Moritz Mücke, Gastautor / 29.08.2016 / 06:00 / Foto: DonkeyHotey / 16 / Seite ausdrucken

Wer hat Angst vor Donald Trump?

Von Moritz Muecke.

Haben Sie auch Angst, dass Donald Trump amerikanischer Präsident wird? Die deutschen Leitmedien jedenfalls scheinen kurz vorm Herzinfarkt zu stehen, denn für sie ist Trump nicht nur ein streitbarer (Neu-)Politiker, sondern ein gefährlicher Scharlatan, dem auf keinen Fall die Befehlshoheit über das amerikanische Nukleararsenal anvertraut werden darf. Dass theofaschistische Regimes wie das des Iran (und danach Saudi-Arabien) ihre Hände an Nuklearwaffen kriegen werden, erweckt oft wesentlich geringere Antipathie in der deutschen Presselandschaft. Die Ängste der Deutschen sind, wie ich neulich an dieser Stelle schrieb , unlängst arg abstrakt geworden. Um die Gemüter etwas abzukühlen, würde Ihnen heute gerne vier Aspekte nennen, die ein wenig zur Versachlichung der Debatte über die Person Donald Trump beitragen könnte.

Erstens: Trumps Vergangenheit. Eines der besseren Argumente gegen den Unternehmer ist, dass er als Nicht-Politiker keine Erfahrung vorweisen kann, die ihn für das Amt qualifiziert, und aus der man entnehmen könnte, wie ungefähr er sich als Präsident verhalten würde. Hier wird allerdings oft vergessen, dass der mittlerweile 70-jährige Magnat die meiste Zeit seiner Karriere im Lichte der Öffentlichkeit verbracht hat, denn er steht schon seit Jahrzehnten im Fadenkreuz der New Yorker Klatschpresse. Oft hat Trump sich empörend geäußert, aber etwas ernsthaft Empörendes getan hat er noch nicht. (Das ulkigste, das mir einfällt, ist, dass er sich zeitweilen für seinen eigenen Pressesprecher ausgegeben hat. Aber solche Neckereien erinnern mich eher an Dieter Bohlen, und nicht an Adolf Hitler.)

Es ist zudem wichtig, nicht zu vergessen, dass Trump durchaus ausgefeilte Kommunikationsstrategien benutzt. Wie ich unlängst an dieser Stelle festhielt, versteht man den politischen Erfolg des Mannes am besten, wenn man in ihm einen intelligent agierenden Kommunikator erkennt. Aus seinem Buch „The Art of the Deal“ ist außerdem bekannt, dass er sich gegenüber der Presse gerne gezielt provokant gibt, um möglichst viel Aufmerksamkeit auf sich und seine Geschäfte zu lenken. Über seine Verhandlungsstrategie schrieb er, dass er gerne zunächst mit absichtlich überhöhten Forderungen an seine Verhandlungspartner herantritt, um nach dem Herunterhandeln schließlich genau das zu kriegen, was er sowieso von vorneherein gewollt hatte. Dieses Muster entspricht, sicher nicht zufällig, genau seiner Wahlkampfstrategie – zu Beginn der republikanischen Vorwahlen zog er mit übertriebenen Forderungen alle Aufmerksamkeit auf sich (was hervorragend funktionierte), während er mittlerweile wesentlich gemäßigter auftritt.

Trump hat gut erzogene Kinder - was lehrt uns das?

Zweitens: die Familie. Obwohl er nicht nur zum Unternehmer, sondern mit seiner TV-Show „The Apprentice“ auch zu einer Art Hollywoodstar aufgestiegen ist, hat er seinen Kindern eine gewisse Disziplin und Normalität anerzogen, aufgrund derer sie neben dem Vater fast schon spießig und langweilig wirken. Sogar eisenharte Anti-Trumpisten um das konservative Magazin National Review liebten die Rede, die Trumps Sohn Donald Jr. auf dem Parteitag der Republikaner hielt, und zwar gerade deshalb, weil er emotional gemäßigter auftrat, und Energie nicht mit einer gewissen Besonnenheit zu verbinden versäumte (Die Rede können Sie hier ansehen). Verglichen mit anderem, in Geld und Ruhm geborenen, Nachwuchs (etwa Paris Hilton oder Charlie Sheen) haben die Trump-Kinder erstaunlich gerade Karrieren ergriffen. Wohlerzogene Kinder fallen nicht vom Himmel, sondern lassen auch immer Rückschlüsse auf den Charakter der Eltern, in diesem Falle des Vaters, zu.

