Stefan Frank / 28.05.2018 / 06:16 / Foto: Pixabay / 36 / Seite ausdrucken

Zwei Leichen im Keller der Elbharmonie

Im Justizskandal um die Kriminalisierung der Berichterstattung über den Doppelmord am Hamburger Jungfernstieg kommen neue bizarre Einzelheiten ans Licht. Wie an dieser Stelle bereits berichtet, hatte der rot-grüne Senat im Versuch, die Nachrichten über den Mord zu zensieren, sogar Teile einer parlamentarischen Anfrage der AfD-Abgeordneten Dirk Nockemann und Alexander Wolf zensiert. 

Hier ist das Original der Anfrage (erste und zweite Seite von links), welches nach dem Willen der rot-grünen Zensoren weder die Bürgerschaftsabgeordneten noch die Bürger der Freien und Hansestadt Hamburg jemals lesen sollen. Die dritte, vierte und fünfte Seite ist die Antwort des Senats, wobei die schwarzen Balken die unerwünschten Fragen verdecken. Es wimmelt von schwarzen Balken; die Antwort des Hamburger Senats auf eine parlamentarische Anfrage sieht aus wie eine von der Zensur bearbeitete CIA-Akte zum Roswell-Zwischenfall.

Schon in der Frage geschwärzt wurde etwa jeglicher Hinweis auf die (Beinahe-) Enthauptung des Kindes. „Ungewöhnlich“, nennt dies die Tageszeitung „Die Welt“: „Dass die Texte in Anfragen und die Fragen ohne Rücksprache geschwärzt werden“, sei „ein so gut wie nie vorkommender Vorgang“. Man sieht: Es gibt nichts, was es nicht gibt. Geschwärzt wurde sogar die Zeile, in der auf meinen Artikel verwiesen wird. Der rot-grüne Senat will offenbar nicht, dass jemand ihn liest beziehungsweise auch nur von dessen Existenz erfährt. 

Parlamentarische Anfragen dienen der demokratischen Kontrolle der Regierenden. Laut Artikel 25 der Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg hat jeder Abgeordnete das Recht, kleine Anfragen zu stellen, die der Senat binnen acht Tagen zu beantworten hat. Technisch läuft das so ab, dass Anträge oder Anfragen über ein Online-Formular oder in einer Word-Datei an die Bürgerschafts-Kanzlei geschickt werden. Diese prüft sie und stellt sie dann in die Parlamentsdatenbank

Innensenator Andy Grote (SPD) im Stil einer Gouvernante

Es wirft ein schlechtes Licht auf die Demokratie in der Freien und Hansestadt Hamburg, dass ein Verfassungsgut, nämlich das Auskunftsrecht der Abgeordneten und die Rechenschaftspflicht des Senats, derart mit Füßen getreten wird. In der Freien und Hansestadt Hamburg dürfen bestimmte Fragen nicht gestellt werden. Innensenator Andy Grote (SPD) verbittet sich diese im Stil einer Gouvernante. Er machte, schreibt die „MoPo“, „im Ausschuss deutlich, dass er weitere Nachfragen dieser Art als respektlos empfände“. Man kann sich vorstellen, wie er durch sein Monokel geblickt hat. Es sind, wohlgemerkt, nicht seine Kinder oder Schüler, mit denen er so redet, sondern Bürgerschaftsabgeordnete, also Vertreter des Volkes – des ganzen Volkes, wie es in Artikel 7 der Hamburger Landesverfassung deutlich heißt. 

Einer der beiden Fragesteller, der AfD-Abgeordnete Alexander Wolf, schildert gegenüber der Achse des Guten: „Sowohl Innensenator Grote als auch der zuständige Staatsanwalt antworteten zuletzt in der Sitzung des Innenausschusses vom 15. Mai auf mehrfache direkte Nachfrage unseres innenpolitischen Sprechers Dirk Nockemann nach der Art und Weise der Halsverletzung sehr ausweichend und unterstellten ihm als Fragesteller Pietätlosigkeit – und zwar in einer Art und Weise, die meines Erachtens auch bei den anderen Abgeordneten augenscheinlich Unwillen gegen den Fragesteller hervorrufen sollte. Ersichtlich soll das Thema erstickt werden.“

