In der Bundesrepublik wird derzeit eine Diskussion geführt, wie man die Rechte der Konsumenten gegenüber den Produzenten stärken kann. Es geht um das Rückgaberecht bei Internetkäufen, Obergrenzen bei Roaming-Gebühren und dergleichen mehr.
Im Mittelpunkt der Diskussion steht aber die „Ermöglichung informierter Kaufentscheidungen“, so nennen es zumindest die Grünen, ohne sich darüber Gedanken zu machen, was sie der deutschen Sprache antun. Was sie meinen, ist: Israelische Produkte, die in der Westbank hergestellt wurden, sollen gesondert gekennzeichnet, also nicht unter dem Label „Made In Israel“ angeboten werden.
Wobei die Grünen ganz offensichtlich an landwirtschaftliche Produkte wie Tomaten, Gurken, Avocados und Mangos denken und dabei übersehen, dass Israel inzwischen vor allem High-Tech-Produkte exportiert.
Einer der größten Pharma-Produzenten der Welt, die Firma Teva, hat ihren Hauptsitz in Israel, sie stellt Generika her, die man in Deutschland und der Schweiz unter dem Namen Ratiopharm kaufen kann. Aber so weit denken die Grünen nicht, sie halten Israel noch immer für eine Agrarnation, die mit Obst und Gemüse Geschäfte macht.
Fairerweise muss man zugeben, dass die Idee, Produkte, die in der Westbank hergestellt wurden, gesondert zu kennzeichnen, nicht von den Grünen erfunden wurde.
Es war die Fraktion der NPD im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern, die im November letzten Jahres den Antrag stellte, „palästinensische und israelische Produkte“ zu kennzeichnen und „klare Herkunftsbezeichnungen“ einzuführen. Die Kleine Anfrage der Grünen-Fraktion im Bundestag vom April dieses Jahres ist ausführlicher und detaillierter, im Kern aber identisch: „Importe von Produkten aus israelischen Siedlungen in der Westbank in die Europäische Union und nach Deutschland“ sollen als solche erkennbar sein.
Beide Initiativen, sowohl die der NPD in Mecklenburg-Vorpommern wie die der Grünen im Bund, gehen auf ein historisches Vorbild zurück: den reichsweiten Boykott jüdischer Geschäfte am 1. April 1933: „Deutsche wehrt Euch, kauft nicht bei Juden!“
Die NPD und die Grünen bestreiten jede geistige Verwandtschaft. Beiden geht nur um die „Ermöglichung informierter Kaufentscheidungen“.
Erschienen in der Weltwoche vom 13.6.13