Gastautor / 03.02.2016 / 15:00 / 8 / Seite ausdrucken

Vom schämen und fremdschämen -  die ARD reanimiert die Gutherzigkeitsreflexe

Von Hans-Martin Esser

Wenn man sich die Tagesthemen ansieht, dann sind alle Berichte darauf angelegt, Schamreflexe beim deutschen Zuschauer zu erzeugen.

Vorgeblich immer mehr Iraker wären jetzt auf dem Rückweg, da ihnen der Familiennachzug für die nächsten zwei Jahre verwehrt wird. Das Asylpaket 2 – so kann man folgern – sei schuld: eine Anklage an die CSU.

Dieser Bericht ist nicht neu. Immer wieder wird das gleiche libanesische Reisebüro in Berlin gezeigt. Die Männer, die ihre Familie im Stich lassen, sie für ein halbes Jahr und länger der Gefahr aussetzen, um meist allein in unser Land zu kommen, statt in der Heimat zu kämpfen, werden merkwürdig dargestellt.

Sie echauffieren sich darüber, dass es hierzulande anders sei, als sie sich das vorgestellt hatten. Ich persönlich finde das gut, wenn sie hier zur Besinnung kommen und dann zurückreisen. Unsere Kapazitäten sind längst überschritten, fast niemand baut jetzt im Sozialen Wohnungsbau für die Neuankömmlinge. Die Behörden versagen auf ganzer Linie, Überforderung als Normalzustand. Peter Sloterdijk schreibt im Cicero, es gäbe keine Pflicht zur Selbstaufgabe, was man nur unterschreiben kann.

Ein Abzug zurück ist nicht beschämend, sondern die richtige Entscheidung. Ein Mann im wehrfähigen Alter, der vor dem Krieg über sieben und mehr Ländergrenzen flieht, nicht in der Nähe der Familie bleibt, sagen wir in der Türkei, in Griechenland oder Mazedonien, sondern aus wirtschaftlichen Gründen zielgerichtet das wohlhabendste Land Europas aufsucht, verhält sich unverantwortlich.

Mich beschämt es keinesfalls, dass hoffentlich noch sehr viele freiwillig gehen werden, es ist notwendig. Es ist unverantwortlich, die Familie zurückzulassen. Diese Frage stellten die Tagesthemen nicht. Die Männer kommen dort als beleidigte Ankläger gegen den vorgeblich viel zu harten deutschen Staat weg - warum nur?

Nachdem jetzt Kölns Silvesternacht einen Monat zurückliegt, mit dem Aussetzen des Familiennachzugs durch die CSU wenigstens ein Punkt durchgesetzt wurde, der einen Millimeter weiterführt, kann man in der ARD wieder auf Gutherzigkeitsreflexe bauen und an das schlechte Gewissen appellieren.

Es ist im Winter nicht die Wende gekommen. Nach wie vor kommen 90% der Flüchtlingszahlen vom Herbst. Die Zahlen der freiwilligen Abgänge ist marginal, ebenso die der Abschiebung. Fakt ist, heute sind mehr Flüchtlinge im Lande als gestern und morgen werden mehr hier sein als heute.

Der große Aufreger ist natürlich auch, was die AfD-Spitze zur Grenzsicherung sagt, besonders Frau Petry und Frau von Storch.

Wenn man die Grenze schließt, wird es eine Kettenreaktion geben. Österreich, Slowenien, Kroatien, Serbien, Mazedonien und Griechenland behielten automatisch die Menschen, die sie im Land haben, würden selbst aus Eigeninteresse massiv absperren.

Diese Kettenreaktion wäre fair. Je größer ein Land, umso mehr müssten sie behalten. Es käme nicht zu Schüssen an der deutsch-österreichischen Grenze, da praktisch niemand mehr hier ankäme.

Schließt man die Grenzen nicht, werden unbegrenzt viele kommen, bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag. Beschämend ist hingegen, dass 10.000 Kinder abhandengekommen sind beim Durchqueren des Balkans.