Das bestärkt die Vermutung, dass sich die Hausdurchsuchungen nicht etwa gegen eine vermeintliche Verletzung von „Persönlichkeitsrechten“ mittels Bildmaterial richtete, sondern gegen die Verbreitung der verbalen Information: „They cut off the head of the baby [Sie haben dem Baby den Kopf abgeschnitten]. O my God. O Jesus.“ 

Fassen wir zusammen, was der rot-grüne Senat bislang alles unternommen hat, um diese Information zu unterdrücken:

1. Der Senat und die ihm unterstellte Staatsanwaltschaft machten die Information nicht publik.

2. Die Staatsanwaltschaft weigerte sich auch auf Nachfrage von Journalisten, dazu Stellung zu nehmen. „Für die Hamburger Justiz ist der Doppelmord vom Jungfernstieg eine Beziehungstat, für die kein öffentliches Interesse zu bestehen hat“, schreibt das „Hamburger Abendblatt“.

3. Stattdessen führt die Staatsanwaltschaft Hausdurchsuchungen bei zwei Bürgern durch, die diese Information ans Licht gebracht haben. „Im Sicherheitsapparat“, so das „Abendblatt“, sei die Aktion „auf Verwunderung“ gestoßen. „‚Die waren ganz heiß auf den Fall.“ Zudem wunderte man sich dort, wie blitzartig der Durchsuchungsbeschluss zustande kam, „während man im Alltag selbst bei Verbrechenstatbeständen mit manchmal hohen Hürden zu kämpfen hat.“

4. Die Hausdurchsuchungen wurden damit begründet, dass Persönlichkeitsrechte der sterbenden Frau verletzt worden seien. Die Frau und die Rettungskräfte hätten in dem Film angeblich nicht gezeigt werden dürfen. Dass dies ein fadenscheiniger Vorwand ist, erkennt man daran, dass der Film auf „Welt online“ die Frau und die Rettungskräfte über mehr als elf Sekunden ausgiebig aus der Nähe und in Großaufnahme (die Frau auch teilweise mit entblößtem Oberkörper) zeigt, ohne dass dies zu irgendeiner Reaktion der Hamburger Zensurbehörde oder gar einer Hausdurchsuchung geführt hätte.

5. Fragen von Abgeordneten werden zensiert; die Zensur betrifft just die Art der Verletzung. Es wird den Abgeordneten eingeschärft, weitere Fragen zu unterlassen. Die parlamentarische und öffentliche Debatte soll abgewürgt werden. 

„Martialisches Tötungsdetail-Gerücht“

Unterdessen melden die Hofberichterstatter von der „MoPo“, „martialischen Tötungsdetail-Gerüchten“, die „die Runde gemacht“ hätten, sei bei der Sitzung des Innenausschusses am 15. Mai „ein Ende gesetzt“ worden. Wurde also am Jungfernstieg niemand „martialisch“ getötet, sondern höchstens auf die sanfte Art? „Entgegen anders lautender Spekulationen sei das Mädchen am 12. April nicht enthauptet worden, sagte Oberstaatsanwalt Lars Mahnke. Die gerichtsmedizinische Untersuchung habe die Trennung von Kopf und Körper auch nicht bestätigt. ‚Die an sich tödliche Halsverletzung war auch nicht die Todesursache. Das war eine Messerverletzung am Torso’, so Mahnke.“

Diese Beschreibung widerspricht nicht dem, was die Staatsanwaltschaft schon in ihrem Durchsuchungsbeschluss geschrieben hatte: Der Täter habe „…seiner in einem Kinderbuggy sitzenden einjährigen Tochter in Tötungsabsicht und zur Durchsetzung seiner Macht- und Besitzansprüche mit einem unvermittelt aus seinem mitgeführten Rucksack gezogenen Messer von hinten einen Stich in den Bauch versetzt und ihr anschließend den Hals nahezu vollständig durchtrennt“. 

Welchem „martialischen Tötungsdetail-Gerücht“ wurde nun also ein Ende gemacht?Darüber, in welcher Reihenfolge der Täter vorging, gab es bislang gar kein „Gerücht“. Dass er versucht hat, dem Kind den Kopf abzuschneiden, ist unstrittig, auch wenn er diese Leichenschändung nicht zu Ende führen konnte, da ihn ein Fluchtimpuls ergriff. Es bedurfte, wie wir nun von Oberstaatsanwalt Mahnke erfahren, einer gerichtsmedizinischen Untersuchung, um festzustellen, ob Kopf und Körper überhaupt noch miteinander verbunden waren.

