112-Peterson: Das Problem am Aktivismus

Ich frage mich, ob Aktivismus nicht grundsätzlich schlecht ist. Natürlich ist es offensichtlich, dass man Institutionen überwachen muss und diese manchmal Kritik oder Reformen vertragen können. Institutionen verknöchern und können korrumpiert werden. Darauf sollten alle ein Auge haben, und gegebenenfalls werden bestimmte Schritte dagegen moralisch notwendig.

Doch das Problem am Aktivismus ist, dass er quasi immer auf der Idee beruht, dass man selber recht hat, moralisch überlegen ist und diejenigen, die falsch liegen, ausfindig gemacht hat. Für mich ist eine solche Einstellung nur noch einen Schritt von einem wütenden Mob entfernt, der ausströmt, um zu bestrafen.

Ein Aspekt, der mich in dieser Ansicht bestärkt und sehr beschämt, ist, dass Universitäten sehr gut darin sind, jungen Leuten beizubringen, dass es toll wäre, ein Aktivist zu sein. Davon bin ich ganz und gar nicht überzeugt. Ich halte Aktivismus vielmehr für Pseudo-Verantwortlichkeit. Vor allem, weil er stets mit einem sehr einfachen Erklärungsmodell dafür daherkommt, wer der Feind ist.

Dies ist ein Ausschnitt aus einem Gespräch von Jordan B. Peterson mit Claire Lehmann, der Gründerin von Quillette. Hier geht's zum gesamten Gespräch.

Foto: jordanbpeterson.com

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Werner Arning / 13.04.2022

Wenn beispielsweise unsere Medien eine Protestaktion befürworten und wohlwollend begleiten, dann handelt es sich bei den Protestierenden, nach Auskunft der Medien, um Aktivisten. Nicht wohlwollend Begleitete werden anders genannt. Meistens bedient man sich dann aus der Wörterkiste des Geschichtsunterrichts, als das Thema Nationalsozialismus behandelt worden ist. Die Bezeichnung „Aktivist“ ist dagegen positiv besetzt und nur für diejenigen reserviert, die den linksgrünen Journalisten genehm sind. Und so wie die Medien beurteilen natürlich auch Politiker unsere Aktivisten in der Regel positiv. Einige lassen sich sogar mit diesen ablichten. Doch ganz so offensichtlich soll es natürlich nicht sein, dass Aktivisten mehr oder weniger Auftragsprotestierer jeder links gerichteten (deutschen) Regierung sind. Sie haben die Aufgabe, die Vorhaben der Regierung voranzutreiben, diesen Vorhaben eine Stimme aus dem Volk zu verleihen. Es soll der Eindruck entstehen, als treibe dieser Teil der Bevölkerung die Regierung vor sich her, als antworte diese nur halb widerwillig auf das Drängen der jungen, an das Gute glaubenden Aktivisten. Ein Aktivist ist sozusagen ein externer Mitarbeiter der Regierung und der mit dieser verbündeten Presse. Der Aktivist ist zuständig für aufregende Bilder. Er fordert von der Regierung ein, was diese ohnehin plant. Damit soll Druck gemacht werden. Nicht etwa auf die Regierung (denn die braucht den Druck ja gar nicht), sondern auf die Zweifler, auf die Zögerlichen, die Desinteressierten und auf die Opposition (falls es eine gibt). Die Aktivisten und NGO-Mitarbeiter stellen ein wichtiges Glied der Regierungspolitik dar. Sie dienen als Rechtfertigung für Regierungshandeln und als Vorbild für die Passiven. Linke Lehrer und Universitätsprofessoren dürften ihre Schützlinge animieren, es diesen Vorbildern gleichzutun. Es geht schließlich um den Kampf für das Gute, etwa um „Klimamaßnahmen“. Im Gegensatz zu früheren Zeiten ist „Rebellentum“ erwünscht.

Arne Ausländer / 13.04.2022

Offensichtlich ist AktivISMUS immer eine Instrumentalisierung idealistischer Menschen, aufgefüllt durch solche, die sich aus rein materiellen Gründen beteiligen. Was aber soll diese Kritik hier in diesem Kontext, oder auch im Original bei Peterson? Es erwartet doch wohl niemand, daß z.B. FFF-Jünger solche Texte lesen und anfangen nachzudenken. Wollen wir aber uns gegen staatliche Übergriffigkeit und die Aktionen der willigen Helfer verteidigen, dann müssen ja auch wir irgendwie aktiv werden, uns auch irgendwie organisieren. Das ist schwierig genug. Wenn Peterson vor Fehlern warnt, die man dabei machen könnte, mag das ja hilfreich sein. Oder bremst er nicht eher bei der Gegenwehr? Könnte nicht auch der kanadische Truckerprotest vom Februar als Aktivismus gesehen werden? Sollte man etwa auch solches lieber bleiben lassen? Ich weiß - nicht nur deshalb - nicht, ob ich Peterson trauen soll. Zu lange war er selber Teil der “Global Shapers”. Selbst wenn jetzt seine Distanzierung von diesen Manipulateuren der Menschheit echt sein sollte - wurde er nicht allzu sehr von deren Denken geprägt? Erreichen denn seine kritische Gedanken diese Kreise, die doch zu allererst gemeint sein müßten?

Hans Meier / 13.04.2022

Interessante Gedanken zum Aktivismus, wenn dieser von dem Bereich der Universitäten ausgeht, die sich weit in Theorien versteigen. Es existieren ja auch die anderen universitären Bereiche, in denen über so viele Generationen, in der konservativen Tradition, nützliche Wissenschaften bestehen, die unsere Zivilisation, unsere Industrialisierung und eine freundliche Kultur stabilisieren. Eventuell hat Herr Petersen mit einer Problematik zu tun, die durch eine stark beschleunigte Entwicklung, in nur 8 Generationen in Nordamerika, entstanden ist. In sich gefestigte traditionelle, alte Kulturen sehen die Phasen ihrer Geschichte. Wahrscheinlich sind sie viel weniger anfällig, aufgeregten Aktivisten in einer Campus-Komfort-Stimmung, mit Radau und Gewalt die Politik zu inspirieren, auf alle Intelligenz zu verzichten. Das was als sehr modern daherkommt, hat ja nicht automatisch einen sehr hohen IQ. Viel öfter ist das Gegenteil der sichtbare Fall, der Aktivisten in ihrer Eitelkeit auf die Bühnen führt, um in den Medien, als ihren Spiegeln, beleuchtet und belichtet, ihre Hohlheit zu kaschieren. Da sind mir die Aktivisten lieber die z. B. Rennrad fahren, soweit wie`s nur geht, statt an Universitäten, verbissen aktivistische Diskussions-Runden zu drehen.

giesemann gerhard / 13.04.2022

Neige zu Passivismus. Soll es sich das schnatterfräßige Pack doch selber machen.

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