Gastautor / 27.01.2016 / 12:24 / 2 / Seite ausdrucken

Wer nichts wird, wird Wirt. Oder Terrorexperte.

Thomas Heck

Ich werde immer unruhig, wenn im Fernsehen und in den Printmedien "Militärexperten", "Nahostexperten" und eben "Terrorexperten" auftreten. Als Wirtschaftswissenschaftler gab es während meines Studiums immer den Witz: "Wer nichts wird, wird Wirt". Bei mir halt Volkswirt. Gleiches gilt heute für diese Experten, die in Kombination mit dem Status des "Islamexperten" dieser Tage zur Höchstform auflaufen.

Dass auch diese Experten genauso im Trüben fischen wie unsere Sicherheitskräfte, haben wir alle mittlerweile selbst herausgefunden. Ein besonders umstrittenes Exemplar ist dabei Udo Steinbach, ehemaliger Leiter des Orient-Instituts in Hamburg, der sich neben seiner Tätigkeit als Wissenschaftler vor allem dem "Dialog der Kulturen" und Konfessionen widmet. Steinbach bezeichnet sich als nicht konfessionell gebunden, sieht aber „in der Begegnung mit Frommen - Muslimen, Christen und anderen - eine Bereicherung und eine Chance, aus der Sackgasse des Völlig-ohne-Gott-Lebens herauszukommen“. Die Wahrnehmung des Islam in der westlichen Welt wird laut Steinbach durch eine unausgewogene Darstellung verzerrt:

Die Bilder, die kämpfende und aufgewiegelte Muslime zeigen, sind insbesondere für das Fernsehen besonders ergiebig. Sie schaffen auf unserer Seite das Gefühl der Bedrohung durch den Islam und der Abwehr der Muslime. Demgegenüber sind friedliche Muslime kein Thema der Medien. Gleichwohl sind diese in der Welt zwischen Nordafrika und Indonesien weitaus in der Mehrheit.

Die dänischen Mohammed-Karikaturen bezeichnete er als „primitiv“ und als „eine gezielte Provokation“.[Im April 2012 stellte er sich hinter das  "israelkritische" Gedicht Was gesagt werden muss von Günter Grass:

Günter Grass' Gedicht ist ein großartiger Beitrag dazu, um einen Krieg herumzukommen, der schon programmiert erscheint. [...] Diese Argumente wurden von vielen Seiten vorgetragen, aber bisher hatte niemand von uns den Einfluss, um die zwingend notwendige Diskussion auszulösen. Günter Grass ist mit seiner Autorität besser dazu geeignet.

Jetzt hat Steinbach in Focus Online auf die Terrorwarnung Europols reagiert, wonach der IS in Europa jederzeit und überall zuschlagen kann.  Er warnte darin, dass die Islamisten auch Kindergärten ins Visier nehmen könnten. Der Experte befürchtet Anschläge während der Karnevalszeit, schließe aber Atombomben aus, über Giftgas kann man nur spekulieren. Anschläge auf Bahnhöfe oder Atomkraftwerke seien zurzeit wenig wahrscheinlich, der IS habe eher "softe" Ziele im Visier. Er glaube auch nicht, dass der IS Ausbildungscamps innerhalb Europas unterhalte, dafür sei die "Kontrolle zu groß".

Da sind wir aber beruhigt, dass der IS mit unseren Kindergärten nur "softe" Ziele im Visier hat und wir ansonsten alles unter Kontrolle haben. Da wir jedoch gefühlt gar nichts unter Kontrolle haben, frage ich mich ernsthaft, was "Experten" wie Steinbach umtreibt.

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Hans Meier / 27.01.2016

Ich habe sogar den Spruch gehört, „Wer nichts wird, wird Wirt, ist ihm auch dieses nicht gelungen, handelt er fortan beruflich mit Versicherungen“.

Christian Schulz / 27.01.2016

In der öffentlichen Debatte wird gerne der Beauftragte für ein bestimmtes Thema durch die Beauftragung zum Experten. Das sieht man besonders deutlich in den Fraktionen, dort werden Abgeordnete als “Experten” für ein bestimmtes Thema “benannt”. Sie sollen sich intensiv mit einem Thema befassen. ob sie etwas davon verstehen ist eher egal. Es spricht nichts gegen solche Beauftragten, sie sind sicher nötig. Es ist auch sinnvoll, dass sich ein Fraktionsmitglied verstärkt einem Themenschwerpunkt widmet, aber das macht aus ihm noch keinen Experten.

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