Bevor die MoPo entdeckte, dass das Kind gar nicht „martialisch“ getötet worden sei, hatte Stephanie Lamprecht dort noch geschrieben: „Die meisten Medien, auch die MoPo“, hätten „aus Pietätsgründen darauf verzichtet, dieses monströse Detail der unfassbaren Tat zu nennen.“ Der „schäumende Mob im Internet“ – damit bin wohl ich gemeint – hätte „diese Haltung“ jedoch als „Zensur ausgelegt“. „Es solle verhindert werden, dass die ganze archaische Brutalität des afrikanischen Kindsvaters bekannt werde.“

Es ging Justizsenator Steffen darum, sich selbst zu schützen

Das war ein Ablenkungsmanöver. Die Brutalität von jemandem, der eine Frau und ein Kind kaltblütig mit dem Messer getötet hat, stand nie außer Frage, und den Begriff „archaisch“ hat Lamprecht selbst in die Diskussion eingeführt (vielleicht, um zu zeigen, dass ihr geisteswissenschaftliches Studium nicht umsonst war). Es ging aber Justizsenator Steffen wohl nie darum, den Täter zu schützen – sondern sich selbst. Steffen gilt seit langem als „Skandal-Senator“; das ist sein Titel, so wird er auch in Bürgerschaftsdebatten genannt. Die Liste seiner Skandale ist so lang, dass kaum jemand mehr den Überblick hat. Hier ein paar Pressemeldungen der letzten Jahre:

11. Mai 2016, „Die Welt“: „Pannenserie des Justizministers auf ihrem Höhepunkt. Nach der Entlassung eines Kinderschänders aus der Sicherungsverwahrung fordert die FDP den Rücktritt des Hamburger Justizsenators Till Steffen (Grüne). Dieser konnte den Fall bisher nicht aufklären.“

14. Juli 2016, „Die Welt“: „Kritik an Justizsenator: ‚Till Steffen wird zum Sicherheitsrisiko Hamburgs’.

22. Dezember 2016, „Bild“: „Mutmaßlicher Berlin-Attentäter Anis Amri: Hamburger Justizsenator verhinderte Fahndung.“ Selbst ausländische Zeitungen berichten darüber, wie Steffen einen Fahndungsaufruf verschleppte.

8. Februar 2017, „MoPo“: „Hamburgs Pannen-Senator: Welche Skandale in Till Steffens Behörde passieren“

8. Februar 2017, „Die Welt“: „Ob verschleppte Fahndung nach Berlin-Attentäter oder Messerattacke im Landgericht: Kaum ein Monat vergeht in der Hansestadt ohne Justizskandal. Politisch verantwortlich ist Senator Till Steffen.“

24. Februar 2017, RTL: „Hamburgs Justizsenator Till Steffen (Die Grünen) hat mit einer scheinbar nicht enden wollenden Pannenserie zu kämpfen. Immer wieder gibt es neue Schreckensmeldungen aus der Behörde des umstrittenen Senators. Der neueste Skandal ist dabei die Flucht eines Sicherungsverwahrten nach einer Therapiesitzung.

12. Oktober 2017: „Hamburger Abendblatt“: „Mutmaßlicher Totschläger freigelassen: Steffen im Kreuzfeuer“.

Das letzte Beispiel ist kein Einzelfall: Immer wieder werden in Hamburg Totschläger freigelassen, weil sich die Prozesse zu lange hinziehen; auch eine Leistung Steffens.

Steffens Skandale drehen sich also nicht etwa um geklaute Briefmarken, sondern um die Gefährdung von Menschenleben. Der 2002 verurteilte und zwischenzeitlich aus der Haft entlassene Mörder „Chris Z.“, der am 31. Januar 2017 wegen des Vorwurfs der Körperverletzung vor Gericht zu erscheinen hatte, wo seine Ex-Freundin gegen ihn aussagte, konnte in der Untersuchungshaft aus einer Rasierklinge und einer Zahnbürste eine Waffe basteln und ins Gericht schmuggeln, wo er versuchte, seine Ex-Freundin umzubringen. Obwohl er die Tat bereits angekündigt hatte und dies auch der Leitung der Justizvollzugsanstalt bekannt war, gab es so gut wie keine Sicherheitsvorkehrungen. „Die Hamburger Justiz kann froh sein, dass an diesem Dienstagmorgen Zuschauer im Saal 183 waren, die eingegriffen haben. Sonst hätte Marina Ö. ihre Aussage vor dem Landgericht womöglich nicht überlebt. Chris Z. hätte sie unter den Augen der Richter umgebracht“, schrieb die „Zeit“. 

