Rainer Bonhorst / 19.03.2018 / 13:16 / Foto: pixabay / 17 / Seite ausdrucken

Wie wollen wir leben?

Sie ist wieder da, die alte Debatte darüber, ob der Islam zu Deutschland gehört oder nicht. Kein Wunder. Sie wird uns als Wiedergänger noch lange beschäftigen, denn sie dient politischen Zwecken. Die Debatte changiert zwischen denen, die der AfD nahe sind oder ihr wieder ein paar Stimmen abnehmen wollen, und denen, die nicht wahr haben wollen, dass es mit den Moslems bei uns das eine oder andere Problem gibt. Mich regt diese Wiederkehr zu ein paar nur halb ernsten Bemerkungen und völlig sinnfreien Zahlenspielen an.

Also: Lässt man die Politik beiseite, so lässt sich die Frage nach dem Islam ziemlich einfach beantworten. Und, täteretäää, die Antwort lautet: Es kommt drauf an, ob man es historisch betrachtet oder ob man einfach die Leute zählt, die da sind. Welche Methode man wählt, liegt natürlich wieder an der Politik, die man wählt.

Ganz lustig finde ich, dass man die gleiche Frage mit umgekehrten Vorzeichen über das Christentum in Deutschland stellen kann. Da lautet dann die Antwort: Historisch gehört das Christentum zu Deutschland, aber wenn man die Leute zählt, kommt man in manchen Regionen zu dem Ergebnis: von Christentum kaum eine Spur. Ich habe mal wahllos Chemnitz herausgegriffen. Dort sind laut offizieller Meldung nur 20 Prozent der Leute Christen, bleibt ein Rest von 80 Prozent. In anderen Städten des Ostens sieht es ähnlich aus.

Ängstliche Naturen haben womöglich das Gefühl, dass die verbleibenden 80 Prozent Moslems seien oder bald sein werden. Also gut, diese Übertreibung leiste ich mir einfach mal scherzeshalber. Tatsächlich gibt es aber so etwas wie eine gefühlte Moslem-Präsenz, und die ist höher als die tatsächliche Zahl. Das hat damit zu tun, dass Moslems ihre Präsenz oft überdeutlich demonstrieren: Mit Kopftüchern, orientalischen Picknicks im Park und optisch dominierenden Moscheen.

When in Rome, do as the Romans do

Das forsche Auftreten entschiedener Moslems ist offenbar eine Eigenschaft dieser Volksgruppe. Ich selber habe viele Jahre im Ausland gelebt und gerne darauf verzichtet, meine alternative Herkunft über Gebühr heraushängen zu lassen. When in Rome, do as the Romans do, sagt der Engländer, sofern er nicht Moslem ist. Aber diese Bereitschaft zur Anpassung scheint eher eine westliche Form der Höflichkeit oder Gschamigkeit zu sein. Und auch da kommt es wieder darauf an, welche Epoche man sich anschaut. Die Briten und die Deutschen sind als Afrika-Kolonialisten ausgesprochen germanisch aufgetreten und haben wenig Neigung gezeigt, sich den afrikanischen Sitten anzupassen.

Nun treten viele Moslems bei uns zwar nicht gerade zurückhaltend auf, aber auch nicht als Kolonialisten, selbst wenn Erdogan, der unter Deutschlands Moslems bemerkenswert viele Anhänger hat, das vielleicht möchte. Der Kalif von Ankara denkt wohl eher an Eroberung durch geburtsaktive Unterwanderung eines geburtsfaulen Landes. 

Bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg. Die nicht gefühlte sondern gezählte Zahl der Moslems bewegt sich nahe fünf Prozent. Immerhin: Sie sind dabei, die bei uns magische Fünf-Prozent-Klausel zu knacken. Bei mir in Augsburg haben sie sie längst überschritten. Überhaupt kann man sagen: In den Städten häufen sie sich, während sie auf dem Land dünn gesät sind. Die knapp fünf Prozent sind also ein Durchschnittswert, der im wahren Leben Makulatur ist.

In Augsburg, um hier zu bleiben, bilden die Moslems nach den Katholiken längst die zweitstärkste Religionsfraktion. Die Protestanten müssen sich in der Stadt des Augsburger Bekenntnisses und der Parität mit einem bescheidenen dritten Platz begnügen. Aber da der Protestant die Bescheidenheit liebt, tut ihm das nicht weiter weh. In einigen Stadtteilen, ob in Augsburg oder Berlin, verfügen die Moslems bereits über die einfache Mehrheit, in einigen Vierteln und Straßenzügen kratzen sie an der Kanzlermehrheit.

