Von Klaus-Peter Dahm
Ende letzten Jahres haben schließlich nahezu alle Länder in Paris ein Abkommen zum Klimaschutz beschlossen und die Mehrheit der Länder hat dieses Abkommen inzwischen auch ratifiziert oder will es demnächst ratifizieren. Darunter ist auch die EU. Politisch ist das Klimathema also „durch“; wissenschaftlich aber keinesfalls, und die finanziellen Folgen des Abkommens von Paris werden die Industriestaaten, darunter Deutschland, noch lange spüren.
Schließlich haben sie zugesagt, ab 2020 jährlich 100 Milliarden Dollar in einen Klimafonds einzuzahlen; ab 2025 soll dieser Fonds sogar noch aufgestockt werden. Insofern kann uns die Klimafrage nicht gleichgültig lassen. Die Energiewende in Deutschland mit ihren ständig steigenden Belastungen für jeden Bürger bietet ohnehin immer wieder Anlass für Kontroversen. Oft wird aber vergessen, dass das Klimaschutz-Anliegen der Ausgangspunkt für die deutsche Energiewende war; die Havarie des Kernkraftwerkes Fukushima-Daiichi im Jahre 2011 führte dann zur Beschleunigung dieses Vorhabens.
Ist aber die Annahme, der Mensch sei der Verursacher des heutigen Klimawandels, wirklich gesichert, also „wissenschaftlich bewiesen“? Richtig ist, dass die Mehrheit der Klimaforscher diese Annahme vertreten. Und diese Annahme, das Anthropogen Global Warming Model (AGW-Modell – Modell von der menschlich verursachten globalen Erwärmung) ist auch auf den ersten Blick durchaus einleuchtend: Nicht nur die Globaltemperatur hat sich im letzten Jahrhundert leicht erhöht, sondern auch die Konzentration an Kohlendioxid (CO2) in der Atmosphäre. Und CO2 ist ein infrarotaktives Gas („Treibhausgas“), ein zur Erwärmung führendes Gas also, das sich ganz offensichtlich durch unsere wirtschaftliche Tätigkeit in der Atmosphäre anreichert! Eine Kausalität von Mensch und Erderwärmung scheint somit gegeben zu sein.
Warum dann noch immer Zweifel? Sind es nur die ewig Gestrigen, die Lobbyisten der Öl- und Kohleindustrie, die den Klimawandel leugnen („Klimaleugner“) oder zumindest skeptisch sind („Klimaskeptiker“) oder gibt es doch wissenschaftliche Gründe für den Zweifel am heute favorisierten Modell vom menschlich verursachten Klimawandel? Wenn wir einmal davon absehen, dass der Zweifel, die Skepsis, ein wesentliches Merkmal wissenschaftlichen Arbeitens ist und auch sein muss – bei komplexen Sachverhalten kann sich ein Wissenschaftler nie völlig sicher sein, dass sein Modell oder auch seine bereits bewährte Theorie den Sachverhalt richtig beschreibt – so gibt es im Falle des Klimawandels durchaus Aspekte, die Zweifel am AGW-Modell aufkommen lassen: Allgemein bekannt ist die Tatsache, dass Klimawandel kein neues Phänomen ist, sondern sich das Klima in der Erdgeschichte (und diese währt immerhin bereits 4,6 Milliarden Jahre!) schon viele hunderttausend Male geändert hat. Die früheren Klimaveränderungen können aber nicht durch den Menschen verursacht worden sein. Entgegen zahlreichen Behauptungen unterscheidet sich der heutige Klimawandel aber nicht signifikant von den früheren Veränderungen.
Wir haben heute keinesfalls einen CO2-Überschuss in der Atmosphäre
Weniger bekannt ist die Tatsache, dass wir heute keinesfalls einen CO2-Überschuss in der Atmosphäre haben. Im Gegenteil ist CO2 heute noch immer in deutlich geringerer Konzentration in der Atmosphäre enthalten als dies während der langen Klimageschichte der Normalfall war. Der heutige CO2-Gehalt der Atmosphäre hat sich zwar gegenüber der vorindustriellen Zeit leicht erhöht, liegt aber mit 0,04 Prozent nur bei etwa einem Drittel oder maximal der Hälfte des Durchschnittswertes im Verlaufe der Klimageschichte, die wir zumindest für das Phanerozoikum (ab 541 Millionen Jahre vor heute) hinreichend genau rekonstruieren können. Trotz der im Allgemeinen deutlich höheren atmosphärischen CO2-Konzentrationen in der Erdgeschichte traten aber immer wieder langanhaltende globale Eiszeiten auf.
