Gunnar Heinsohn / 07.01.2015 / 10:54 / 6 / Seite ausdrucken

Was denkt Europa über seine Roma, Muslime und Juden?

Bei der Ablehnung von Roma ermittelt PEW im Mai 2014 unter sieben europäischen Nationen folgende Rangordnung: (1) Italien (85 %); (2) Frankreich (66%); (3) Griechenland (53%); (4) UK (50%); (5) Polen (49%); (6) Deutschland (42%); (7) Spanien (41%).
Bei der Ablehnung von Muslimen führt wiederum Italien (63%). Es folgen auf den Plätzen (2) Griechenland (53%); (3) Polen (50%); (4) Spanien (46%); (5) Deutschland (33%); (6) Frankreich (27%); (7) UK (26%).

Bei der Ablehnung von Juden fällt die Reihenfolge deutlich anders aus: (1) Griechenland (47%); (2) Polen (26%); (3) Italien (24%); (4) Spanien (18%); (5) Frankreich (10%); (6) UK (7%); (7) Deutschland (5%),

Man wird sich um die kleine Minderheit der knapp 9 Millionen christlichen Roma in Europa womöglich mehr sorgen müssen als um die große Minderheit der 29 Millionen Muslime (56 Millionen mit Russland), wobei Deutsche für beide Gruppen weniger Ablehnung äußern als etliche ihrer EU-Nachbarn.  Selbst unter konservativen Deutschen schaffen die islamkritischen Bürger mit 47% keine absolute Mehrheit – bei einem Maximum von 72% der Konservativen in Italien und einem Minimum von 34% im Vereinigten Königreich.

Griechen, die am meisten Solidarhilfe beziehen, erweisen sich als die härtesten Antisemiten. Deutschland, das ihnen am meisten gibt, tut das am allerwenigsten aus antisemitischer Kumpanei. Gleichwohl bleiben die vier Millionen Antisemiten (absolut kaum weniger als bei den Hellenen) mit ihrer 40:1 Mehrheit gegenüber den 100,000 Juden zwischen Rhein und Oder bedrohlich genug.
Bei den Einstellungen zu den Minderheiten wurde von PEW die ethnische und religiöse Herkunft der Befragten nicht erfasst. Deshalb weiß man auch nicht, wie viele Islamkritiker Juden und andere gern Gejagte gegen Islamisten oder sonstige Schläger verteidigen würden.

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Dr. Maria T. Groepper / 08.01.2015

5 % Antisemiten in Deutschland? Hat man in der Studie zwischen eingewanderten islamischen Judenfeinden und christlichen Deutschen unterschieden? Oder alle über einen Kamm geschert?

Max Wedell / 08.01.2015

@Markus Hahn, eigentlich nicht. Es kommt darauf an, daß die ethnischen und religiösen Gruppen in den Befragungssamples so repräsentiert sind, wie das ihrem Bevölkerungsanteil entspricht. Wenn - völlig hypothetisch - 50% der Bevölkerung aus einer Gruppe besteht, 50% aus einer anderen, und in der einen Gruppe gibt es 0% Antisemitismus, in der anderen 100% Antisemitismus, so wird das ganz korrekt einen Anteil von 50% Antisemiten insgesamt ergeben, wenn im befragten Sample die beiden Gruppen entsprechend repräsentiert sind (nämlich 50/50). Nach unten verfälscht wären die Ergebnisse dann, wenn es etwa Gruppen mit besonders hohem Antisemitismus gäbe, die aber so klein sind, daß sie in Zufallsstichproben nicht ausreichend repräsentiert sind. Muslime liegen aber sowohl in F als auch in D bei ca. 5% der Bevölkerung, d.h. die Befragungssamples müssten schon sehr klein sein, um eventuelle Spezifika dieser Gruppe nicht adäquat zu erfassen.

