Wenn das Ende kommt: Wer malt Angela Merkel?

Man hört so wenig von ihr in den letzten Tagen. Sicher, einige Zeit war nötig, um ihre Neujahresworte zu verarbeiten, aber nun könnte sie mal wieder in Erscheinung treten, die amtierende Kanzlerin. Oder wie ist diese Ruhe zu deuten? Dämmert es? Um sie? Oder gar ihr? Steht das Ende bevor? Immerhin schreiben wir das 13. Jahr ihrer Macht. Die Zahl als böses Omen?

Dann wäre es Zeit für das Porträt. Alle Kanzler werden nach ihrem Ausscheiden aufgehängt. In der „Galerie der bisherigen Bundeskanzler“ im Bundeskanzleramt. Von Konrad Adenauer gibt es da beispielsweise eines von Hans Jürgen Kallmann. Vom ersten Nachkriegsregierungschef existiert sogar ein weiteres, etwas kühneres, sehr farbenfrohes, nahezu freches von Oskar Kokoschka – gemalt für den Bundestag 1966. Dem Vernehmen nach befindet es sich zur Zeit noch im Amtszimmer der Kanzlerin. Von „gigantischem Spaß“ wird berichtet, welchen Kokoschka (zu dieser Zeit 80) und Adenauer (zu dieser Zeit 90) während der Arbeit am Bild hatten. Davon gibt es sogar recht hübsche Fotos, unter anderem hier.

Dass Helmut Schmidt und Bernhard Heisig – der Maler der „Leipziger Schule“ wurde in der Zeit der deutschen Teilung mit dem Porträt auf Schmidts Wunsch hin beauftragt – auch gemeinsam gelacht haben, ist nicht so leicht vorstellbar, aber möglich. Wir hingegen haben schallend gelacht, als Gerhard Schröder sich für den Glitzer-Glitter von Jörg Immendorff entschieden hatte. Jede Neunjährige könnte ihre Freundinnen mit einem derartigen Stammbuchbildmotiv vor Neid erblassen lassen.

Der schwarze Vorhang

Apropos erblassen: Wofür, für wen würde sich Angela Merkel im Falle des Falles (der jedoch in jedem Falle eintritt) entscheiden? Oder besser: Was würde die – dann entscheidende – Öffentlichkeit für angemessen halten? Vielleicht, weil ohnehin so viel anders ist und wird (auch vieles, auf das wir uns so gar nicht freuen), dieses Mal gar eine Skulptur? Oder sollten wir lieber in anderen Ideen-Dimensionen suchen?

Dazu schweifen wir kurz ab. Und zwar ein ganzes Stück, nach Venedig, in den Dogenpalast: Dort findet man reichlich Bilder gewesener Dogen. An der Stelle, an welcher sich das Porträt von Marino Faliero befinden müsste, sieht man allerdings lediglich einen gemalten schwarzen Vorhang. Besagter Doge war 1355 einer Verschwörung beschuldigt und enthauptet worden. Die Zusammenhänge sind wohl nicht mehr zu ermitteln und hier auch nicht weiter von Interesse. Das Bild – darum geht es uns – des Marino Faliero war vollendet, als ein Maler (wikipedia nennt Tintoretto) später den Vorhang darüber setzte, mit einem lateinischen Spruch, welcher die entsprechende Anschuldigung gegen den Verfemten enthält. Seitdem wird an Faliero in dieser besonderen Form erinnert.

Zurück nach Berlin. Glücklicherweise leben wir in Zeiten und Regionen, in welchen Staatschefs im allgemeinen nicht in Gefahr laufen, physisch angegriffen zu werden. Erinnerungen an ausgeschiedene Amtsträger der letzten Jahrzehnte hingegen werden auch hier und heute, wie oben gerade gezeigt, durchaus intensiv gepflegt. Mitunter urteilt die Geschichte beziehungsweise die Nachwelt aufgrund der sicht- und spürbaren Auswirkungen der Amtsführung und nicht aufgrund der zeitbedingten Regierungspressearbeit.

Es wird sich die Frage stellen, in welcher Form und Dosis Merkel-Kunst der seelischen Verdauung der Längerhierlebenden und Alternativlosertragenden überhaupt zugemutet werden kann. Sollte man sich dann gleich für den schwarzen Vorhang entscheiden? Das wäre zudem kostengünstig. Man muss ja nicht Tintoretto beauftragen.

