Zum fünften Todestag von Oswaldo Paya

Von Arnold Vaatz.

Heute am 22.Juli vor fünf Jahren kam der kubanische Dissident Oswaldo Paya unter niemals geklärten Umständen bei einem „Verkehrsunfall“ nahe der ostkubanischen Stadt Bayamo ums Leben. Paya war Initiator des Varela-Projektes. Ziel war es, durch Gesetzesänderungen Meinungs-, Versammlungs- und Pressefreiheitfreie Wahlen, unternehmerische Freiheit und eine Amnestie für die politischen Gefangenen zu erreichen. Die kubanische Verfassung bestimmt, dass über Gesetzesinitiativen ein Referendum stattfinden muss, wenn dies mehr als 10.000 Kubanern fordern. 

Trotz massiver Einschüchterungen des kubanischen Geheimdienstes und eines staatlich organisierten Mob wurde das Quorum bis 2002 erreicht und 2004 um mehr als das doppelte überboten. Die Machthaber brachen die eigene Verfassung und verhinderten ein  Referendum. 2011 präsentierte Paya das Dokument „El Camino del Pueblo“ (den Weg der Volkes) in dem er einen friedlichen Weg zu Durchsetzung der Varela-Ziele beschrieb. Obwohl Paya einen genuin kubanischen Weg aus der Diktatur vorschlug und jede Unterstützung durch die US-Regierung ablehnte,  beschimpfte ihn Fidel Castro in einer Fernsehansprache 2003 als „konterrevolutionären Rädelsführer“, der mit der gegen Kuba gerichteten US-Politik kollaboriere.

Seit nunmehr fast 60 Jahren herrscht auf Kuba die Diktatur der Castros. Die Grundfreiheiten die Payas Varela-Projekt herbeiführen wollte, sind nicht gewährleistet, Parteien und politischer Wettbewerb sind verboten, die Opposition wird kriminalisiert und mit Gewalt marginalisiert, der durch die DDR-Stasi geschulte kubanische Geheimdienst durchdringt alle Winkel der Gesellschaft.

Über all die Jahre war das Castro-Regime, dass weit mehr Tote auf dem Gewissen hat als das Pinochet-Regime und das die Sowjetführung im Jahr 1962 offen zur Anzettelung  eines Atomkrieges mit den USA ermunterte, das Mekka der europäischen Linken und Castro und Guevara ihre Ikonen.

Europa akzeptiert die Abwesenheit von Demokratie und Menschenrechten

Inzwischen hat die Europäische Union – darunter Deutschland – die Abwesenheit von Demokratie und Menschenrechten auf Kuba im Gegensatz zu gegenteiligen verbalen Beteuerungen längst als Normalität akzeptiert. Insgesamt 15 Regierungskontakte zwischen Deutschland und Kuba blieben in den vergangenen fünf Jahren wirkungslos in Bezug auf Demokratie und Menschenrechte. Im Dezember 2016 hob der Europäische Rat die bis dahin geltende gemeinsame europäische Kuba-Politik auf. Seitdem sind die Demokratisierung des Landes und die Achtung der Menschenrechte keine zur Vorbedingung für die Normalisierung der Beziehungen zwischen EU und Kuba mehr, sondern das angebliche Ziel.

Damit wurde die europäische Union zu einem wichtigen Komplizen der kommunistischen Kidnapper Kubas. Die europäische Linke hat die Verbrechen des Castro-Regimes stets unterstützt, die europäische Wirtschaft will durch die Löcher, die ihnen das Castro-Regime bietet, in den kubanischen Markt. Die europäische Diplomatie ist in das Fahrwasser des verlogenen Slogans von Wandel durch Annäherung zurückgefallen, das auf der seit Chamberlain tausendmal widerlegten aber unverwüstlichen Fehlannahme beruhte, dass man sich mit Diktaturen eben arrangieren müsse. Die bayerische CSU mit dem seit Strauß-Honnecker und Strauß-Schalk wieder mit Stoiber-Putin und Seehofer-Putin auflebenden Faible für Diktaturen versucht es mit political engineering: Die Hanns-Seidel-Stiftung betätigt sich als Türöffner für BMW.

Das kubanische Regime reagierte mit mehr Privilegien der sozialistischen Führungseliten und einem härteren Kurs gegen Oppositionelle. Den Führungseliten soll ein ökonomisch vorteilhafter Start in die Nach-Castro-Ära verschafft werden, den Oppositionellen die Kraft genommen werden, diese Entwicklung zu stören.

In dieser Lage hat Rosa Maria Paya (geb. 1989) die Initiativen Ihres Vaters aufgegriffen. Sie sieht in der Krise der von Kuba gelenkten linken Regimes in Lateinamerika Chancen auf einen Wandel auf Kuba und wirbt um politische Unterstützung für das Referendum-Projekt ihres Vaters. Ich wünsche ihr jeden Erfolg. Sie ist energisch, unerschrocken und tapfer wie ihr Vater. Und ich weiß, dass das kubanische Volk sich den Weg in Freiheit und Selbstbestimmung erkämpfen wird. Nur: Wir wissen nicht den Zeitpunkt und nicht den Preis, den es dafür zahlen wird.

