Manfred Haferburg / 20.10.2024 / 15:56 / Foto: Matias Garabedian / 48 / Seite ausdrucken

Zehn Millionen Kubaner immer noch im Blackout ohne Strom

Havanna ist dunkel. Es steht in den Sternen, wann es den Energieversorgern gelingt, das Netz wieder aufzubauen. Die Schulen sind geschlossen, die Fabriken auch. Es funktionieren keine Ampeln, es gibt kein Benzin. Die Klimaanlagen sind aus. Niemand weiß, wie es in den Krankenhäusern aussieht.

Fachleute haben seit Jahren gewarnt und wurden nicht ernstgenommen. Kuba hat nicht nur marode Kraftwerke, sondern auch ein marodes Netz und leidet unter einem akuten Brennstoffmangel. Die Anzeichen waren unübersehbar, fast täglich rollende Brownouts, zu Deutsch lokale Stromsperren. Nur Havanna war weitgehend ausgenommen. Die ohnehin schwache Industrieproduktion musste regelmäßig wegen Strommangels abgeschaltet werden. Die Kubaner sind also Kummer gewöhnt. 

Wie in jedem korrupten System leidet die kubanische Infrastruktur unter der Unfähigkeit und Vernachlässigung durch die staatlichen Stellen. Das Netz ist unterdimensioniert und   störungsanfällig. Die paar ölgefeuerten Kraftwerke sind seit Jahren nicht mehr instandgehalten worden. Nur die notdürftigen Reparaturen wurden gemacht. In den 80iger Jahren wurde in Kuba damit begonnen, ein russisches Kernkraftwerk zu bauen, man kam aber über ein paar Betonhüllen nicht hinaus – Gott sei Dank, muss ich als Sicherheitsfachmann sagen. Seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion bleiben auch die Öllieferungen aus, Venezuela kann oder will auch nicht mehr helfen, da in dem ölreichen Land selber Knappheit herrscht.

Castro hatte einige große Dieselgeneratoren gekauft und in eine Art dezentrales Netz eingebunden. Auch wohlhabende Kubaner haben ein paar Notstromaggregate. Aber die ständig steigenden Energiepreise führten nach dem Ausbleiben der Kuba-Touristen zur Dieselknappheit und dazu, dass sich Kuba eine dieselgetriebene Stromerzeugung nicht mehr leisten kann. Dies trifft auch auf ein paar türkische Schiffe zu, die als Stromerzeuger an der Küste der Insel verankert sind. Besserung ist nicht in Sicht. Die Regierung schob die Schuld für die jämmerliche Mangelwirtschaft Kubas stets den Amerikanern und ihrer 50 Jahre währenden Sanktionspolitik in die Schuhe. Als könnte Kuba nicht mit allen möglichen Ländern Handel treiben, die sich nicht vor US-Sanktionen fürchten müssen. 

Drei Versuche gescheitert das Netz wieder in Betrieb zu nehmen

Stromsperren sind in Kuba etwas Normales. Aber was am Freitagmittag auf der Insel geschah, hat eine neue Qualität. Die Netzbetreiber konnten einen Kraftwerksausfall nicht schnell genug ausregeln und es kam zum gefürchteten total Zusammenbruch des Netzes, einem inselweiten Blackout. Wenn das Netz zusammenbricht, schalten sich nicht nur alle Verbraucher, sondern auch alle Kraftwerke ab. Alle 10 Millionen Kubaner sind seither ohne Strom. Es steht in den Sternen, wann es den Energieversorgern gelingt, das Netz wieder aufzubauen. Nunmehr sind drei Versuche gescheitert, das Kubanische Netz nach dem Blackout wieder in Betrieb zu nehmen. Die Lichter flackerten kurz auf und dann wurde es wieder stockfinster.

