Manfred Haferburg / 09.01.2022 / 13:00 / Foto: Eugène Delacroix / 79 / Seite ausdrucken

100.000 demonstrieren gegen das Corona-Regime

In Frankreich gingen gestern mehr als 100.000 Menschen gegen die Corona-Politik auf die Straße. Die drastischen Äußerungen von Emmanuel Macron bringen für viele das Fass zum überlaufen. Er muss um seine Wiederwahl im Frühjahr bangen.

Offenbar verstehen deutsche Journalisten kein Französisch mehr. Sonst hätten sie wenigstens ein paar kleine Meldungen darüber verbreitet, dass am Samstag in Frankreich trotz strömenden Regens mehr als 100.000 Demonstranten gegen den Impfpass und die spalterische Gossensprache ihres Präsidenten Macron auf die Straße gingen. In Paris, Montpellier, Toulouse und Lyon versammelten sich Impfpassgegner, um gegen die jüngsten Entscheidungen der Regierung zu protestieren Damit endete eine Woche, in der Emmanuel Macron angekündigt hatte, er wolle Ungeimpfte "anscheißen", und der Senat sich ab Montag mit dem Gesetzentwurf zur Einführung eines Impfpasses befassen wird.

In Paris wurden von der Polizei mehr als 18.000 Demonstrationen gezählt. Ab 14 Uhr versammelten sich einige tausend Menschen nach einem Aufruf von Florian Philippot (Les Patriotes) auf dem Place du Palais-Royal, um in Richtung Place Vauban zu ziehen. Philippot erklärte, er erwarte, dass „die Regierung aufgibt, dass sie dieses verrückte Gesetz zurückzieht". Er wünsche sich außerdem, dass "Macron sich nach seinen schmutzigen und spaltenden Äußerungen bei den Franzosen entschuldigt".

Auch die Polizisten sind verärgert: Im Demonstrationszug erklärte Bruno Attal, Nationalsekretär der Gewerkschaft France Police-Policiers en colère: „Wir sind hier, um die Schläger und Straftäter zu ärgern, nicht die Bürger, die zu ‚Unterbürgern‘ geworden sind. Die Befehle werden wir ausführen, aber heute unterstützen wir."

Wir haben eine ganz besondere Botschaft für alle Pflegekräfte, die Widerstand leisten und die man an der Arbeit hindert", „Macron, deine Maske, wir wollen sie nicht, Castex, dein Pass, wir wollen ihn nicht", konnte man in der Parade über das Mikrofon des Lastwagens hören. Auch die Ärzteschaft protestiert in diesem Zusammenhang auch gegen die jahrelange Unterversorgung des Gesundheitssystems und den ständigen Bettenabbau der Krankenhäuser.

Macron muss um seine Wiederwahl bangen

Der ENA-Absolvent Macron wählte seine rüden Worte, in denen er Ungeimpften das „Bürgersein“ absprach, sicherlich nicht unbedacht, sondern als gezielte Provokation zur Spaltung der Gesellschaft im Wahlkampf. Im April sind Präsidentschaftswahlen, und Macron muss um seine Wiederwahl bangen. Er liegt bei den Umfragen zwar mit 25 Prozent vorn, aber gleich drei Kandidaten sind ihm auf den Fersen. Marine le Pen mit 17 Prozent, Eric Zemmour mit 16 und Valerie Precresse mit 16. Wenn konservative Kandidaten ihre Stimme auf einen der drei konzentrieren, könnte das im 2. Wahlgang, der Stichwahl, für Macron sehr gefährlich werden.

Macron pokert mit seinen Äußerungen, mit denen er seine Anhänger mobilisieren will, hoch. Er führt die französische Corona-Angstmach-Fraktion an, die immer unsinnigere und hilflosere Maßnahmen beschließt, welche sich in Frankreich kaum durchsetzen lassen. So gilt seit Silvester wieder die Maskenpflicht im Freien. Franzosen dürfen ihren „kleinen Kaffee“ und den „Ballon Rotwein“ nicht mehr in der Bar an der Ecke im Stehen konsumieren, sondern nur noch im Sitzen – was meist einen Preisunterschied ausmacht und die französischen Sitten ignoriert. Das Verbot von Essen und Trinken auch in Fernzügen musste schon zurückgenommen werden, da niemand den Franzosen sinnvoll verbieten kann, während der langen Fahrt im TGV von Lille nach Nizza etwa Wasser zu sich zu nehmen. 