Mit den Zahlen ist das halt so eine Sache. Zudem sind die Moslems in unserem Land nicht so preußisch registriert und organisiert wie wir, die wir schon länger hier sind. Was die Sache auch nicht einfacher macht. Und dann gibt es da noch die Debatte um die so genannten Kulturmoslems, die ungefähr so fromm sind wie der durchschnittliche Chemnitzer mit historisch christlichem Nichtmigrationshintergrund. Wie sehr muss man die unterscheiden?

Ob es hilft, Kopftücher zu zählen?

Und wo verläuft die Grenze zwischen Kulturmoslems und regelmäßigen Moschee-Gängern? Ob es hilft, Kopftücher zu zählen? Aber das dann besser im Sommer. Im Winter könnte manches Kopftuch auch aus Witterungsgründen getragen werden. Erst im Sommer wird es eindeutig zum Kulturkopftuch. Und selbst da bleibt die Frage, ob es sich um ein Religionskopftuch handelt oder um ein trotziges oder cooles Tuch des Herkunftsstolzes. Das coole Kulturkopftuch ist vom echten Kampfkopftuch kaum zu unterscheiden. Allenfalls dann, wenn es zum Gegenstand von Gerichtsprozessen wird. Dann weiß man, wes Geistes Kind unter der Kopfbedeckung steckt. Im Zweifel schaut man einfach weiter nach unten, ob sich dort knackig enge Jeans befinden oder ob da Omas Knöchelrock herum schlingert.

Nun gut, das soll in Sachen Kopftuch reichen. Aus Gründen der Gender-Gerechtigkeit sollte ich mich vielleicht auch kurz mit der Männerbekleidung befassen. Da ist das Problem, dass sie nicht viel aussagt. Sicher, wer in betont moslemischer Kluft umherläuft, gehört wohl auch in sie hinein. Er ist so moslemisch wie der Bayer in der Lederhose bayerisch. (Wobei der Kenner weiß, dass viele, die in Bayern Lederhose tragen, einen preußischen Migrationshintergrund haben.)

Das Problem des Betrachters moslemischer Männer besteht darin, dass die strengen Bekleidungsvorschriften nur für Frauen gelten, die ja nach islamischer Tradition ein möglichst verdecktes Dasein führen sollen. Bei den Männern ist es so, dass unter einem knallbunten T-Shirt einerseits das Herz eines westlich-hippen Disc-Jockeys schlagen kann, aber ebenso das Herz eines islamistischen Bombenbastlers. Auch der Bart ist kein besonderes Kennzeichen mehr, seit er auch zur Ausrüstung von Fußballern und freisinnigen Kulturschaffenden gehört.

Was bleibt? Eigentlich nur mal wieder der Hinweis, dass die Zahlen und selbst die Historie wenig aussagen, sondern vor allem politische Knetmasse sind. Worum es wirklich geht, ist die Frage: Wie wollen wir leben? Und da will ich mit meiner ganz persönlichen Meinung nicht hinterm Berg halten: Dass Deutschland in den letzten Jahrzehnten bunter, leckerer und südlicher  geworden ist, finde ich gut. Aber der politische, kulturelle und kriminologische Mist, der aus Erdoganistan und dem kriegsverseuchten Gebieten des Nahen Ostens und Afrikas eben auch zu uns gekommen ist, ist keine Bereicherung sondern ein Ärgernis, ja sogar eine Gefahr.

Aus politischer Feigheit kriminelle Schweinereien mit dem Mantel des Schweigens zu bedecken, wie jetzt wieder in England bekannt wurde, grenzt an Unterwerfung, wie sie Michel Houellebecq in seiner Zukunftssatire entworfen hat. Leider kommt es immer wieder vor, dass die Realität die Satire einholt. Aber darauf muss man es ja nicht ankommen lassen. 

Foto: pixabay

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Leo Lepin / 19.03.2018

Wenn ich an Gunnar Heinsohns Betrachtungen denke (“Kriegsindex”), erscheint mir die Landnahme mittels Einwanderung, da die militärischen Mittel nicht vorhanden sind, gar nicht so abwegig. Übrigens ist es auch im Winter deutlich zu erkennen, wenn ein Kopftuch aus religiösen Gründen getragen wird (ich lebe in Berlin Wedding).

Rainer Nicolaisen / 19.03.2018

Na, wie wäre es einfach mal zunächst mit einer semantischen Betrachtung von “dazugehören”?

Walter Mey / 19.03.2018

Aber Herr Bonhorst, wie um alles in der Welt kommen Sie auf den Gedanken, “Unterwerfung” sei Satire? Es ist eine exakte Beschreibung der Vorgänge, die wir in Europa erleben werden, wenn alles so weitergeht wie bisher. Herr Houellebecq ist mitnichten ein Satiriker, er ist ein Seher. Der Arme. Wir Armen.

