Susanne Baumstark / 27.10.2019 / 10:00 / Foto: Bildarchiv Pieterman / 30 / Seite ausdrucken

Verengte Meinungskorridore

ARD-Moderatoren wie Georg Restle, die den verfassungsgemäßen Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zur Neutralitätspflicht ablehnen und trotzdem dort arbeiten, halten es für „aberwitzig, in diesem Land von Meinungskorridoren zu reden“ – trotz der jüngsten Ausschreitungen an der Hamburger Uni inklusive Bombendrohung. Schade, dass sich vernunftorientierte Personen des öffentlichen Lebens nicht auch direkt auf solche konkreten Vorkommnisse hin zu Wort melden, wie es bei der Freien Akademie der Künste kürzlich der Fall war. Die Debatte zum Thema „Haltung zeigen oder selber denken?“ moderierte der Journalist Ulrich Greiner an mit der Aussicht im Gespräch zu bleiben, ohne auszugrenzen. Man könne heute zwar alles sagen, „muss aber dann Nachteile in Kauf nehmen“. Auch Carsten Brosda, Hamburger Senator für Kultur und Medien, findet: „Die Meinungskorridore verengen sich.“ Im weiteren Gespräch mit dem Schriftsteller Matthias Politycki ging es um sprachliche Zensur und dadurch entstehende Partikulargesellschaften, um Verständigungsbereitschaft als Grundbedingung für ein Gespräch im Gegensatz zum „bewussten Missverstehen“, um Unwahrhaftigkeit und um „Nachrichten als nüchternes Set“ – die Meinung bilde man sich schon selbst. „Leidenschaftlich vernünftig sein“, war der Appell zum Abschied.

Siehe auchInsa-Umfrage für Bild: "Erschreckend, wie viele nicht mehr ihre Meinung sagen." Und plötzlich äußern sich Leute wie Grünen-Chef Habeck - "Wer brüllt, hat unrecht" - oder der Bundespräsident - "Steinmeier stellt sich hinter Lucke und de Maizière".

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R. Bunkus / 27.10.2019

Es gibt zwei für die Meinungsfreiheit verheerende Trends: 1. die Schwarz-Weiß-Denke - entweder du bist für uns oder du bist gegen uns -, die eine differenzierte Denkweise verkennt oder verunglimpft und 2. den öffentlichen Pranger selbst für privat geäußerte Meinungen, ja für vermutete Meinungen und Missetaten (Überlassen eines Versammlungsraums). Noch schlimmer, als dass man evtl. Meinungen nicht mehr frei äußern kann, erscheint mir, dass man sich nicht mehr eine Meinung frei bilden kann, da es einfach an der hierfür notwendigen freien Debatte mit der Vielfalt der Betrachtungsweisen fehlt. Der Meinungsschranke in der Gesellschaft erfolgt notwendigerweise die Beschränkung im Kopf.

P. F. Hilker / 27.10.2019

Maischberger und Restle sprachen im Beisein von Prof. Lucke wie über ein ungezogenes Kind. Es war unerträglich.

Thomas Weidner / 27.10.2019

@Rudi Knoth: Steinmeier und lernfähig? Nur wenn der Blitz neben ihm einschlägt (Saulus zu Paulus). Ich sage nur KBW…

Klaus Klinner / 27.10.2019

Ich habe zufällig die Sendung mit Herrn Lucke und Herr Restle gesehen. Unabhängig vom Inhalt, es war unerträglich zu sehen, wie Restle sich in einer arroganten und mit Verlaub primitiven Art und Weise dort präsentiert hat. Restle, Kleber u.a. schwingen sich in einer nicht zu beschreibenden Überheblichkeit gleichzeitig zu Richtern und moralischen Instanzen auf, beides Attribute zu denen sie keinerlei Legitimation haben., Es wird Zeit, dass verantwortliche Stellen im ÖR nicht nach Parteiproporz besetzt, sondern demokratisch gewählt werden. Was spricht eigentlich dagegen, dass meinetwegen als Anhang zur Bundestagswahl / Landtagswahlen jeweils auch die Schlüsselstellen des ÖR mit gewählt werden? Ich wäre dafür. Interessant wäre eine Bürgerinitiative dazu. Die Gesichter möchte ich dann sehen und auf den Wahlkampf wäre ich gespannt. Auf jeden Fall bestände dann die Chance, dass alle Interessengruppen vertreten wären.

