Wolfgang Röhl / 09.05.2008 / 14:42 / 0 / Seite ausdrucken

Warum ich doch kein Treehugger wurde

Bäume habe ich schon immer gern umarmt. Vor allem in früheren Jahren, auf dem Nachhauseweg von meiner Stammkneipe. Heute besitze ich eine stattliche Reihe von Bäumen, die mich regelmäßig mit Totholz beschenken und von mir sehr geliebt werden, sogar die total unfähigen, bekloppten Eschen. Da traf es sich gut, dass ich aus der Hamburger Mopo erfuhr, die Grünalternative Liste (GAL) würde ein neues Pilotprojekt starten. „Treehugger“, Baumherzer und –knuddler also, sollten sich um in Not geratene Bäume kümmern und das Schlimmste verhindern, was herzlose Menschen unseren Freunden wollen. Es kommt nämlich immer wieder vor – und ist dann ein immer grünes Thema für Druckschriften wie die Mopo -, dass die Hamburger Reichen skrupellos Bäume umhauen oder Ästen Harm antun, nur um freien Blick von ihren protzigen Villen in den Elbvororten auf den Fluss zu haben. Da auch in mir ein Robin Wood schlummert, bewarb ich mich umgehend…

„Liebe Galier.. ich bin 60, fit wie ein „Turnschuh“ und habe Zeit und ein Fahrrad und würde gerne da mitmachen. Mich ärgert schon immer, wie die Reichen in Blankenese einfach die Bäume fällen, nur um bessere Sicht auf die Elbe zu haben. Versteht mich richtig, es geht mir nicht um Geld, ich brauche keines, höchstens etwas Taschengeld, wenn ich unterwegs auf Kontrollgang bin und Hunger kriege. Mir geht das zuallererst um die Sache und dass die Bäume länger leben können. Auf Eure Antwort bin ich gespannt!“

Auf hübschem Direktrecyclingpapier teilte die GAL mir mit, dass sich „eine Dame grade in die Materie einarbeitet.“ Herr H., ein bereits operierender Treehugger, werde mich anrufen „um auszuloten, was man machen kann.“ Man werde, „damit die Anbindung an die Politik sicher gestellt ist, den Kontakt zur Bezirksfraktion Nord herstellen.“

Anbindung an die Politik? Das nun ist das Letzte, was ich mir wünschen würde. Ich ziehe von jeher die direkte, spontane Action vor, schließlich bin ich in der APO-Zeit sozialisiert worden. Was ich mir für meine Hugger-Touren erhofft hatte, war eine Art Abzeichen oder Ausweis - so eine Art Baum-Ranger-Stern -, welcher mich berechtigen würde, dem Unrecht genau dort entgegen zu treten, wo es seinen Ursprung hatte. Im Geiste sah ich mich schon, angelockt vom Kreischen einer Kettensäge, festen Schrittes aufs Gelände einer Villa an Elbe oder Alster marschieren, um dort den mutmaßlich erheblich besser verdienenden Baumfrevler auf frischer Tat zu stellen und mit schneidender Stimme anzufahren: „Lassen Sie die Stihl fallen und nehmen Sie die Hände hoch!“ Um sodann einen Vortrag darüber zu halten, dass wir die Erde nur von den Bäumen geliehen bekommen haben. Oder doch so ähnlich.

Statt dessen diese halbgare, klein gestrickte Projekt-Kiste, „...ausloten, was man machen kann…“ Wie bei allen grünen Projekten, so darf man annehmen, dient auch dieses einzig und allein dem Zweck, irgendwelchen minder qualifizierten Menschen ein paar Euro Staatsknete zuzuschustern, auf dass sie und ihre Lieben bei der nächsten Wahl wieder die Grünen wählen. Nicht mit mir! Ich werde weiter nach Wegen suchen, Bäumen wirklich aus der Patsche zu helfen. Nachhaltig. Ganzheitlich. Fair. Und ich werde darüber berichten. Großes Baumschützerehrenwort.

 

 

 

 

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