Erik Lommatzsch ist Historiker und lebt in Leipzig.

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Karl Eduard / 09.01.2018

Freuen dürfen wir uns auf alle Fälle auf die kommenden Dokumentationen über die Bundeskanzlerin. “Merkels Helfer”, “Merkels Generalinnen”, “Merkels Friseur” oder Dramen wie “Der Untergang II.” falls es dann noch Deutsche gibt, die sich das im Kino antun möchten, Komödien wie : “Sie ist wieder da!” und Zeitzeugen, die berichten werden, daß unter der Kanzlerschaft nicht Alles schlecht war. Noch gespannter dürfen wir auf die Weisheit sein, die Ex-Kanzler stets nach ihrer Kanzlerschaft befällt, weswegen man stets Ex-Kanzler als Kanzler kandidieren lassen sollte. Und wenn richtig viel Zeit ins Land gegangen ist und die deutsche Justiz wird eines Beamten habhaft, der im Sommer 2015 nicht seine Pflicht erfüllt hat und deutsches Recht und Gesetz durchgesetzt, weil er nur mitgelaufen ist und mitgejubelt hat, weil fast alle jubelten, na, der kann sich dann warm anziehen. Denn der hätte ja wissen müssen, daß, wenn der oberste Kriegsherr Recht bricht, Verzeihung, die oberste Herrin, er sich mitschuldig macht, wenn er das so hinnimmt. Uncouragiert, wie er war. Aber das erleben wir wohl nicht mehr. Aus Altersgründen

Christian Schulz / 09.01.2018

Ghade Amer, eine junge ägyptische Künstlerin wäre eine gute Entscheidung. Jung, Frau, afrikanisch, muslimisches Land. Was will man mehr?

Wilfried Cremer / 09.01.2018

Ein Vorhang von Richter kann in die Millionen gehen. Deshalb verhandeln: Halber Vorhang, halber Preis. Dann unten noch ein Foto mit dem halben Hosenanzug drangeklebt und fertig!

Peter Kastner / 09.01.2018

Ich finde, das Bild über Ihrem Beitrag (Foto: Chimpanzee Congo) trifft es doch schon sehr gut. Merkel sieht doch darauf sehr vorteilhaft aus. Ihre klaren Gedanken und kühnen Ideen finden doch in den zugegebermassen auf mich etwas wirr, planlos und verlassen wirkenden Pinselstrichen, die aussehen, als wäre der Künstler mehrmals betrunken auf die am Boden liegende Leinwand gefallen, trefflich unnachahmlichen Ausdruck. Dieses Merkel - Portrait hat doch einen unschätzbaren Wert. Bei einer Versteigerung bei Sothebys dürfte es locker einen Preis von 10 bis 20 Cent erbringen. Solong und schöne Woche noch.

Florian Bode / 09.01.2018

Ein unscharfes Foto 10x15 mit ‘ner 40€-Digicam reicht hier völlig aus. Das kann z. B. die Putzperson des Kanzleramtes machen

Jochen Lindt / 09.01.2018

Merkel ist eigentlich eher eine Art weiblicher Gorbatschow.  So wird sie auch in Erinnerung bleiben.  Verehrt von Ausländern (=Arabern und Afrikanern),  verhasst bei der eigenen Nation (Ein Wort das sie nie verwendete,  sondern die sie nur abwertend als Schon-länger-hier-Lebende bezeichnete).  Auf jeden Fall hat sie den Staat zerstört, den sie eigentlich nur angemessen verwalten sollte.  Der Unterschied zu Gorbatschow besteht darin, das Gorbatschow nicht anders konnte. Ein schwarzer Vorhang wäre mMn unangemessen, dann schon eher eine Landkarte von Afrika und Nahost. Garniert mit dem islamischen Glaubensbekenntnis.

Stefan Leikert / 09.01.2018

Beltracchi könnte das. Und der braucht auch Geld, glaube ich.

Frank Stricker / 09.01.2018

Der Satz ist wunderbar zweideutig, ” alle Kanzler werden nach ihrem Ausscheiden aufgehängt”. Okay, so wörtlich sollte man die Formulierung nicht anwenden, aber Angela Merkel wäre mir 1000 x lieber in Öl als 1 x hilflos im Original !

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