Die „Inzidenz“ liegt in Frankreich in einigen Departements über 2.000. In der Bevölkerung herrscht großes Misstrauen gegenüber den staatlichen Horrorzahlen. Le Monde berichtet: Der 56-jährige Patrice kam aus einem Pariser Vorort, um seine Unzufriedenheit zum Ausdruck zu bringen.

Ich habe die Nase voll von diesen Einschränkungen, die nicht gerechtfertigt sind, weil Omicron nicht tödlich ist", erklärte er. Das sind nur politische Maßnahmen. Wir sind nicht von gestern. Ich bin nicht Anti-Vax, ich bin gegen den Pass, der nur eine Art der Bürger-Kontrolle ist. Ich bin super friedlich und stehe nicht hinter Philippot (Anm.: den Rechten)". Für ihn sei „eine völlige Transparenz über die Nebenwirkungen erforderlich, ich werde mich nicht impfen lassen". Er fügte auch hinzu, er brauche „Labors, die uns die Wahrheit sagen". 

Auch die Lehrerschaft ist erbost, dass es nach zwei Jahren Corona-Restriktionen immer noch keine technischen Maßnahmen wie Filter für die Schulen gibt. Die SNUipp-FSU beklagte „ein unbeschreibliches Chaos" und „ein starkes Gefühl der Vernachlässigung und Wut unter den Mitarbeitern" und rief am Freitag zu einem landesweiten Streik für Donnerstag, den 13. Januar, auf, um „die Bedingungen für eine sichere Schule unter Omicron zu erhalten". Ihr schlossen sich die meisten anderen Lehrergewerkschaften, SE-UNSA, SNES-FSU, Snalc, CGT-Educ'action, SUD-Education und Force Ouvrière, an.

Hey Manu ! Je t’emmerde. Touche pas a mes gosses" trug gestern eine demonstrierende Frau in Anspielung auf Macrons Äußerungen auf dem Rücken – „Hey Emmanuel, ich scheiße dich an. Nimm deine Finger weg von meinen Kindern.

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Friedrich Richter / 09.01.2022

Herr Macron und seine Berater gehen vermutlich davon aus, dass die Geimpften Impfbefürworter und damit seine Anhänger sind, die er mit seiner Polemik noch mehr für sich einnehmen kann, während die Ungeimpften Impfgegner sind und ihn ohnehin nicht wählen werden. Angesichts derer, die sich zähneknirschend impfen lassen, könnte das ein Irrtum sein. Mancher der Geimpften könnte die Beschimpfung auch auf sich beziehen. Man darf gespannt sein, ob dieses Kalkül aufgeht.

F.Bothmann / 09.01.2022

...und was machen unsere Gewerkschaften in D?

Jürgen Fischer / 09.01.2022

Wie sich die Zeiten doch ändern: Kann sich noch jemand an die Volkszählung in den 1980ern erinnern? Wie damals geplärrt wurde von wegen Datenschutz und Überwachung und wasweißich noch allem. Ich behaupte, viele, die damals geplärrt haben, zeigen heute stolz ihr Impfzertifikat rum oder ihre Luca-App, und sie finden überhaupt nichts dabei. In Frankreich wie in Deutschland scheint noch keiner gemerkt zu haben, dass trotz der „fehlenden“ Luftfilter in den Schulen trotzdem die Kinder nicht reihenweise tot umgefallen sind (die Lehrer auch nicht), aber das muss an den Masken liegen. Oder am Kniebeugen und Händeklatschen. Aber letzten Endes müssen wir das Ende des Winters abwarten. Da sind wir (die Ungeimpften) entweder geimpft, genesen oder eben tot. Sowas ähnliches hat ja vor Jahrzehnten ein gewisser John Maynard Keynes gesagt: In the long run, we’re all dead. Wozu also die Panik? Vielleicht sind wir ja schon asymptomatisch tot und haben’s nur noch nicht gemerkt? Karl! Herr Lauterbach! Klären Sie uns bitte auf! Oder sind Sie auch schon ein Zombie? Ein Zombie mit Panik-Tourette?