„Das Elend nicht länger tatenlos anschauen.“

FDP-Justiz-Expertin Anna von Treuenfels-Frowein sagte damals: „Es reicht endgültig. Senator Steffen muss zurücktreten. Bürgermeister Scholz sollte sich das Elend nicht länger tatenlos anschauen.“ Ihr CDU-Kollege Richard Seelmaecker sprach von einer „unerträglichen Liste des Versagens.“

Der Doppelmord am Jungfernstieg ist ebenfalls ein Versagen von Justiz und von Justizsenator Steffen; die Frau und ihr Kind könnten noch am Leben sein, wenn der illegal von Italien nach Deutschland eingereiste Täter entweder wegen seines unerlaubten Aufenthalts abgeschoben worden wäre oder wenn die Justiz seine Morddrohungen gegen das spätere Opfer ernst genommen hätte. 

So wie Chris Z. hatte nämlich auch Mourtala Madou seine Tat angekündigt. Die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Hamburg, Oberstaatsanwältin Nana Frombach, sagte dazu: „Es hat Anfang des Jahres eine Strafanzeige der jetzigen Geschädigten [gemeint ist die ermordete Frau; S.F.] gegen den Beschuldigten gegeben. Sie hat ihm vorgeworfen, sie und das gemeinsame Kind bedroht zu haben.“ Mourtala Madou hatte u.a. gesagt: „Ich bringe dich um.“ Frombach weiter: „Aufgrund dieser Anzeigen wurden auch Ermittlungen eingeleitet, es wurde eine Gefährderansprache mit dem Beschuldigten geführt, in deren Verlauf er aber gesagt hat, dass er eine solche Bedrohung nicht ernst gemeint habe.“ Damit war für die Staatsanwaltschaft die Sache erledigt. Dass eine Morddrohung eine Straftat ist, weiß sie offenbar nicht.

Wie die „MoPo“ berichtet, hatte das Amtsgericht im August 2017 im Rahmen eines Gewaltschutz-Verfahrens auf Antrag der Mutter eine einstweilige Anordnung gegen Mourtala Madou erlassen. „Diese wurde im Oktober aufgehoben, da die Frau ihre Anschuldigungen nicht beweisen konnte.“ 

„Ist der Beweis nun erbracht?“, müsste man den zuständigen Richter fragen. Die Hamburger Justiz hat eine Frau, die sie mehrfach um Hilfe anflehte, weil ihr Ex-Freund drohte, sie umzubringen, eiskalt im Stich gelassen, und darum sind diese Frau und ihre Tochter jetzt tot. Das ist der Skandal, über den nicht gesprochen werden soll. Der Grund, warum Till Steffen und seine Anklagebehörde um jeden Preis verhindern wollten, dass die Enthauptung des Kindes bekannt wird, ist vermutlich ganz trivial: Das hätte den Fall noch einige Tage länger in der Berichterstattung gehalten. Das eklatante Versagen der Justiz wäre dann womöglich über Hamburg hinaus diskutiert worden, und es wäre an all die früheren Skandale des Skandalsenators erinnert worden. Das wäre vielleicht der Strohhalm gewesen, der dem Kamel den Rücken bricht beziehungsweise Steffen zum Rücktritt zwingt. Darum wohl sollte der Fall – wie das „Abendblatt“ berichtet – nach dem Willen der Behörde als eine „Beziehungstat“ behandelt werden, die „die Öffentlichkeit nichts angeht“. 

FDP für eine drastische Verschärfung der Zensur

Die Oppositionsparteien CDU und FDP zeigen unterdessen keinerlei Interesse an diesem Fall – weder die Wohnungsdurchsuchungen noch das Schwärzen der AfD-Anfrage ist in ihren Augen zu beanstanden. Auf meine Anfrage hin schreibt mir FDP-Justiz-Expertin Anna von Treuenfels-Frowein:

„Grundsätzlich gilt: Die eigene Wohnung als privater Rückzugsort ist durch das Grundgesetz besonders geschützt. Es liegt im Ermessen eines Richters oder der Ermittlungsbehörden, eine Hausdurchsuchung nach sorgfältiger Prüfung anzuordnen. Die objektiven Tatumstände im konkreten Fall sind uns abseits der Medienberichterstattung nicht bekannt, sodass wir das Vorgehen der Ermittler nicht beurteilen können.“ 

