112-Peterson: Der ewige Kampf zwischen Gut und Böse

Während eines Vortrages wurde mir die folgende Frage gestellt:

„Wenn Sie hundertprozentig sicher wären, dass es kein Leben nach dem Tod gibt – so wie einige Atheisten das ja scheinbar sind – wären Sie dann immer noch fähig, zu predigen, dass das Leben einen positiven Sinn hat?“

Aus meinem Studium der Geschichte des 20. Jahrhundert ergibt sich für mich folgende Überlegung: Selbst wenn man von der zynischsten aller Ideen ausgeht – dass das Leben unerträgliches Leiden sei und deshalb womöglich noch nicht einmal gerechtfertigt ist –, so erscheint es mir trotzdem so, dass wir eine ethische Pflicht haben, dieses Leiden so weit zu beschränken, wie es eben geht.

Und ich denke, ein solches Streben kann auch unabhängig vom transzendenten Kontext als bedeutungsvoll empfunden werden. Trotzdem ist mir nicht klar, wie der transzendente Kontext vollständig von einer solchen Überlegung abgestreift werden kann. Denn dadurch, dass ich viel Zeit damit verbracht habe, mich mit den Ungeheuerlichkeiten zu beschäftigen, zu denen Menschen fähig sind, habe ich das begriffen, was Carl Gustav Jung folgendermaßen ausdrückte:

„Kein Baum, so heißt es, kann in den Himmel wachsen, wenn seine Wurzeln nicht in die Hölle reichen.“

Je tiefer ich mich also in die Verderbtheit des Menschen grub, wuchs proportional dazu mein Empfinden der menschlichen Möglichkeiten. Bis ich schließlich davon überzeugt war, dass das Gute eine größere Kraft als das Böse ist. Obwohl das Böse natürlich eine unglaublich mächtige Kraft ist.

Ich kann also den transzendenten Teil von solchen Überlegungen nicht trennen. Die Frage, welche Auswirkungen das nun auf die Ewigkeit oder ein Leben danach hat, ist noch einmal etwas ganz anderes. Und ich kann nichts Qualifiziertes dazu sagen. Außer vielleicht, dass es viele Aspekte des Seins gibt, die wir noch nicht einmal ansatzweise verstehen. Wir verstehen weder die Natur des Bewusstseins noch die Natur der Zeit. Ich glaube aber trotzdem, dass das Leben auch ohne ein Leben nach dem Tod bedeutungsvoll sein kann.

Dies ist ein Auszug aus einem Vortrag von Jordan B. Peterson. Hier geht's zum Auszug.

Foto: jordanbpeterson.com

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Joerg Haerter / 09.09.2020

Ohne eine übergeordnete Instanz, nennen wir sie mal Gott, kann der Mensch tun und lassen, was ihm gefällt. Wenn er sich aber am Lebensende verantworten muss, sieht die Sache schon anders aus. Und, ich glaube nicht an Zufälle, allles soll zufällig existieren und zufällig penibel getimed sein? Das Gewissen ist zufällig da, die natürlchen Ordnungen, die Bahn der Gestirne, die atomare Ordung? Wer das glaubt, hat einen wesentlich grösseren Glauben als jeder Gläubige. Es gibt nur einen wesentlichen Grund, nicht zu glauben, man duldet niemanden über sich, der sagt, was gut oder schlecht ist und der am Ende Richter ist. Der Mensch in seiner Hybris hält sich für das Grösste im Universum. spätestens in 50 Jahren wissen wir es genau.

Bernd Klingemann / 09.09.2020

Ich suche nicht nach einem Sinn im Leben. Das Leben hat den Zweck, sich selbst zu erhalten. Lebewesen haben den Zweck, sich fortzupflanzen. That’s it. Aggressionen sollen Feinde aufhalten, um sich selbst zu erhalten. Diese Aggressionen kann man natürlich auch anderweitig einsetzen. Ziel ist dann, sich selbst nicht nur zu erhalten, sondern auch stärker zu machen. Darauf läuft alles hinaus. Und wenn ich etwas Gutes für andere tue, dann immer auch für mich selbst.

Thomas Schmied / 09.09.2020

Darf ich mir erlauben, einen Buchtip für den Autor und vielleicht den einen oder anderen Leser hier loszuwerden, der einen guten Einblick in katholisches Denken im Zusammenhang mit der heutigen Zeit gibt? Es ist “Die Benedikt-Option” von Rod Dreher. Das Buch ist zwar für amerikanische Katholiken geschrieben, ist aber auch für europäische Katholen und gerade auch für Atheisten in jedem Fall eine Erweiterung des Horizonts. Es behandelt auch gesellschaftliche Aspekte, die im Mainstream kaum oder nicht vorkommen, obwohl sie immer relevanter werden. Das Buch wurde in den USA viel diskutiert, in Europa leider nicht.