Sabine Heinrich / 09.01.2022

Klasse, dass in Frankreich auch die Lehrer auf die Barrikaden gehen. Und bei uns? Nichts davon ist zu vernehmen! Von der linken GEW ist sowieso kein Widerstand zu erwarten - die unterstützte immer rote Regierungen - und sollten andere Lehrerverbände sich gegen die unmenschlichen Maßnahmen gegen Schüler geäußert haben, so erfährt es die Öffentlichkeit natürlich nicht. Ich hoffe, dass nicht nur der Menschenverächter Macron mit Schimpf und Schande von seinen Landsleuten aus seinem Palast gejagt wird, sondern auch unsere und österreichische sich wie Diktatoren gebärdende Sozio- und Psychopathen aus den ihren. Natürlich wird noch einiges Wasser die Elbe, den Rhein, die Donau und die Salzach hinunterfließen - aber ich gebe die Hoffnung nicht auf!

Gudrun Meyer / 09.01.2022

Patrice und die demonstrierende Frau verfügen über sehr, sehr viele ähnlich denkende und empfindende “Sympathisanten”. Nicht nur in Frankreich. Politiker, die gewählt werden wollen (das Spielchen von Berlin am 26.09.2021 geht nicht überall durch) sind gut beraten, mal auf ihre - immer noch - potenziellen Wähler zu hören. Die Macrons und Scholzomaten stärken extremistische Ränder, und das wissen sie selbst. Sie stärken aber auch Oppositionelle, die eben keine Extremisten sind. Der “Kampf gegen Rechts” in D und seine Entsprechungen in F werden vielleicht sogar in der Absicht geführt, die Bevölkerung mit der Peitsche eben diesen Oppositionen zuzutreiben. Wenn aber ein Politiker seine eigene Sache vertritt, so wie jetzt Macron, dann ist er besser beraten, nicht den supi-starken Mann zu geben, der sich aus reiner Courage plus “Gesundheitsbewusstsein” mit dem “eigenen” Volk anlegt. Wer Ungeimpfte zu Nicht-Bürgern erklärt, hat keine politische Existenzberechtigung. Nicht in F, nicht in D. Nirgends.

Richard Reit / 09.01.2022

Es ist verwunderlich, dass es nicht noch mehr sind, die auf die Straße gehen.

Sabine Lotus / 09.01.2022

Bangen? DER? Soll das ein Witz sein? Wenn dem endgültig der Arsch zu sehr brennt, wird der sich analog zu Sebastian Kurz eine hübsche Silikon Valley Karriere einrichten lassen oder wie unser Gesundheitsminister a.d. Philipp Rösler direkt eine weiterführende Karriere beim WEF beginnen. Solche ‘Talente’ dürfen schließlich nicht vergeudet werden.

Andreas Rühl / 09.01.2022

Es waren, richtig, zwei bewusste Provokationen. Zum einen die Verwendung der Gossensprache auf unterstem Niveau, die erkennbar darauf abzielt, Nichtgimpfte zu Scheissdreck zu erklären. Und die weitaus weitreichende, den impfgegnern den Bürgerstatus zu entziehen. Jeder Franzose weiß, dass dies der Beginn des Terreur war. Macron weitet damit die Kriegserklärung gegen das Virus auf das Volk aus. Nun kann man sagen, alles nur rhetorik, geschwaetz, Wahlkampf. Nur weiß ein jeder, dass der Terreur anfangs eben auch nur jakobinisches geschwaetz war, bis die Guillotine gar nicht mehr zur Ruhe kam. Wie verzweifelt muß dieser arme Mann sein, dass er, nur um der Macht willen, sich zu diktatorischen possen verleiten laesst? Oder sind das keine possen? Macron sollte sich klar sein, dass diejenigen, die “außerhalb des Rechts!” gebrüllt haben, kurze Zeit spaeter auf dem schafott standen.

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