Vera Lengsfeld / 17.10.2016 / 16:03 / 2 / Seite ausdrucken

Uni-Bremen: Meinungsfreiheit nur für Gleichgesinnte

Am kommenden Donnerstag soll Jörg Baberowski an der Uni Bremen einen Vortrag halten. Eingeladen haben der „Ring Christich-Demokratischer Studenten“ (RCDS) und die „Konrad-Adenauer-Stiftung“. Das Thema des Vortrags lautet: „Gewalt verstehen“.

In seinem Buch „Räume der Gewalt“ hat sich Baberowski mit dem sozialen, kulturellen und wissenschaftlichen Umgang mit Gewalt und ihrer Entstehung beschäftigt. Er untersuchte, was geschieht, wenn Menschen einander Gewalt antun und warum sie die Schwelle überschreiten, andere zu verletzen und zu töten. Ist prinzipiell jeder fähig, anderen bewusst zu schaden? Gibt es Gesellschaftsstrukturen, die besonders dafür anfällig sind? Wie hat sich die Entwicklung der menschlichen Gesellschaft auf die Rolle von Gewalt ausgewirkt? Kann diese jemals vollständig aus der Welt geschafft werden? Auf diese und weitere Fragen wird Jörg Baberowski in seinem Vortrag eingehen und versuchen, Gewalt und ihre Hintergründe „verständlicher“ zu machen.

Der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) ruft dazu auf, diese Veranstaltung zu verhindern, statt hinzugehen und Fragen zu stellen.  In einem anonymen Beitrag wird behauptet, Baberowski  „rechtfertigte in der jüngeren Vergangenheit wiederholt gewalttätige Ausschreitungen gegen Geflüchtete und Anschläge auf deren Unterkünfte, bedient sich nationalistischen Vokabulars und vertritt rechtsradikale Positionen im politischen Streit um migrationspolitische Fragen. Wir protestieren dagegen, dass einem Mann, der Menschen mit blankem Hass begegnet, finanziert von uns allen, die Möglichkeit geboten wird, auf einem Campus aufzutreten, der vorgeblich Offenheit ausstrahlen will.“

Nun, der Mann, der angeblich allen Migranten „mit blankem Hass“ begegnet, ist selbst mit einer Iranerin verheiratet, die vor dem Mullah-Regime flüchtete. Wie haltlos ihre Vorwürfe sind, offenbart die AStA in ihrem eigenen Text:

„Seine Zeitungsinterviews lesen sich wie stumpfe Aneinanderreihungen altbekannter rechtspopulistischer Figuren wie das Gegeneinanderaufwiegeln sozial Benachteiligter („Warum soll eigentlich ein Einwanderer gratis erhalten, wofür diejenigen, die schon hier sind, jahrzehntelang hart gearbeitet haben?“1), das Postulat der öffentlichen Meinungsdiktatur („Einwände sind im Reich der Tugendwächter, in das viele Medien und Politiker Deutschland inzwischen verwandelt haben, verboten“2 und der Lobgesang auf Nachbarstaaten mit restriktiveren Asyl- und Einwande- rungsgesetzen („Sie laden nämlich ein, wen sie brauchen, und wehren ab, wer nur eine Belastung wäre“3).“

In keiner der aufgeführten Zitate Baberowskis ist auch nur ansatzweise Hass oder Aufwiegelung zu erkennen. Es sind sachliche Feststellungen, die reale Sachverhalte beschreiben. Was der AStA vertritt, ist eine extreme Form der Verweigerung von Meinungsfreiheit, die keine Fragen oder Problembeschreibungen mehr zulassen will, sondern die bedingungslose Unterwerfung unter einen Gesinnungsterror fordert. Ultimativ fordert der AStA, der übrigens von Steuergeldern finanziert ist,  die Universitätsleitung auf, die Raumzusage für die Veranstaltung zurückzuziehen. Ansonsten sollen sich alle Gleichgesinnten auf der AStA-Etage versammeln, um  den Vortrag von Professor Baberowski zu verhindern. 

