Manfred Haferburg / 23.03.2016 / 13:20 / Foto: Calebrw / 7 / Seite ausdrucken

Versagt haben immer die anderen

Die Einschüsse kommen näher. Diesmal wurden in Brüssel Reisende zum Opfer islamistischen Terrors. Die Täter waren wieder keine Buddhisten, keine Juden, keine Atheisten und keine Christen. Die Mörder beriefen sich einmal mehr auf die Religion des Friedens. Da könnte womöglich noch jemand auf die Idee kommen, dass sich unter die 700.000 frisch eingereisten jungen männlichen Zuwanderern einige Terroristen gemischt haben. Also wird die Relativierungs- und Schuldzuweisungsmaschine angeworfen.

Ausgerechnet der NRW-Justizminister Jäger kritisierte am Dienstag die belgischen Sicherheitsbehörden. Der Salafismus im Brüsseler Stadtteil Molenbeek sei seit vielen Jahren gewachsen "und man hätte möglicherweise eher eingreifen müssen".  Und weiter: "Es geht nicht um einzelne, sich selbst organisierende Täter, sondern es wurde strukturiert und abgesprochen vorgegangen. Das setzt Zellenbildung voraus. Es ist leichter, solche Zellen zu entdecken, als radikalisierte Einzeltäter. Und das ist das Erschreckende, dass eine solche Zelle dort nicht entdeckt werden konnte."

Auch im Deutschlandfunk vernahm die Moderatorin Christine Heuer  heute Morgen im Stile von Hilde Benjamin den Familienminister der Deutschsprachigen Gemeinschaft in Belgien, Antonios Antoniadis. Ihn ständig unterbrechend beschuldigte sie ihn, dass die belgischen Behörden „bei der Terrorbekämpfung versagt hätten“. Dem solcherart in die Enge Getriebenen blieb nur der Konter: „Früher war Belgien das Land der Kinderschänder, dann das der Kinder-Töter und vor Kurzem das der Betreiber von Schrott-Reaktoren. Und jetzt sind wir das Land der Terroristen".

Auch die „Welt“  regt sich über die vermeintliche Unfähigkeit der belgischen Sicherheitsbehörden auf. Sie titelte nach der Verhaftung von Abdeslam: „Sind Belgiens Terrorfahnder totale Amateure? Der Logistik-Chef der Pariser Attentate hat sich monatelang im Brüsseler Stadtteil Molenbeek versteckt“.

Bei Plasberg wurde räsoniert, dass es „in Deutschland ja solche rechtsfreien Räume wie den Brüsseler Stadtteil Molenbeek nicht gäbe. In Molenbeek wurde sehr lange weggeguckt und nicht konsequent genug durchgegriffen“, erklärt ARD-Gewaltforscher Holger Schmidt,  "Belgien hat im Verhältnis zur kleinen Bevölkerung mehr gewaltbereite Personen, als das in Deutschland der Fall ist - bei einem gleichzeitig nicht leistungsfähig genug aufgestellten Sicherheitsapparat."

In Deutschland sind die Zustände also noch nicht ganz so schlimm. Da können wir ja beruhigt ausgehen oder verreisen. Da fragt sich der erstaunte Leser: Sind die selbst so einfältig und haben das Versagen der deutschen Sicherheitsorgane vergessen? Oder halten sie die Bürger für so umnachtet, dass sie alles schon vergessen haben?

Kamen nicht schon die Attentäter des elften Septembers aus ihrem sicheren Terrornest in Hamburg? Und sind nicht mehrere Attentäter der schrecklichen Terrorakte des Pariser Novembers über Deutschland als „Flüchtlinge“ getarnt und in deutschen Flüchtlingsunterkünften registriert nach Frankreich eingereist? Kamen die tödlichen Kalaschnikows nicht aus oder über Deutschland nach Frankreich? Was ist eigentlich aus dem Montenegrer geworden, der in Deutschland mit einem ganzen Kleinwagen voller Kriegswaffen aufgegriffen wurde? Was machte Abdeslam in der Nacht vom zweiten auf den dritten Oktober in einer Flüchtlingsunterkunft in Ulm? Wo sind die drei Syrer, mit denen er sich dort traf und die seither verschwunden sind?

Noch sind die Hintergründe der Brüsseler Untaten nicht umfassend bekannt. Was werden die Vorverurteiler der belgischen Sicherheitsbehörden sagen, wenn Terroristen in Deutschland zuschlagen?

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Leserpost

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Karla Kuhn / 24.03.2016

Es ist natürlich sehr bequem, die Schuld anderen in die Schuhe zu schieben. Da muß man sich mit der eigenen Unzulänglichkeit und Schuld nicht auseinander setzen. Angesichts des Elends finde ich das eine Schande, daß man es überhaupt versucht, anstatt zusammen die Ursachen zu bekämpfen. Aber die sind wohl gar nicht mehr in den Griff zu kriegen, da eine große Zahl Asylanten unregistriert in Deutschland bereits lebt. Außerdem ist es doch unerheblich, ob es Migranten sind, die hier schon länger leben oder erst neu eingereist sind. Sie konnten unerkannt diese mörderischen Taten vorbereiten und das macht die ganze Sache noch viel schlimmer.  Zur Integration trägt es jedenfalls nicht bei.

