Von Peter Bereit.
Auch wenn das Wetter wieder einmal nicht so richtig mitspielen will: Es weihnachtet sehr, und wie immer plagen sich die meisten Menschen mit der Frage, welches Geschenk sie ihren Liebsten in diesem Jahr unter den Baum legen könnten. Das fällt in einer Wohlstandsgesellschaft besonders schwer, und nicht selten entzündet sich eine Idee erst kurz vor dem Heiligen Abend. Sie muss nicht protzig ausfallen oder teuer. Oft zählt schon eine Geste als Zeichen der Wertschätzung.
Der Polizeipräsident in Berlin, Klaus Kandt, und seine Stellvertreterin, Margarete Koppers, haben sich mit einer solchen Idee nicht bis zum Heiligabend Zeit gelassen, sondern ihren Stab Öffentlichkeitsarbeit schon sehr frühzeitig mit der Aufgabe betraut, ein passendes Geschenk für die ca. 20.000 Mitarbeiter zu finden.
Dieses Geschenk dürfte in der Geschichte der Berliner Polizei und wohl auch in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland einmalig sein. Insofern werden Herr Kandt und Frau Koppers sowie ihre fleißigen Stabswichtel wohl auch in selbige eingehen – und dies völlig zurecht.
Was könnte das für ein Geschenk sein? Sie kommen nicht darauf.
Ein Plätzchen für die ganze Familie
Alle Beschäftigten der Berliner Polizeibehörde erhalten anlässlich des diesjährigen Weihnachtsfestes eine Plätzchen-Ausstechform in den Umrissen des Berliner Polizeisterns!
Nehmen Sie sich an dieser Stelle ruhig etwas Zeit. Sie haben richtig gelesen. Es handelt sich tatsächlich um eine Plätzchen-Ausstechform für die lustige Weihnachtsbäckerei im Kreise der Familie.
Als ehemaliger Angehöriger der Berliner Kriminalpolizei, der die Behörde unter der Regie verschiedener Polizeipräsidenten erlebt hat, habe ich mir oft die Frage gestellt, wie man dem anspruchsvollen Dienst der fleißig arbeitenden Beamten und Angestellten gerecht werden könnte: in Form von Gehaltskürzungen, durch Abschaffung des Weihnachtsgeldes, des Bewegungsgeldes für Kriminalbeamte, durch Einführung von „Kostendämpfungspauschalen“ bei der Beihilfe, durch Beförderungen nach Kassenlage und eine generell ungerechte Bezahlung der Berliner Polizeibeamten. Nicht zu vergessen: Die angehäuften unzähligen Überstunden der Beamten in vielen Bereichen der Behörde, die heruntergekommenen Dienststellen und maroden Schießstände. Die Liste ist lang, viel zu lang für einen solchen Beitrag, aber allen Polizeibeamten bekannt.
Kleine Gesten, die ein Lächeln zaubern
Es musste bis zum Weihnachtsfest 2017 dauern und bedurfte lediglich eines Wechsels in der Berliner Polizeiführung und einer Plätzchen-Ausstechform, um all diesen Mängeln und der tiefen Enttäuschung der Beamten und Angestellten der Behörde zu begegnen. Mehr noch. Die oben genannten Führungskräfte haben es in der dem Geschenk beigelegten Dankesnote unübertrefflich auf den Punkt gebracht:
„Manchmal sind es die kleinen Gesten, die Verbundenheit zeigen und vielleicht sogar ein Lächeln zaubern.
Wir danken allen von Ihnen für ihren ganz persönlichen Einsatz, für ihre Anstrengungen; für Ihre Aufopferung. Wir danken Ihren Familien und Lieben, dass diese Ihnen beistehen und ihre Berufung mittragen.
Wir wünschen Ihnen einen besinnlichen Jahresausklang und ein gesundes, glückliches sowie erfolgreiches 2018.
Herzlichst Ihr Klaus Kandt, Ihre Margarete Koppers“
Ich habe mit vielen meiner ehemaligen Kollegen über die Plätzchen-Ausstechform gesprochen. Die Bescheidenheit von Herrn Kandt und Frau Koppers hinsichtlich des Lächeln über diese Geste ist völlig unangebracht. Es war ein herzliches Lachen, das allen Betroffenen entwich, als sie ihre Plätzchen-Ausstechformen endlich in den Händen hielten.
Wiedersehen auf eBay
Leider gab und gibt es Kollegen, die sich einer solchen Wertschätzung für ihre „Aufopferung" nicht wirklich bewusst sind und die ihre Plätzchen-Ausstechform bereits auf eBay zum Verkauf anbieten. Pfui, kann man angesichts einer solchen Niedertracht nur sagen, denn diese Beamten sehen ihre Tätigkeit offenbar nicht als Berufung und Aufopferung an. Die meisten Kollegen aber sind nunmehr von tiefer Dankbarkeit erfüllt, denn erstmalig wurde ihnen seitens der Polizeiführung echte Wertschätzung zuteil.
Das gemeinsame Plätzchenbacken lässt die täglichen Belastungen besser ertragen oder gar vergessen, die täglichen Beleidigungen und Anpöbeleien, insbesondere in den Problembezirken, einfacher abperlen.
Abschließend eine winzig kleine Kritik. Die Pensionäre der Berliner Polizei wurden bei dieser Aktion leider vergessen, und so muss auch ich den Weihnachtsabend leider ohne Polizeiplätzchen verbringen. Wie es innerhalb der ansonsten so umsichtigen Polizeiführung zu diesem Versäumnis kommen konnte, bleibt mir derzeit unerklärlich und macht mich traurig. Es ist allerdings nicht auszuschließen, dass die Polizeiwichtel doch noch bei mir eintreffen. Die Behörde ist für jede Überraschung gut. Meine Hoffnung stirbt zuletzt.
Wie dem auch sei. Auch im nächsten Jahr ist wieder Weihnachten. Wenn Frau Koppers dann, wie geplant, Generalstaatsanwältin sein sollte, wird ihr sicherlich ein ebenso originelles Geschenk für die vielen Staatsanwälte einfallen, die in diesem Jahr bekannten, dass das Rechtssystem in Berlin nahezu zusammengebrochen ist. Dass sie zu Höherem berufen ist, hat sie jedenfalls jetzt schon unter Beweis gestellt.
Ich wünsche allen, nicht nur den Polizeibeamten und Polizeiangestellten, ein frohes Weihnachtsfest. Und denken Sie daran. Ein Geschenk muss nicht unbedingt sinn- oder geistvoll sein. Es kommt auf die Geste an und das Lächeln auf den Gesichtern der Beschenkten. Halleluja!