Wenn die AStA-Studenten nur das geringste historische Wissen hätten, wüssten sie, in welche unselige Tradition sie sich stellen. Sie sollten sich damit beschäftigen,dass mit ähnlichen Methoden in den 30er Jahren Professoren aus den Unis gejagt wurden. Heute hat sich nur das Etikett gewandelt. Die Uni soll bunt bleiben, deshalb darf es nur einen grauen Meinungseinheitsbrei geben. Wer die Freiheit der Rede verteidigen will, sollte am Donnerstag zur Uni Bremen kommen, 20. Oktober 2016, 18:00 Uhr Raum GW1 B0080

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Thorsten Schuppenhauer / 18.10.2016

sehr geehrte Frau Lengsfeld, ich bewundere jeden Ihrer klaren und freiheitlichen Kommentare. Mit freundlichen Grüßen Thorsten Schuppenhauer

Martin Lederer / 18.10.2016

Nichts für ungut, aber jetzt muss schon betont werden, dass jemand mit einer Iranerin verheiratet ist, damit er seine Meinung frei sagen darf? Wenn man meint, jemand sage was Strafbares, solle man ihn anzeigen. Ansonsten darf er frei sprechen. Aber ich fürchte, dass das Strafrecht auch noch in dieser Hinsicht verschärft wird. Meines Wissens nach gilt es in Schweden z.B. schon als Straftat, wenn jemand darauf hinweist, dass Einwanderung auch Nachteile bringen kann. So etwas wird vermutlich bei uns auch kommen.

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Vera Lengsfeld / 11.03.2024 / 16:00 / 20

Wie rettet man eine Demokratie?

Warum lässt die schweigende Mehrheit zu, dass unter dem Schlachtruf, die Demokratie und das Grundgesetz zu verteidigen, beides ausgehöhlt wird? Was man ganz einfach tun…/ mehr

Vera Lengsfeld / 06.02.2024 / 12:00 / 38

Wie man Desinformation umstrickt – und noch schlimmer macht

Wenn man gewisse „Qualitätsmedien" der Fehlberichterstattung und Manipulation überführt, werden die inkriminierten Texte oft heimlich, still und leise umgeschrieben. Hier ein aktuelles Beispiel.  Auf diesem Blog…/ mehr

Vera Lengsfeld / 04.02.2024 / 15:00 / 20

Die Propaganda-Matrix

Die öffentlich-rechtlichen Medien und die etablierten Medien leiden unter Zuschauer- und Leserschwund, besitzen aber immer noch die Definitionsmacht. Das erleben wir gerade wieder mit einer Propaganda-Welle. …/ mehr

Vera Lengsfeld / 02.02.2024 / 06:05 / 125

Wie man eine Desinformation strickt

Am 30. Januar erschien bei „praxistipps.focus.de“ ein Stück mit dem Titel: „Werteunion Mitglied werden: Was bedeutet das?“ Hier geht es darum: Was davon kann man davon…/ mehr

Vera Lengsfeld / 06.01.2024 / 06:25 / 73

Tod eines Bundesanwalts

Als ich noch in der DDR eingemauert war, hielt ich die Bundesrepublik für einen Rechtsstaat und bewunderte ihren entschlossenen Umgang mit den RAF-Terroristen. Bis herauskam,…/ mehr

Vera Lengsfeld / 29.12.2023 / 13:00 / 17

FDP #AmpelAus – Abstimmung läuft noch drei Tage

Die momentane FDP-Führung hatte offenbar die grandiose Idee, die Mitgliederbefragung unter dem Radar über die Feiertage versanden zu lassen. Das Online-Votum in der FDP-Mitgliedschaft läuft…/ mehr

Vera Lengsfeld / 28.12.2023 / 10:00 / 124

Wolfgang Schäuble – Tod einer tragischen Figur

Wolfgang Schäuble, die große tragische Figur der deutschen Nachkriegspolitik und gleichzeitig ein Symbol für das Scheitern der Parteipolitik, wie sie sich in Deutschland entwickelt hat…/ mehr

Vera Lengsfeld / 19.12.2023 / 08:32 / 122

Mist als Abschiedsgeruch für die Ampel

Wahrscheinlich wird es die Ampel nicht auf eine Totalkonfrontation mit den Bauern ankommen lassen, sondern durch Teilrücknahme versuchen, die Proteste zu beenden, denn in Berlin…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com