Katharina Szabo / 16.08.2016 / 12:02 / 22 / Seite ausdrucken

Wer oder was steckt unter der Burka?

Seit Tagen reißt die Diskussion nicht ab, erbittert streitet die Intelligenz des Landes. Der Disput wird dermaßen beharrlich geführt, dass selbst die Politik nicht mehr umhin kommt, "Handlungsbedarf" zu signalisieren. Kommt es nun oder kommt es nicht, fragen sich die Frauen und Männer des Landes, das Burkaverbot? Keine leichte Sache für die Politik, hier eine für alle verträgliche Lösung zu finden, stehen sich doch drei Parteien unversöhnlich gegenüber. Fangen wir mit den Islamverbänden an, die um Neutralität bemüht sind und in dieser Angelegenheit auch mal Unterstützung durch Jürgen Todenhöfer erfahren.

Ein Burkaverbot ist unnötig, so die Stellungnahme des Vorsitzenden des Zentralrates der Muslime, Aiman Mazyek, da es in Deutschland keine Burkaträgerinnen gibt. Da hat er Recht. Die himmelblaue, recht luftige und mit Stoffgitter zum Sehen ausgestattete klassische Burka wird eher von der afghanischen Frau getragen und ist im Westen nicht sehr verbreitet. In deutschen Großstädten trifft man, vor allem im Sommer, wenn sich zu den einheimischen Muslimas die Touristinnen hinzugesellen, den weniger luftigen, dafür schwarzen Niqab an, sowie die in IS-Gebieten getragene Variante des konservativen Niqabs, bei welcher der Schleier an der Stirn befestigt wird und auch die Augen züchtig verhüllt. Derart vor lüsternen Blicken geschützt, torkelt die Muslima nun nicht mehr halbblind durch die Gegend, sondern komplett blind hinter ihrem Mann her, manchmal geführt von den Kindern.

Dieser Position stimmt der linksliberale ältere Herr der schreibenden Zunft prinzipiell zu, möchte die Diskussion aber grundsätzlicher führen. Ein Burkaverbot, entrüstet er sich, hebelt die Grundwerte einer jeden liberalen Demokratie aus und führt auf direktem Wege in die dunklen Zeiten jüngster deutscher Geschichte. Sollte nicht jeder Mann, egal ob Jude, Christ, Atheist oder Muslim frei entscheiden dürfen, wie sich seine Frau anzuziehen hat?

Ein Burkaverbot wird kommen, zumindest ein bisschen

An der Aufrichtigkeit dieser Männer besteht kein Zweifel. Sollte sich in unserem liberalen Land je eine Religionsgemeinschaft ausbreiten, deren Glauben auf dem seit Generationen überlieferten Brauch fußt, ältere linksliberale Männer während  einer feierlichen Zeremonie zu kastrieren, sie würden mit ihrem Leben dafür eintreten, auch dieser Minderheit ihre kulturelle Identität zu belassen.

Die CDU ihrerseits wäre nicht die CDU, schaffte sie es nicht, in dieser heiklen Sache eine für alle genehme Lösung zu finden, um das unangenehme Thema schnell und elegant vom Tisch zu bekommen. Ein Burkaverbot wird kommen, zumindest ein bisschen. Künftig, so die Idee, wird das Tragen einer Vollverschleierung in Ämtern und im Straßenverkehr verboten. Keiner Burkaträgerin soll es erlaubt sein, vor Gericht verschleiert aufzutreten oder ein Fahrzeug zu steuern.

Damit verprellt man vielleicht linksliberale ältere Herren ein wenig, die für die totale Burkafreiheit auch in Ämtern und im Straßenverkehr plädieren, stellt aber den Koalitionspartner zufrieden. Hatte die SPD, die das Burkoaverbot rigoros ablehnt, nicht erst kürzlich ein Fahrverbot für säumige Unterhaltszahler und Verbreiter von Hassbotschaften auf Facebook gefordert? Das Fahrverbot kommt bestimmt, das Burkaverbot nur in abgemilderter Form. Mehr Realpolitik geht nicht.

Und auch als nette Geste in Richtung Saudi-Arabien kann dieser Geniestreich der CDU gewertet werden. Dürfen doch auch im wahabitischen Wüstenstaat Burkaträgerinnen kein Fahrzeug lenken.

Siehe auch:

Doch, die Burka passt in eine liberale Demokratie. Hier

Burka: das freiwillige Stoffgefängnis ist für Linke Freiheit. Hier

Ein Burkini ist keine Burka. Hier

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Leserpost

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Dirk Ahlbrecht / 16.08.2016

Jeden Tag kommen junge und gesunde Männer in Bataillons- und an manchen Tagen in Regimentsstärke übers Meer und dieses Land diskutiert über ein Burka-Verbot. Es ist einfach nur noch absurd.

Lutz Herzer / 16.08.2016

All diejenigen, die vor vier Jahren vehement die Legalisierung der Zwangsbeschneidung von kleinen Jungen gefordert hatten, brauchen heute kein Burkaverbot für erwachsene Frauen zu fordern. Irgendwann geht die Willkür bei der Auslegung von Religionsfreiheit in pure Lächerlichkeit über.