Charles K. Mayer / 19.03.2018

Man sollte sich doch zunächst einmal klar machen, was “der Islam” ist. Es sind nicht die Millionen Menschen muslischen Glaubens, wie viele Journalisten und Politiker nicht müde werden, zu behaupten. Diese sind “Muslime” nicht Islame, - und es gibt unter ihnen unendlich viele subjektive Haltungen zum Islam und Präferenzen, ihn zu leben - von fast gleichgültig bis sehr konsequent. KONSEQUENZ, das ist der Schlüssel zum Verständnis des Islam(ismus), nicht RADIKALITÄT. Denn es gibt nicht beliebig viele Auslegungen des Islams (so wie im Christentum), sondern es gibt nur einen Islam, und der findet sich als objektives Gedankensystem im Koran und (nicht zu vergessen) in der Sunna. Der Koran ist Allahs wortwörtliches, ewiges und unveränderliches Wort, dem man nur mehr oder weniger gehorsam (konsequent) folgen kann, die Sunna fordert die Muslime auf, dem Beispiel des Gewaltmenschen Muhammed zu folgen - auch dies ist mehr oder weniger konsequent möglich. Wer das Christentum ernst nimmt, wer als Christentum konsequent dem Vorbild Jesu folgt und in der Tradition der Urgemeinde lebt, der kann nur friedlich, in Armut und in Machtlosigkeit seine Religion vertreten. Wer den Islam und das Vorbild Muhammed   k o n s e q u e n t   lebt, begibt sich auf den Weg von Hass, Gewalt und Lüge, wie Allah und Muhammed in Koran und Sunna sie von den wahren Gläubigen fordern. Liberalen Muslimen (Munafiqun (Heuchlern)) mangelt es an einer solchen Konsequenz!  Diesen fundamentalen Unterschied zum Christentum gilt es zu begreifen - die Frage nach der Zugehörigkeit des Islams zu Deutschland beantwortet sich dann von selbst!

Michael Nötting / 19.03.2018

houellebecqs “unterwerfung” eine satire? sie belieben zu scherzen, herr bonhorst , oder sind sie einfach nur auf dem holzweg? des franzosen dystopie scheint mir das werk eines propheten unserer tage zu sein - jedenfalls befürchte ich das. nun ja. time will tell…

Peter Zentner / 19.03.2018

Zu den einheimischen christlichen Religionen, die vor sich hin darben, fällt mir nur Dr. Angela Merkels kluger Rat ein: Mal endlich wieder Blockflöte (sic!) spielen und Weihnachtslieder singen. Letzteres kann man auch im Sommer, denn in Bethlehem schneit es eher selten. Wir haben halt eine weise Kanzlerin, daran lässt sich nicht rütteln.

Werner Lange / 19.03.2018

Hallo Herr Bonhorst, die Frage wie wir leben wollen liesse sich recht einfach beantworten wenn der Isalm “nur” eine Religion wäre. Im Gegensatz zu den christlichen Religionen, die eine klare Trennung zwischen Staat und Religion beinhalten (“Gebt dem Kaiser was des Kaisers ist…” so Jesus, der Religionsstifter) ist der Islam neben Religion auch eine Gesetzessammlung die das Verhalten der Mohammedaner zum Teil bis in intime Situationen regelt - und sich dabei als den staatlichen Gesetzen übergeordnet empfindet, zumindest bei den “Hardlinern”...... Was für Gefühle würden mich “beschleichen” wenn mir eine meiner Enkeltöchter einen bärtigen Jung-Moslem mit den Worten vorstellen würde “Hallo Opa, das ist Mohammed, mein zukünftiger Ehemann” - und vielleicht statt des bisherigen Minirocks schon einen kleidsamen, bodenlang wallenden Rock an hätte? Ich stell’s mir lieber nicht vor!

Hermann Neuburg / 19.03.2018

5% Muslime in Deutschland, wo es doch schon ca. 5 Mio. waren 2014. Danach kamen bis heute nochmal ca. 2 Mio. dazu? Immer noch unter 5%? Ferner wird die Religionszugehörigkeit “Islam” nicht erfasst, in den Einwohnerdaten, wie soll man es dann genau wissen? Außerdem kommt es auch auf den Prozentsatz je Altersgruppe an, und da sind die Muslime bei der Gruppe der unter 35-jährigen schon bei eher 15, wenn nicht 20 %. Und dann noch die Geburtenrate. Alles zusammen wird dafür sorgen, nach heutigem Stand, dass Deutschland ein islamisches Land wird, in weniger als 100 Jahren.

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