Weißwäscherei der kubanischen Diktatur

Schon jetzt aber steht fest: Deutschland wird feige daneben gestanden und daran null Anteil haben. Nie hätte ich übrigens geglaubt, dass meinen Ostdeutschen Mitbürger, die bis 1989 in der gleichen Lage waren, das Elend ihrer Kubanischen Leidensgenossen so gleichgültig sein könne, wie es ihnen dies offenbar ist. Die deutsche Medienszene berichtet überwiegend über die Gedankengebilde, die in ihren Redaktionsstuben umherwabern statt über das Weltgeschehen und liegt deshalb in der Regel falsch (siehe Trump und Brexit) – zieht aber die Politik am Nasenring hinter sich her – auch in puncto Weißwäscherei der kubanischen Diktatur. Und Auf Kuba wird man sich – wie ich hoffe – lange merken, dass Deutsche zwar zur Stelle waren, als es galt, eine Geheimpolizei zur Niederhaltung des eigenen Volkes aufzubauen, aber den Menschen die Tür vor der Nase zugeknallt hat, die darum baten, die Internetverbindungen der deutschen Botschaft in Havanna zu nutzen.  

Angesichts des europäischen und deutschen Opportunismus hat diese Politik kaum Chancen. Wir setzen zwar unsere enormen Mittel für Entwicklungszusammenarbeit gerne für Demokratisierungsprozesse überall auf der Welt ein, nur eben nicht auf Kuba. Aus Angst vor Kritik von links.  

Arnold Vaatz ist seit 2002 Stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Von 1990 bis 1992 war er Staatsminister in der Sächsischen Staatskanzlei und von 1992 bis 1998 Sächsischer Staatsminister für Umwelt und Landesentwicklung.

Foto: Laurence Chaperon CC BY-SA 3.0 de via Wikimedia Commons

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Arnold Vaatz, Gastautor / 22.12.2023 / 06:15 / 90

Grüne, lernt von Merkel!

Wenn Ihr Eure Macht erhalten wollt, dann macht es wie Merkel! Was Merkel getan hat, war für sie selbst gut und für Deutschland tödlich. Wenn…/ mehr

Arnold Vaatz, Gastautor / 11.09.2019 / 06:15 / 93

Der Revolutionsadel und die Krokodile im Kasperltheater

Friede Springers Welt am Sonntag brachte am Sonntag ein interessantes Gruppeninterview mit einigen Bürgerrechtlern, die sich Verdienste um den Umbruch im Herbst 1989 erworben haben.…/ mehr

Arnold Vaatz, Gastautor / 24.01.2019 / 06:25 / 74

Arnold Vaatz zum Fall Patzelt: Die Geschichte einer Säuberung

Dresden ist gar nicht so böse! Im Gegenteil: Die Guten sind auf dem Vormarsch. Die Technische Universität etabliert sich immer mehr als Bollwerk des gesellschaftlichen…/ mehr

Arnold Vaatz, Gastautor / 09.01.2019 / 14:00 / 104

“Wir ersticken”: Arnold Vaatz über Deutschland 2019

Wir haben entschieden. Spannung wie bei der Papstwahl: Am Ende siegte Annegret Kramp-Karrenbauer, die Wunschkandidatin der Kanzlerin. Gratulation. Hätten sich 17 von 999 Delegierten anders…/ mehr

Arnold Vaatz, Gastautor / 29.11.2018 / 06:15 / 36

Die Enthauptung der Stasi-Gedenkstätte Hohenschönhausen

In der Causa um den Direktor der Gedenkstätte Hohenschönhausen Hubertus Knabe sind Gerichtsverfahren anhängig. Weder ist es meine Absicht, diese in irgendeiner Weise beeinflussen zu wollen noch…/ mehr

Arnold Vaatz, Gastautor / 26.09.2018 / 06:00 / 69

Angela Merkel und der gestiefelte Kater

Die Tragödie des Zauberers Meine ganze Kollektion von Arno Schmidt über Grass, Lenz, aber auch Camus, Popper und selbst so alte Knaben wie Schopenhauer oder…/ mehr

Arnold Vaatz, Gastautor / 12.09.2018 / 06:29 / 153

Arnold Vaatz zum Stadium der geistigen Umnachtung

Seit einigen Tagen läuft die Causa Maaßen in Endlosschleife durch die öffentlich-rechtlichen Medien. Hans-Georg Maaßen soll beweisen, dass er keine Beweise für eine Hetzjagd hat.…/ mehr

Arnold Vaatz, Gastautor / 29.06.2018 / 09:00 / 31

“Wie man es Ihnen im Roten Kloster beigebracht hat”

Offener Brief Sehr geehrter Herr Pergande, Soeben wurde ich auf Ihren Artikel „Besondere Tragik“ in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vom 24. Juni 2018 hingewiesen. Darin…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com