Dirk Maxeiner / 13.12.2017 / 06:27 / Foto: Tim Maxeiner / 26 / Seite ausdrucken

Wenn Volkswagen dich zweimal bescheißt

Es gibt Dinge, die muss man ganz langsam sacken lassen. Beispielsweise, dass Volkswagen seinen Kunden massenweise Autos verkauft hat, die nicht hielten, was das Werk versprach. Und nicht nur das: Mit einer betrügerischen Software brachte man sowohl die gesamte Branche als auch den höchst effizienten Dieselmotor in Verruf. Eine bessere Steilvorlage für die ideologischen Autofeinde konnte man gar nicht liefern. Auch in Deutschland kam so mancher Kunde zu dem Schluss: Wer Freunde wie VW hat, der braucht keine Feinde. Inzwischen brechen die Diesel-Verkaufszahlen ein und derjenige, der seinen Gebrauchten verkaufen will, muss herbe Verluste hinnehmen.

In den USA werden VW-Besitzer von Schummel-Dieseln entschädigt und bekommen großzügige Garantien; in Deutschland müssen enttäuschte Kunden vor den Kadi ziehen und ihr Recht selbst durchfechten (In den USA drohen den Beteiligten hohe Haftstrafen,  Teile des VW-Top-Managements meiden das Land, wie der Teufel das Weihwasser).

Nachdem Volkswagen sich also erfolgreich an der Enteignung seiner Kunden beteiligt hat und inzwischen sogar Fahrverbote für Diesel drohen, setzt sich Volkswagen-Chef Matthias Müller jetzt an die Spitze der Diesel-Gegner und fordert ein Ende der sogenannten „Diesel-Subventionen“: „Das Geld könnte sinnvoller in die Förderung umweltschonender Antriebstechniken investiert werden. Abstriche bei den Diesel-Subventionen, dafür Anreize für Elektroautos, wären das richtige Signal", so der Konzernchef im „Handelsblatt". Die Umschichtung könne schrittweise erfolgen.

Stamokap-Müller hält die Hand auf

Vielleicht sollte man aber erst einmal schrittweise schildern, was hier tatsächlich abgeht. Zunächst mal grundsätzlich:

  • Der Staat subventioniert in Deutschland mitnichten das Auto. Die Autofahrer subventionieren den Staat. Deutschland nimmt, je nachdem, was man mit einbezieht, zwischen gut 50 und rund 80 Milliarden Euro pro Jahr durch Kfz-bezogene Steuern und Abgaben ein. Nur ein kleiner Bruchteil (19 Milliarden) davon fließt in die Straßen, die sie benutzen (Schlaglochpisten und marode Autobahnbrücken künden davon landesweit).
  • Der Steuersatz für Diesel ist in Deutschland lediglich etwas niedriger als der für Benzin. Derzeit kassiert der Staat demnach 47,04 Cent pro Liter Diesel, beim Benzin sind es 65,45 Cent (die Mehrwertsteuer kommt noch hinzu).

Auf gut Deutsch: Volkswagen-Chef Müller fordert Steuererhöhungen für diejenigen Kunden, die ihm in den vergangenen Jahren in gutem Glauben einen Diesel abgekauft haben.

Es kann keine Rede von einem marktwirtschaftlichen Gedanken sein, der auf die Schädlichkeit von Subventionen abzielt. Ganz im Gegenteil. Das was die Diesel-Fahrer künftig als Steuererhöhung abdrücken müssen, soll an die Käufer von schicken – aber offensichtlich ohne Staatsknete nicht marktfähigen – Elektroautos umverteilt werden.

Als nächstes liegt in einer solchen Planwirtschaft der Gedanke nahe, Verbrennungsmotoren ganz zu verbieten. Spätestens wenn die Kunden ihren Diesel-VW per Gesetzes-Dekret und Fahrverbote auf den Schrott werfen und gezwungenermaßen zum Elektro-VW greifen, ist die Planwirtschaft perfekt. Und Stamokap-Müller hält wieder die Hand auf.

Wer ernsthaft annimmt, dieser Vorstoß sei nicht politisch abgestimmt, der glaubt auch an den Weihnachtsmann. Von Merkel bis Dobrindt wird ja gerade sehr erstaunt getan, aber eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Volkswagen-Chef, zu dessen Großaktionären das Land Niedersachsen zählt, so eine Bombe ohne politische Rückendeckung hochgehen lässt. Und auch der Politiker, der sich eine solche Steilvorlage für Steuererhöhungen entgehen lässt, muss wohl erst geboren werden.

