Vera Lengsfeld / 02.11.2007 / 16:12 / 0 / Seite ausdrucken

Wunderbares Israel (2)

Auf dem Weg zu den Golanhöhen kommen wir am Kibbutz En Gev vorbei, der 1937 gegründet wurde. Der spätere Bürgermeister von Jerusalem Teddy Kollek lebte hier. Vor dem Sechstagekrieg 1967 lag der Kibbutz unter ständig wiederkehrendem Beschuss der Syrer. Mal waren die Menschen, die auf den Feldern die Ernte einbrachten das Ziel, mal die Kinder auf dem Weg zur Schule. Anfangs brachte man die Kinder nach Beginn jeder Schießerei in die Bunker in Sicherheit, dann entschloss sich der Kibbutz, die Kinder dauerhaft im Bunker zu belassen. Es gab mehrere Jahrgänge von „Bunkerkindern“, die nur selten ans Tageslicht durften, weil das zu gefährlich war. Erst mit der Eroberung der Golanhöhen durch Israel endete der Spuk. Israel annektierte die Golanhöhen. Das hatte nicht nur positive Folgen für die Sicherheit der Bewohner des Nordufers des Sees Genezareth, sondern dem Land wurde seine vergessene Geschichte zurückgegeben. Schon 1968 fand eine gründliche Erforschung der Umwelt und der Archäologie der Golanhöhen durch die Jewish Agency und die Naturschutzbehörde statt. Dabei entdeckte Yitzhaki Gal die alte Festungsstadt Gamla, die am Jüdischen Aufstand gegen die Römer im Jahre 66 beteiligt war. Unter dem Kommando von Josephus Flavius widerstand die Stadt insgesamt drei Eroberungsversuchen, bis sie schließlich von Vespasian eingenommen und so zerstört wurde, dass niemand sie je wieder aufgebaut hat .Für 1900 Jahre geriet der Ort so in Vergessenheit, dass man nicht mehr wusste, wo sich die Stadt befunden hatte. Gal fand sie nach gründlichem Studium der Schriften von Flavius und ließ sie frei legen. Die Große Synagoge der Stadt ist eine der Ältesten, die je in Israel entdeckt wurden,  Wer heute wie einst die Römer auf dem Berg steht und auf die Stadt herabblickt, kann sich nicht vorstellen, dass diese imposanten Gemäuer verschwunden gewesen waren. Heute kann man sogar die tausenden Steinkugeln , die von den Römern abgefeuert worden waren bestaunen, oder man findet eine der unzähligen Pfeilspitzen oder Nägel, die beim Sturm auf die Mauern zum Einsatz gekommen sind.
Etwa eine halbe Stunde nach Gamla in Richtung Norden passieren wir die eine ehemals syrischen Stadt. Das war das Hauptquartier der DDR-Offiziere, die Syrien in seinen Kriegen gegen Israel tatkräftig unterstützt haben. Da die NVA der DDR teilweise von alten Wehrmachtskadern aufgebaut wurde, kann man sich fragen, wie viele dieser „Berater“ schon zwanzig Jahre früher die Vernichtung von Juden unterstützt hatten.  Heute ist dieses düstere Kapitel der DDR-Geschichte vergessen. Da die Vereinigung von NVA und Bundeswehr problemlos über die Bühne ging, steht zu befürchten, dass sich der eine oder andere „Berater“ noch im Dienst befindet.
Unser letztes Ziel an diesem Tag ist der Tel Dan- Naturpark. Das Quellgebiet des Dan ist eine der drei Quellen, aus denen sich der Jordan speist. Bis zum Sechstagekrieg war es die einzige Jordanquelle in israelischer Hand . Lange stritten sich die Naturschützer mit den Wasserversorgern, an welcher Stelle der Dan für die Wasserversorgung des Landes angezapft werden dürfte. Die Naturschützer setzten sich durch und das Quellgebiet blieb unbeeinträchtigt. Sehr zur Freude aller Besucher. Aber nicht nur die üppige Vegetation ist einen Ausflug wert, sondern wiederum die Ausgrabungen. Israelische Archäologen fanden unter der Leitung von Prof. Biran die alte Stadt Dan, deren Anfänge 5000 vor Christus liegen. Später wurde die Stadt unter dem Namen Laish bekannt. Hier findet sich mit dem Kanaanitischen Tor der Beweis, dass jüdische Baumeister 1500 Jahre vor den Römern schon die Kunst, Rundbogen zu mauern, beherrschten. Die Stadt lag fünf Meter unter der Erde, heute kann man wieder durch einen Teil ihrer Straßen gehen oder wie einst der König am Israelischen Tor sitzen, um zu schauen, welche Besucher sich die Ehre geben. Mehr als zwei Drittel der Stadt liegen noch unter einem Wäldchen verborgen Die israelische Philosophie ist, den Archäologen der Zukunft genug zu hinterlassen, weil sie möglicherweise mit verbesserten Ausgrabungsmethoden Erkenntnisse gewinnen könnten, die uns heute noch verschlossen sind. Oberhalb von Dan wurde eine Große Opferstätte ausgegraben, die bis in die Römische Zeit benutzt wurde. Wenn man dann dem Hinweisschild folgt, das eine schöne Aussicht verspricht, stößt man wieder darauf, mit welchen Schwierigkeiten Israel seit seinem ersten Tag zu kämpfen hat .Auf halbem Wege kann man sich entscheiden, ob man den Aussichtspunkt auf einem Waldweg, oder durch eine Schützengraben-, und Bunkeranlage erreichen will. Ich entscheide mich für zweiteres, laufe durch die Schützengräben, wie vor gar nicht so langer Zeit die Soldaten, die hier kämpfen mussten, um die Grenze vor den Syrern zu schützen. Im Bunker finde ich noch die Halterung für das MG, dahinter in einer kleinen Betonhöhle zwei Betonbetten für die Soldaten der Freiwache .Der Blick durch die Schießscharte ist atemberaubend. Wieder sieht alles ganz friedlich aus. Nur wenn man genauer hinguckt, sieht man den ausgebrannten syrischen Panzer, dessen Vormarsch vermutlich von dieser Stelle aus gestoppt wurde. Weiter hinten der Wachturm an der syrischen Grenze. Wie viel Mut und Entschlossenheit jeden Tag aufs Neue den Israelis abverlangt wird, um ihr Land zu verteidigen. Hier ist im Augenblick alles still, aber anderswo stehen Orte des Landes unter täglichem Raketenbeschuss der Hammas , ohne dass dies die Weltöffentlichkeit zur Kenntnis nimmt .Am nächsten Tag sollte mir im Palästinensischen Autonomiegebiet drastisch vor Augen geführt werden, dass der Frieden noch weit entfernt ist.

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