haben ein Ziel vor Augen. Sie wollen…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com