Dirk Maxeiner / 09.05.2018 / 06:29 / Foto: Armin Linnartz / 50 / Seite ausdrucken

Verfassungsgericht entscheidet über Grenzöffnung!

Das Aktenzeichen 2 BvE 1/18 des Bundesverfassungsgerichts wird mit Sicherheit in die Rechtsgeschichte Deutschlands eingehen. Die Achse des Guten richtete gestern folgende Anfrage an die Pressestelle des Bundesverfassungsgerichtes: 

Wir berichten im Moment u.a. über die juristische Debatte zum Thema Grenzöffnung. Siehe unter anderem hier und hier. Für die weitere Berichterstattung in diesem Zusammenhang habe ich folgende Frage: In einem Youtube-Video hat der Abgeordnete des Bundestages, Stephan Brandner (AfD), dargelegt, seine Fraktion habe wegen der Grenzöffnung eine Organklage gegen die Bundesregierung eingereicht. Ich bitte um Mitteilung, ob das zutrifft und gegebenenfalls mit welchem Inhalt und juristischer Begründung sowie mit welchem Aktenzeichen diese Organklage an welchem Datum erhoben wurde. Ich bedanke mich im voraus,

mit freundlichen Grüßen

Dirk Maxeiner

Der  Pressesprecher des Bundesverfassungsgerichtes, teilte darauf hin mit:

"Ein solches Verfahren ist hier am 14. April dieses Jahres eingegangen und wird unter dem Aktenzeichen 2 BvE 1/18 geführt. Der Antrag ist auf die Feststellung der Verletzung  der Mitwirkungs- und Beteiligungsrechte des Deutschen Bundestages in Einwanderungsfragen gerichtet. Einzelheiten aus Schriftsätzen zur Begründung gebe ich nicht wider. Solches müssten sie ggf. bei Verfahrensbeteiligten oder -bevollmächtigten erfragen. Ein Entscheidungstermin ist noch nicht absehbar."

Freundliche Grüße aus Karlsruhe, 
Dr. Max Schoenthal
Pressesprecher des Bundesverfassungsgerichts

Die Klage der AfD gegen die langjährige Aufrechterhaltung der lediglich mündlichen Entscheidung zur Grenzöffnung von 2015 wird nun also unter dem Aktenzeichen 2 BvE 1/18 in Karlsruhe geführt. Sie wurde am 14. April 2018 von der Bundestagsfraktion nahezu unbemerkt von der Öffentlichkeit und von den Medien unbeachtet erhoben und bereits Mitte April in dem oben genannten Youtube-Video öffentlich gemacht. Damit rückt die Lüftung des Geheimnisses der Grenzöffnung in greifbare Nähe, denn für das Gericht kommt die Klage nicht überraschend, einige Richter haben das Verfahren dort schon länger erwartet.

Wie es in der oben zitierten Mitteilung der Pressestelle des Gerichts heißt, ist der Antrag der Fraktion (Organklage) „auf Feststellung der Verletzung der Mitwirkungs- und Beteiligungsrechte des Deutschen Bundestages in Einwanderungsfragen gerichtet“. Einzelheiten zur Antragsschrift der Fraktion wollte das Gericht nicht nennen. Die Klage dürfte sich nach den Ausführungen des Bundestagsabgeordneten Stephan Brandner aber gegen die Missachtung der Mitwirkungsrechte des Bundestages bei der langjährigen Aufrechterhaltung der mündlichen Entscheidung zur Grenzöffnung von 2015 richten. 

Die ursprüngliche Grenzöffnung, die aufgrund der sechsmonatigen Klagefrist im Rahmen des Organstreitverfahrens vermutlich nicht mehr angegriffen werden kann, besteht in der freiwilligen Entscheidung der Bundesregierung, die gesetzlichen Regelungen zur Zurückweisung an der Grenze für Asylsuchende vorerst nicht mehr anzuwenden (BT-Drs. 18/7311, S. 2). Weder diese Entscheidung noch deren Übermittlung an die Bundespolizei liegt dabei schriftlich vor:

Eine schriftliche Anordnung des Bundesministeriums des Innern an das Bundespolizeipräsidium oder andere mit der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs beauftragten Behörden gibt es nicht. (…) Die Entscheidung wurde im Rahmen der bestehenden Zuständigkeiten innerhalb der Bundesregierung getroffen. Bundesminister Dr. Thomas de Maizière hat am 13. September 2015 den Präsidenten des Bundespolizeipräsidiums über die Entscheidung der Bundesregierung mündlich informiert (BT-Drs. 19/883, S. 4).“

Die nicht nur kurzfristige Aufrechterhaltung und fortwährende Bestätigung dieser Grenzöffnung über mehr als zweieinhalb Jahre verstößt dabei gegen den Grundsatz der Gewaltenteilung, da Asylsuchenden die Einreise eigentlich gemäß § 18 Abs. 2 AsylG zu verweigern ist, wenn sie aus einem sicheren Drittstaat einreisen oder Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass ein anderer Dublin-Staat für die Durchführung der Asylverfahren zuständig ist. 

Nach dem Grundsatz der Gewaltenteilung kann eine langandauernde Außerkraftsetzung dieser gesetzlichen Regelungen aufgrund der enormen gesellschaftlichen Auswirkungen der Einreise und Versorgung von weit über 1,5 Millionen bisher und hunderttausenden jährlich erwarteten Asylsuchenden nur durch den Bundestag als Gesetzgeber beschlossen werden. Ausführlich wurde dieser Aspekt bei der Achse bereits hier und hier beleuchtet.