Karl Gross / 24.03.2016

Immer die Anderen. - Dazu lese man die Textfolge des pakistanischen Journalisten Shams Ul-Haq in der “Märkischen Allgemeinen”, der sich -inkognito- z. B. in das Brandenburger Ersteaufnahmelager Eisenhüttenstadt begab und Unglaubliches erlebt hat: http://t.maz-online.de/Brandenburg/Erstaufnahme-Eisenhuettenstadt-ist-ein-Witz Danach müssten doch Borniertheit und Naivität hier in Deutschland verstummen!?

Anne Cejp / 23.03.2016

Das muss die gleiche DLF-Moderatorin sein, die am gleichen Morgen, nur zu einer anderen Zeit, den guten Herrn Bosbach im gleichen Hilde-Benjamin-Stil anblaffte, ins Wort fiel und zurecht wies, weil der nebenbei eine Bemerkung machte, über den unkontrollierten Flüchtlingsstrom, der die Terrorgefahr auch beeinflusse.  Im Beitrag von Peter Grimm am 22.3. war die Rede von einer Schweizer Grünenfrau war, die twitterte: “Ich habe Angst. Nicht vor dem Islam, nicht vor Terror…(sondern vor rechter Hetze)”. So könnte man analog sagen: “Ich habe Angst. Nicht vor dem Islam, nicht vor Terror, aber vor der ideologisierten, verbohrten, überheblichen, ignoranten Schar der Journalisten und ähnlichen Konsorten der so genannten Qualitätsmedien.

Silvia Hänelt / 23.03.2016

Hallo Herr Haferburg, danke für Ihren Artikel, Sie sprechen mir aus dem Herzen. Es ist unerträglich, wie die öffentlich-rechtlichen Medien in ihren Beiträgen (u.a. auch die “Münchener Runde” , gestern Abend) den belgischen Behörden Unfähigkeit und Nachlässigkeit unterstellen. Da sollten wir Deutschen doch lieber ganz leise sein und uns an die eigene Nase fassen mit Blick auf unsere zuständigen Behörden und ihre “Erfolge” in der Vergangenheit. Mit freundlichen Grüßen Silvia Hänelt

Mona Rieboldt / 23.03.2016

Deutschland ist offensichtlich Ruheraum für moslemische Terroristen. Hier konnten sie über längere Zeit in Ruhe das Morden 9/11 vorbereiten. Auch der Mörder von van Gogh in den Niederlanden hat vorher in Deutschland gelebt. Und was ist mit den Tausenden von Salafisten in Deutschland? Schuldzuweisungen an Belgien und auch gegen Frankreich war das schon so, sollen vor allem zeigen, wie gut die Deutschen das mit der “Integration” machen, andere Länder sind halt einfach schlechter als wir. Dazu soll es davon ablenken, dass die Behörden nicht mal wissen, wer sich in Deutschland alles aufhält.  Viele ließen sich nie registrieren, verschwanden einfach aus Asylheimen. Die deutsche Überheblichkeit gegenüber anderen Ländern wird dann enden, wenn es hier Anschläge und Tote gibt. Das ist durchaus wahrscheinlich, auch wenn wir hoffen, dass es nicht passiert.

Peter Kapteinat / 23.03.2016

Die Zuwanderer aus den Kolonien der ehemaligen Kolonialmächte Frankreich, England oder Belgien gibt es tatsächlich schon länger als die derzeitigen Flüchtlingsströme aus Afrika,  Syrien, Afghanistan und dem Irak.  Sie haben wegen einer verfehlten Integrationspolitik Parallelgesellschaften über mehr als eine Generation mit Ausgrenzung, hoher Arbeitslosigkeit und wenig aussichtsreicher Zukunftsperspektive gebildet und sind daher optimale Ziele für die Anwerber des IS und ihren Heilsverprechen. Nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden benötigt der finanziell gut ausgestattete IS auch keine Flüchtlingsströme zum Einschleusen von Terroristen. Gut gefälschte Pässe gibt es für vergleichsweise wenig Geld und gewaltbereite Salafisten gibt es in zahlreichen Ländern. Die Angst vor Flüchtlingen, die vor Krieg und Verfolgung unter Lebensgefahr aus ihrer zerstörten Heimat fliehen, sollte daher nicht für fremdenfeindliche Propaganda missbraucht werden. Und in Deutschland gibt es nicht nur Salafisten. Es gibt auch noch die NPD und wir können nicht sicher sein, dass durch ein Verbot das braune Gedankengut verschwindet. Außerdem sollten wir nicht die Anschläge auf Flüchtlinge und Flüchtlingsunterkünfte sowie die Morde des NSU vergessen.

Werner Schmidt / 23.03.2016

Volle Zustimmung meinerseits. Bis auf eine Petitesse: Herr Jäger ist nicht NRW-Justiz- sondern -Innenminister.

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