Peter Grimm / 05.04.2018 / 10:00 / 11 / Seite ausdrucken

Was Plauen über Deutschland erzählt

Die Stadt Plauen im sächsischen Vogtland hat ein Problem: Die Kriminalität steigt und steigt, während die Aufklärungsquote von 61,9 auf 61,1 Prozent gefallen ist. Um darin auch die guten Nachrichten zu erkennen, ist die Interpretationskunst der Berichterstatter gefragt. So schreibt die regionale „Freie Presse“:

„Im Hinblick auf die Gewaltkriminalität ist zwar auch 2017 ein Anstieg zu verzeichnen, jedoch hat er sich deutlich abgeschwächt", stellt die Polizeidirektion für den Gesamtbereich fest.“

Der „Gesamtbereich“, man ahnt es, ist größer als die Stadt, so dass wahrscheinlich die entspanntere Situation in den Umlandgemeinden das Ergebnis schönt. Zudem ist die Gewaltkriminalität nicht gesunken oder wenigstens auf dem gleichen Stand geblieben, sondern wiederum angestiegen, nur eben etwas weniger stark als zuvor. Ist diese verharmlosende Uminterpretation unliebsamer Zahlen eines geringeren Anstiegs zum Sinken inzwischen zur allfälligen Routine geworden? In der Zuwanderungspolitik wird ja auch trotz der stetig anwachsenden Migrantenzahl immer von „sinkenden Flüchtlingszahlen“ gesprochen.

Wobei sich sofort die unangenehme Frage aufdrängt, woran es wohl liegen mag, dass die Zahl der Gewalttaten 2016 im Vergleich zu 2015 stark angestiegen ist und im Jahr darauf etwas weniger stark? Sollte es etwa mit der Zahl der Asylantragsteller zu tun haben, die zum Jahr 2016 ebenso rasant anschwoll und seitdem nicht mehr ganz so extrem ansteigt?

Negative Auslese

Im gleichen Bericht der „Freien Presse“ wird deshalb auf den Ausländeranteil eingegangen:

„Von den in Plauen ermittelten Tatverdächtigen waren demnach 36,5 Prozent Ausländer. Zum Vergleich wird als sächsischer Landesschnitt der Ausländeranteil bei Tatverdächtigen mit 28,7 Prozent angegeben.“

Es ist merkwürdig, angesichts dieser Zahlen an all die Äußerungen verantwortlicher Politiker und Beiträge hochmögender Journalisten und Publizisten zu denken, in denen insbesondere den Sachsen vorgehalten wurde, dass gerade sie sich nicht zuwanderungskritisch äußern dürften, schließlich gebe es bei ihnen doch kaum Ausländer und demnach auch keine Probleme mit ihnen. Allerdings stimmt es, dass der Ausländeranteil der Bevölkerung im Vergleich mit dem Platz, den sie in der Kriminalitätsstatistik einnehmen, tatsächlich recht gering ist:

„6,8 Prozent der Plauener Bevölkerung sind jüngsten Zahlen zufolge ausländischer Herkunft. Vor allem an Gewalttaten sind Nichtdeutsche überdurchschnittlich beteiligt: In Plauen liegt der Anteil bei 39,6 Prozent (Vorjahr: 40,2 Prozent).“

Auch wenn es die Zahlen suggerieren könnten, sind Ausländer natürlich nicht grundsätzlich krimineller als Deutsche. Allerdings sorgen die falschen Anreize in der Zuwanderungspolitik dafür, dass eine Negativauslese aus den verschiedenen Herkunftsregionen überrepräsentiert ist. Wer danach strebt, sich ganz legal in Deutschland anzusiedeln, nicht um von Sozialleistungen zu leben, sondern um hier zu arbeiten und damit seinen, wie auch der Gesellschaft Reichtum zu mehren, kann auf unüberwindliche Hürden treffen. Für ihn scheint es keine Willkommenskultur zu geben, vor allem dann, wenn er darauf besteht, ganz legal unter eigenem Namen, mit eigenem Pass zu kommen, die Gesetze zu achten sowie Kost und Logis selbst zu bezahlen.

Deutsche Problemlösungen sehen anders aus

Wer sich hingegen von kriminellen Schleuserbanden an oder über die deutsche Grenze bringen lässt, darf sich vollkommen ohne Papiere neue Identitäten erfinden, Asylanträge stellen und sofort Sozialleistungen beziehen, die Übernahme von Kost und Logis inklusive. Dass auf diese Weise eher die Kriminellen als die Leistungsträger, eher die Unehrlichen als die Ehrlichen kommen, dürfte kaum verwundern. Nähme man dies endlich einmal angemessen zur Kenntnis, dann könnte mit ein wenig politischem Willen und einem klaren Bruch mit der bislang verordneten Naivität eine wesentliche Ursache der Migrationsprobleme beseitigt werden: die falschen Anreize.

Aber in Deutschland sehen Problemlösungen anders aus. Was die großen und kleinen Verantwortlichen für das gegenwärtige Desaster zwingen würde, von ihrem hohen moralischen Ross abzusteigen, wird in das Reich des Undenkbaren und vor allem Unsagbaren verbannt. Es gibt ja schließlich auch Maßnahmen, die entschieden wirken, aber nicht nach Kurswechsel aussehen. Da zeigt sich die Plauener Stadtverwaltung ganz auf der Höhe der Zeit.