Drittens: Übereilte Rassismusvorwürfe. Mit keiner Diskurskeule wurde Trump von seinen Kritikern härter angegangen als mit der Rassismuskeule. Das geht in erster Linie auf seine Ankündigungsrede zurück, in der er illegalen Einwanderern Vergewaltigungs- und Drogenkriminalität zuschrieb. Allerdings kommen diese Migranten nicht etwa nur aus Mexiko, sondern mittlerweile aus aller Herren Ländern. Sogar der Mann hinter dem Attentatsversuch auf Trump ist ein Brite, der sein Visum überschritten hatte, sich also illegal im Land aufhielt. Bei Trumps Attacken auf Mexiko (eigentlich auf die mexikanische Regierung) vergessen seine Kritiker zudem, dass „mexikanisch“ keine Rasse bezeichnet, sondern eine Nationalität. Mexiko ist ein multiethnisches Land, das zudem tatsächlich von illegaler Einwanderung in die USA profitiert, da man sich so von Kriminellen entledigen und gleichzeitig eine exorbitante finanzielle Injektion über einkommende Auslandsgeldtransfers verbuchen kann, während gleichzeitig Kosten für Sicherheit, Bildung, und Gesundheitsversorgung auf die Vereinigten Staaten abgeschoben werden können.

Auch was Judenhass betrifft, gibt es bei Trump nichts zu sehen. Für seine Verdienste um die amerikanisch-israelische Freundschaft wurde er sowohl 1983 als auch 2015 von verschiedenen jüdischen Organisationen ausgezeichnet. Seine Tochter Ivanka konvertierte zum Judentum bevor sie den orthodoxen jüdischen Geschäftsmann Jared Kushner heiratete. Folglich sind deren Kinder, Trumps Enkel, auch jüdisch. Bei seiner letzten Ehrung kommentierte er das folgendermaßen: „Nicht nur habe ich jüdische Enkel, sondern auch eine jüdische Tochter, und das ehrt mich sehr.“  Als Trump vor einiger Zeit einen Anti-Clinton-Tweet mit Davidstern (allerdings auch ein Sheriffstern, was auch viel besser in den visuellen Kontext passt) absendete, gab es hysterische Reaktionen – auch wenn Trump den Tweet, der vermutlich eher auf sein Social Media Team zurückgeht (schönen Gruß an Heiko Maas), sofort löschen ließ. Sein Schwiegersohn Jared schrieb daraufhin eine lesenswerte Verteidigung Trumps unter dem Titel „The Donald Trump I Know“ .

Manchmal kann es angebracht sein, eher auf Taten als auf Worte zu achten

Schließlich gibt es – und auch hier sind eher auf seine Taten als auf seine Worte zu achten – solide Hinweise darauf, dass Trump schon als Geschäftsmann den Rassismus bekämpfte und nicht etwa förderte. So setzte er sich in den Neunzigern mit allen Mitteln dafür ein, Juden und Schwarzen Zugang zu sozialen Clubs in Palm Beach, Florida, zu ebnen, was vorher aufgrund von althergebrachtem Südstaatenrassismus nicht möglich war.

Viertens: Trumps Geschmack. In älteren Interviews, die aus seiner vorpolitischen Zeit stammen, erzählte Trump oft davon, dass er viel besser mit Bauerbeitern und Taxifahrern auskommt, als mit den Geschäftsmännern mit denen er konkurriert. Der Grund ist einfach: Wie der eigentlich aristokratische Franklin D. Roosevelt, der sich der Arbeiter erbarmte, ist Trump ein Klassenverräter. Er ist ein Patrizier mit dem Geschmack eines Plebejers. Er ist, wie mir ein amerikanischer Freund letztens erzählte, „eines armen Mannes Idee von einem reichen Mann“. Deshalb verbaut Trump so gerne Gold in seinen Gebäuden – auf uns mag es kitschig wirken, doch auch hier: So etwas erinnert eher an Mariah Carey als an Albert Speer.

Schauen Sie sich nur die Bilder von Trump an (hier und hier), die ihn beim Essen von Fast Food in seinem Privatflugzeug zeigen. Er hat zumindest kulinarisch das Zeug zum Volkstribun – könnte seine Politik nicht auch geerdeter sein, als mancher befürchtet? Ja, er mag auch der König des Geschnatters sein, aber ob das gefährlich ist?