Die Umstände sind ihr deshalb nicht bekannt, weil sie sie nicht interessieren – und nicht etwa, weil es ihr unmöglich wäre, sich kundig zu machen. Es geht weiter:

„Die Öffentlichkeit hat selbstverständlich das Recht auf Information. Für uns als Rechtsstaatspartei steht allerdings fest, dass Persönlichkeitsrechte auch nach dem Tod gelten.“ 

Damit spricht sich die FDP für eine drastische Verschärfung der Zensur aus. Denn derzeit gilt, wie Kommentatoren festgestellt haben, der von Heiko Maas auf den Weg gebrachte „Paparazzi-Paragraf“ 201a StGB nicht für Tote, sondern nur für Lebende. Das ist der Grund, weshalb die Hamburger Staatsanwaltschaft gegenüber dem Blogger Danisch sagte, sie wende  § 201a nicht etwa auf Tote an, es gehe „um die Mutter“, die – angeblich – „erst später im Krankenhaus gestorben“ sei (eine Annahme, von der Danisch sagt, dass sie nach Aussagen von Rettungssanitätern ein „juristischer Kniff“ sei).

Weiter schreibt von Treuenfels-Frowein:

 „Vor diesem Hintergrund und auch mit Blick auf die Hinterbliebenen dieser schockierenden Gewalttat halten wir die Entscheidung der Bürgerschaftskanzlei für angemessen und gerechtfertigt, Passagen der Senatsanfrage zu schwärzen. Es besteht aus unserer Sicht zum jetzigen Zeitpunkt nicht die Notwendigkeit, Einzelheiten der Tat öffentlich zu machen.“ 

Zwar habe der Senator „eine ganze Reihe von Fehlern im Justizvollzug zu verantworten“; „der konkrete Fall“ sei „jedoch nicht geeignet, personelle Konsequenzen zu fordern“. Der Skandal-Senator soll also im Amt bleiben.

Nächstes Jahr wieder auf freiem Fuß?

CDU-Justizexperte Daniel Gladiator äußerte sich auf meine Anfrage überhaupt nicht, auch nicht auf Nachfrage. Es gibt den Burgfrieden zwischen CDU, FDP und dem grünen Justizsenator Steffen, über den „Bild“ im Januar spekuliert hatte („Opposition auf Kuschelkurs mit Skandal-Senator Steffen“) also tatsächlich.

Für die Hamburger Bevölkerung sieht es schlecht aus. Frauen und Kinder, die Morddrohungen erhalten, werden nicht geschützt; stattdessen wird, sobald der Drohende seine Drohung wahrgemacht hat, mit harter Hand gegen diejenigen vorgegangen, die über den Mord berichten – und zwar, weil ein Staatsanwalt, der offenbar noch was werden will, solange Steffen im Amt ist, „ganz heiß auf den Fall“ ist. 

Während verurteilte Totschläger frei herumlaufen, wird die Wohnung eines bibeltreuen Christen und Chorsängers durchsucht, weil dieser ein der Zensur nicht genehmes Video mit seinen Facebookfreunden geteilt hat. Wahrscheinlich wurden mehrere Staatsanwälte abgestellt, um Regale mit Gebetsbüchern nach belastendem Material zu durchwühlen. Was in Hamburg passiert, ist so absurd, das kann man sich nicht ausdenken.

Schaut man sich die Länder an, in denen besonders harte Zensur geübt wird, fällt auf, dass es immer Länder sind, in denen auch sonst vieles im Argen liegt, Länder, in denen Amtsmissbrauch und Korruption zum System gehören. Je mehr Dreck es in einem Staatsapparat gibt, desto härter werden diejenigen verfolgt, die auf den Dreck hinweisen. Mourtala Madou kann froh sein, dass er den Doppelmord ausgerechnet in Hamburg verübt hat: Wenn sein Prozess sich zu sehr in die Länge zieht – und das wird er bestimmt –, ist er nächstes Jahr wieder auf freiem Fuß.

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Frank Stricker / 28.05.2018

Hätte Innensenator Grote beim G 20 Gipfel nur halb soviel Engagement an den Tag gelegt wie bei der verhinderten Berichterstattung des Doppelmordes vom Jungfernstieg , wäre Hamburg viel Leid erspart geblieben.

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