Achgut.com / 27.02.2018 / 06:25 / 24 / Seite ausdrucken

Zensur: Wer traut sich im Moment laut zu lachen?

Während fast alle Journalisten wie die Kaninchen auf die Koalitionsschlangen starren, um an den Orakeln über das Zustandekommen der nächsten Regierung zu arbeiten, gewöhnt sich das Land still und schnell an eine verfassungswidrige Hinterlassenschaft der noch geschäftsführenden Regierung: Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz.

Kurz wallte die Debatte über dessen Zensur-Wirkung und die Beschneidung der Meinungsfreiheit im Januar noch einmal auf, doch jetzt herrscht wieder Ruhe. Nur die heimlichen Zensoren löschen und sperren eifrig weiter. Die Vergiftung des Kommunikationsklimas wird nicht gestoppt, sondern im Gegenteil: Es findet ein Klimawandel zur Zensur statt.

Achgut.Pogo wirft ein paar Schlaglichter auf ein Land, das scheinbar lernt, mit der Zensur zu leben, statt endlich lautstark gegen ein Gesetz zu protestieren, das ihr den Weg geebnet hat. Das wirkt auch deshalb so grotesk, weil sich zuvor sowohl namhafte Verfassungsrechtler, als auch potenziell Betroffene verschiedenster Couleur gegen das Gesetz wandten, und das am Ende nur von einem kleinen Häuflein Bundestagsabgeordneter verabschiedet wurde. 

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Martin Lederer / 27.02.2018

“Das wirkt auch deshalb so grotesk, weil sich zuvor sowohl namhafte Verfassungsrechtler, als auch potenziell Betroffene verschiedenster Couleur gegen das Gesetz wandten, “: Keine Sorge: Alle, die sich vorher “dagegen wandten”, werden es am Ende nicht so schlimm finden. “Natürlich es könnte besser sein, aber irgendwie muss man die Ersteller dieses Gesetzes auch verstehen.” Gestern sah ich den Live-Stream zur Frauendemo in Hamburg. Super! Und die ursprüngliche Initiatorin traut sich aus berechtigter Angst um ihre Kinder nicht mehr auf die Demo. Aber sie hat die Demo in dem Stream kommentiert. Das fand ich gut. Sie “zeigt weiterhin Gesicht” (um einen schwachsinnigen politisch-medialen Ausdruck zu verwenden).

Karla Kuhn / 27.02.2018

“Das wirkt auch deshalb so grotesk, weil sich zuvor sowohl namhafte Verfassungsrechtler, als auch potenziell Betroffene verschiedenster Couleur gegen das Gesetz wandten, und das am Ende nur von einem kleinen Häuflein Bundestagsabgeordneter verabschiedet wurde. ” Wahrscheinlich leben wir schon zu lange in Absurdistan ??

Dr. Andreas Kleemann / 27.02.2018

Das Problem scheint mir weniger dieses unselige Gesetz zu sein, bei dem immerhin die Chance besteht, dass es doch noch vom BVG einkassiert wird. Viel gefährlicher ist die ungebrochene Dominanz der mainstream-Medien, die hier voraussehbar versuchen werden, noch massiver die öffentliche Meinung zu beeinflussen, jetzt, wo nun die AfD im Bundestag sitzt und dort eben die Themen besetzen kann, die der Mehrheit der Bürger hierzulande auf den Nägeln brennen. Es ist fast unglaublich, wenn man morgens den PC zur Presseschau hochfährt, wie hier ein Medium das andere zitiert, sich richtige Zitierkartelle bilden. Z.B. die “Welt” online gleich mal einen Aufmacher (!) über Dunja Halai´s empörte Kritik an der Essener Tafel bringt. Ansonsten auf “Welt”-online:  Die Seite gefühlt halbvoll mit Fotos einer strahlenden, winkenden, lachenden Merkel. Da läuft es mir, der ich früher selbst in einer Nachrichtenagentur als news-man gearbeitet habe, “eiskalt den Rücken herunter”, um mal ein schönes aktuelles Bild von Frau Chebli zu bemühen. Ich frage die meist ja noch sehr jungen Frauen und Männer in den online-Redaktionen: Habt ihr eigentlich noch alle Tassen im Schrank? Was ist das für eine Art von “Journalismus”? Merkt ihr denn gar nichts? Fühlt sich da nichts komisch an? Geht es Euch nur um Eure Karriere? Wollt ihr Eurem Chef vom Dienst gefallen? Es fehlen eben in den Redaktionen heute meist auch die älteren Kollegen, die noch die “anderen Zeiten” kennen, die da als Mentoren fungieren könnten. Meist wurden die - weil einfach auch zu teuer - schon vor längerer Zeit still und heimlich entsorgt oder gingen vorzeitig in den Ruhestand. Es ist ja bekannt, dass Redakteure statistisch gesehen schon immer eine vergleichsweise geringen Lebenserwartung hatten, zu burn-out neigten. Dieser Prozess des personellen Rochade der schon vor einigen Jahren abgeschlossen wurde, ist es letztlich, der für die krasse Eindimensionalität der heutigen Hofberichterstattung steht. Mit kritischem Journalismus hat das, was die meisten mainstream-Schreiber da heute fabrizieren, nichts, aber auch gar nichts mehr zu tun. Dr. Andreas Kleemann

