112-Peterson: Herrscher sind keine Götter

Wenn man Herrschaft mit dem aktuellen Herrscher verwechselt, wird die entsprechende Gesellschaft automatisch in einen totalitären Staat verandelt.

Man kann Gott als ein abstrahiertes Ideal betrachten, das größtenteils formuliert wurde, um dieses Ideal von jeder konkreten Inkarnation, also jedem Menschen oder Herrscher abzugrenzen. Dem liegt die Idee zugrunde, dass, wenn der Herrscher zum Ideal wird, sich der Staat ins biblische Ägypten, eine Tyrannei, verwandelt.

Dem Alten Testament liegt also eine bahnbrechende Idee zugrunde, bei der ich mich wirklich frage, wie lange es wohl dauerte, bis jemand darauf kam: Wenn man Herrschaft mit dem aktuellen Herrscher verwechselt, wird die entsprechende Gesellschaft automatisch in einen totalitären Staat und in Stein verwandelt. Und dies ist tödlich, denn dann sind die Bewohner Sklaven, und das Ganze ist von vornherein zum Scheitern veurteilt, egal wie groß und grandios es ist. Sobald der Herrscher zur konkreten Inkarnation des Ideals wurde, also kein Unterschied zwischem dem Menschen und der göttlichen Vorstellung des Ideals mehr herrschte, war die Gesellschaft verdammt.

Ich glaube, dies ist mehr als wahr, im 20. Jahrhundert gab es mehr als genug Beweise dafür. Und momentan erleben wir, wie sich das Gleiche wiederholt. Wenn der Herrscher zum Ideal wird, verwandelt sich der Staat in das biblische Ägypten. Und das biblische Ägypten ist die archetypische Tyrannei.

 

Dies ist ein Auszug aus einem Vortrag von Jordan B. Peterson. Hier geht's zum Auszug und hier zum gesamten Vortrag.

Foto: Gage Skidmore CC BY-SA 2.0 via Wikimedia Commons

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Marta Geist / 02.11.2022

Möchte hierzu Navid Kermani *zitieren : “...Unsere Welterfahrung ist nun einmal paradox und widersprüchlich. Und die heiligen Schriften decken die ganze Bandbreite der menschlichen Erfahrung ab. Dabei geht es nicht immer nur um Trost. Auch die Anklage Gottes ist eine Form der Beziehung, ebenso wie die Dankbarkeit. Manchmal blitzt in der Verzückung oder in der Hingabe eine Ordnung auf, ein Wahrnehmen von Gelingen. Danach suchen wir.  Aber in dem Moment, wo wir diese Erfahrung übertragen in eine diskursive Sprache oder in Theologie , wird es falsch ...” (* Publik Forum 19/22 - das heißt jetzt aber nicht, dass ich für diese Zeitschrift Werbung machen wöllte ! auch wenn mir Kermani hier sehr aus dem Herzen spricht.)  Der Mensch, das BEZOGENE , reflektierende Wesen , braucht sein Gegenüber, will/muss nach der Transzendenz fragen, sobald er sich seiner selbst und seiner Begrenztheit und Endlichkeit bewußt ist.  “Ich komm, weiß nit, woher / ich bin und weiß nit, wer / ich leb, weiß nit, wie lang / ich sterb, und weiß nit, wann / ich geh, weiß nit, wohin / mich wundert`s, dass ich fröhlich bin.”

Dirk Weidner / 02.11.2022

“Sobald der Herrscher zur konkreten Inkarnation des Ideals wurde, also kein Unterschied zwischen dem Menschen und der göttlichen Vorstellung des Ideals mehr herrschte, war die Gesellschaft verdammt.” Warum nur muss ich bei diesem Satz an die medial(ÖRR!!! et al.)/politisch(parteiübergreifend)/gesellschaftlich(der ganzer Rest) verherrlichte, glorifizierte, vergötterte Mutti namens Angela M. denken?

Stephan Bender / 02.11.2022

“Herrscher sind keine Götter.”—- Bei allem Respekt, aber das kann Jordan Peterson nicht einfach so behaupten: Er kennt mich doch gar nicht!