Die Grünen und die der Weltrettung verpflichteten Medien jubeln bereits. Euphemistische Formulierungen wie „Diesel-Privileg“ werden kritiklos weitergegeben oder auch Einlassungen, wie die der Präsidentin des Umweltbundesamtes, Maria Krautzberger. „Dieselfahrer zahlen pro Liter Kraftstoff 18,4 Cent weniger als bei Benzin. Den Staat kostet diese Subventionierung mittlerweile 7,8 Milliarden Euro“.

Diesel-Fahrer zahlen dem Staat Milliarden – nicht umgekehrt

Pardon, Frau Krautzberger, kleiner Hinweis, um dem Denken die richtige Richtung zu geben: Die deutschen Diesel-Besitzer zahlen dem Staat rund 20 Milliarden Euro – und den Staat kosten sie gar nix.

Künftig werden politische Rechenkünstler und ideologische Autofeinde sich jedenfalls auf den VW-Big-Boss-himself Matthias Müller berufen und ohne rot zu werden, das gleiche verkünden wie Grünen Fraktionsvize Oliver Krischer: „Wenn Autobosse das jetzt schon fordern, müssen Abbau von Diesel-Subvention und Blaue Plakette das Programm der nächsten Bundesregierung werden."

Es handelt sich letztendlich um einen politischen Deal, der ein bisschen an die „Refugees-Welcome“ Phase von Daimler-Boss Dieter Zetsche erinnert. Die Flüchtlingskrise strebte gerade ihrem Höhepunkt entgegen, da sprach Zetsche auf der Frankfurter IAA zur Zuwanderung und wohl auch zum Nutz und Frommen von Angela Merkel:

... im besten Fall kann es auch eine Grundlage für das nächste deutsche Wirtschaftswunder werden – so wie die Millionen von Gastarbeitern in den 50er und 60er Jahren ganz wesentlich zum Aufschwung der Bundesrepublik beigetragen haben.“

Bis heute ist allerdings keine erwähnenswerte Zahl der Hoffnungsträger in deutschen Dax-Unternehmen untergekommen. Die letzten veröffentlichen Zahlen lagen um die 50.

So eine Art Auto-Obama

So herrscht ein munteres Geben und Nehmen zwischen Politik und Top-Management, wobei man nie wissen kann, über welche Bande gerade gespielt wird. Nach dem Prinzip ”If you can’t beat them, join them“, hat sich Volkswagen offenbar entschlossen, wieder in die Weltretter-Manage einzumarschieren. Bevor der Diesel-Skandal ruchbar wurde, hatte man mit dieser Taktik ja selbst Greenpeace schon ruhiggestellt. Wer das heute noch einmal nachliest, weiß jedenfalls, dass Zynismus grenzenlos sein kann.

Volkswagen-Kunden dürften sich jedenfalls die Augen reiben: Sie sind nicht nur einmal, sondern zweimal beschissen worden. Erst hat man ihnen betrügerische Autos verkauft – und jetzt kriegen Sie vom Chef persönlich auch noch einen Tritt hinterher. Matthias Müller wird jetzt allenthalben als „mutig" gelobt, ist also auf dem Weg zu so einer Art Auto-Obama. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis er einen Preis für Zivilcourage erhält.

Foto: Tim Maxeiner

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Leserpost

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Alexander Simler / 13.12.2017

Die Autobild brachte vor kurzem einen lesenswerten Artikeln zu der Thematik der die ganze Situation noch absurder erscheinen lässt: - die derzeit über Prämien eingetauschten Euro4 und schlechter Diesel fahren meist in anderen Ländern weiter. Es handelt sich meist um Fahrzeuge die selten älter als 10 Jahre sind. Diese Fahrzeuge sind vor allem in Osteuropa begehrt, der einfachere Aufbau der Technik macht sie zu echten Kilometerfressern da sie leicht zu warten und reparieren sind. -Die ökologische Impact so junge Fahrzeuge auszusortieren und durch neue, vermeintlich sauberere zu ersetzen scheint unsere Bundesökos kaum zu kümmern. -betrachtet man den Gesamtdurchschnitt der Stickoxid Emissionen der einzelnen Schadstoffkategorien so sind Euro4 Fahrzeuge sauberer als Euro6 Fahrzeuge. Dies ist auf innermotorische Maßnahmen zurückzuführen die vor allem Feinstaub verringern sollen, aber eben höhere Stickoxidemissionen bedingen.