Auffällig ist, dass sich in der Bundesregierung hierfür niemand zuständig sieht. Es nimmt in der öffentlichen Debatte kaum Raum ein. Das ist eine wahre Nachricht, ein unglaublicher Skandal.

Hierfür trägt die Kanzlerin mit ihrer Einladung eine Mitverantwortung. Holte man gezielt aus den türkischen Lagern ab, Frauen und Kinder zuerst, 200.000 bis 300.000 pro Jahr ohne die Aussicht, dass es wehrfähige Männer hierhin brächten, dann hätte man eine wahrhaft gute Tat getan, den europäischen Frieden nicht gefährdet und den sozialen Frieden in Deutschland sowieso nicht.

Es gibt ein Land, das so handelt, es heißt England. Dort wird die richtige Asylpolitik gemacht. Dort schämt sich niemand. Es gibt dort keinen kollektiven Komplex, mit dem man ein Land permanent erpressen könnte.

Grenzsicherung ist kein Spaß. Landesverteidigung ebenso nicht. Wer das nicht sieht, gibt sein Land auf, Europa sowieso, da die Völkerwanderung, die niemand in Europa will, dann kein Ende nähme.

Landesverteidigung ist keine Schande, sie funktioniert ohne Schüsse auf Flüchtende. Ich weiß nicht, ob junge Männer, die ihre Familien, besonders Frauen und Kinder in größter Gefahr tausende Kilometer entfernt zurücklassen, sich schämen sollten, vermute es aber, besonders dann, wenn sie sich in dem aufnehmenden Land nicht nützlich machen, damit sie hier respektiert werden können, was eine Grundlage für Familiennachzug wäre.

 

 

 

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Leserpost

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Niels Dettenbach / 04.02.2016

Die abhanden gekommenen Kinder dürften inzwischen nach eine bis mehrmaligem Identitätswechsel als Erwachsene oder andere “Kinder” durch’s Land geistern. Das Wechseln der Identität nach Bedarf ist für viele Geflochtene ja zur Normalität geworden. Der Skandal ist, das dies immer noch möglich ist und keine konsequente biometrische Grunderfassung in der EU erfolgt.

Thomas Schlosser / 03.02.2016

Auch wenn ich dem Autor des vorliegenden Beitrages ansonsten voll zustimme, muss ich doch einen Tropfen Essig in seinen Wein der Wahrheit kippen: Was Großbritannien macht, mag, auf den ersten Blick, schon grundsätzlich richtig sein, nur darf man dabei nicht außer acht lassen, dass in Albion das Kind schon längst im Brunnen liegt. Wer sich zum Beispiel eine Stadt wie Birmingham anschaut, immerhin die zweitgrößte Stadt Englands, der weiß, warum das Vereinigte Königreich schon seit längerer Zeit auch ‘Britannistan’ genannt wird. Wer ein echtes Interesse hat, solche irreparablen Zustände hierzulande zu verhindern, der sollte sich der politischen Alternative, die Deutschland neuerdings hat, nicht länger verschließen.

Emmanuel Pracht / 03.02.2016

Drei Mal so viele Flüchtlinge wie vor einem Jahr: Im Januar haben die Bundesländer knapp 92.000 Asylsuchende in den Erstaufnahmeeinrichtungen registriert. Nach wie vor kommt ein Großteil aus dem Bürgerkriegsland Syrien. http://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/asylpolitik-deutschland-fast-92-000-registrierte-fluechtlinge-im-januar/12911176.html

Hinrich Mock / 03.02.2016

Man kann nicht oft genug das britische Beispiel erwähnen. Keine Akzeptanz für illegale Einreisen, gar keine, aus Achtung vor dem Recht, aber UN-Kontingente wirklich bedürftiger (und wirklicher) Flüchtlinge nach Identifizierung und Prüfung. Außerdem fast 1 Mrd. € Unterstützung für die Flüchtlingslager in der Region. Berlin macht es genau andersherum. Und Keiner bei Verstand weiß, was das soll.

