Wer zuerst eine Demonstration anmeldet, bekommt den Zuschlag, sofern die rechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind. So, denkt man sich, sollte das Demonstrationsrecht in einem demokratischen Land grundsätzlich beschaffen sein. Das bedeutet, dass sich gelegentlich auch Demonstranten, die fast alle etablierten Politiker beinahe jeder Couleur abstoßend finden, auf einem der schönsten Plätze einer Stadt versammeln dürfen. Das ist für das Establishment eine grauenhafte Vorstellung, zumal die von ihnen unterstützen Gegendemonstranten auch noch auf die schlechteren Plätze verwiesen werden.
In den letzten beiden Jahren haben deutsche Politiker schon oft darüber nachgedacht, wie man in Dresden beispielsweise den Schmuddelkindern von PEGIDA verbieten könnte, sich vor der Semperoper zu treffen. Forderungen, das Demonstrationsrecht dahingehend zu ändern, dass es Möglichkeiten eröffnet, die bösen Rechtspopulisten in die Schranken zu weisen, gab es einige.
Nun könnte manch ein deutscher Politiker, den ein solches Vorhaben umtreibt, geneigt sein, von einer Regierung zu lernen, die er vielleicht selbst für rechtspopulistisch hält. In Polen wird nämlich jetzt genau das umgesetzt, wovon einige Wohlmeinende hierzulande träumen, wenn auch mit umgekehrter Zielrichtung – die Einschränkung des Demonstrationsrechts.
Egal ob von lechts oder rinks – jeder Verlust von Freiheit, auch in kleinen Schritten, ist von Übel
Nach einem polnischen Gesetzentwurf der Regierung sollen künftig keine Proteste mehr angemeldet werden können, wenn staatliche Stellen Demonstrationen zur selben Zeit am selben Ort anberaumen. Innenminister Mariusz Blaszczak sagte, das neue Gesetz solle «Konfrontationen zwischen rivalisierenden Demonstranten» verhindern. Künftig dürften auch keine zwei Demonstrationen mehr zur selben Zeit am selben Ort stattfinden.
Das Abgeordnetenhaus stimmte den Änderungen im Versammlungsrecht zu. Der Menschenrechtsbeauftragte des Europarates, der Lette Nils Muiznieks, sprach von einer unnötigen und unangemessenen Einschränkung des Versammlungsrechts und appellierte an den Senat, dem Gesetz nicht zuzustimmen. Allerdings hält die rechtskonservative PiS auch in der zweiten Kammer des Parlaments die Mehrheit.
Gegen eine solche Einschränkung der Grundrechte zu protestieren ist unerlässlich, egal wo und unter welchen Vorzeichen sie geschieht. Nur hierzulande sollten wir nicht vergessen, dass einige derer, die jetzt sicher die polnische Regierung mit guten Gründen verurteilen, ähnliche Maßnahmen im eigenen Land für denkbar halten. Auch wenn sie sich im Dienste des Guten wähnen, jeder Verlust von Freiheit, auch in kleinen Schritten, ist von Übel.
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