Lars Bäcker / 16.08.2016

Ich bin für ein generelles Burka-Verbot, sowie ein Kopftuchverbot in allen öffentlichen Gebäuden (unabhängig davon ob Besucher oder Mitarbeiter). Zu streng? Vor ein paar Jahren war dies in der Türkei noch Gesetz.

Christoph Eschenbach / 16.08.2016

@Hr Ertl: Solange ich denken kann leben wir bereits in einem Land in dem der Staat mir vorschreibt wie ich mich (nicht) zu kleiden habe! Oder ist Ihnen noch nicht aufgefallen, daß man nicht nackt auf die Straße, geschweige denn in ein Gericht darf. Wenn Sie ‘nackt’ nicht für eine Kleidung halten, das gleiche gilt auch wenn Sie nur mit Strümpfen oder einem Hut bekleidet sind. Und kennen Sie die letztendliche Begründung für das Verbot? Nacktheit verletzt das (Scham-)Gefühl der Mehrheit der Menschen. Hier also werden die Gefühle Anderer höher bewertet als die Freiheit des Menschen. Es gibt also schon längst Vorschriften zur Bekleidung. Ich kann mich nicht erinnern, daß sich ‘Liberale’ auch nur im Entferntesten jemals so für FKK-Anhänger eingesetzt hätten wie jetzt für Frauen - oder deren männliche Verwandtschaft - die das diskriminierende Symbol einer rückschrittlichen Tradition als Zeichen der Raumnahme durch eine unvereinbare Kultur durchsetzen wollen. Sie helfen die hier herrschenden ungeschriebenen Regeln des Zusammenlebens Schritt für Schritt zum schlechten zu verändern. Was aus islamisch geprägten Ländern zu hören ist, ist der Endpunkt einer solchen Entwicklung in keinster Weise erstrebenswert. ich möchte nicht eine einzige Station in diese Richtung fahren! Merkwürdiger Weise scheinen die Liberalen auch bei dem Verbot des tragens von Nazi-Symbolen kein Bedenken wegen des Eingriffs in die Freiheit des Einzelnen zu haben. Schon bei Kleidung von ‘Thor Steinar’ oder Schlüsseanhängern mit dem Aufdruck “Klagt nicht, kämpft!” Findet diese Liberalität ganz schnell Grenzen. Bei der Verschleierung geht es im übrigen nicht nur um die Diskriminierung von Frauen sondern auch um die Diskriminierung und Beleidigung von Männern: Die zugrundeliegende Unterstellung, Männer würden sich beim Anblick des kleinsten Teils eines weiblichen Körpers nicht beherrschen können, ist maximal pauschalisierend und zutiefst beleidigend.

Jens Richter / 16.08.2016

Wie wär’s mit einem genus proximum? “Vermummungsverbot”. Wenigstens das Gesicht muss gut sichtbar sein, schon um eine Strafverfolgung zu ermöglichen (wenn die in Deutschland überhaupt noch erwünscht ist…). “Der Augenzeuge sah einen Sack, der sich schnell in nördlicher Richtung bewegte. Unklar ist, ob es sich um eine alte oder junge Säckin oder einen alten oder jungen Sack gehandelt hat.” Anderseits lesen sich viele Artikel so ähnlich, wenn es um verschleierte (sic!) Täterbeschreibungen geht.

Ingo Weil / 16.08.2016

Was glauben sie wie schnell eine Vermummung verboten wäre(gilt nur für Demos-wobeiich schon Burkas auf Salafisten Demos sah)wenn das ganz normal Menschen machen würden.Stellen sie sich vor die Autonomen würden so durch Berlin laufen…stellen sie sich vor vermummte würden vor Häusern von Politikern rumlungern.Würden die Politkiker die jetzt sagen-Burka ist voll ok-es hinnehmen?

Benjamin Schwenk / 16.08.2016

Herr Ertl, wenn ich Hakenkreuzbinden und andere Nazi-Symbole verbieten kann, kann ich auch Vollverschleierungen und andere islamistische Symbole verbieten. Das Konzept nennt sich “wehrhafte Demokratie”, und die hätte ich sogar sehr gerne wieder!

Marcel Seiler / 16.08.2016

Währet den Anfängen! Es ist wichtig, die Burka (und wie die Vollverschleierungen alle heißen) zu verbieten, weil Deutschland ein Signal setzen muss: wer hier herkommt, muss die deutsche Lebensweise akzeptieren oder wieder nach Hause gehen. Aus dem gleichen Grunde muss Deutschland das Kopftuch verbieten.—Sorry, Leute, wir sind hier in einem Kulturkampf. Wenn wir keine Grenzen setzen, verlieren wir Deutschland scheibchenweise: immer nur eine minikleine Scheibe, nach noch eine und noch eine…, und am Ende ist die Wurst weg. Früher (das Wort ist aus der Mode gekommen), wurde das Salamitaktik genannt. Im Moment sind es die Muslime, die diese Taktik (schon mit großem Erfolg!) anwenden. Damit muss Schluss sein. (Und dass wir uns mit einem kleinen “Kompromiss” Frieden erkaufen würden, ist eine totale Illusion. Jede erfüllte Forderung erzeugt hier sofort neue.)

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