Dabei dürfte es die Erfolgsaussichten der Klage steigern, dass die Bundesregierung selbst davon ausgeht, dass Zurückweisungen an der Grenze im Rechtsrahmen der Dublin-III-Verordnung und des § 18 AsylG zulässig sind (BT-Drs. 18/7510, S. 29; BT-PlPr 18/154, S. 15166 A; BT-Drs. 18/7311, S. 3). Für die Position der Bundesregierung dürfte sich – wenn nicht rechtlich dann doch zumindest in der Wahrnehmung der Bevölkerung – negativ auswirken, dass sie für die mündliche Entscheidung zur Grenzöffnung und deren langjährige Aufrechterhaltung und fortwährende Bestätigung bis heute – selbst auf konkrete Nachfragen von Abgeordneten –  keine exakte Rechtsgrundlage benannt hat (WD 3 - 3000 - 109/17, S. 10). 

Verschieden Aspekte dessen, was der jetzige Innenminister vor der Übernahme dieses Amtes noch die „Herrschaft des Unrechts“ nannte, sind der Achse bereits ausführlich diskutiert worden (vgl. nur hierhier sowie hierhier und hier). Horst Seehofer hingegen hält entgegen all seiner Versprechungen die Anordnung zur Grenzöffnung an die Bundespolizei nunmehr selbst aufrecht.

Nicht nur das Bundesverfassungsgericht muss sich nun mit der Grenzöffnung befassen, auch die Erklärung 2018 beruft sich auf die Rechtswidrigkeit der dauerhaften Grenzöffnung aufgrund der mangelnden Beteiligung des Bundestages. Laut der Mitinitiatorin Vera Lengsfeld wird die dahingehende Petition am 16. Mai 2018 um 15.00 Uhr offiziell dem Petitionssauschuss des Deutschen Bundestags übergeben. Ein Entscheidungstermin des Bundesverfassungsgerichtes ist hingegen nach Angaben der Pressestelle noch nicht absehbar.

Foto: Armin Linnartz CC BY-SA 3.0 de via Wikimedia Commons

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Leserpost

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Dr. Karl Wolf / 09.05.2018

Jetzt wird sich zeigen, ob wir wirklich unabhängige Richter haben. Ich glaube nicht an die Unabhängigkeit des Verfassungsgerichtes. Das Gericht wird nicht nach rein rechtlichen sondern nach politisch gewollten Maßstäben richten. Dafür wird auch hinter den Kulissen gesorgt werden.

Jan-Hendrik Brünink / 09.05.2018

Wenn man weiß, von welchen Parteien die Kandidaten für das BVerfG ausgewählt werden, braucht man sich über den Ausgang dieses Verfahrens keine Illusionen zu machen. Dass die Frage dort aber überhaupt behandelt wird - bei einer Organklage muss das Gericht in der Sache entscheiden, während die eingereichten Verfassungsbeschwerden ja bequem ohne Begründung verworfen werden konnten - ist sicher zu begrüßen. Letztendlich entscheidend ist allerdings nicht, ob es “legal” war bzw. ist, jeden Drittstaatsangehörigen ohne Visum und zu 80 % ohne irgendwelche gültige Ausweisdokumente einreisen zu lassen und dauerhaften Aufenthalt zu gewähren, der das Zauberwort “Asyl” ausspricht, denn legalisieren lässt sich der größte Irrsinn. Deshalb faselt Merkel ja auch immer davon, illegale Einwanderung müsse in legale Einwanderung verwandelt werden. Viel wichtiger ist die Frage, welche Auswirkungen eine unbegrenzte und unkontrollierte Masseneinwanderung kulturfremder und zumeist unqualifizierter Personen - regelmäßig in die Sozialsysteme und in Parallelgesellschaften - für die Sicherheit, den Wohlstand und die Identität dieses Landes hat.

A.Kaltenhauser / 09.05.2018

Einer meiner Großväter war Bundesrichter und Senatspräsident. Für mich Grund genug keinesfalls Jura zu studieren. Vielleicht erklärt dies, dass ich keinerlei Erwartung in dieses Verfahren setze ....

Archi W. Bechlenberg / 09.05.2018

Machen wir uns nichts vor. Das Ergebnis steht bereits fest.

Bernd Stölting / 09.05.2018

Leider wird durch Klage und Pedition am Ende erneut festgestellt werden, wie sehr Politik, Gerichtsbarkeit und Medien gegen deutsche Staatsbürger arbeiten und die Selbstzerstörung, in der sich dieses Land befindet, entgültig legitimiert. Ich hoffe inständig, daß ich mich irre und wünsche den Protogonisten Kraft und Glück!

Christoph Kaiser / 09.05.2018

Selbst wenn in ein paar Jahren (eine persönliche Einschätzung) das Ganze als verfassungswidrig eingestuft wird, wie soll eine WIEDERGUTMACHUNG stattfinden?!?

Elke Albert / 09.05.2018

Allein mir fehlt der Glaube, das BVerfG würde ein unabhängiges Urteil fällen. Und wie wir seit den Ausführungen von Herrn Thym wissen, lässt sich unser Recht in jede Richtung interpretieren. Was nicht passt, wird halt passend gemacht (sprich interpretiert). Ich fürchte daher, dass das eher “nach hinten” losgehen wird und das Ganze im Nachhinein seinen Persilschein erhalten wird. Höchstrichterlich.

Ilse Jüngling / 09.05.2018

@Gunter Baumgärtner: Das Verhalten von Herrn Seehofer gehört zur großen Show, sonst wäre er schon lange vorher aus der „großen Koalition“ ausgestiegen. Ansonsten gibt es da noch Mittel wie Schmiergelder, Korruption und Erpressung.

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