Um bei einem Blackout das Netz wieder „aufzubauen“, benötigt man „schwarzstartfähige“ Kraftwerke. Wenn Ihre Auto-Starterbatterie leer ist, dann lässt sich der Wagen auch nicht so einfach starten – ein Kraftwerk aber kann man nicht mal anschieben. Zum Anfahren eines Kraftwerks wird eine Menge Strom benötigt. Es müssen viele Pumpen betrieben werden, große Armaturen müssen betätigt werden, Messinstrumente müssen funktionieren. Bei einem 800 MW Block kann der Strombedarf durchaus 30 Megawatt betragen. Ein normaler Schiffsdiesel hat ein paar Megawatt, da braucht es eher eine kleinere Gasturbine. Die muss der Netzbetreiber dann mit dem Kraftwerk verbinden, das danach Strom zum Anfahren hat. Nach dem Start des ersten Großkraftwerkes muss das Netz durch langsames Zuschalten von Gebieten im Einklang mit dem Zuschalten von Stromerzeugern aufgebaut werden, immer schön im Gleichgewicht von Erzeugung und Verbrauch. Ein schwieriger Vorgang, der also in Kuba jetzt schon dreimal fehlgeschlagen ist.

Die viel dramatischere Seite ist allerdings ein völlig lahmgelegtes Land und seine darbende Bevölkerung ohne Strom. Es dringt wenig Information nach Außen und bis zu uns. Die Handyakkus der wenigen Blogger sind leer, das Telefonnetz tot, berichtet Reuters. Die Schulen sind geschlossen, die Fabriken auch. Es funktionieren keine Ampeln, es gibt kein Benzin. Die Klimaanlagen sind aus. Havanna ist dunkel. Die meisten Läden, die kein Notstromaggregat haben, sind geschlossen. Ein paar Läden verteilen die gekühlten Lebensmittel an die Bevölkerung , damit sie nicht sinnlos verderben. Die Leute versuchen, ihre Kühlschranktüren so wenig wie möglich zu öffnen, damit das bisschen, was sie haben nicht gleich verdirbt. Es ist davon auszugehen, dass auch die Wasserversorgung nicht mehr funktioniert.

Der Blackout trifft die Kinder und die Alten am schlimmsten

Niemand weiß, wie es in den Krankenhäusern aussieht, insbesondere auf dem Land. Haben die funktionierende Notstromaggregate und immer noch Treibstoff? Der Blackout trifft die Kinder und die Alten am schlimmsten. Der Blackout trifft ein armes Land und seine Menschen hart. Es war vorher schon nicht sehr lustig im kommunistischen Kuba. Nicht umsonst ist jeder Zehnte Kubaner in den letzten 10 Jahren aus dem Land geflohen, insgesamt eine Million. Wo die Kommunisten hinkommen, flüchten die Menschen. Und nach den letzten Hungerprotesten vor einigen Monaten sitzen noch viele Kubaner in den Gefängnissen.

Dieser Bericht ist zugegebenermaßen unvollständig und womöglich ungenau. Er berichtet solche Informationen, die der Autor bei einem internationalen Internetscreening zum Thema zusammentragen konnte. Hier ein Beispiel. Die deutschen Medien halten sich mit dem Berichten über den Blackout in Kuba auffällig zurück. Kuba selbst geizt mit Information. Den journalistischen Vogel hat gestern der französische Fernsehsender TF1 abgeschossen. Da verkündete die Nachrichtensprecherin, dass laut Kubas Prime Minister Manuel Marrero das Wetter (einer der Hauptfeinde des Sozialismus) und Donald Trump schuld am Blackout in Kuba sind.

Wenn die Energiewende weiter so kopflos vorangetrieben werden sollte, schlittern wir langsam, aber sicher, in Kubanische Verhältnisse. Ich ahne dunkel, wen Herr Habeck dann als Schuldigen identifizieren wird, wenn – was Gott verhüten möge – ein Blackout Deutschland oder ganz Europa heimsucht.

Manfred Haferburg wurde 1948 in Querfurt geboren. Er studierte an der TU Dresden Kernenergetik und machte eine Blitzkarriere im damalig größten AKW der DDR in Greifswald. Wegen des frechen Absingens von Biermannliedern sowie einiger unbedachter Äußerungen beim Karneval wurde er zum feindlich-negativen Element der DDR ernannt und verbrachte folgerichtig einige Zeit unter der Obhut der Stasi in Hohenschönhausen. Nach der Wende kümmerte er sich für eine internationale Organisation um die Sicherheitskultur von Atomkraftwerken weltweit und hat so viele AKWs von innen gesehen wie kaum ein anderer. Im KUUUK-Verlag veröffentlichte er seinen auf Tatsachen beruhenden Roman „Wohn-Haft“ mit einem Vorwort von Wolf Biermann.