Thomas Schmied / 09.09.2020

Ethik, Gewissen kann man nicht rechtfertigen, ohne den transzendenten Bereich zu betreten. Dass es etwas wie “das Böse” geben muß, damit hat sich Eugen Sorg in seinem Buch “Die Lust am Bösen: Warum Gewalt nicht heilbar ist” ja schon sehr einleuchtend beschäftigt. Das Buch wurde damals hier bei der Achse besprochen und ich habe es daraufhin gelesen. Das Gefühl für Gut und Böse ist ein Grundgefühl, das in allen gesunden Menschen vorhanden ist. Es stimmt auch nicht, dass ein verblendeter Ideologe, wenn er zunächst geistig gesund ist, sich problemlos über dieses Grundgefühl hinwegsetzen kann. Es ist wahr, dass Islamismus, die Spielarten des Sozialismus und andere “Ismen” dafür sorgen können, dass man das Böse als gut empfindet. Doch da ist immer noch eine unangenehme Schwelle, die überwunden werden muß, wenn man Böses tun will. Wenn Sie, Herr Peterson, also eine “ethische Pflicht” daraus ableiten, “dieses Leiden so weit zu beschränken, wie es eben geht”, dann kommt das nicht aus der Natur, sondern aus Ihrem gesunden inneren Gefühl als Mensch. Das ist transzendent, so sehr Sie sich auch dagegen wehren mögen. Wenn Sie gar schon davon überzeugt sind, “dass das Gute eine größere Kraft als das Böse ist”, dann sind Sie sogar schon auf dem besten katholischen Weg. Aus dieser Erkenntnis heraus leiten sich nämlich weitere Dinge ab. Zum Beispiel eine bestimmte, letztliche Konsequenz aus dem eigenen Handeln, was ein Leben nach dem Tod impliziert. Das ist natürlich Theologie, nicht Naturwissenschaft. Auch wenn man sich als Achse-Autor natürlich dagagen wehren muß, irgendwie religiös zu sein, lohnt es sich zumindest, sich mit christlicher Theoligie und Kulturgeschichte mal ansatzweise auseinanderzusetzen. Modernes Christentum und Aufklärung schließen sich nicht aus. Wenn man darüber zum Glauben kommt, muß man das ja nicht verraten.

Karl Eduard / 09.09.2020

Ich kann damit nichts anfangen. Aber nehmen wir mal an, es gibt das GUTE und das BÖSE. Hat es dann nicht derselbe geschaffen? Und was für den Islamisten gut ist, weil er einen den Kopf abschneidet und dadurch seinem Himmelreich näher kommt, ist für den, der den Kopf verliert, natürlich böse. Das Aufhängen von Saddam war aus der Sicht der USA natürlich gut, für Saddam war das schlecht. Als in der Jelzin Ära die Ausbeutung der Bodenschätze Rußlands durch ausländische Firmen erfolgte und Rußland keinen Cent vom Ertrag erhielt,  war das für die aktionäre der Firmen gut, für Rußland schlecht. Als Putin das änderte, war das für die Russen gut, für die Investoren schlecht. Also was Gut und Böse ist, ist nicht universell. Die Azteken fanden es gut, die Nachbarstämme zu überfallen und ihren Göttern zu opfern. Die Spanier hielten das für ein Übel. Wir heute, halten das Verbrennen durch die spanische Heilige Inquisition für das Ungute. “Unsere” Maßstäbe gelten aber nur da, wo wir das Recht schaffen und dieses durchsetzen. Und unsere Maßstäbe sind sehr subjektiv. Überall auf der Welt wird das anders gesehen.

Ulla Schneider / 09.09.2020

Oder anders gesagt, der Mensch ist in der Lage, das Schlechteste und das Beste zu tun. Der Antrieb ist stets die innere Energie oder die von Freud genannten Erklärungen.  WIchtig dabei ist, dem Leben einen Sinn zu geben, der Antrieb schlechthin. Ich bin nicht überzeugt, dass es Mitmenschen gibt, die an nichts glauben. Das widerspricht unserem Denkvermögen, da wir ständig auf der Suche nach der Heimat sind. Sonst würden Sie sich diese Gedanken nicht machen.

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