Heiner Mücke / 03.02.2016

“Nach wie vor kommen 90% der Flüchtlingszahlen vom Herbst.” - Das ist glücklicherweise momentan nicht der Fall. Es kommen derzeit eher um die 3000 pro Tag - verglichen mit 8000-10000 pro Tag im Herbst. Aber dass die Zahlen im Winter witterungsbedingt stark zurück gehen würden, war abzusehen und ist kein Anzeichen für eine Trendwende.  Und selbst wenn es auf diesem Winterniveau weiter gehen sollte, wären wir Ende 2016 auch bei mindestens einer weiteren Million. Aber genau so vorhersagbar wie der Rückgang im Winter, wird die Anzahl der Flüchtlinge im Frühjahr wieder an Fahrt aufnehmen, und zwar deutlich. Ob das Herbstniveau wieder erreicht oder gar übertroffen wird, weiß wahrscheinlich noch niemand so genau. Die stark steigenden Zahlen von Nicht-Syrern, insbes.  Afghanen, deuten jedoch für mich nicht auf eine Trendwende hin.

Werner Baumschlager / 03.02.2016

Irgendwann wird es die EU zerreissen, weil die anderen Mitglieder nicht mehr mit einem manisch-depressiven Minderwertigkeitskomplexler in einer Gemeinschaft leben wollen, der ihnen in einem Anfall 1 Mio Fremde in das gemeinsame Haus schleppt u.ä.

Gisela Hellbing / 03.02.2016

Ich habe die Nachrichten auch gesehen und mich geärgert, was die ARD-Redaktion wieder von den Aussagen der Iraker weggeschnitten hat!  Die Iraker waren enttäuscht, dass sie keine 5000 Euro Begrüßugsgeld an der Grenze erhalten haben! Am 13.09.2015 erzählte mir ein Bekannter, gerade aus dem Libanon zurück, dass alle Verwandten, Freunde, Nachbarn und fremde Leute ihm ihr Smartphone zeigten mit dem Foto von Merkel, darunter arabische Schrift. Obwohl in Sicherheit, wollten alle nach Deutschland, denn dort bekäme jeder ein Begrüßungsgeld von 1.200 Euro, ein Haus und ein Auto. Meinem Bekannten wollte keiner glauben! Ende September kam diese Nachricht nachts im ZDF, da war der Betrag schon auf 3000 Euro gestiegen. Und nach weiteren zwei Wochen sah ich diese Nachricht nachts in der ARD. Merkel nahm persönlich Stellung dazu. Das Begrüßungsgeld war auf 5000 Euro gestiegen. Man versuche, die Quelle der Gerüchte zu finden! Na, viel Glück dabei! Auf die geklauten syrischen Blankopässe usw. usw. will ich hier nicht eingehen. Der Themenabend auf arte.tv am 02.02.2016 war auch aufschlussreich, besonders: “Flucht aus Afghanistan”. Man bekommt einen Einblick in die naive Denkweise der jungen Afghanen. Für 7000 US-Dollar Schleusergeld pro Person erleben sie ein tolles Abenteuer auf dem Weg nach Frankreich. In Paris beschwerte sich dann einer, dass dort alle französisch sprechen und er nichts verstehen könnte!!! ?  

Wolfgang Schmid / 03.02.2016

Meinen Sie nicht, viele junge Deutsche wären 1944 nicht gerne vor dem sicheren Tod an der Ostfront geflohen? Meinen Sie nicht, viele deutsche Familien hätten alles gegeben, nur um ihre Söhne zu retten? Ich weiß nicht, Herr Esser, ob Sie gedient haben oder jemals eine Waffe in der Hand gehalten - aber die Familien, die jetzt ihre jungen Söhne auf die Reise schicken, handeln nur rational: Raus mit der Zukunft der Familie aus dem Kriegsgebiet, weg vom Kriegsdienst, der neben dem Himmelreich nur Tod und Verwundung verspricht. Diese jungen Männer werden nicht zurückgehen, dort können sie nur verlieren, alles ist besser als Bleiben - und es ist auch in Arabien nicht süß und ehrenvoll, für Assad, IS oder sonst wen zu sterben!

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