Thomas Michel / 27.02.2018

Der Aufschrei der Massen bleibt deshalb aus, weil jeder denkt: “Mich betrifft das nicht, ich habe mit Hassbeiträge usw nix zu tun” Die Schäfchen sind halt schon Perfekt erzogen worden.

beat schaller / 27.02.2018

Hervorragender Bericht danke! Frage ist, wie lange wir mit solchen fundierten Aeusserungen weiter leben wollen, wenn sogar auf der “Achse” schon zurückgehalten wird, sobald man den einen oder anderen Namen eines beteiligten Politikers erwähnt.  (Kommentar zur Essener Tafel). Wenn solche Meldungen kommen, die am Wahrheitsgehalt keine Zweifel offen lasse, dann kann es nicht angehen, dass man deutliche Worte für solche anMASSenden Aeusserungen auch öffentlich sagen darf.  Wenn ich mir schon ansehen und anhören muss, was Mass in Talk - Sendungen von sich gibt, wie er beispielsweise Frau Weidel ins Wort fällt, sie als Ausländerin beschimpft,  weil sie , wie viele andere Deutsch in der Schweiz gearbeitet oder gewohnt hatte, das ist das allerbeste Zeichen dafür, dass ihm jegliche “Kinderstube” fehlt. Das Ganze ist ja nicht einmal in irgend einer Weise im Zusammenhang mit der Sendung oder schon gar nicht mit dem Thema verbunden, es ist schlicht nur gegen die Afd und gegen das eröffnen von Fakten gerichtet.  Wenn ich mir ansehe, welche Unmengen an “Fake” von der aktuellen Regierung oder von dem was da so vor sich hinwurstelt, dann sind wir doch auf einem sehr gefährlichen Weg. Vor so einem eingebildeten Typen kann ich mit bestem Willen keinen Respekt finden. Solche Aussagen und dazu von einem Justizminister, das scheint für mich wirklich zu gefährlich zu sein. Ich kann auch längst nicht mehr verstehen, dass der Verfassungs Gerichtshof nicht einschreitet.  Das sind Aufführungen, die nur zum totlachen anregen und das ist wirklich nicht lustig. b.schaller

Andreas Rochow / 27.02.2018

Alles richtig, was hier an intelligenter Fundamentalkritik gegen das NetzwerkDG zu hören war. Wir haben es aber mit einer Machtdemonstration zu tun, die zudem zeigt, wie dysfunktional schäbig unser Parlament und der Rechtgebungsakt geworden sind! Was anderes soll selektives Stummschalten und der Aufbau einer Denunziations- und Zensurindustrie sein, als der Marsch in ein totalitäres System? Das NetzwerkDG ist sein mächtiges Bollwerk und wird niveauvollen kritischen Debatten standhalten, weil das für den Machterhalt essentiell geworden ist.

Martin Landvoigt / 27.02.2018

Es ist deprimierend, dass dieses NetzDG nicht nur durchgewunken wurde, sondern noch immer besteht. Wo sind nun die Klagen vor dem Verfassungsgericht?

Ronny Habermann-Curie / 27.02.2018

Angeblichen Hass bekämpft man politisch und nicht mit Zensur. Wer anderen den Mund mit autoritären Maßnahmen verbieten muß, der gesteht insgeheim ein, dass er keine Argumente dagegen hat und daher seine Macht verwenden muß, um Ruhe zu bekommen. Es ist doch relativ eindeutig, dass dieses Gesetz in naher Zukunft auf viele Formen von Kritik an der Regierung angewandt wird. Insgesamt passt es aber gut zur neoliberalen Linke des 21. Jahrhunderts, die sich durch Machtinstrumente und nicht durch Argumente gegen die Bevölkerung durchsetzen möchte. Wer Politik nur für sich selbst und seinesgleichen macht, der braucht auch Werkzeuge gegen die anderen 95%.

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