Das Problem mit der Ausländerkriminalität ist nicht nur ihr hoher Anteil, sondern teilweise auch ihre Präsenz in der Innenstadt. Denn Vorfälle wie der folgende schaffen es wahrscheinlich nicht einmal in die Statistik, weil durch das rechtzeitige Eingreifen der Polizei nichts passiert ist. Zur Verunsicherung der Bürger tragen sie dennoch bei. Die „Freie Presse“ berichtete Ende März:

„Einen massiven Polizeieinsatz hat es am Samstagabend in der Plauener Innenstadt gegeben. Grund dafür war eine größere Menschenansammlung auf dem Postplatz. Die Polizei berichtete am Sonntag von rund 200 Menschen überwiegend ausländischer Herkunft, die sich gegen 18.30 Uhr in zwei Gruppen gegenüberstanden. Es sei keine Auseinandersetzung zwischen Deutschen und Ausländern gewesen. […] Mehr als ein Dutzend Polizeiwagen sollen laut Beobachter im Einsatz gewesen sein. Die Polizei trennte die Gruppierungen, wobei es zu Verfolgungsszenen im Innenstadtbereich gekommen sein soll.“

Obergrenze nur für Alkohol

Die Größenordnung von 200 Männern, die sich mutmaßlich auf bestem Wege zu einem Massenfaustkampf oder einer Messerstecherei befanden, war vielleicht ungewöhnlich – gewalttätige Übergriffe sind es in der kleinen Stadt leider nicht mehr. Dieses Problem leugnet auch niemand ernsthaft. Nur die Lösungsansätze können sehr unterschiedlich sein.

Am Karsamstag haben einige hundert Plauener demonstriert, aufgerufen hatte die „Bürgerplattform für demokratische Erneuerung“. Es ging auch um das Thema zunehmender Kriminalität, und da verlangt die Bürgerplattform, es müsse der „sofortige Stopp von Zuwanderung in die Stadt und in das Vogtland" kommen. Es sei sicherzustellen, „dass jede Straße jederzeit auch von unseren Frauen und Mädchen genutzt werden kann", zitiert die „Freie Presse“ aus einem offenen Brief der Bürgerplattform. Man müsse in jede Straße gehen können, ohne Gefahr zu laufen, dass man angepöbelt, beraubt oder dass Mädchen und Frauen belästigt oder gar vergewaltigt werden.

„Kein Mobbing gegen Juden, Christen und Atheisten", sei ein weiterer Punkt gewesen, berichtet die Lokalpresse. Straffällige Ausländer oder Zuwanderer, die sich nicht an die Regeln des Zusammenlebens in Deutschland halten wollen, sollten sofort ausgewiesen werden. Es sind eigentlich Forderungen nach der Einhaltung des Rechts, aber sie gelten mittlerweile stattdessen als rechts.

Als sollte niemand vergessen, wie aktuell das Anliegen der Bürgerplattform ist, kam es beinahe zeitgleich in der Innenstadt wieder zu körperlichen Auseinandersetzungen. Zuerst hätten sich fünf ausländische und deutsche Jugendliche eine gewaltsame Auseinandersetzung geliefert, anschließend kam es offenbar zu einer größeren Schlägerei. Nach Zeitungsmeldungen stellten die Einsatzkräfte der Polizei deshalb die Identität von 109 Anwesenden fest.

Aber die Stadt – es wurde ja schon angedeutet – wird jetzt handeln. Zwar nicht so, wie es die Bürgerplattform fordert, dafür hart gegen jedermann, nicht nur die Gruppen, aus denen die meisten Gewalttäter kommen. Am 24. April soll der Stadtrat ein Alkoholverbot über die Innenstadt verhängen. In der Lokalpresse wird Oberbürgermeister Ralf Oberdorfer (FDP) zitiert:

„Die Entscheidung haben wir getroffen, um der Bevölkerung gerecht zu werden." Aus zahlreichen Gesprächen und Hinweisen wisse man, dass sich Besucher der Innenstadt zunehmend unwohl gefühlt hätten. Oberdorfer: „Dem wollen wir entgegenwirken, das Sicherheitsgefühl stärken und die Lebensqualität des öffentlichen Raumes wahren."

Wer in der Lage ist, Lebensqualität und Alkoholgenuss sozialverträglich zu verbinden, hat Pech gehabt. Und wenn es damit nicht klappt, kann man ja vielleicht ein Betretungsverbot für Männer unter 40 verhängen. Oder die eigentlichen Probleme angehen.

Der Beitrag erschien auch hier auf sichtplatz.de.

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Robert Stange / 05.04.2018

In Sachsen wird im nächsten Jahr ein neuer Landtag gewählt. Auch die Plauener haben da eine gute Chance, sich für die Leistungen der CDUSPDGRÜNLINKEN Fremdenführer zu bedanken. Dabei sollten sie auch im Hinterkopf behalten: Der augenblicklich im Freistaat regierende Wahlverlierer Kretschmer hatte 2017 mit der Wahlkampfparole geglänzt, es sei besser nicht zu wählen, als sein Kreuzchen beim AFD-Kandidaten zu machen. Jetzt - ohne Verdienste oder Wahlsieg zum Ministerpräsidenten “gekürt” - hat er angstgetrieben jede Menge Kreide runtergewürgt, läßt in der Provinz “Sachsengespräche” organisieren und fingiert Interesse an der Meinung des Volkes. Einfach nur peinlich und lächerlich der Mann. Dieser Parteiapparat speit nur Apparatschiks aus, die haben einfach fertig.

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