Moritz Muecke studiert Politik an der Graduiertenschule des Hillsdale College in Michigan. 2015  war er Publius Fellow am Claremont Institute.

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Leserpost

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Wolfgang Schmid / 29.08.2016

Danke - man muss die “Achse” lesen, um auch mal eine andere Sichtweise zu bekommen. Auch wenn ich Trump nicht schätze, finde ich ihn per saldo doch besser als die Clinton-Dynastie.

Wolfgang Richter / 29.08.2016

Möglicherweise kommt Trump auf geradem Weg ins “Weiße Haus”  ohne noch über “Los” gehen zu müssen, wenn seine Gegenkandidatin aufgrund der immer mal diskutierten massiven gesundheitlichen Probleme ausfällt oder weil sich aus den ca. 15 000 neu aufgetauchten EMail ergeben sollte, von wem die zig Millionen stammen, mit der cie Clinton-Stiftung aufgefüllt wurde, dies schon zu ihren Zeiten als Außenministerin u. vor allem wohin 100e aus dem Stiftungsvermögen offenbar verschwundene Millionen entschwunden sind, ggf. zur Finanzierung von nicht dem Stiftungszweck entsprechenden Projekten. Wenn die Hintergründe der “Whitewater-Affäre” zutreffen sollten, könnte man auf die Idee kommen, daß die Stiftungsgründer schon länger Probleme mit dem rechtschaffenen Umgang mit Werten haben, die ihnen nicht persönlich zustehen. Auf jeden Fall soll nach jüngsten Umfragen der vormals vorhandene Vorsprung der Mrs. Clinton dahin sein. Das läßt spannende Zeiten in Bezug auf die US-Wahl erwarten.

Ralf Ostner / 29.08.2016

Naja, diesen faschistoiden Egomanen und Choleriker so zu verharmlosen, ist wohl reichlich daneben. Auch wenn man Merkel nicht mag, so ist dies doch kein Grund die Trumps, Putins, Le Pens, Orbans und wie diese ganzen autoritären Politiker heissen, in den Arm zu schliessen. Und ein Trump meinte auch “Wozu haben wir Atomwaffen, wenn wir sie nicht gebrauchen?”. Sorry, aber solch einen Menschen möchte ich nicht als Commander-in-Chief sehen. Der Mann ist brandgefährlich und kann den Weltenbrand entfachen.

Dennis Bätz / 29.08.2016

Sehr geehrter Herr Muecke Zuerst möchte ich mich für ihre Ausführungen bedanken. Da ich aber einer derjenigen bin der sich vor einem Donald Trump als Präsident fürchtet, würde ich gerne auf die 4 Punkte eingehen die sie ansprachen. Erstens: Das Donald Trump seid jeher im Licht der Öffentlichkeit steht und damit umzugehen weiß ist bekannt. Auch das er nichts Empörendes getan hat ist vollkommen richtig. Ebenso steht ausser Frage das er überragendes Talent für die Geschäftswelt besitzt. Allerdings entkräftigt all dies nicht den Vorwurf der mangelnden Politischen Erfahrung. Im Gegenteil hat er zum Teil beängstige Wissens-und Gesetzeslücken an den Tag gelegt. Paris Hilton besitzt die gleichen Qualifikationen und die möchte ich auch nicht als Präsidentin der USA. Zweitens: Das Donald Trump wohlerzogene Kinder hat ist durchaus als Leistung anzusehen. Ob sich daraus aber eine charakterliche Eignung für das Präsidenten Amt ergibt wage ich jedoch zu bezweifeln. Zumal es zu beobachten war das er für nicht eigene Kinder deutlich weniger Zuneigung und Verständnis aufbringt. Das Beispiel des Babys das er hat rausschmeißen lassen, habe ich noch vor Augen. Drittens: In ihrem dritten Punkt möchte ich sie gerne einmal zitieren. (  Das geht in erster Linie auf seine Ankündigungsrede zurück, in der er illegalen Einwanderern Vergewaltigungs- und Drogenkriminalität zuschrieb. Allerdings kommen diese Migranten nicht etwa nur aus Mexiko, sondern mittlerweile aus aller Herren Ländern. ) Genau da liegt das Problem. Populismus wie Donald Trump ihn betreibt ist durchaus rassistisch und gefährlich. Anzunehmen oder anzudeuten das solche Verbrechen hauptsächlich von Migranten (egal aus welchem Land) begangen werden ist schlichtweg Blödsinn. Genauso wie 11 Millionen Muslime aus Angst vor Terror aus dem Land schmeißen zu wollen. Mit der Angst und der Unwissenheit der Bevölkerung auf Stimmenfang zu gehen zeigt mir den wahren Charakter dieses Mannes. Er ist wie sie selbst schreiben kein Antisemit. Die von ihnen beschriebenen guten Taten in den 90er Jahren waren mir allerdings nicht bekannt. Dafür bekommt er ein paar dicke Pluspunkte von mir. Meiner Meinung nach muss man aber auch selbst kein Rassist sein um mit rassistischen Äußerungen auf Wahlkampftour zu gehen. Solche Aussagen zu tätigen, selber aber eine Meinung zu haben, fänd ich sogar noch verachtenswerter. Viertens: Ja Donald Trump erinnert auch mich sehr an Mariah Carey. Die Selbstdarstellung und die Kritikunfähigkeit sind auf jeden Fall schon Diva like. Ja er isst gerne Fast Food und er ist der König des Geschnatters. Er ist für mich aber auch derjenige der am weitesten weg von sozialer Mittel- und Unterschicht liegt. Letztlich muss ich leider sagen das ihr Text mir nicht die Angst vor einem Donald Trump als Präsident genommen hat.