Max Wedell / 07.01.2015

Zu bedenken ist, daß die Zahlen nicht unbedingt vergleichbar sind… denn die Verpönung bestimmter Vorbehalte ist von Land zu Land unterschiedlich, geht aber in die Zahlen ein, da sie mitbestimmt, was man selbst bei einem durchschnittlich entwickelten Mut öffentlich nicht zuzugeben wagt. So kann man, denke ich, davon ausgehen, daß die allgemeine Verpönung des Antisemitismus in D höher ist als etwa in Griechenland. Die Zahlen ergeben also einen Mix aus tatsächlichen Meinungen und Verpönungsniveaus. Im Hinterkopf sollte man auch behalten, daß Antisemitismus oder andere Negativanschauungen nicht irgendwie binäre Phänomene sind - vorhanden oder nicht vorhanden. Solche Zahlen können allenfalls das widergeben, was einen bestimmten Schwellenwert überschreitet. Die internationale Vergleichbarkeit ist nur dann gegeben, wenn der Schwellenwert in jedem Land der gleiche ist. Hier ist etwa besondere Sorgfalt bei der Übersetzung der Fragen an das Sample vonnöten. Eine im Hinblick auf aktuelles Geschehen wirklich interessante Statistik von Pew Research (im “Spring 2014 Global Attitudes Survey”) ist übrigens die zur Frage: Wollen Sie ____ Immigration in ihrem Land? Ergebnis in Deutschland: 14% Mehr, 44% Weniger, 40% Etwa die Gleiche. Das erstaunt insofern, als man beim Betrachten der momentanen medial vermittelten Reaktionen auf Pegida eher den Eindruck bekommt, 99% der Deutschen wollten mehr Einwanderung. Was den langfristigen Trend angeht, so kann man die Vermutung haben, daß der sich daran orientiert, wie stark die Einwanderung noch wachsen wird. In Griechenland ist gerade die Einwanderung aus humanitären Gründen in den letzten 10 Jahren stark angewachsen. Das Ergebnis auf obige Frage in Griechenland: 1% Mehr, 86% Weniger, 12% Etwa die Gleiche. In Italien, ebenfalls ein beliebtes Flüchtlingsziel, ist der allgemeine Wunsch nach weniger Einwanderung nur geringfügig kleiner als in Griechenland. Wenn Pegida-Anhänger sagen: “Unsere Zeit kommt noch”, so ist das tatsächlich möglich.

Marcelo Strumpf / 07.01.2015

Wenn die von der PEW ermittelten Zahlen stimmen, dann zählen die Griechen und Italiener zu den intolerantesten Europäern, belegen sie doch in allen drei Phobie-Kategorien einen der ersten drei Plätze. Allerdings sind solche Umfrageergebnisse nicht sehr aussagekräftig, da sie nicht die gelebte Realität der jeweiligen “Minderheiten” abbilden. Laut PEW sind “nur” 10% der Franzosen antisemitisch eingestellt. Wie ist aber dann der Exodus französischer Juden zu erklären, die in 2014 scharenweise nach Israel oder in die USA gingen und noch immer das Land verlassen? Und was die PEW-Angaben in Sachen antisemitischer Einstellung der Deutschen angeht, so steht der angebliche Rückgang von 24% (1991) auf 5% (2014) in komplettem Widerspruch zu den hierzulande angestiegenen judenfeindlichen Vorfällen, die zudem immer aggressiver werden. Ein Blick auf die von der Amadeu-Antonio-Stiftung zusammengestellte judenfeindliche Chronik 2014 genügt: http://www.amadeu-antonio-stiftung.de/die-stiftung-aktiv/themen/gegen-as/antisemitismus-heute/chronik-antisemitischer-vorfaelle-1/chronik-antisemitischer-vorfaelle-2014/ Das Vorhandensein einer Einstellung lässt also nur sehr begrenzt Rückschlüsse auf das Verhalten zu. Fremdenfeindliche, antisemitische und islamophobe Einstellungen sind wesentlich weiter verbreitet als diesbezügliche Gewaltbereitschaften, die wiederum verbreiteter sind als faktische gewalttätige Übergriffe. Rein subjektiv würde ich dennoch sagen, dass die judenfeindlich motivierte Gewaltbereitschaft und auch die diesbezüglich umgesetzten Übergriffe in Deutschland angestiegen sind. Letzten Endes müssen in Deutschland - wo laut PEW nur noch 5% der Bevölkerung antisemitisch eingestellt sein soll -  jüdische und israelische Einrichtungen auch weiterhin von der Polizei geschützt werden, während dies bei islamischen Einrichtungen wohl nicht erforderlich zu sein scheint, obwohl die PEW 33% der Deutschen islamophobe Einstellungen nachsagt.  Zahlen sind also relativ.

Henry Winter / 07.01.2015

Wenn man das Ganze mit dem jeweiligen Hintergrundwissen verknüpfen würde hätte man vielleicht auch eine Aussage. Solange manche Leute immer noch der Meinung sind, im Islam gebe es tatsächlich ein Tötungsverbot kann ich deren Meinung nicht ernst nehmen.

Markus Hahn / 07.01.2015

“Bei den Einstellungen zu den Minderheiten wurde von PEW die ethnische und religiöse Herkunft der Befragten nicht erfasst. “ Damit ist die Studie zumindest in Bezug auf die antisemitischen Einstellungen in Deutschland und Frankreich nicht verwertbar, da antisemitische Ressentiments in der nicht geringen muslimischen Bevölkerungsgruppe mit Sicherheit erheblich verbreiterter sind als in den nicht muslimischen Bevölkerungsgruppen. Dies zeigt sich auch bei den aufgeklärten antisemitischen Straftaten. Wer aus politischer Korrektheit ein solches Studiendesign wählt, bekommt Daten-Trash.

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