Karl-Heinz Vonderstein / 27.10.2019

Beispiel:Wer die Refugees Welcome-Politik kritisiert. stellt sie in Frage und das schon geht vielen hierzulande zu weit. Dieses Dinge-in-Frage-zu-stellen, die als nicht-in-Frage-zu-stellen-gelten-dürfen, scheint gar nicht zu gehen, für den linken und linksliberalen Zeitgeist bei uns.Es gibt nämlich Themen im Land, die gelten als Paradebeispiel und als eine wichtige Prüfung dafür, ob wir aus der Geschichte gelernt haben oder nicht.Und wenn man da Zweifel hat oder es kritisiert bzw.einfach nur ne andere Meinung dazu hat, gilt diese Meinung automatisch als undemokratisch, unmenschlich, nationalistisch, rassistisch, ausländerfeindlich, islamophob, homophob, frauenfeindlich, rechts oder was auch immer und als eine dieser gefährlichen “Anfänge” (Wehret den Anfängen), vor denen man uns immer warnt.  

Horst Jungsbluth / 27.10.2019

Die in Artikel 5 GG garantierte Meinungsfreiheit wird in oft absurder Form ausgehöhlt und unterdrückt, wobei die meisten Medien eine ganz üble Rolle spielen, die sich andererseits gerade auf diesen Artikel berufen, wenn sie unbescholtene Bürger mit Dreck bewerfen wollen. Was immer wieder untergeht in dieser Diskussion ist leider die erschütternde Realität, dass das Berichten von gesicherten Tatsachen mit allen - und ich weiß, wovon ich schreibe- wirklich mit allen Mitteln wie in einer Diktatur bekämpft wird,  wenn Schweinereien ganz “oben” nicht nur ausgebrütet, sondern auch mit kriminellen Mitteln durchgesetzt werden.  Ich schreibe übrigens aus Berlin!

Johannes Schuster / 27.10.2019

Warum sind diese Artikel noch so gewählt, wo man langsam nicht einmal mit einer saftigen Medikation mehr gegen den Zeitgeist ankäme. Hier entsteht das neue alte Deutschland inkl. aller Attribute einer Diktatur. Was will man mehr, es ist das Reich, und im Grunde aller Sachen sind alle Dinge gleich, nur anders verpackt, hier und da gestreckt, sauber umgeschrieben und die Friese frisch geleckt.  Warum das überhaupt noch wundert….. ?

J.Thielemann / 27.10.2019

.........Man könne heute zwar alles sagen, „muss aber dann Nachteile in Kauf nehmen“. ....... Diese Meinungsfreiheit - und andere Freiheiten - hatten wir in der DDR auch schon! Man mußte nicht in die Pioniere eintreten- hatte dann aber Nachteile in Kauf zu nehmen. Man mußte nicht in die FDJ - dann aber: Siehe oben. Deutsch-Sowjetische Freundschaft: Dito. Man mußte auch nicht in die SED. Aber berufliche Träume (eines Freundes von mir ) wie Filmregisseur waren dann Utopie. Man konnte auch in der DDR alles sagen - aber saß dann ggf. paar Jährchen im Bau.Die erwähnten Nachteile eben. In der DDR konnte man sogar für die Wahrheit “Nachteile erleiden” auch in Form von Knast.  “Es gibt politische Gefangene”, “das Recht auf gleiche Ausbildung l.t Verfassung ist Makulatur” ( Abi ohne FDJ- und Jugendweihe illusorisch in der Regel). Nette Idee, sowas offen zu sagen. Aber soweit sind wir ja heute auch schon wieder. Herr Maaßen hat die Wahrheit gesagt über Chemnitz, Stichwort: “Keine Hetzjagden”. Tja, die Nachteile sind bekannt. Derartige Nachteile kann man sich als Vater mit schulpflichtigen Kindern (noch) nicht leisten (schäm). Freie Meinung oder die Wahrheit sagen- guuuuuut überlegen, bevor man in die Tasten haut! Kurz vor oder bei Erreichen von Rente/ Pension klappts dann wohl wieder mit freier Meinung. Hoffe ich zumindest. In der DDR gabs dafür dann noch die Art Sippenhaft. “Die kriegt keinen Studienplatz, wissen sie, wer ihr Grossvater ist?!” P.S_1: Unter Ausklammerung der zu erleidenden Nachteile war die DDR ein Rechtstaat. P.S_2: Man kann auch ALLE Pilze essen. Bei manchen erleidet man Nachteile.

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