Der sogenannte Konsens in der Klimaforschung reicht nicht für eine Verifizierung dieses Modells. Die Klimaforschung ist ein Teilgebiet der Geowissenschaften und in den Geowissenschaften war es noch vor 50 Jahren Konsens, dass ein Auseinanderdriften der Kontinente nicht mehr als eine verrückte Idee von Alfred Wegener darstellt. Heute wissen wir, dass A. Wegener im Wesentlichen Recht hatte. Selbst wenn uns die Wissenschaftsgeschichte nicht zeigen würde, wie wenig man auf den Konsens von Wissenschaftlern geben kann – Beispiele finden sich auch in anderen Disziplinen der Naturwissenschaften einschließlich der Physik –, so gebietet es die wissenschaftliche Ethik, dass neue Hypothesen „auf Herz und Nieren“ geprüft werden müssen. Dies gilt umso mehr, wenn sie derartig gravierende Auswirkungen wie das AGW-Modell haben, also die Grundlage des sogenannten Klimaschutzes mit seinen enormen finanziellen Lasten bilden.
Im Übrigen gilt aus wissenschaftstheoretischer Sicht heute das Prinzip der Falsifikation einer Hypothese oder auch eines schon anerkannten Modells bzw. einer Theorie. Es ist zu prüfen, ob sich das Modell/die Hypothese/Theorie widerlegen lässt. Natürlich wird das der Vertreter eines bestimmten Modells in der Regel nicht gern selbst tun. Schließlich möchte er, dass sich sein Modell als wahr erweist; er wird also intensiv an der Verifizierung des Modells arbeiten, sollte aber akzeptieren, dass dann andere Wissenschaftler das „Gerichtsverfahren der Falsifikation“ durchführen.
Leider behindern Umweltpolitik und etablierte Klimaforschung derartige Bemühungen. In Deutschland wurde sogar die einzige ernst zu nehmende institutionelle Klima-Forschungsgruppe (in der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe Hannover), welche nicht vorbehaltlos das AGW-Modell vertrat, aufgelöst. Kritische Journalisten und Wissenschaftler wurden vom Bundesumweltamt im Mai 2013 ernsthaft gerügt. Schließlich sei „wissenschaftlich anerkannt“, dass es einen Klimawandel gibt und dieser Klimawandel durch den Menschen verursacht wird.
Wir wissen aber schon aus den gesellschaftlichen Entscheidungsprozessen, wie wichtig Kritik und Opposition sind. Selbst in der Experimentalphysik gilt das Prinzip von Wettbewerb und Konkurrenz und zwar nicht nur im Vergleich der Institute und Forschungseinrichtungen, sondern auch innerhalb von Einrichtungen: So arbeiten am europäischen Teilchenbeschleuniger LHC des CERN bei Genf zwei unabhängige und in wissenschaftlicher Konkurrenz stehende große Forschungsgruppen mit je einem eigenen Detektor (ATLAS und CMS) an den gleichen Forschungsproblemen. Derzeit ist dies vor allem die Suche nach der Supersymmetrie. Selbst in der exakten Experimentalphysik vertraut man also nicht nur einer Forschungsgruppe. In der Klimaforschung, deren Forschungsgegenstand zu den komplexesten Objekten in der unbelebten Natur zählt, reicht dagegen der Konsens einer Mehrheit von Forschern?
In der nächsten Folge lesen sie morgen: Wie haben sich die globale Temperatur und der Meeresspiegel verändert?
Der Autor, Dr. Klaus-Peter Dahm, legt Wert auf den Hinweis, dass er keine Beziehungen zur Kohle-, Öl- oder Kernkraftindustrie pflegt oder gepflegt hat. Er ist parteilos und auch nicht Mitglied bei Organisationen von „Klima- oder Energiewende-Skeptikern“. Der Autor ist pensionierter Naturwissenschaftler (Geochemiker), der sowohl in der Rohstoff-forschung als auch in der Grundlagenforschung gearbeitet hat. Nach der Wende 1989/90 war er 10 Jahre als kommunaler Spitzenbeamter tätig und hat dadurch gelernt, auch unterschiedliche rechtliche, ökonomische und technische Sachverhalte zu bewerten.
Diese Serie basiert auf Klaus Peter Dahms kürzlich erschienen Buch Vom Klimawandel zur Energiewende. Eine umfassende Prüfung der zugrundeliegenden Annahmen.
Hier alle Folgen der Serie:
Folge 1
Folge 2
Folge 3
Folge 4
Folge 5
Folge 6
Folge 7
Folge 8
Folge 9
Folge 10