Matthias Bart / 29.08.2016

Man hat lange auf einige intelligente Worte warten müssen, die das Phänomen Trump analysieren wollen, ohne zur mittlerweile recht abgedroschenen Dämonisierung dieser zweifellos schillernden Persönlichkeit beizusteuern. Liegt`s daran, dass der Autor ‘Insight from the inside’ präsentiert, sich also statt der empört-belehrenden Besserwisser -Perspektive deutscher Medien den unaufgeregte ‘Wait and see’-Ansatz zu eigen machen kann, mit der Vorgänge in den USA aus den Vereinigten Staaten heraus häufig gesehen werden? Wie auch immer, ein unverkrampfteres Bild von ‘The Donald’, der wie der Artikel nicht ständig ‘the ultimate evil’ aus seinen Knopflöchern hervorlugen sieht, war dringend notwendig. Danke dafür!

Hans Denker / 29.08.2016

Eine interessante Annäherung an das “Phänomen” Trump, das wohl auch deswegen Angst macht, weil es unberechenbar erscheint und die abgenudelten Konventionen eines Politikdarstellers durchbricht. Offenbar wollen wir aber unbewusst lieber berechenbare Nieten als (noch) nicht kalkulierbare Politiker eines neuen Typs im Amt sehen. Wie beurteilen Sie, lieber Herr Mücke, als jemand in den USA die tatsächlichen Siegchancen Trumps? Egal ob ich mir seinen Sieg wünschen würde oder nicht, ich sehe ihn noch nicht im Oval Office…

Erwin Gabriel / 29.08.2016

Ein angenehm neutraler Kommentar mit Betrachtungen nicht nur durch Scheuklappen. Wieder was gelernt – vielen Dank. Erwin Gabriel

Karla Kuhn / 29.08.2016

Trump ist kein Anhänger von Merkel und ihrer Flüchtlingspolitik. Schon alleine deshalb wird er durch den Kakao gezogen.  Er wird auch nie eine Marionette von Merkel und den “EU Eliten” werden. Sie werden mit ihm kein leichtes Spiel haben. Außerdem hat er seinen Wahlkampf, soweit mir bekannt, ohne finanzielle Hilfe aus Saudi Arabien bestritten. Also ist er auch nicht bestechlich ! ?  Tja, da müssen natürlich alle gegen ihn schießen. Das ist wie bei der AfD. Vor dieser Partei haben unsere Politiker so eine Angst, dass sie gewinnen könnte, dass von allen Seiten auf diese Partei “geschossen” wird. Nur komisch, je mehr unsere Politkaste auf sie eindrischt, um so beliebter wird sie. Wie bei Trump. Ich habe überhaupt keine Angst vor ihm, warum auch. Falls er gewinnt, wird er mit der amerikanischen Wirtschaft kooperieren müssen, sonst braucht er gar nicht erst antreten. Denn die ist der eigentliche Machtfaktor im Land. Obama hat so viele Versprechungen gemacht, obwohl er genau wußte, dass er sie gar nicht einhalten kann. Amerika hat schon weitaus schlechtere Präsidenten überlebt, Mit Trump wird die Wirtschaft jedenfalls nicht untergehen, er ist ein sehr cleverer Geschäftsmann, der keine rosarote Brille trägt.

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