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Leserpost

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S. Malm / 20.10.2024

Vom Sozialismus lernen heißt siegen lernen!

gerhard giesemann / 20.10.2024

Eviva el socialismo tropical!

Frrd Berger / 20.10.2024

Bei aller Kritik an unseren Dilettanten sollten wir dennoch nicht die Entwicklung in Kuba auf Deutschland projizieren. Wohlstand, Bildung, individuelle Vorsorge, geografische Lage und was weiß ich noch alles sind grundverschieden.  Lieber einen Artikel über die Stromsituation in Deutschland oder Europa bitte als aus der Karibik.

hans kloss / 20.10.2024

@Walter Elfer - richtig.  Schaut man die andere Länder in Amerikas, dann sieht man, dass mindestens Mittel Amerika stets durch US Militär besucht wurde, wenn man es wagte eigene Ideen zu entwickeln. USMC Gen. Smedley D. Butler hat sogar ein Buch darüber geschrieben und er musste ja wissen, da er den großen Teil dieser Interventionen als Offizier in USMC selbst ausgeführt hat. Nimmt man die Kriege letzte 100 oder 1050 Jahre die USA geführt haben, wird man Probleme haben, wie man US als Freiheit liebendes Land bezeichnen kann. Egal wo man “hilft”, bleiben da sehr oft Bergen von Leichen (in Irak 1.4m) und kaputte Länder, deren Entwicklung man mit allen Mitteln hindert. Kuba hat nur das Pech direkt nebenan zu liegen. Ich bin da kein Fan von Sozialismus aber den Chaos die US Interventionen oft verursachen, ist kaum zu übersehen.  Ob das jetzt ein Absicht war? Vlt nicht nur wenn man schon Soldaten schickt oder die Länder in den Untergang sanktioniert, dann übernimmt man auch die Verantwortung.

R. Matzen / 20.10.2024

Die Krankenhäuser? Es wird Tote geben. Viele Tote. Bei uns in Deutschland auch. Nach fünf Tagen fängt bei uns das Sterben an. In den Krankenhäusern und Fahrstühlen zuerst. Dann durch Kriminalität, die das Licht scheut und bei Nacht kommt. Ich finde, Herr Haferburg sollte die Situation auf Kuba weiter genau beobachten und berichten. Dann wissen wenigstens wir schon einmal, was uns blüht.

Gert Friederichs / 20.10.2024

Das Ganze ist nur eine Aktion der NGO “Pro Bargeld”! Die Kubanistas können sich für dreckige, heruntergekommene Papierlappen wohl noch das Nötigste kaufen. Wenn so ein Blackout bei uns eintritt, gibt es nix mehr im Supermarkt, nur noch der Snipremarkt ist für entsprechend ausgerüstete Kämpfer offen. ALDI, LIDL & Co. werden in kürzester Zeit von potenten Strategen ausgeräumt, aber dann ist Ende Gelände. Nix mehr mit Nachschub. Dann gehen kluge Hungernde rum und schauen auf die Dächer! Wenn da so schwarze schräge Flächen erkennbar sind, nix wie hin, da ist die Kühl-Gefrierkombi noch voll und frostig. Viel Spaß dabei! Und fleißig weiter mit dem Plastikzeugs zahlen!

Elizabeth Bennett / 20.10.2024

Wohlstand des Weniger, wind und Sonnenschein als conditio sine qua non für Wäschewaschen, Produktion, Auto-Aufladen und OPs im Krankenhaus, und Grundrechte nur bei Wohlverhalten, ansonsten ein Leben bäck tu ze fjutschor anno 1978 - das ist doch das, was hinten bei der grünrotgelben Ampelpolitik (sekundiert von der Coronademagogischen Union) letztlich hinten rauskommt?! Cuba no libre, sozusagen. Haben hierzulande immerhin 87 Prozent gewählt. Denn Blau ist ja Nazi, so der Running Gag der Anständigen und Vernünftigen, die die Opposition am liebsten verbieten würden, wenn sie denn könnten, tolerant und demokratisch und integer, wie sie alle sind.

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