Andreas Greiner / 13.12.2017

Und wenn man bedenkt das VW ja groß in Elektroautos einsteigen will, ein Schelm der argess denkt.

Dr. Peter Langer / 13.12.2017

Man muß sich ja wundern, daß Manager großer Industrieunternehmen sich nicht deutlicher gegen Technologiefeindlichkeit, Überregulierung und unsinnige Grenzwerten wehren oder wenigstens artikulieren (Kaeser von Siemens hat es ja kürzlich wenigstens ansatzweise getan).  Aber wie Sie hier gut aufzeigen, sind es nicht sachliche Gründe, sondern Verflechtungen mit der Politik (hier winken wieder neue Subventionen) und auch mit den NGOs wie Greenpeace und der DUH, die längst nicht mehr Anwälte der Verbraucher sondern Akteure einer neuen, rückschrittlichen Umweltreligion sind. Es ist ja bekannt, daß seinerzeit sogar Mitarbeiter des Bundeswirtschaftsministeriums in Brüssel für höhere Grenzwerte streiten wollten, denen dann aber vom VW-Management erklärt wurde, man würde auch die engere Reglementierung schaffen. Daß jetzt Müller daherkommt und die Diesel-Fahrer finanziell schädigen will, ist unglaublich.

r.jonasson / 13.12.2017

Wer von diesem (halbstaatlistichen) Unternehmen immer noch nicht genug hat, ist nicht mehr zu retten. Das durchsichtige - in der Tat hochpolitische - Manöver von Herrn Müller verdient nur eine Antwort: vollständiger Kunden-Boykott. Hilft nicht viel, da die anderen Hersteller nicht viel besser sind, ist aber trotzdem die einzige richtige Antwort! Was für ein opportunistischer Betrüger! Soll der Mann doch sehen, woher er in Zukunft die fetten Abfindungen für erfolglose, gern auch mal betrügerische Ex-Manager nimmt - von mir kriegt er jedenfalls nicht mehr.

Christoff Pilz / 13.12.2017

Ich habe mir erst im Mai 2017 zum ersten Mal einen VW gekauft, ok einen Bulli (natürlich Diesel, was auch sonst!), weil sowas von keinem anderen Hersteller so unvernünftig angeboten wird. Ziel: als zukünftige Rentnerkutsche: wer will schon noch irgendwo weit hin in diese verrückte Welt, und südlich des Balkans schon gar nicht. Naja, sollte es wirklich ein generelles Fahrverbot geben, woran ich nicht glaube, denn beim Thema Auto und auch nur da, wären wir (die Deutschen) eventuell doch noch mal zu einem Volksaufstand fähig. Wenn alles schief geht, stelle ich ihn als “Denk-mal” zum Rosten in den Vorgarten! Nochmal: Danke VW!

Ludwig Wauer / 13.12.2017

Und der Beschiss geht weiter: Beim Diesel war es der Schadstoffausstoß, beim Elektroauto ist es die mit einer Batteriefüllung zu erzielende Reichweite.

Klaus J. Nick / 13.12.2017

Und Kollateralschaden dieser Art von zynischen konzertierten Aktionen von nicht legitimierten NGOs, Regierung und Industrie ist die AfD. Sozusagen als bad bank grüner Politik. Ich wäre hier für Bekämpfung der Ursache, nicht der Symptome - und zwar ‘nachhaltig’.

Immo Sennewald / 13.12.2017

Dirk Maxeiner stellt die Geschichte vom Kopf auf die Füße: Politbürokratie und Konzernbosse agieren Seit’ an Seit’ - Kunden und Mitarbeiter sind nicht Nutznießer sondern Melkkühe und Manövriermasse. Die Dreistigkeit, mit der dabei getrickst, verschleiert, betrogen und enorme volkswirtschaftliche Schäden zu Erfolgen für den Umweltschutz umdeklariert werden, wird nur durch die Langmut und rätselhafte Leidensfähigkeit von Steuerzahlern und Wählern übertroffen. Danke an den Autor, dass er das klarstellt.

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