Fred Burig / 02.11.2022

„Göttliche Herrscher“ gab und gibt es ja schon immer auf der Welt. In der römisch- katholischen Kirche verehrt man heute noch den Papst quasi als “Stellvertreter Christi” auf Erden. Einem “irdischen Frommen” - ohne es zu hinterfragen - eine solche Ehre angedeihen zu lassen, kommt mir schon etwas „anmaßend“ vor. Da halte ich es eher mit der evangelischen Kirche, die ist “etwas” anspruchsloser! MfG

A. Ostrovsky / 02.11.2022

Absolute Zustimmung. Wenn das der Sinn der Religion ist, dass die Menschen das erkennen, dann haben die konkreten Inkarnationen der Religion allesamt dieses Ziel meilenweit verfehlt. Das zweite Gebot “Du sollst Dir kein Bild machen” wurde aus dem Neuen Testament getilgt, letztendlich durch den, der das Christentum zur römischen Staatsreligion erhoben hat. Das Erste Konzil von Nicäa, von Konstantin einberufen, hat dem Christentum das Genick gebrochen. Es hat die Christen gespalten, hat zur Christenverfolgung im nördlichen Afrika geführt und damit dem Islam im Maghreb und in Ägypten das Feld frei geräumt. Konstantin war selbst kein Christ, er war Anhänger der Sonnenreligion und triefte vor Personenkult. Deshalb feiern die Christen den Sonntag und nicht den Samstag. Das Christentum ist entkernt, in der Folge entstand eine Macht der Päpste und ihrer Mätressen, die an Gewalt und Menschenverachtung ihresgleichen sucht. Die Päpste in der Mehrheit, verstanden sich jeweils als Pharao, als von Gott gesandt. Satan wollte selbst sein, wie Gott. Deshalb hat Gott ihn aus den Himmeln auf die Erde geworfen. Satan, die alte Schlange kann kein Leben schaffen, deshalb will er es besitzen, beherrschen, zuerstören. Auf dem Petersplatz steht ein alt-ägyptischer Obelisk und nicht nur dort! Und ja, überall dort, wo das Bild oder Denkmal eines Herrschers angebetet wird, herrscht Tyrannei, ohne jede Ausnahme. Aber nicht nur dort!

sybille eden / 02.11.2022

Thomas SZABO, - für mich sind die 10 Gebote ein realistisches Ideal, auch wenn von eher abstrakten Figuren erschaffen . Selbst wenn sie von einem GOTT höchst persönlich geschrieben worden wären, haben sie sich ” materialisiert” und sind reale ethische Normen für eine reale Zivilisation, nämlich der unsrigen. Oder ?

Arne Ausländer / 02.11.2022

Korrektur: Es sollte natürlich heißen: “Den Irrweg der Vergöttlichung von Herschern und Herrschaft…” Und in der letzten Zeilen fehlt den Böswilligen ein “s” - wie böse von mir! - Ich nutze die Gelegenheit, das mit der wahren Führung, die sich täglich beweist, etwas näher zu erklären. Man nehme eine Wandergruppe. Ohne bestellten Führer wird der / werden die die Führung übernehmen, die das am besten können. Bei Versagen verlieren die umgehend diese Führungsposition, die andern versuchen, es selber besser zu machen. Auch kann die Gruppe jederzeit den vorgegebenen Plan abwandeln. Bei formal festgelegtem Führer dagegen muß sich die Gruppe auf Gedeih und Verderb dieser Führung überlassen. Der Vergleich hinkt insofern, als daß wenig Motivation für beständig schlechte organisierte Wanderführung vorstellbar ist. Aber schon in der Wirtschaft gibt es manchen Fall der Verdrängung besserer Erzeugnisse durch organisierte manipulative Marktmacht. Und in Politik und Verwaltung dürfte die organisierte Solidarität der Unfähigen mittels der formalen Machtstrukturen wohl schon jedem begegnet sein. Die Alternative dazu ist freilich nicht so leicht zu beschreiben wie in dem Beispiel der Wandergruppe, die sich auch selber zurechtfindet.

Jochen Lindt / 02.11.2022

Das Argument des Autors ist nicht stimmig, denn der Erfinder des Monotheismus war ägyptischer Pharao. Amenophis IV, genannt Echnaton um genau zu sein. Er betrachtete sich selbst nicht mehr als Gott, sondern als Vertreter von Aton (~Sonnengott). Allerdings war die Zeit (bzw die Menschheit) noch nicht reif dafür, denn nach seinem Tode wurde seine Hauptstadt geschleift, sein Name getilgt, seine Religion verboten.  Dass sie später als jüdischer Monotheismus (wieder) erfunden wurde, kann man getrost verwerfen, zu groß sind zeitliche und örtliche Übereinstimmung des Gottes im AT mit dem Aton des Amenophis.

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